Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
66 .
Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 ^1, in dem Bezirk l außerhalb des Bezirks 1 20 ^1. Monats-
abonnemcnt nach Verbältnis.
Samstag den 7. Juni.
Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 llhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1884 .
Am tliches.
N a g o l d.
M die Grtsvorftcher.
Pferdc Uormusterltng betreffend.
Unter Beziehung auf die oberamtliche Bekanntmachung vom 20. v. M. Amtsblatt No. 61 in obigem Betreff, werden die Ortsvorsteher wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß
1) in den Pferde-Registern bei jedem einzelnen Pferde, welches wegen Transport-Unfähigkeit nicht gestellt wird, genau anzugeben und speziell zu bescheinigen ist, aus welchem Grnnde das betreffende Pferd von dem Ortsvorsteher für transportunfähig erachtet wurde, und
2) die Ortsvorstcher beziehungsweise deren Stellvertreter die Pferde-Register auf den betreffenden Vormusterungsplatz mitzubringen haben.
Den 4. Juni 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Tag cs-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Dem Bericht über die Fahnenweihe in Mindersbach ist nachzutragcn, daß auch der Krieger- Verein in O.-Schwandorf daran teilgenommen.
.—. 1 . Bon da und dort liest man, daß die Hoffnungen auf eine reichliche Obsternte einigermaßen herabgestimmt werden, indem der Früchteansatz der schönen Blüte nicht entspreche. Teilweise trifft dies auch in unserem Thale zu. Neben ganz vollhängenden Bäumen sieht man auch solche, deren Früchteansatz spärlicher ist. Trotzdem können wir immerhin noch auf einen guten Herbst rechnen, wenn durch rationelle Bewirtschaftung der Baumgüter der Ertrag um ein namhaftes gesteigert wird. Das zweckmäßigste Verfahren dabei ist die Untergrundsdüngung der Bäume, die gleich nach dem Abmähen der Güter vorzunehmen ist. Dadurch wird nicht nur der vollhängende Baum seine Früchte nicht abwerfen, sondern sie ernähren und zur Reife bringen können, auch der weniger tragende Baum wird durch das größer werden seiner Früchte den Ertrag um ein Erhebliches vermehren. Der zweite Nutzen aber besteht darin, daß dadurch dem Augenansatz, der sich beim Eintritt des zweiten Saftes bildet, bedeutender Vorschub geleistet und so zu sagen schon für das nächste Jahr gesorgt wird. Das beste Düngungsmittel ist Abtrittjauche mit Holzasche. Das Verfahren ist in diesen Blättern zum öfteren angegeben worden. Es ist eine erfreuliche Thatsache, daß für die Obstbaumzucht gegenwärtig sehr viel geschieht und daß der Sinn dafür bis in die breitesten Schichten der Bevölkerung gedrungen ist, beweisen die vielen neu angelegten Baumpflanzungen: aber mit dem Setzen der Bäume ist es nicht allein gethan, sondern es heißt auch: Pflege sein, er bringt dirs ein! Dürre Aesre müssen unverzüglich entfernt werden, denn sie sind die Brutstätte des Ungeziefers, das sich ungestört unter dem Schutze der losen Rinde vermehren kann. Darum, wer es mit sich und seinen Bäumen gut meint, der folge diesem Rat.
Stuttgart, 3. Juni. Für den Schützcnhof, jenes Schmerzenskind der hiesigen Handwerkerbank, welcher am Montag den 16. d. M. zum öffentlichen Aufstreich kommt, hat sich ein Käufer gefunden ; es ist dies die neue Aktiengesellschaft des Münchener Kolosseums, welche in demselben ein dem Münchener ähnliches Etablissement Herstellen will.
Stuttgart, 5. Juni. Gestern nachmittag wurde der ehemalige Stadtdirektor E. v. Majer, der
1848—1851 provisorischer und 1851—1866 wirklicher Vorstand der Stadtdirektion war, hier auf dem Pragfriedhofe beerdigt.
Die Zahl der auf der Universität Tübingen immatrikulierten Studierenden beträgt nunmehr 1417, ist also die höchste Zahl, welche die Hochschule je erreicht hat.
Wurmlingen, 30. Mai. Unsere Maiandacht wurde gestern abend auf eine skandalöse Weise gestört. Während der Priester am Altäre den letzten Segen mit dem Allerheiligsten spendete, wurde das Seitenportal der Kirche aufgerissen, ein fremder Mann trat herein und schrie so laut er konnte, der versammelten Gemeinde zu: „Ihr sollt verflucht und vermaledeit sein für Zeit und Ewigkeit"; weitere Lästerungen, die der Freche ausstieß, wurden nicht verstanden. Selbstverständlich geriet alles in Entrüstung über den Frevler, der sofort festgehalten und auf das Rathaus geführt wurde; hier entpuppte er sich als ein Adam Eipper von Kayh, OA. Herrenberg, seines Zeichens ein wandernder Schustergeselle. Gegen das Versprechen, sich am andern Morgen wieder zu stellen, wurde er nach Hinterlegung seiner Papiere entlassen; wer aber morgens natürlich nicht kam, war Herr Eipper, der wohl aus Furcht vor der seiner harrenden Strafe sich aus dem Staube gemacht hatte.
Weins b erg, 2. Juni. Nach der „Neck.-Ztg." ist die Entstehung des großen Brandes dem Racheakt eines schon mehrfach bestraften Steinbrechers zuzuschreiben. Er soll in Heibronn verhaftet worden sein und schon ein Geständnis abgelegt haben.
Die bürgerlichen Kollegien von Tuttlingen haben nunmehr Sie Erhebung einer örtlichen Biersteuer von 45 Pr. Hektol. vom 1. Okt. d. I. ab beschlossen.
In Ebingen sind zur Zeit gegen 20 neue Häuser oder Fabrikgebäude im Bau begriffen, ein Beweis der dortigen regen gewerblichen Thätigkeit.
(Kongreß der Weltsprachenfreunde.) Die Vorkämpfer der zu heiterem Renommö gelangten Weltsprache „Volapük" befinden sich seit kurzem in freudiger Aufregung. Der Erfinder des „Volapük," Pfarrer Schleyer zu Litzelstetten im Großherzogtum Baden, hat nemlich an alle Weltsprachenfreunde des Erdenrundes die Einladung zu einem internationalen Con- gresse erlassen, welcher am 26. und 27. August 1884 in Friedrichshafen am Bodensee stattfinden soll. Dieser Congreß wird die Schritte zur Erreichung des großen Zieles beraten, daß nemlich sämtliche Völker beider Hemisphären ihren Angehörigen neben der Erlernung der Muttersprache auch die Aneignung des „Volapük" zur Pflicht machen. Nach der Ueberzeug- ung des Erfinders und seiner Jünger ist die Einführung des „Volapük" ein unabweisliches Bedürfnis des Weltverkehrs, weshalb denn auch nicht nur für die civilisierten Völker Grammatiken und Wörterbücher geschaffen werden, sondern auch für Chinesen, Samojeden, Lappländer und dergleichen.
Kaiserslautern, 4. Juni. Die Nähmaschinenfabrik von König und Comp, ist heute nach Mitternacht vollständig niedergebrannt. Dieselbe beschäftigte 240 Arbeiter und lieferte 40 Maschinen täglich.
Frankfurt a. M., 2. Juni. In der Judengasse, wo schon 1872 plötzlich über Nacht mehrere Häuser einstürzten, fand vorige Woche eine baupolizeiliche Untersuchung statt, welche die Notwendigkeit einer baldigen Niederlegung der noch vorhandenen Häuser ergab, da sie zu baufällig geworden sind, um ferner zu Wohnzwecken zu dienen. In wenigen Monaten wird also von der vielgen. Frankfurter
Judengasse nichts mehr übrig sein als der Name und die Erinnerung.
Darmjladt, 3. Juni. Wie man zuverlässig hört, hat Frau v. Kolemine in den letzten Tagen zu Berlin ihrerseits eine Entsagungsacte unterzeichnet, durch welche nunmehr ihre morganatische Ehe mit dem Großherzog von Hessen vollständig aufgehoben ist.
In dem rheinischen Kreise Broich zirkuliert jetzt eine Petition an den Ackerbauminister Dr. Lucius, in welcher es heißt: „Die Unterzeichneten müssen nach ihrer vollen Ueberzeugung es als traurige Wahrheit aussprechen, daß in dem letzten Jahrzehnt der schuldenfreie Eigentümer bei kleiner Familie und selbst bei den größten Einschränkungen in den seltensten Fällen sein Auskommen hat finden können; daß dagegen der Pächter unbedingt mit jedem Jahre immer mehr hat in Schulden geraten müssen. Bei normaler Lage der Landwirtschaft muß aber der Pächter sein Auskommen haben; wie in unserem Kreise, ist es aber mit der Landwirtschaft durchgängig im Rheinlande. — Der Petition ist eine interessante Berechnung beigelegt, welche sowohl die Rentabilität als auch die Steuerbelastung des Grundbesitzes gegenüber von dem Kapitalisten in einem recht ungünstigen Lichte zeigt.
Friedrichsruhe, der dermalige Aufenthalt des Fürsten Bismarck, war am Pfingstmontag der Schauplatz einer bedenklichen Ruhestörung. Eine Anzahl skandinavischer Arbeiter der in Bergedorf belegenen Fabrik schwedischer Hufnägel, die in taktloser Weise pfeifend und trommelnd am Besitztum des Fürsten Bismarck vorüberzogen, wurden infolge dessen von einem in Friedrichsruh stationierten Gendarm aufgefordert, Ruhe zu halten, da ihr ganzes Auftreten den Anschein hatte, als ob sie dem Fürsten eine „Katzenmusik" bringen wollten. Als der Gendarm seine Aufforderung energisch wieverholte und die Rädelsführer mit blanker Waffe arretieren wollte, fiel die ganze Gesellschaft über ihn her und mißhandelte ihn auf das fürchterlichste. Schließlich gelang es unter Beihilfe einiger Polizisten und nachdem der Fürst seine Dienerschaft zum Schutze des mißhandelten hinausgesandt hatte, sieben der Ruhestörer zu verhaften, jedoch nicht ohne daß viele Verwundungen mit blanker Klinge vorkamen.
Berlin, 3. Juni. Der Kaiser hat die königl. Kabinetsordre unterzeichnet, welche den Kronprinzen zum Präsidenten, den Fürsten Bismarck zum Vizepräsidenten des Staatsrats ernennt. Die Publikation dieser Ernennungen, wie jene über die Ernennungen der Mitglieder des Staatsrats ist noch Vorbehalten. — Dem Bundesrat ist eine Vorlage, betr. die Bewilligung von 260000 für ein Dienstgebäude des Generalkonsulats in Shanghai, zugegangen.
Berlin. Der Kronprinz liegt, wie man hört, in letzter Zeit sehr eifrig politischer Arbeit ob und konferiert zu diesem Zweck fast täglich mit dem Staatssekretär Grafen Hatzfeldt entweder im kronprinzlichen Palais oder in dessen Dienstwohnung. Mit dem Reichskanzler steht der Kronprinz in regem schriftlichen wie telegraphischem Verkehr und Fürst Bismarck selbst ist in Friedrichsruhe unausgesetzt in Staatsgeschäften thätig. Täglich gehen ihm zwei mal und zwar mit dem Expreßzuge und dem Nachtzuge der Hamburger Bahn die aktuellen Schriftstücke zu und auch der Telegraph zwischen dem Auswärtigen Amt und Friedrichsruhe ist in lebhafter Thätigkeit.
Die Kaiserin von Rußland ist gestern (4. Juni) mittag um 12 Uhr in Berlin eingetroffen und wurde auf dem Bahnhofe vom Kaiser, dem Kronprinzen, der Kronprinzessin und den übrigen Prinzen und