des Attentatsplanes selber, sondern bei der Thäter- schaft u. s. w., denn der Plan selbst steht einfach des­halb fest, weil jetzt unter den Augen des Elberfelder Gerichts genau auf der von Rupsch bezeichnten Stelle einige 1213 Pfund Dynamit aus dem Gra­ben herausgeschafft wurden. Der Graben ist an die­ser Stelle 3^/r Fuß tief und überwölbt mit einer Mauer, welche samt dem darauf liegenden Erdreich ebenfalls noch 2'/z Fuß dick ist. Rupsch, was noch erwähnt sein mag, ist in Breslau zu Hause. Küch- ler lebte die letzte Zeit vor seiner Verhaftung in Elberfeld.

Der Gerok. Ein Kirchschullehrer in der Lau­sitz schickte, wie eine dortige Lokalzeitung berichtet, nach Beendigung der Sonnabend-Lektionen einen sei­ner größeren Schüler zum Amtsnachbar mit dem Aufträge, derselbe möchte ihm seinenGervk" gefäl­ligst leihen, da er morgen für seinen Herrn Pastor die Predigt zu lesen habe. Der biedere Knabe dachte beim WorteGerok" nicht sowohl an den berühm­ten schwäbischen Dichter und Kanzelredner, als viel­mehr an einenGehrock" und um die Sache noch nachdrücklicher und feierlicher zu gestalten, erbat er am Bestimmungsorte einen guten schwarzen Frack für seinen Herrn Kirchschullehrer, weil derselbe mor­gen den Herrn Pastor vertreten müsse. Der Herr Kollege konnte nun zwar den Zusammenhang der Sache nicht so recht begreifen, zumal er wußte, daß sein Freund mit Kleidern wohl versehen war, aber meinte schließlich, vielleicht fehlte Jenem, der Kan- didaten-Examen und Hochzeit längst hinter sich hatte, ein recht stattlicher Frack, der doch für den besagten Zweck in jedem Falle am geeignetsten erschien. So holte er denn seinen zufällig nagelneuen Schwalben­schwanz aus dem Schranke, verpackte ihn sorgfältig und sandte ihn ab. Verwundert sah der Auftrag­geber seinen Boten mit dem großen lockeren Packet ankommen, enthüllte unter heiterem Erstaunen das schwarze Festgewand, um dasselbe nach halb errate­nem, halb erforschtem Hergange der Verwechselung alsbald wieder einzuschnüreu und nebst diesmal schriftlicher Bitte um Geroks Predigtbuch dem güti­gen Herrn Kollegen zurückzusenden, der so herzlich bereit gewesen war, ihn auf's Beste aus seiner Ver­legenheit zu retten.

Das Darmstädter Oberlandesgericht hat durch Urteil vom 9. ds. die Trennung der morga­natischen Ehe des Großherzogs mit Frau v. Kolemine ausgesprochen.

Berlin, 10. Juli. Der Reichsanzeigcr mel­det : Der Reichskanzler ersuchte die Bundesregierungen, zu erwägen, inwiefern ein Teil der Einrichtungen, welche die Cholerakommission für den Fall des Fort- schrcitens der Cholera in Frankreich empfohlen hat, schon jetzt vorzubereiten sein möchte.

Berlin, 10. Juli. Gestern nachmittag um 5 Uhr unternahm der Stellmacher Drescher hier mit seinen vier Kindern im Alter von resp. 410 Jahren eine Spazierfahrt auf der Oberspree in einem Segelboot. Zwischen Stralau und Treptow kenterte plötzlich das Boot und sämtliche Insassen steten in die Spree. Herr D., ein ausgezeichneter Schwimmer, hielt die Kinder, die er sämtlich ergriff, über Wasser, bis Schiffer herbeikamen und ihm Hilfe leisteten. Netten Sie nur meine Kinder, ich komme nach," rief er den Rettern zu, welche auch die mit dem Tode ringenden Kleinen ans Land brachten. Um den Vater kümmerte man sich anfänglich weniger, weil, wie schon gesagt, derselbe als ausgezeichneter Schwimmer be­kannt war. Als D. aber nicht wieder zum Vorschein kam, forschte man weiter nach und endlich um 7 Uhr zog man ihn als Leiche aus dem Wasser. Bei sei­nem Rettungswerke hatten ihn die Kräfte verlassen.

Berlin, 10. Juli. Die Verbrecherstatistik Ber­lins hat gottlob lange nicht ein solch schweres Ver­brechen aufzuwcisen gehabt als dasjenige, welches dem Mörder Gronack die Verurteilung zum Tode eingebracht hat. Der äußerst brutale Mensch, der mit seiner jungen Frau in unglücklichster Ehe lebte, hat nicht nur diese, sondern auch deren Schwester erstochen, eine andere Schwester durch Messerstiche schwer verwundet und den zu Hilfe eilenden Vize­wirt des Hauses ebenfalls kaltblütig niedergestochen. Während der Verhandlungen konnte man einen Blick in das Leben der Berliner Verbrecherwelt thnn, der das Blut erstarren machte. Der Verbrecher zeigte absolut gar keine Rene, äußerte sogar noch zu dem Schutzmann, der ihn nach Schluß des ersten Ver- handlungstagcs in das Gefängnis zurückstihrte, die

Reue nütze ihm nichts, er würde das Verbrechen auch noch einmal begehen. Auch bei der Verurtei­lung zum Tode und lOjähriger Zuchthausstrafe zeigte der Mann keinerlei Bewegung, er benahm sich wie ein eingefleischter Verbrecher, der in den Vor- stadtkneipen groß geworden ist und dem jede sittliche Regung unbekannt ist. (Bei der Hinrichtung, die vorige Woche stattfand, zeigte er aber doch noch etwas menschliche Regung, indem er den geistlichen Beistand nicht abwies und das Kruzifix krampfhaft in den Händen festhielt.)

Daß die Zahl der Selbstmorde in unserer Ar­mee sich noch immer auf einer Höhe hält, welche seit einer Reihe von Jahren die allgemeine Aufmerksam­keit erregt, ist leider eine Thatsache. Um so mehr dürfte es angezeigt sein, den Ursachen dieser beklagens­werten Erscheinung nachzuforschen und genaue Er­mittelungen über die Motive anzustellen, welche so viele junge und blühende Menschen in den Tod trei­ben. Doch die deutsche Armee steht nicht etwa in dieser Erscheinung vereinzelt da. Auch in der österreichischen Armee hat sich die Zahl der Selbst­morde bedenklich gesteigert. Als Motive werden, so­weit dieselben konstatiert werden können, dort Furcht vor Strafe, zerrüttete Finanzverhältnisse, Unlust zum Dienen, Steigerung der Anforderungen, mitunter auch gekränkter Ehrgeiz rc. angesehen. Die Gesamtzahl der Selbstmorde belief sich in der österreichischen Ar­mee im Dezennium 1869 bis 1878 auf 2536; im Mittel kamen somit auf ein Jahr 253 Fälle. Die­ses Mittel ist aber in neuerer Zeit ganz erheblich überstiegen worden, denn im Jahre 1877 kamen 307, im Jahre 1878 sogar 314 Fälle vor. unter denen sich 22 Ober-Offiziere und 98 Unter-Ossiziere befan­den. Auch die Fülle von Selbst-Verstümmelungen, um sich vom Militärdienst zu befreien, sind nicht selten. In der bayerischen Armee sind Selbstmorde ver­hältnismäßig seltener; es wird diese Erscheinung auf den Umstand zurückgeführt, daß jeder Soldat, der eine Mißhandlung erlitten hat und hiervon nicht so­fort Anzeige erstattet, wegen Verschweigung und Ver­heimlichung von Zuwiderhandlungen gegen bestehende Vorschriften bestraft wird.

In Guben brach am 10. ds. früh 4 Uhr in einem von 12 Arbeiterfamilien bewohnten Hanse Feuer ans, wobei eine ganze unter dem Dachfirst wohnende Familie Namens Noack, aus Urahne, Großmutter, Mutter und Kind bestehend, in den Flammen ihren Tod fand. Die junge Mutter von 18 Jahren hielt noch als Leiche ihr VzjährigeS Kind in dem Arme.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 11. Juli. Seit mehreren Tagen bren­nen zwei Kühlenschachte der Nordbahn in Mährisch- Ostrau. Die Gesellschaft beschloß, nachdem die Er­stickung des Brandes unmöglich erscheint, beide schachte auf ein Jahr unter Wasser zu setzen. Zahlreiche Arbeitskräfte wurden entlassen.

H e r m a n n st a d t, 9. Juli. Die im Jahre 1844 gegründete Hermannstädter Rechtsakademie ist durch kaiserlichen Erlaß aufgehoben worden. (Ein neuer Schlag gegen das wissenschaftliche Leben und das Deutschtum in Siebenbürgen, obwohl die Aka­demie seit ihrer Magyarisiernng mehr und mehr zu­rückgegangen war.)

Frankreich.

Paris, 11. Juli. Die Agence Havas mel­det: Der französische Gesandte Patenotre erhielt die französische Note, worin eine Kriegsentschädigung verlangt wird, erst gestern in Shanghai und über­mittelte dieselbe sofort nach Peking;.für die Beant­wortung der Note ist eine achttägige Frist festgesetzt. Demnach sind alle Gerüchte von einem militärischen Vorgehen Frankreichs vor Ablauf dieser Frist unbe­gründet.

Paris, 12. Juli. Paris meldet: Beider gestrigen Unterredung Ferrys mit Lifong Pao bot letzterer den sofortigen Rückzug der chinesischen Trup­pen aus Tonkin an; Aima erkenne das Recht Frank­reichs , Genngthnung zu fordern, an. wünsche aber die Art und den Umfang derselben selbst zu bestim­men. Temps meldet: die Chinesen geben ihren Ver­lust in Langson auf 400 Tote an, außerdem hätten sie zahlreiche Verwundete; die chinesischen Befehls­haber hätten keinen Befehl zur Räumung gehabt.

Paris, 11. Juli. Die Regierung bestellte die beiden Revuen, die am Nationalfest hier stattfin- dcn sollten, ab und überläßt die Frage, wieweit sonst das Fest cinzuschränken sei, dem Gcmeinderat. In

Auteuil kam heute ein Choleratodesfall vor. Heute früh durchbrachen am hiesigen Lyoner Bahnhof 100 von Marseille gekommene Reisende den polizeilichen Desinfektionskordon und verbreiteten sich undesinfi- ziert m Paris. Die Behörde wird wegen unge­nügender Maßregeln, die dies ermöglichten, lebhaft getadelt. Das Blatt Paris schreibt die Preissteige­rung der Phenolsäure einem wucherischen Aufkauf derselben seitens deutscher Gesellschaften zu und bringt damit in Zusammenhang, daß derBerliner Dr. Koch" die Anwendung der Phenolsäure befürworte! Es geht das Gerücht, eine Aktion gegen China habe bereits stattgefunden.

Paris, 12. Juli. Das Nationalfest findet übermorgen in herkömmlicher Weise statt. Weder die Regierung, noch der Pariser Gemeinderat schen­ken der Ansicht der Aerzte Beachtung.

Falls es zum Kriege mit China kommt, wird Ferry noch vor Schluß der Session einen vorläu­figen Kredit von 25 Millionen verlangen. Der Feldzug nach China wird für dieses Jahr allein auf mindestens 80 Millionen berechnet.

Paris, 12. Juli. Der Minister des Innern wird heute einen Kredit von 2 Millionen verlangen, womit je nach Bedürfnis die von der Cholera heim­gesuchten Städte unterstützt werden sollen. Die Mi­nister des Innern und der öffentlichen Arbeiten reisen Dienstag nach Toulon und Marseille. Bis jetzt ist noch kein Cholerafall in Paris, dagegen viele Fälle von Cholerine vorgekommen. Dr. Koch ist heute hier von Marseille eingetroffen. Vor seiner Abreise von Marseille habe er die Ansicht ausgesprochen, daß die Cholera in Marseille bis etwa November an­dauern würde. Trockenheit sei die einzige wirksame Waffe gegen die Mikroben.

DerJntransigeant" veröffentlicht eine Zu­schrift aus dem südlichen Frankreich, worin es heißt: Mau hat Jules Ferry aufgefordert, sich nach Tou­lon unter die Chvlerakranken zu begeben. Ich kann versichern, daß, wenn er zu kommen wagte, er nicht Zeit haben würde, die Cholera zu schnappen; denn er würde auf der Stelle von der Bevölkerung zer­rissen werden. Die Leute sagen: Ferry hat den Krieg in Tonkin angezettelt; er hat also den Anlaß gegeben, daß die Cholera nach Toulon eingeschleppt wurde.

Marseille, 12. Juli. Von gestern früsi bis zum Abend sind 38 Choleratote angezeigt.

Toulon, 12. Juli. Von gestern früh bis zum Abend sind 13 Choleratote angezeigt.

Mit dem Gesundheitszustand der französischen Truppen in Tonkin scheint es sehr schlimm zu stehen; wenigstens läßt sich dies annehmen, wenn der Ober­befehlshaber selbst eingesteht, daß er von 17 000 Mann nur 3500 in Reih und Glied stellen könne. Unter solchen Umständen wird sich China mit der von Frankreich geforderten Genugthuung wegen des von ihm begangenen Friedensbruches nicht so sehr beeilen.

England.

Mit der ägyptischen Konferenz geht es, wie übrigens vorauszusehen war, schlecht vorwärts. Es sind, nach echt diplomatischem Brauch, ebensoviele Pferde hinter dem Wagen gespannt wie davor; und scheint einmal der eine Zug vor dem anderen einen Vorteil davonzutragen, so wird auf der anderen Seite flugs Vorspann geschafft. Die beste Charak­terisierung der Konferenz ist der Vorschlag Rußlands, die Konferenz in Permanenz zu erklären. Eine köst­liche Selbstironie kann es nicht geben.

Spanien.

Madrid, 10. Juli. In der vergangenen Nacht ilt die berühmte Armeria (das Zeughaus) ab­gebrannt. Ein großer Teil der kostbaren Waffen­sammlung liegt unter den Trümmern begraben. Der Schaden ist sehr beträchtlich. Das Feuer ist jetzt ge­löscht. In diesem nationalen Zeughaus Spaniens befanden sich u. a. Waffen und Rüstungen des Kai­sers Karl V., ferner der Degen des Ferdinand Cortez und eine Rüstung, welche Christoph Columbns trug. Uebrigens ist es ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß an demselben Tage, da in Holland in der alten Gräberstadt der Oranier, in Delft, der 300jährige Todestag des großen Oraniers Wilhelm deS Schwei­gers gefeiert wird zum Gedächtnis an die großen Freiheitskämpfe der Niederländer gegen die Spanier, Vaß an demselben 10. Juli Madrid die Jnschnttlegnng der Armeria mit ihren Erinnerungszeichen an die Zeit des spanischen Glanzes zu betrauern hat.