würde. Das Unglück eines Krieges, auch eines sieg­reichen, bleibt immer dasselbe und würde Rußland gegenüber nicht einmal durch die Aussicht auf einen politischen Vortheil als Ergebniß des Krieges ge­mindert. Man hat von Rußland nichts zu verlan­gen und zu wünschen. Dergleichen Schlagworte, wie Europa gegen Rußland" dienen ganz unnöthiger Weise dazu, im russischen Volke den Glauben zu er­wecken . als ob irgend Jemand daran dächte, Ruß­land anzugreifen. Wegen der Vorgänge in Bulgarien ist bisher, soviel wir wissen, von keiner Seite, nicht einmal von der zunächst interessirten Pforte. Be­schwerde oder Klage geführt worden. Das Aufge­brachtsein der Mächte gegen Rußland existirt also nur in der Phantasie der Sensationsmacher.

Berlin, 13. Sept. Noch kurz vor der Grün­dung des Deutschen Kaiserreiches mußten die deut­schen KriegsdampferKönig Wilhelm",Kronprinz", Friedrich Karl",Victoria",Augusta" auf fran­zösischen und englischen Werften erbaut und bei noth- wendigen Reparaturen auch dort ausgebessert werden. Jetzt werden nicht allein alle unsere Kriegsschiffe auf den Werften von Danzig, Stettin, Kiel, Hamburg und Bremen erbaut, ohne daß auch nur die geringste Kleinigkeit dazu vom Auslande bezogen zu werden braucht, sondern mehrere unserer Werften haben zahl­reiche Bestellungen zum Bau großer Kriegs- und Handelsdampfer von auswärtigen Staaten erhalten. Auf der Werft der GesellschaftVulkan" bei Stettin hat die chinesische Regierung zwei große eiserne Dampf­fregatten erbauen lassen. In Rostock werden eiserne Handelsdampsschiffe für Norwegen und für russische Rheder auf dem Kaspischen Meer erbaut, welche über Kronstadt, dann durch Kanäle und auf der Wolga nach Astrachan befördert werden. In Gaarden bei Kiel hat die chinesische Regierung 2 Kriegskorvetten bestellt und die spanische Regierung auf einer Werft bei Bremen Torpedodampfer bauen lassen, während in Elmshorn in Holstein die Werften Dutzende von Schaluppen für englische Fischer anfertigen. Gegen­wärtig bereisen Marineoffiziere aus Griechenland und Rumänien die Werften von Stettin und Kiel, um dort Bestellungen auf Kriegsschiffe für ihre Regie­rungen vorzubereiten.

Berlin, 14. Sept. DieNationalzeitung" theilt unter Reserve als Grund für die plötzliche Reise Schlözer's nach Rom mit, die Regierung wolle anläßlich des Niederwaldfestes den Bischof von Limburg begnadigen, verlange dafür aber die freie Verfügung über den Posener Bischofssitz.

Berlin, 14. Sept. Nachrichten aus Gastein zufolge befindet sich Fürst Bismarck in befriedigen­der Reconvalescenz.

Berlin. Wiederum ist es dem Kaiser Wil­helm gelungen, durch seine ritterliche Sinnesart einen Gegner von 1866, der sich seitdem schmollend und grollend von allem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte, zu versöhnen und zu einem aufrichtigen Freunde des neuerstandenen deutschen Reiches umzustimmen. Kaiser Wilhelm hat nämlich den Prinzen Alexander von Hessen, der gestern sein SOjähriges Militär- Jubiläum feierte, zum Chef des Schleswig-Holstein'- schen Dragoner-Regiments Nr. 13 ernannt und zu­gleich dem Wunsch Ausdruck gegeben, daß der Prinz das Regiment, welches in St. Avold und Falkenberg im Elsaß garnisonirt, bei den unweit Homburg statt­findenden Manövern dem Kaiser vorführe. Der Prinz, welcher bekanntlich im Jahre 1866 Oberkommandeur der gegen Preußen operirenden, aus württembergischen, badischen und hessischen Truppen bestehenden Bundes- armee war, hat diese Ernennung angenommen und sich für dieselbe beim Kaiser mit besonderer Innigkeit bedankt.

DieGerm." veröffentlicht eine vom 1 . Sept. datirte Encpklica des Papstes, welche das Rosen­kranzgebet empfiehlt und anvrdnet,daß der ganze Monat Oktober dieses Jahres der himmlischen Köni­gin des Rosenkranzes geweiht sein soll."

Merseburg, 14. Sept. Der Kaiser begab sich Vormittags 9 Uhr auf das Paradefeld; die Dörfer, welche passirt wurden, waren festlich geschmückt. In Großkayna bestieg der Kaiser sein Pferd, begrüßte zunächst die Fürstlichkeiten und die fremdherrlichen Offiziere auf dem rechten Flügel der Paradeanfstellung und ritt sodann die Fronten ab. Der Vorbeimarsch dauerte von ION 412Us Uhr. Vor Beginn des Deftlirens nahm der Kaiser vom Generalmajor v. Kothen den Rapport der 300 Kriegervereine ent­gegen, welche östlich und westlich von der Defilirlinie >

aufgestellt waren. Die fürstlichen Chefs führten ihre Regimenter vorbei; Prinz Wilhelm befand sich im Stabe des Generals Blumenthals. Der Kaiser sprach seine Befriedigung aus und ritt sodann der Fronten der Kriegervereine entlang, viele Krieger durch eine Ansprache auszeichnend und überall enthusiastisch be­grüßt. Um 2 Uhr kehrte der Kaiser in die Stadt zurück.

König Milan von Serbien wird der Ein­ladung des Kaisers Wilhelm folgend, mit diesem am 20. September in Frankfurt Zusammentreffen. Wie Wiener Blätter melden, hat auch der König von Griechenland eine Einladung des Kaisers er­halten und man glaubt, daß der Geladene gleichfalls hier erscheinen wird.

Oekerreich-Uugara.

Wien, 13. Sept. Catargin, der Generalad­jutant des in Gleichenberg weilenden Königs von Serbien, überreichte bereits am Samstag in Gastein dem Fürsten Bismarck den weißen Adlerordcn und hatte eine anderthalbstündige Unterredung mit dem Fürsten, in welcher die zukünftige Politik Serbiens im Sinne der bleibenden Annäherung an das deutsch­österreichische Bündniß vereinbart wurde. Die Vor­gänge in Cettinje und Bulgarien führten zu einem weitgehenden Engagement Serbiens. Das Pester offiziöse BlattNemzet" konstatirt, daß man der an der Militärgrenze zu befürchtenden Revolution gegen­über vor die Nothwendigkeit der Entfaltung einer großen Militärmacht gestellt sei.

Wien, 14. Sept. Das Fremdenblatt sagt betreffs des Toastes des Kaisers auf das Wohl des Zaren: Diese offene Kundgebung freundschaftlicher Gesinnungen für den Kaiser von Rußland wird ge­wiß und mit Recht auch als ein Beweis der unge­störten freundschaftlichen Beziehungen der Höfe so­wohl als der Reiche zu einander aufgefaßt werden und sicherlich nicht unbeachtet bleiben.

Der zwölfte deutsche Feuerwehrtag hat vorige Woche unter großer Betheiligung in Sa lz- burg stattgefunden und waren aus Württemberg 9 Feuerwehren vertreten. Die Zahl der auswärtigen Festtheilnehmer belief sich auf nahezu 4000. Den wichtigsten Gegenstand der Berathung bildete ein Antrag auf Errichtung von Unfall- oder Unterstü­tzungskassen bei den einzelnen Feuerwehrverbänden, der auch angenommen wurde.

Budapest, 14. Sept. Die gesammte ehe­malige Banatgrenze befindet sich in Hellem Auf­stande. Dies ist der übereinstimmende Refrain der heute vorliegenden Meldungen. Ein ehemaliger Offi­zier bereist die Gegend und organisirt überall den Aufstand, welcher bedenklich ist, weil er leicht über die bosnische Grenze greifen kann. Dem Kraljevcaner Gemeindevorstand wurden die Ohren ab geschnit­ten. In Mecancane wurde der Bezirksadjunkt ge­fangen genommen und die Gendarmen in die Flucht gejagt. (Fr. I.)

FrankreiS.

Paris, 13. Sept. DiePatrie" erzählt heute, indem sie von vornherein jedes Dementi zurückweist: Der König von Spanien sei bei seinem letzten Auf­enthalt in Paris beinahe ermordet worden. Spa­nische Sozialisten, welche auf die Mithilfe der fran­zösischen Sozialisten rechneten, seien in Paris ange­kommen, um dieses Verbrechen auszuführen. Die Polizei jedoch, durch die spanische Regierung in Kenntniß gesetzt, erwarb sich die Gewißheit von der Vorbereitung zu dem Attentat gegen das Leben des Königs und traf sofort Maßregeln. Der König wurde sozusagen von den ergebenen Spaniern be­schlagnahmt, die ihn auf der Reise begleiteten. Bei der Abreise nach München ordnete die Polizei einen Sicherheitsdienst an, um den König von der Menge fernzuhalten. Vor der Abfahrt theilte man dem Könige die Gefahr des Attentats mit; derselbe ant­wortete: Es gehört zu dem Geschäfte des Königs, Mördern ausgesetzt zu sein. Ich fürchte sie nicht!

Die Regierung hat den nicht unbedenklichen Schritt gerhan, das jugendliche Paris mit Waffen zu versehen. Der Seinepräfekt hat den Erlaß über die Schulbataillone der Stadt Paris" unterzeichnet. In den 24 Arrondissements werden alle kriegsfähigen Schüler französischen Ursprungs in den Gemeinde­schulen zu 24 Bataillons organisirt, in welche auch die Schüler aus Privatschulen und solche, die im väterlichen Hause unterrichtet werden, eingereiht wer­den. Die Bataillone werden mit Gewehren von dem > offiziellen Modell ausgerüstet; die Kleidung besteht

aus Weste, Hose, Barett, Gürtel, Tornister und Ge- wchrriemen; alles auf Unkosten der Stadt und städti­sches Eigenthum. Der Rest der Bekleidung bleibt den Familien überlassen, Unbemittelte erhalten die­selbe aus den Arrondissementskassen. Gewehr und Munition dürfen nur von ernannten Lieferanten be­zogen werden und werden in den Schulen aufbewahrt. Zur Deckung der Unkosten für 1883 wird ein Kredit von einer halben Million eröffnet.

England.

London, 11 . Sept. Der furchtbare Orkan, welcher vorige Woche Großbritannien heimsuchte, ist für die Schiffe sehr verhängnißvoü gewesen. Es sind im Ganzen 79 Schiffbrüche gemeldet, wobei 20 Men­schen umgekommen sind. Von den untergegangenen Fahrzeugen waren 28 britische und 51 fremde. Im Vergleich mit der vorhergehenden Woche hat sich die Zahl der Schiffbrüche um nicht weniger als 68 ver­größert und bis jetzt haben in diesem Jahre 1257 Schiffbrüche stattgefunden oder 279 mehr als in dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres.

London, 14. Sept. Eine Meldung des Reu- ter'schen Bureaus aus Hongkong von heute sagt: Bei Phonhai, zwischen Hanoi und Sontay, fand zwischen den Franzosen und den schwarzen Flaggen ein Gefecht statt, das acht Stunden dauerte. Die Verluste der Franzosen an Todten und Verwundeten betrugen 2 Offiziere und 50 Mann, diejenigen der schwarzen Flaggen werden auf 500 bis 600 Mann angeschlagen.

Der Werth der in England vom Capland ein­geführten Straußenfedern beläuft sich jetzt auf jähr­lich 40 Millionen Mark. Das Gewicht beträgt etwa 255 000 Pfund. Seit mehreren Jahren hat sich die Einfuhr um das siebenfache vergrößert.

Die Maul- und Klauenseuche verbreitet sich unter dem Viehstaude Englands mit einer Schnelligkeit und trägt dabei einen so bösartigen Karakter zur Schau,' daß allgemein die größten Besorgnisse empfunden werden. Da die Abhaltung der meisten Biehmärkte untersagt wurde, so befürchtet man große Verlegenheiten in Bezug auf die Fleischversorgung der Städte.

Dänemark.

Wie es heißt, soll der Kaiser Alexander von Rußland in Kopenhagen einen Versuch gemacht haben, den Sohn des verstorbenen Königs von Hannover, den Herzog von Cumberland, zur Annahme eines Ausgleichs mit Preußen zu bewegen, aber wiederum vergeblich.

Rußland.

Eine entsetzliche Katastrophe hat in der Stadt Chieti (am Adriatischen Meere) bei einem Volks­fest Tod und Verderben verursacht. Unter aufgelas­senen Luftballons waren Petarden angebracht; eine solche explodirte in den Laden eines Pulverhändlers hinein und entzündete einen verhängnißvollen Brand. In dem grauenvollen Gedränge, welches entstand, wurde eine große Menge Menschen niedergetreten. Man zählt bis jetzt 120 Opfer, wovon 7 oder 8 Todte.

Amerika.

New-Z)ork, 14. Sept. Eine Depesche des ,,New-Z)ork Herald" theilt Details über den letzten Kampf in Tonkin mit, welcher drei Tage gedauert habe. Die Franzosen zogen sich zurück, um Verstär­kungen abzuwarten.

Der bekannte amerikanische Millionär Johann Jakob Astor, dessen Vater ein geborener Deutscher aus Waldorf bei Heidelberg war, hat sein ganzes Vermögen an seinen Sohn, den Gesandten der Ver­einigten Staaten am italienischen Hofe übertragen und sich nur eine Jahresrente von 100000 Dollars ausbedungeu. Die Höhe des Vermögens Astor's ist nicht bekannt, beziffert sich aber, wenn man die Be­sitzungen in New-Iork zum Kaufwerthe annimmt, auf mindestens 70 000000 Dollars (ca. 280 Mill. Mark.) Der Zweck der Vermögensübertragung soll der sein, daß der Besitz ungetheilt erhalten, jede Testamentsstreitigkeit vermieden werde und die Höhe des Vermögens Geheimniß bleibe.

Das kolossale Standbild der Freiheit, wel­ches zur Erinnerung an die zwischen den Republiken Frankreich und den Ver. Staaten bestehende Freund­schaft auf einer der kleinen Inseln im New-Aorker Hafen errichtet werden soll, ist nahezu vollendet und im Winter wird das riesige Monument zeitweise in Paris ausgestellt werden. Die Figur hat eine Hohe von 151 Fuß. Der Nagel des Zeigefingers ist nahe­zu eine halbe Elle lang, innerhalb des rechten Fu­ßes ist Sitzranm für ein Dutzend Menschen vorhan-