mit Hilfe des Militärs den Platz und verhafteten 32 Personen. Um 12 Uhr war die Ruhe wieder her- gestellt. Pester Blätter machen die Polizei für die gestrigen Exzesse verantwortlich, weil vorgestern, wo es sich um eine einfache Demonstration handelte, gleich in die Menge hineingeritten wurde, während die Polizei gestern unthätig zusah. Die Kerepeser- Straße bietet das wüste Bild der Zerstörung; es gibt Wirthe und Kaufleute, die einen Schaden von 2030000 Gulden erlitten haben. Dieselben ver­langen von der Polizei Entschädigung. In das Spi­tal wurden zahlreiche Verwundete gebracht, die Ke- repeser-Straße wurde heute durch einen Militärkor­don abgesperrt. Für heute Abend ist Militär kon- signirt, die Stimmung der Bevölkerung ist sehr erregt.

Die Tisza-Eszlarer Affaire, ist, wie aus Pest gemeldet wird, in ein neues Stadium getreten. Der Hauptbelastungszeuge, der 14jährige Moritz Scharf, zieht alle seine Aussagen zurück und theilt Folgendes über die Entstehung derselben mit:Man sagte mir, man werde mich in die Theist werfen; weiter sagte man mir, der Untersuchungsrichter sei ein Geistlicher und der werde mir die Beichte abnehmen, dem solle ich Alles gestehen, die klebrigen hätten schon gestan­den; ich fürchte mich sehr, denn man zeigte mir eine Grube, in die man mich werfen wollte, und da sagte ich Alles, was man wollte; wenn ich ein Wort nicht wustte, iagte man mir, man werde mich in ewiger Gefangenschaft halten. Von meinen Aussagen ist nichts wahr, als daß die Juden Abends im Tempel waren, die Esther habe ich gar nicht gekannt, die Aussage wurde mir eingeübt." Die Mittheilungen Moritz Scharf's erregen großes Aufsehen.

Schweiz.

Zürich, 9. August. Die Zahl der Besucher der Landesausstellung hat soeben 1 Million über­schritten.

Aus der Schweiz. Der große Gotthard­tunnel ist nunmehr doppelspurig fertig erstellt. Seit einigen Wochen kreuzen sich darin täglich sechs Züge.

Frankreich.

Nach dem Kriege von 187071 nahm bekannt­lich Frankreich mit großem Eifer die Riesenaufgabe in Angriff, das verlorene Kriegsmaterial durch neues zu ersetzen und eine zahlreichere und besser ausgerü­stete Armee zu schaffen, als Frankreich vorher beses­sen. Der 1875 festgestellte Reorganisationsplan ver­anschlagte die Kosten auf 1228 Millionen Franken, eine Summe, die damals kolossal erschien, sich in­zwischen aber fast auf das Doppelte, nämlich aus 2294 Millionen gesteigert hat. Das französische Kriegsbudget sieht denn auch für 1884 und für eine ganze Reihe folgender Jahre allein im Extra-Ordi- narium eine Ausgabe von 368 382 547 Franken vor­aus. Seit 1881 wurde die fortschreitende Ergän­zung des Kriegsmaterials aus den Ueberschüssen vor­jähriger Steuererträgnisse gedeckt. Jetzt aber hat diese glückliche Finanzlage aufgehört und es wird für 1884 ein außerordentlicher Kredit von 110 Millio­nen erforderlich werden, von denen 56 für die Artil­lerie, 45 für das Jngenieurwesen, 5 für Bekleidung und 4 für allgemeine Transportkosten in Ansatz kommen.

Spanien.

Madrid, 10. August. 200 Soldaten haben in Haro ebenfalls gemeutert. Dieselben sind in's Gebirge geflohen und werden von den nachgesendeten Truppen verfolgt. Der Aufstand in Nagera ist unter­drückt und die Aufrührer sind gefangen oder geflohen.

Madrid, 10. August. Auch in Santo Do­mingo (Provinz Logronno) hat ein Theil der Gar­nison Revolte gemacht und ist abgezogen. Die Offi­ziere des Regiments Numancia setzten den Aufständi­schen nach, erreichten dieselben nach dreizehnstündigem Marsche und bewogen sie zur Rückkehr. Die Auf­ständischen hatten ihren Anführer vorher erschossen.

Pariser Blätter melden ferner: In Barce­lona fand ein Straßenkampf statt. Die spani­schen Behörden kvnstatirten, daß Zorillas Agenten 5 Mill. vertheilten, und sie beschuldigen die Pariser Republikaner, Zvrilla unterstützt zu haben. Zorilla wird in Bordeaux erwartet, auf dem Wege nach St. Jean-de-Luz.

Madrid, 11. Aug. Der König und die Königin sind gestern Abend hier angekommen und von der Bevölkerung mit enthusiastischen Zurufen begrüßt worden.

Privatmcldungcn aus Spanien lauten ziemlich bedenklich. Sie signalisiren eine verstärkte rcpn'.lika-

k nische Bewegung auf mehreren Punkten und auch I Carlistische Unruhen im Norden als drohend. Der neue Kaiser von Anam ist Frankreich feindlich gesinnt.

Amerika.

Ein furchtbares Hagelwetter hat am vori­gen Dienstag, Nachts, den amerikanischen Staat Io­wa heimgesucht. Die Breite des Hagelstreifens be­trug vier englische Meilen und zog sich durch drei Grafschaften hin. Alle Feldfrüchte wurden auf der ganzen Strecke gänzlich zerstört. Eine Frau wurde von den niederstürzenden Eisklumpen erschlagen und viele Personen schwer verletzt. Die Hagelkörner lä­gen stellenweise 5 Fuß hoch. Der Eisenbahnverkehr war unterbrochen und in der Station Lonah wurden neun Güterwagen von der Gewalt des Sturmes aus den Schienen gehoben und umgeworfen.

Handel K Verkehr.

Tübingen, 10. August. Bei dem in den letzten Tagen dahier stattgehabten Verkauf des Allmandobstes ergab sich ein Gcsammterlvs von 1647 ein Resultat, das als ein sehr günstiges bezeichnet weiden darf.

Englands Ernteaussichten haben durch die lln- gunst des Wetters während der letzten 14 Tage sehr gelitten. Der beständige Regen hindert nicht nur die Reife, sondern hat das Getreide in den meisten Theilen des Landes zum Lagern gebracht. Man rechnet jetzt nur noch auf eine schwache Mit­teler,,te und fürchtet, daß die Qualität der Korner sehr leiden werde. Die Rübenfelder stehen ausgezeichnet, die Kartoffeln dagegen fangen zu faulen an und die Hopfenpflanzungcn sind weit zurück. Irland wurde überdies in den letzten Tagen von heftigen Gewittcrstürmcn hcimgesucht; das flache Land steht zum großen Thcile unter Wasser und man betrachtet da die Ernte als ganz verloren. _

Iie Tochter des Schmugglers.

(Fortsetzung.)

III.

Der Kampf im Dunkeln.

Beim ersten Blick auf das Bild war es Karl sogleich klar, woher die Antipathie stamme, welche der alte Günther gegen die schöne Tochter des Schmugglers zu Tage trug: die zufällige Aehnlichkeit mußte der Grund seiner Abneigung sein. Um sich völlige Gewißheit darüber zu verschaffen, bemerkte Karl, daß er zwischen Kunigunde und Gertrud eine große Ueber- einstimmung der Züge finde.

Ja, ja, das ist's", erwiderte der Haushofmeister. Als die gnädige Frau sie zu sich nahm, war sie noch nicht vierzehn Jahre alt, und damals bemerkte ich es schon. Je älter Fräulein Schuld wurde, desto mehr bildete es sich heraus. Dies Antlitz ist das Unglück der Silfeld's."

Lassen Sie keine Geisterseherei in sich erstehen", versetzte Naugarten.

Sie nennen das Geisterseherei und doch werden Sie mir zugeben, daß es Ahnungen giebt."

Pah", erwiderte Karl,ich habe weder Erschei­nungen gehabt, noch Ahnungen empfunden, wenn ich völlig gesund, mein Blut nicht zu dick war. Die Ge­reiztheit der Nerven schasst die übernatürliche Welt in uns, die Geisterwelt und was daruni und daran hängt."

Ja, so redet die an nichts glaubende Jugend", brummte der alte Haushofmeister, steckte das Bild zu sich und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Karl hielt ihn davon zurück, indem er die Frage an ihn richtete, ob er die Eltern des schönen Mädchens gekannt habe.

Sie lebten in Tischwitz an der Grenze", erwi­derte Günther,die Mutter war schon seit Jahren todt, der Vater trieb das Schmugglerhandwerk. Der war der stärkste Mann im Orte und der schlaueste Fuchs: von Jedem gefürchtet; denn er war nicht allein zornig, sondern auch mit einem weiten Gewissen begabt, so daß wie man meinte es ihm auf einen kleinen Todtschlag nicht ankäme: kurz ein gefährlicher Mensch. Nur die kleine Gertrud damals war sie noch klein hatte Gewalt über ihn; er liebte sie abgöttisch und hätte für sie nicht allein das Leben gelassen, sondern auch dem Teufel seine Seele verschrieben, gesetzt, daß er dies nicht schon gethan hatte. Nun eines Tages ging er mit sieben Gefährten, den verwegensten Gesel­len, über die Grenze. Der Schmugglerzug mußte verrathen sein, er fiel in einen Hinterhalt; aber die Kosaken hatten es nicht leicht, man schlug sich ver­zweifelt. Der blaue Peter kam allein davon. Der erzählte, daß er und Schuld durchgebrochen seien; aber schon im Angesicht der Grenze habe den Letzteren eine Karabinerkugel erreicht.Das hat gesessen, ich bin hin", rief er niederstürzend.Grüß mir mein Kind!" Der blaue Peter wollte ihn aufrichteu der starke Schmuggler war eine Leiche. Die Geschichte erregte die Aufmerksamkeit der gnädigen Frau, sie fuhr

nach Tischwitz und fand die Gertrud als elternlose Waise in Verzweiflung. Ihr mildes Herz fühlte sich von dem hübschen Mädchen angezogen, sie nahm es zu sich und ich will wünschen, daß sie sich keine Natter erzogen hat. Aber ich habe die Augen offen, wie es sich für den alten Günther ziemt. Wetter! wie die Zeit vorgerückt ist! Da wünsche ich Ihnen eine gute Nacht."

Er verließ das Zimmer. Als die Thür sich hinter ihm geschlossen hatte, sagte Karl im Selbstge­spräch:Er hatte Recht, das Einschlafen wird mir schwer werden."

Er trat in die tiefe Fensternische und schaute hinaus. Dem schönen Tage war eine nicht weniger schöne Nacht gefolgt; der Neumond leuchtete am ster­nenhellen Himmel. Ueber den kleinen, jetzt Wirthschafts- zwecken dienenden Hof und die mit Zinnen versehene Mauer sah er auf wogende Aehrenfelder. Zur Rech­ten erhob sich der viereckige Thurm der Kunigunde. Karl schauderte bei seinem Anblick; das Schreckliche der Erzählung wurde in ihm lebendig, er sah es förmlich vor seinem geistigen Auge geschehen, wie sich vier Män­ner zum Gericht über eine Frau festsetzten, die viel­leicht völlig unschuldig war, wie man sie zur Marter- bank schleppte, wie die Qual dem schönen Weibe Ge­ständnisse auspreßte, welche erlogen waren, von denen ihre Seele nichts wußte, wie sie daun von ihrem Gatten und seinen nächsten Verwandten verurtheilt wurde und endlich den Tod erlitt.Schrecklich!" murmelte er, entsetzliche Zeit!"

Er öffnete das Fenster, um die frische Lust in vollen Zügen zu athmen er lehnte sich hinaus. Da war es ihm, als ob sich von dem viereckigen. Thurm eine Gestalt ablöste und an der Mauer dahin­huschte.Was war das? will meine Phantasie mir eine Lüge vor den Geist zaubern? Aber da regt es sich. Jetzt verschwindet es um jene Ecke. Pah, viel­leicht Jemand von der Dienerschaft des Schlosses! Ich will hinaus. Im Freien werde ich ruhiger werden, wird sich das erregte Blut abkühlen."

Er verließ das Zimmer und eilte in den großen Schloßhof hinab. Dort ging er, die Arme auf dem Rücken, mit weiten Schritten auf und nieder. Plötz­lich öffnete sich ein Fenster und des Haushofmeisters Stimme ertönte:Wer ist dort unten?"

Ich bin es, Herr Günther", erwiderte Nau­garten.Ich will mich abkühlen Ihre Erzählung hat es mir heiß gemacht."

Das habe ich Ihnen sogleich gesagt", versetzte der Haushofmeister und schloß das Fenster. Karl aber lächelte:Da habe ich den Beweis. Hätte ich vorhin die Gestalt im kleinen Hof angerufen, hätte mir vielleicht ein Bedienter geantwortet. Ich will wieder hinaufgehen und mich niederlegen, morgen aber mit Georg's Tante reden, ob sie nicht den Thurm der Kunigunde will öffnen lassen. Sie wird sich sträuben; sie ist eine alte Frau, die alles gern in demselben Stande lassen will, wie sie es gewohnt. Sie braucht nichts davon zu wissen. Ich werde mit Georg unter­handeln, er wird nichts dawider haben."

Er betrat wieder das Schloß und ging die Treppe hinauf, ging dann den Corridor rechts und erinnerte sich plötzlich, daß er ja eine Treppe höher einquartiert sei. Er wandte sich um und ging zurück, bis er end­lich sich gestehen mußte, daß er sich schon wieder in der Dunkelheit verirrt habe.Wahrhaftig", meinte er ziemlich erregt,diese alten Gebäude sind wahre Labyrinthe, aus denen man ohne Ariadnefaden kaum heraussindet. Fast könnte ich jetzt zu der Dummheit gelangen, Georg Recht zu geben, daß er die alte Burg beseitigen will. Wäre ich wieder im Schloßhofe, das wäre besser, dann fände ich mich eher zurecht. Hier ist eine Flügelthür. Sehen wir, ob sie verschlossen ist." Sie war nicht verschlossen und Naugarten befand sich in dem sogenannten Ahnensaal. Unwillkürlich erfaßte ihn ein leises Grauen; er kämpfte es aber nieder und sagte sich, daß er nun einen Anhaltspunkt habe, von dem aus er sein Zimmer finden könne. Dann fragte er sich, woher es komme, daß dieser Saal nicht ver­schlossen sei.Man wird es vergessen haben", erwi­derte er, zuckte die Achseln, wandte sich um und stieß an einen Menschen.Wer da?" fragte er.

Ein Fluch entfuhr dem Munde des Anderen, der sich wüthend aus den jungen Mann stürzte. Karl Naugarten war kein Schwächling und leistete trotz dem unvermutheten Ueberfalle energischen Widerstand. Mit Aufbieten aller Kräfte suchte er sich aus dem eisernen Griff zu befreien; aber mit furchtbarer Gewalt hielt ihn der Angreifer gepackt und drängte ihn in.

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