beamte des Kanzlers fungiren sein Sohn Wilhelm und ein Geheimsekretär der Reichskanzlei.
Im Königreich Sachsen ereigneten sich im Jahre 1881 17 645 Unglückssälle, davon 43,»Proc. infolge von Trunkenheit und Trunksucht. Die Zahl der Selbstmorde stieg von 485 im Jahre 1857 auf 1248 im Jahr 1881.
Zur Lutherfeier sollte in Coburg auf der Veste, wo Luther die Augsburger Confession eingeleitet und das Lied „Eine feste Burg" gerichtet hat, ein Denkstein mit der Inschrift „Eine feste Burg ist unser Gott" errichtet werden, der Herzog hat dazu aber, wie das Goth. Tagbl. meldet, die Genehmigung versagt.
Berlin, 17. August. Geheim-Oberpostrath Sachse in Berlin ist zum Direktor im Reichspostamt ernannt worden. — Der Kaiser bewilligte zur Sammlung für Jschia 50000
Das „Amtsblatt des Reichspostamts" enthält eine Verfügung des Staatssekretärs Dr. Stephan, welche die Mitwirkung der Postanstalten bei den Sammlungen für Jschia regelt. Danach sollen bei einer jeden Postanstalt vom Vorsteher resp. Kassirer, und, soweit es thunlich, von den Schalterbeamten Einzahlungen angenommen und in einem besonderen Konto verrechnet werden. An der Außenseite des Posthauses, etwa in der Nähe des Briefkastens, soll eine Tafel mit der Bezeichnung „Annahme von Gaben für Jschia" angebracht werden. Von drei zu drei Tagen sollen die aufgekommenen Summen an die örtliche Reichsbankanstalt oder an hie Bezirks - oberposlkasse abgeführt werden. Gleichzeitig mit der jedesmaligen Abführung ist an die Oberpostdirektion Bericht zu erstatten. Auch die Landbriefträger haben Gaben anzunehmen und abzuliefern. Die Vorsteher der Postanstalten werden aufgefordert, den Lokalko- mites als Mitglieder beizutreten. — Gewiß ist es erfreulich, wenn die Unglücklichen in Jschia Unterstützung finden, was aber bei der Geringfügigkeit der Zahl derselben und bei dem im Ganzen kleinen Umfang des Unglücks leicht Italien selbst besorgen könnte, dem wir immerhin den Ausdruck deutscher Sympathie gönnen. Aber wir möchten nur wünschen, daß in Zukunft bei Unglücksfällen im eigenen deutschen Vaterlande auch in ähnlicher Weise die Liebesthätigkeit organisirt und stimulirt würde. (D. Rpst.)
Nach den Mittheilungen von dem am Sonntag in Berlin stattgehabten 11. Congreß der Schornsteinfegermeister Deutschlands haben im Jahre 1880 in Deutschland ca. 14—15 000 Brände stattgefunden, wofür 54 Millionen Mar! Brand- schaden vergütet werden mußten; 790 Personen wurden dadurch beschädigt und 197 getödtet. Von den Rettungsmannschaften wurden 106 verwundet und 8 getödtet. Von den Bränden sind 2695 auf unvorhergesehene Ursachen zurückzuführen, 803 auf mangelhafte Ausführungen der Feuerungsanlagen und 7226 sind unermittelt geblieben. Von diesen dürften aber wohl 12 Proc. — 931 ebenfalls auf mangelhafte Ausführung zurückzuführen sein, so daß die Zahl derselben sich auf 1734 erhöhen würde. Diese erschreckend hohe Zahl sei nach Ansicht des Referenten Herrn Schoff-Berlin durch strengste Prüfung der moralischen Qualification und technischen Ausbildung der anzustellenden Meister zu mindern.
Unter den Güsten bei den Kaisermanövern wird sich auch König Milan von Serbien befinden. Die serbische Presse legt diesem Besuch eine hohe politische Bedeutung bei.
In dem Bankhause M. A. v. Rothschildin Frankfurt a. M. wurde eine großartige Defraudation entdeckt. Die Zistern schwanken zwischen 50 000 und 150000 vtL Dieselbe hat sich ein Beamter des Hauses zu Schulden kommen lassen, der vor länger als 20 Jahren in das Haus eiutrat. Der Mann hatte seine Haushaltung auf großem Fuß eingerichtet. Auch war er in den Kreisen der Jäger als Besitzer einer eigenen Jagd hoch angesehen. Aehnlich wie in früheren Jahren wird das Haus keinen Strafantrag stellen und sich mit der Entfernung des ungetreuen Beainten, von dem kein Pfennig zurückzuerhalten ist, begnügen.
Frankfurt, 18. Ang. Der Defraudant im Hause Rothschild ist vorläufig unbehelligt von hier abgereist. Es verlautet indeß, daß ihn die Polizei, obgleich ein Strafantrag von dem beschädigten Hause nicht gestellt ist, verfolgen läßt. Der Betrüger war der erklärte Liebling eines seiner Prinzipale, während der andere weniger gut auf ihn zu sprechen war.
Man erzählt sich, daß, als die Unterschlagung entdeckt wurde, der eine Chef des Hauses dem andern, der gerade im Bade weilte, telegraphirte: „Dein Günstling hat die bis jetzt ermittelte Summe von 150,000unterschlagen, was anfangen? Die Antwort lautete: „Lass' ihn gehen!" So geschah es. Die Familie des Defraudanten ist ohne alle Mittel.
In Köln verlor ein Engländer 22 Fünfhun- dert-Pfund-Scheine, die dem Eigenthümer, der die Nummern nicht kennt, noch nicht wieder zugestellt sind. Die Polizei hat die Geldgeschäfte von dem Verlust verständigt und um Aufmerksamkeit beim Vorkommen solcher Scheine ersucht.
Dem Turnvater Jahn istin Bochum ein Denkmal gesetzt und am Sonntag unter großen Feierlichkeiten enthüllt worden.
Das Denkmal auf dem Niederwald steht, wie von Rüdesheim gemeldet wird, im allgemeinen fertig da. Hoch ragt Germania auf ihrem Postament und wacht für Deutschlands Heil. Es ist, als ob sie an die Deutschen selbst die Worte Schillers richten wollte: Seid einig, einig, einig! Der Engel des Krieges und der des Friedens sind zu ihren beiden Seiten aufgestellt, und das Gerüst ist bis dahin schon abgenommen, nur die letzten Hammcrschläge legt der Steinmetz an das Postament. Die Reliefs, Abschied und Rückkehr des Kriegers, stehen in Rüdesheim auf dem Bahnhof zur Abnahme bereit, und nur das vordere Relief, der Kaiser mit seinem Gs- neralstabe, fehlt noch. Auf dem Postament steht vorn in goldenen Lettern: Zum Andenken an die ein- müthige siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und die Wiederaufrichtung des deutschen Reichs 1870/71. Auf der Rückseite: Friede zu Frankfurt 10. V. 71. Nordwärts auf der Seite: Weißenburg, Wörth, Spicheren, Courcelles, Mars-la-Tour, Gravelotte, Beaumont, Sedan. Südwärts: Straßburg, Metz, Le Bourget, Amiens, Orleans, Le Mans, St. Quentin, Paris. Auf der Rückseite ist auf dem Sockel Raum gelassen zur Aufzeichnung der besonders verdienten Regimenter.
Potsdam, 19. August. Die Tauffeierlichkeiten des am 7. Juli d. I. geborenen zweiten Sohnes Sr. königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm hat in Gegenwart der höchsten und allerhöchsten Herrschaften, sowie der geladenen fürstlichen Gäste stattgefunden, der neugeborene Prinz erhielt die Namen Wilhelm, Eitel, Friedrich, Christian, Karl.
Oesterreich-Ungar«.
Wien, 16. Aug. Sir Moses Montefiore sandte den 15 Tisza-Eszlarer Angeklagten je 10 Pfd. Sterling mit Glückwünschen und Ermahnungen, fürderhin „zeitgemäß zu leben und gute Staatsbürger zu sein."
Wien, 17. August. Aus Hof Gastein wird starker Schneefall gemeldet, Temperatur 3 Grad Celsius.
Pest, 18. August. Die Nachricht des Nemzet, daß das deutsch-österreichische Bündniß sechs Jahre verlängert worden, macht einen guten Eindruck. — In Neusohl ist eine Judenhetze ausgebrochen. Militär wurde dahin abgesendet.
Es scheint, als ob eine österreichische Stadt um die andere ihren Krawall haben müßte. Die Sache wirkt ansteckend und jeder Anlaß ist willkommen. In Pest war es die Ankunft der Familie Scharf, in Wien des Arbeiter Stevens, in Agram die ungarischen Schilder an den Amtsgebäuden. Während man die ungarische Schrift in den Koth trat, wurde dem Telegraphenamte, wo nur eine kroatische Aufschrift angebracht ist, eine Ovation dargebracht. Aus Carlstadt wird von ähnlichen Exces- sen und aus ähnlichem Anlaß, wie in Agram berichtet. Auch Prag hat gestern einen kleinen Krawall gehabt. Buben von 14 Jahren und darunter durchzogen den Franzenskai und demonstrirten gegen die Juden. Die Polizei verhaftete einen Schustergesellen und einen Commis.
Von Pest wird unterm 16. Aug. berichtet: Privatnachrichten aus Agram lassen die daselbst vorgekommenen Ausschreitungen ausgedehnter erscheinen, als angenommen wurde. Die gegen das erzbischöfliche Palais, die Bahnbetriebsdirektion, den Bahnhof :c. geplanten Excesse wurden nur durch das rechtzeitige Erscheinen des Militärs verhindert. Die häufigen beleidigenden Ausrufe gegen Ungarn, die Jniultirung einzelner Personen, wie auch des Militärs, lassen den angeblichen Bewegnngszweck, die
Entfernung der Amtsschilder mit ungarischer Aufschrift, im bedenklichsten Lichte erscheinen.
Frankreitb.
In wie großartigem Maßstabe in Paris die Weinverfälschungsindustrie blüht, kann man aus folgenden, die seitens des städtischen Laboratoriums während des verflossenen Monats bewirkten chemischen Wein-Analysen umfassenden Daten ersehen: Von 640 entnommenen Weinproben wurden nur 88 (!) als gut befunden.
England.
(Luther-Feier in London.) Eine von Vertretern der hervorragendsten Religionsgenoffenschaf- ten Englands besuchte Versammlung beschloß am Freitag in Exeter Hall die 400jährige Geburtsfeier des großen Reformators in entsprechender Weise zu begehen, und es wurde zu diesem Behufs ein Komite erwählt, um die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Es sollen am 10. November und den nächstfolgenden Tagen in allen protestantischen Kirchen religiöse Versammlungen abgehalten, und dabei über das Leben und Wirken Luthers gesprochen und die Segnungen der Reformation dargelegt werden.
Eine Kinderauction wurde am 13. d. M. auf offener Straße in Oldham (England) abgehalten. Eine anscheinend dem Arbeiterstande angehörende Frau stellte ihre zwei Kinder am Marktplatze zum Verkaufe aus. Das ältere Kind, ein Knabe von 3 Jahren, hübsch und reinlich angezogen, wurde von einer kinderlosen Dame für 6 Pence (50 Pfennige) erstanden, sofort in eine Droschke gehoben und von seiner neuen Mutter davongeführt. Das jüngere Kind, ein Mädchen von 18 Monaten, erwieS sich als unverkäuflich, obschon die Mutter dasselbe schließlich für einen Penny losschlagcn wollte. „Mein Mann ist todt und ich kann das Kind nicht ernähren," rief sie, „nehmt es für einen Penny!" Bon den vielen hundert Leuten, welche das Weib umstanden , wollte sich aber Niemand auf den Handel einlassen und die Frau zog dann, das Kind auf dem Arme, auf der Landstraße weiter.
Ein furchtbares Grubenunglück ereignete sich am 15. d. Morgens in dem Zinnbergwerke „Wheel Agar Mine" bei Redruth in England. 13 Bergleute hatten die Nachtschicht vollendet und wurden im Aufzuge zu Tage gefördert. Als der Fahrkorb den Landungsplatz nahezu erreicht hatte und die Welle die letzte Umdrehung machte, um den Leuten den Austritt zu ermöglichen, riß Plötzlich das Förderseil. Ein Mann sprang noch rasch auf die Landung und rettete sich in dem Augenblicke, als hinter ihm seine unglücklichen Kameraden mit einem markerschütternden Schrei in die Tiefe stürzten. Eine Minute hörte man den Förderkorb mit seiner lebenden Fracht an die Wände des 600 Fuß tiefen Schachtes anschlagen und dann trat eine unheimliche Stille ein, welche keinen Zweifel über das Schicksal der armen zwölf Bergleute aufkommen ließ. Sofort fuhren einige Bergleute ein, um Hilfe zu leisten, wenn noch Hilfe zu leisten war. Auf der Sohle des Schachtes angelangt, fanden sie aber nur noch zwölf furchtbar verstümmelte Leichname mit zermalmten Gliedern und zum Theile vollständig abgetrennten Köpfen.
Dublin, 14. August. Mit welcher Wuth die Irländer ihre Gegner verfolgen, zeigt nachstehender Fall: Mr. Field, der Obmann der Jury in dem Prozesse gegen einen der sogen. Phönixpark-Mörder, Brady, hat Irland verlassen müssen, weil sein Geschäft gänzlich ruinict ist. Niemand kaufte mehr bei ihm und er selbst wurde beständig bedrobt. Der Versuch, sein Haus und seine Habe zu verkaufen, mißglückte gleichfalls, denn bei der öffentlichen Versteigerung wurde kein einziges Angebot gemacht, und wenn sich nicht die Regierung ins Mittel legt, so wird Field das Haus behalten und versteuern müssen, ohne einen Miether zu finden.
Rußlarrd.
St. Petersburg, 13. Aug. (Ein Riesenprozeß.) Von wahrhaft riesigem Umfang sind die Akten in Sachen der Mißbräuche des Kreischefs von Kansk in Sibirien, Namens Wassiljeff; dieselben umfassen 60 000 Bogen. Zum Transport der Akten waren, wie russische Blätter melden, 6 Pferde nö- thig; eben so viele Menschen waren erforderlich, um bei halbtägiger Arbeit die Akten in der Gouverne- mentsverwaltung in Schränke unterzubringen. Nach dem Urtheil kompetenter Personen soll der Prozeß noch vor Schluß des Jahres 1885 vor dem Gouvernements-Conseil zur Verhandlung kommen. Im