sche Größe verkündenden Herolden unsere Hoffnung auf den endlichen Sieg der Bismarck'jchen Ideen aus. Die Aufschrift ist in altdeutscher schöner Schrift ausgesührt. Die Adresse selbst hat folgenden Wort­laut : Durchlauchtigster Fürst,

Gnädigster Reichskanzler und Herr!

Mit freudiger Genugthuung nehmen wir, die unterthänigst gehorsamst Unterzeichneten, reichstreuen Anhänger eines durch die heroische Geistes- und Willenskraft Eurer fürstlichen Durchlaucht geeinigten und gekräftigten Deutschlands Kunde von der über­legenen Einsicht, der kräftigen Beweisführung und dem unerschrockenen Mute des deutschen Reichskanz­lers im parlamentarischen Gefecht mit den destruktiven Parteien des Reichstages um die soziale Reform un­seres lieben deutschen Vaterlandes.

Wir begehen das 69. Geburtsfest Eurer Durch­laucht in unserer kleinen Oberamts- und Seminar­stadt mit freudig bewegtem Herzen und dem sehn­lichsten Wunsche, rs möge dem lieben deutschen Vater­lande der deutscheste Mann in der hochverehrten Person unseres jetzigen Reichskanzlers noch lange in guter Gesundheitden Freunden zum Schutz, den Feinden zum Trutz" erhalten werden.

Als kleines Angebinde zum hohen Gedurtsfeste erlauben sich die unterthänigst gehorsamst Unterzeich­neten ein Produkt des Schwarzwaldes, bestehend in einer Probe echten Heidelbeergeistes in der augeneh­men Hoffnung darzubringen, der Saft der Schwarz­waldbeere möge zur Erfüllung oben ausgedrückten aufrichtigsten Wunsches das seinige beitragen.

In tiefster Ehrfurcht verharren Eurer fürstl. Durchlaucht unterthänigst gehorsamste Reichsbürger:

(Folgen 160 Unterschriften.)

** Nagold, 2. April. Es war ein schöner Abend, an dem die hiesigen Freunde des Reichskanz­lers, die HH. Bezirks beamten an der Spitze, sich zu- sammensanden, um dessen 69. Geburtstag in festlicher Weise zu begehen. Der Saal des Gasthofszum Hirsch" war dekoriert, mit dem epheuumrankien Bild und der mit einem Lorbeerkranz geschmückten Büste des Gefeierten geziert. Nachdem der Liederkranz die Feier mit einem patriotischen Liede begonnen hatte, hielt Rektor Brügel die Festrede. Er zeichnete den Helden des Tages in solch trefflicher Weise und hob die Verdienste Bismarcks, den größten Deutschen unseres Jahrhunderts, den Begründer des deutschen Reiches rc. so klar hervor, daß die etwa 100 Teil­nehmer zählende Versammlung begeistert einstimmte in den Toast, derunsrem großen Reichskanzler, Fürsten von Bismarck" galt. Ein zweiter Toast, von Oberlehrer Schwarzmayer ausgebracht, galt derEinigkeit der R ichstreuen." Helfer Finckh nannte sich in seiner Rede einen Freund Bismarcks, weil derselbe ein ehrlicher Mann sei, der das Wohl aller Deutschen verfolge, auch als Anwalt des armen Mannes angesehen werden müsse, und praktisches Christentum treibe. Auf des Red­ners Vorschlag sang hierauf die Versammlung: Deutschland, Deutschland über alles rc." Einer der Anwesenden trug das Sonett, welches ein hiesiger verehrter Dichter dem Reichskanzler zum 1. April gesandt hatte, vor. Daran schloß sich ein weiteres Gedicht über die Verdienste Bismarcks, wel­ches Rektor Brügel mitteilte. Herr Verw. Aktuar Ga ck toastierte aus Herrn Zeichncnoberlehrer Gräsle, der in wahrhaft künstlerischer Weise den Titel der Bismarckadresse aussührte. Herr Oberamlsbaumei- ster Schuster erklärte den unter Bismarcks Bild an­gebrachten Wappenschild in einem sinnigen Gedicht. Wo der neue Diener und Ratgeber des Kaisers so gefeiert wurde, durfte auch >ein lästerlicher Hm r nicht mit Stillschweigen übergangen werden, und cs wa> deshalb dem allgemeinen Bedürfnis entsprechend, als Seminaroberlehrer Köbele ein Hoch ausbrachte auf den deutschen Kaiser, durch weichen das deutsche Volk seine Träume erfüllt und in welchem es seine Einheit und Größe verkörpert sieht. Der Liedcrkranz erfreute die Festversammlung durch den schönen Vortrag einer Reihe von trefflichen zur Feier des Tages passenden Männerchören.

Stuttgart, 29. März. Anläßlich der dem­nächst wieder stattfindenden Aufnahme des steuerbaren Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufs-Emkommens wird eS angezeigr sein, daran zu erinnern, daß zu Folge des Gesetzes vom 13. Juni 1883 Jedem, wel­cher aus Versehen oder absichtlich sein Estifvmmeu bisher ganz oder teilweise verschwiegen hat, die Mög

lichkeit gegeben ist, durch freiwillige Fassion des nicht oder zu nieder angegebenen Betrags sich Straflosig­keit zu erwirken. Die nachträgliche Fassion kann mit der neuen Fassion verbunden und bei der Aufnahme­behörde eingereicht, aber auch sonst bei einer dieser Vorgesetzten Steuerbehörde zu jeder Zeit abgegeben werden. Voraussetzung der Straflosigkeit ist, daß die Berichtigung der Fassion erfolgt, bevor eine An­zeige der Verfehlung bei der Behörde gemacht oder ein strafrechtliches Einschreiten erfolgt ist. Die zu­rückgebliebene Steuer wird nur, soweit sie nicht ver­jährt ist, also nur auf 3 Jahre rückwärts, nachgeholt, falls der Fatent sich nicht freiwillig zu Nachbezahlung der ganzen zurückgebliebenen Steuer erbietet. Selbst­verständlich tritt die Straflosigkeit dann nicht ein. wenn die Nachfassion wiederholt unrichtig oder un­vollständig abgegeben wird und dies später irgendwie zur Entdeckung kommt.

In Hanweiler bei Winnenden verunglückten am Freitag 3 Männer und 1 Mädchen dadurch, daß eine Wand des Kellers, mit dessen Ausschachtung sie beschäftigt waren, einstürzte. Der 36jähr. Wein­gärtner Phil. Kübler, Vater von 3 Kindern, wurde als Leiche aus dem Schutt herausgegraben; der 45- jährige Strehle, ssn., trug lebensgefährliche innere Verletzungen davon; der 17jähr. Strehle, jun., erlitt einen Arm- und Beinbruch; der 15jähr. Tochter wurde ein Bein gebrochen.

Der Wurzelgräber Anton Dietrich von Aus- nang, OA. Leutkirch, welcher dringend verdächtig ist, am 18. d. M. im Walde zwischen Kleggsn und Göttlishofen die 50 Jahre alte Luise Scheirer, Hunde- scheererin von Trichtingen, ermordet zu haben, wurde am 27. ds. in Lchussenried verhaftet.

Druckfehler. In dem Gedichte an den Fürsten Bis­marck in letzter Nummer ist im 2. Vers erste Strophe zu lesen: Schien kaum uns noch ins Fabellaud entrückl.

Schillingsfürft, 30. März. Kardinal Hohenlohe ist heute nach Rom abgercist.

Berlin. Der Kronprinz wird morgen Abend nach London abreisen, um der Beisetzung deS Her­zogs von Albany beizuwohnen.

Berlin, 31. Mürz. Die Post sagt anläß­lich des morgigen Geburtstages des Fürsten Bis­marck : Die zweiundzwanzigjührige ununterbrochene Führung eines so ungeheuren Geschäftskreises mit einer ebenso ungeheuren Fülle von Initiative und Erfolgen ist ohne Beispiel. Das Blatt hebt hervor, daß Fürst Bismarck mit der Richtung seiner Politik auf dem Boden der öffentlichen Meinung überall vorgedrunden sei, was sich aus einem Vergleich der öffentlichen Meinung von 1875 und der heutigen bezüglich der Social- und der Steuerreform ergebe. Wenn aber die Stellung Deutschlands auf Genera­tionen befestigt werden solle, so müssen dem Wirken des Kanzlers weniger Hindernisse bereitet werden.

Berlin, den 1. April. Es unterliegt nach der Frkf. Ztg. keinem Zweifel mehr, daß Bismarck seinen Rücktritt von seinen preußischen Ministerstellungen beantragt hat. Vielfach ist man der Meinung, daß der Rücktritt nicht von langer Dauer sein werde. Daß Differenzen mit Puttkamer für den Entschluß Bismarcks mit bestimmend waren, wird allgemein angenommen.

Die Denkschrift über den Rcichstagsbau berech­net die Kosten für den ganzen Bau mit Ausschluß der umgebenden neuen Straßenanlagen und inneren Einrichtung sowie bildnerischer Ausstattung auf 18 Millionen Mark.

Berlin, 31. März. (Abgeordnetenhaus.) Auf die Interpellation des Polen Jagdzewski (Ge- haltsfpcrre Posen) antwortet der Kultusminister, die Regierung sei nicht gesonnen, gleiche Anordnungen für Poien-Gneien zu treffen, wie für Köln. Die Regierung lehne ab, die Gründe dafür darzulegen. An der Besprechung der Interpellation nehmen Teil: Stablewski, Schvrlemer und Windthorst, welche die Haltung der Regierung heftigst angreifen, die keine Lehre aus dem Kulturkampf ziehe. Windthorst for­dert die Katholiken auf, die gesetzliche Haltung zwar nicht zu verlassen, aber auf die Regierung, die keine Rücksichten den Katholiken gegenüber übe, auch ihrer­seits keine Rücksichten zu nehmen. Die Katholiken würden, wenn der Kulturkampf auch noch Jahrzehnte baure, siegen oder ehrenvoll untergehen.

(Ein Denkspruch Laskers.) Im Fremdenbuch auf Süli Schlößli bei Olten hat man folgenden Ein­trag aufgetunden:Ein guter Christ Ist der Ju­rist, Durch dessen List Ein jeder Zwist,

Wie's billig ist, In kurzer Frist Beendet ist. Lasker, ReichStagsabgeordnetcr."

DerReichsbote" veröffentlicht den Brief eines ev. Geistlichen in London, in welchem aufs Eindring­lichste davor gewarnt wird, daß deutsche Mädchen sich an die fast ausnahmslos schändlichen und ge­wissenlosen Stellenvermittlungs-Agenten in London wenden. Lehrer und Geistliche sind besonders ge­beten, Eltern und Freunde solcher Mädchen, die in London Stellen suchen, von dieser Warnung in Kenntnis zu setzen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 1. April. Die Morgenblätter publi- ziren eine erschöpfende Darstellung der Aktion der Anarchistenpartei, welche mit dem Attentat auf Mer- stallinger im Jahr 1882 begonnen habe, woran sich der Massenaufzug der Arbeiter gegen die Polizei im August vorigen Jahres, ferner die Ermordung Hlu- bek's und der Skandal in der Pfarrkirche der Aavo- rierten, endlich die Ermordung Eisert's und Blöch's anreihten. Die Darstellung erwähnt auch die Aus­weisung des Expeditors der Most'schen Freiheit, John. Newe, und hebt hervor, Stellmacher, wwie Kämmerer seien Exekutivorgane des Most'schen anarchistischen Centralkomites in New-Aork. Die Most'sche Frei­heit habe lange vorher die Ermordung Hlubek's und Blöch's angekündigt. Die Darstellung zählt ferner Anhaltspunkte dafür auf, daß Kämmerer und Stell­macher die Mordthat in der Eisertstchen Wechselstube verübten, sowie auch die Morde an dem Apotheker­provisor Lienhardt in Straßburg und an dem Mili­tärposten Adels in Slraßburg, ferner au Bankier Heilbronner und Kaufmann Octtinger in Stuttgart verübt haben. Sie hebt hervor, Oettiuger habe Käm­merer nach einer Photographie auf's Bestimmteste als einen der Thäter bezeichnet. (Diese Angabe steht im Widerspruch mit den Erklärungen, die Herr Oettiuger selbst abgegeben und wonach er sich nicht in der Lage sah, aus der Photographie allein bestimmte Auskunft darüber zu erteilen, ob Kämmerer einer der Verbre­cher sei, die den Raubanfall in der Kronprinzstraße hier machten. D. Red.) Bei fortwährend wachsen­dem Material dürften noch Monate vergehen, bis das Wiener Landgericht die Anklage formuliert.

Die Antisemitenpartei in U »gar u hat ein Wahlmanifest erlassen, worin sie die ungarischen Wähler auffordert, soviel Antisemiten als möglich in den Reichstag zu entsenden, umdie Macht des Judentums auf Politischem, sozialem und wirtschaft­lichem Gebiete zu brechen." Sie will nur mit ge­setzlichen Mitteln agitieren und verlangt, daß die Regierung ihrer Agitationkeine verfassungs- und gesetzwidrigen Hindernisse in den Weg lege und die gesetzmäßige Kundgebung der Nation nicht durch Machtmittel ersticke." Unterzeichnet ist das Manifest von den 6 antisemitischen Reichstagsabgevrdneten und einigen andern Namen.

Frankreich.

Paris, 31. März. Der Strike in Anzin dauert fort. Sonntags wurden zwei Häuser, worin Grubenarbeiter aus Wallers wohnten, welche die Arbeit wieder aufnahmen, in Brand gesteckt und voll­ständig niedergebrannt.

Belgien.

Im wunderschönen Monat Mai werden die Könige von Holland und Belgien in Brüssel zu- sammenkommen, um die schon feit einigen Jahren ein­geleiteteVersöhnung" zu feiern. England, in der Person des Prinzen von Wales, ist dabei der ehrliche Mackler gewesen. Kann uns schon recht sein, denn durch diese Versöhnung gewinnt Belgien an Kraft und Selbständigkeit dem gallischen Nachbar gegenüber.

England.

Die Königin Viktoria wurde von der uner­warteten Trauerbotschaft des Hingangs des Herzogs von Albany so ergriffen, daß das Hofgesinde für ihr Leben fürchtete, bis ein heftiger Ausbruch der Klage ihrem Herzen Luft machte. Glücklicherweise kam bald die Kaiserin Eugenie in tiefer Trauer in Windsor angefahren und verblieb bei der Königin von 3 bis 7 Uhr, und da beide Frauen jetzt durch den gemeinschaftlichen Schmerz um den Verlust ihrer Söhne verbunden waren, gelang es der Kaiserin Eugenie, die Königin zu trösten. Als die Kaiserin Windsor verließ, teilte sic weinend den Fragenden mit, daß die Königin gefaßterer Stimmung fei- Die in Claremont weilende Herzogin von Albany, welche die Trauerkunde von der Prinzessin Christian erhielt, ist vollständig gebrochen. Sämtliche Londoner Mor-