"wurden angezündet, und als sie in vollen Flammen standen, ging Herr Schalla, mit seinem Apparate ausgerüstet, zwischen dieselben hinein und im Feuer umher. Er setzte sich sogar einigemale auf die eingestürzten brennenden Haufen, löschte sodann das Feuer mit einem am Apparat befindlichen Wasserschlauch und kam auch vollständig unversehrt wieder heraus. Nach der eigenen Aussage des Herrn Schalla ist dieser Versuch der 327ste mit demselben Apparat, der ihn 700 gekostet habe. Der Apparat besteht aus einem doppelten Anzug. Der innere ist aus Kautschuk, der äußere aus starkem, dichtem Baumwollstoff. Durch einen Schlauch wird fortwährend Wasser in und über den Anzug geleitet und ebenso mittelst einer Luftpumpe immer frische Luft in den Apparat geführt, welche dann aus den für die Augen im Helm des Kopfes bestimmten Oeffnungen ausströmt und es dadurch möglich macht, sich mit ungeschützten Augen in den Flammen aufzuhalten.
Ulm, 22. Juli. Am Donnerstag geht das hiesige Pionier-Bataillon über Nürnberg nach Grau- denz zur Theilnahme an den dort stattsindenden Pionierübungen.
Oehringen, 21. Juli. Die Menschenpocken drohen nun auch bei uns epidemisch zu werden; es befinden sich bereits vier Pockenkranke im hiesigen Krankenhaus. Nächsten Montag wird im Rathhaus eine öffentliche Impfung stattfinden, zu welcher die erwachsenen Einwohner durch das Oberamt u. Ober- amtsphhsikat aufgefordert werden.
Brand fülle: In Aalen am 22. Juli die Wagner'sche Ziegelhütte.
Der in Lörrach erscheinende „Oberländer Bote" klagt darüber, daß viele Fischer am Rhcin- strom angeschwemmte Leichen wieder in's Wasser stoßen, um ihren Gemeinden die Kosten der Beerdigung zu ersparen. Daher komme es, daß so oft völlig in Verwesung übergegangene Leichen gefunden werden. „In Berücksichtigung solch' offenbarer Mißstände," schreibt dieses Blatt, „wäre es gewiß sehr wünschens- werth, wenn die Beerdigungskosten aller unbekannten Ertrunkenen aus Staatsmitteln bestritten würden. Hiebei stände den Staatsbehörden ja dennoch das Recht zu, eine Ersatzforderung alsdann geltend zu machen, wenn die persönlichen Verhältnisse der betreffenden Verunglückten nachträglich noch ermittelt werden können."
Ein Braugehülfe thronte bei dem Festzuge der Bundesschützen in Dresden auf riesigem Fasse als König Gambrinus. Der Ritt mit weit gespreizten Beinen dauerte fast 6 Stunden lang, der Reiter mußte vom Fasse gehoben werden. Es stellten sich Muskelkrämpfe ein, die wochenlang dauerten und den Tod des Mannes herbeiführten.
Berlin, 21. Juli. Die bevorstehende Taufe des zweiten kaiserlichen Urenkels wird, wie wir hören, alle Mitglieder der kaiserlichen Familie zusammenführen. Außerdem wird Besuch von Karlsruhe, Darmstadt, Wien und London erwartet. Allzu große Dimensionen soll das Tauffest nicht aunehmen. Die Prinzessin Wilhelm wird, sobald das Wetter warm und "beständig geworden, die erste Ausfahrt unternehmen können, da ihr gegenwärtiges Befinden nichts zu wünschen übrig läßt.
Berlin, 21. Juli. Das „Deutsche Tagbl." schreibt: Lebhaftes Aufsehen erregte heute vor dem Hause alte Jakobstraße 64 der Umstand, daß Beamte der Polizei eine Anzahl von Geschäftsbüchern auf einen Wagen verluden und forttransportirten. Wie wir hören, handelt es sich um die auf ministeriellen Befehl erfolgte Beschlagnahme der Geschäftsbücher der Hirsch-Duncker'schen Arbeiterklassen. Von anderer Seite wird uns berichtet, daß der Grund der Maßregel nicht in vorgekomnienen Unregelmäßigkeiten, sondern in einer bedeutenden Unterbilanz zu suchen ist, mit der die Kassen gearbeitet haben sollen.
Die Versuche mit den neuen Repetirgewehren werden in Berlin fortgesetzt. Der Erzielung eines größeren Schnellfeuers durch dieselben treten zwei schwere Bedenken gegenüber: 1) daserhöhte Gewicht des Gewehres und damit die größere Belastung des Soldaten und 2i der ungeheuere Kostenaufwand, den die Einführung des neuen Gewehres jedenfalls mit sich bringen würde. Auch in Frankreich hat man bereits vor diesem Bedenken Halt gemacht und versucht, sich au der Einführung eines Repetir-Mecha- nismns genügen zu lassen. Dies Auskunftsmittel ist auch hier nicht unbekannt; die damit angestelltcn Versuche haben indessen so wenig befriedigt, daß man
schon vor Jahren sich genöthigt sah, davon Abstand zu nehmen.
Eine Berliner Correspondenz erwähnt eines Gerüchts, daß Minister Maybach in Uebereinstimmung niit den Intentionen des Reichskanzlers sich mit dem Projekt der Uebertragung sämmtlicher Eiseubahnen der Einzelstaaten an das Reich beschäftige.
Das Ende dieses Monats in Kraft tretende neue kirchenpolitische Gesetz übt bereits erkennbare Wirkung im Voraus. Etwa 80 junge Geistliche, welche nach dem Eintritt der Maigesetze zu Priestern geweiht worden sind, befinden sich meist außerhalb Preußens, größtentheils in Bayern', als Hilfsgeistliche. Wie aus Pelpliu berichtet wird, hat der Bischof von Kulm an sämmtliche im Auslände befindliche Geistlichen die Aufforderung ergehen lassen, in die Heimat zurückzukchren, wo sie alsbald Anstellung als Vikare zu gewärtigen haben. Auch in Württemberg sind mehrere junge Geistliche aus Preußen verwendet und werden wohl ebenfalls bald ihre Heimberufung nach Preußen erhalten.
lieber Luther's Verhältniß zur Musik bringen die „Grenzboten" einen interessanten Aufsatz. Luther sah in der Musik nicht lediglich ein Mittel zur Belebung des Kirchengesanges, sondern auch zur Veredlung und Ausschmückung des Familienlebens. „Ich bin nicht der Meinung", sagt er in der Vorrede zu Johann Walther's Gesangbüchlein (1524), „daß durch das Evangelium alle Künste zu Boden geschlagen werden und vergehen, wie etliche Abergeistliche vorgeben, sondern ich wollte alle Künste, sonderlich die Mnsika, gern sehen im Dienste des, der sie gegeben und geschaffen hat." Nächst dem, was ihm das Höchste und Heiligste war, liebte er die Musik. „Sie war es, die ihm das fröhliche Mahl würzte und ihm manche düstere Stunde verscheuchte". Oft stellte er eine „Cautorei", ein kleines Hauskonzert, an, wobei er von seinen Freunden unterstützt wurde. Mit besonderem Nachdruck verlangte er, daß alle jungen Leute Musik lernen sollten, namentlich wünschte er, daß alle Lehrer und Prediger in dieser Kunst unterrichtet würden. In Luther's Schriften finden wir eine Reihe von Stellen, welche seine Vorliebe für die Musik und seine Werthschätzung derselben kennzeichnen. „Wer die Musieam verachtet", sagt er, „wie denn alle Schwärmer thnn, mit dem bin ich nicht zufrieden; denn die Musica ist eine Gabe und Geschenk Gvttes, nicht ein Menschengeschenk. So vertreibet sie auch den Teufel und macht die Leute fröhlich. Man vergißt dabei allen Zornes, Unkeuschheit, Hoffahrt und andere Laster. Ich gebe nach der Theologie der Musica den nächsten looum und höchste Ehre!" Und an einer andern Stelle: „Der Teufel ist ein trauriger Geist und macht traurige Leute, darum kann er Fröhlichkeit nicht leiden: daher kommt's auch, daß er vor der Musica aufs weiteste flieht, bleibt nicht, wenn man singt, besonders geistliche Lieder. Alsv linderte David mit seiner Harfe dem Saul seine Anfechtung, da ihn der Teufel plagte." Eine ausführliche Schrift Luther's über die Musik endlich, die bisher unbekannt war, wird nach einer Mittheilung der „Grenzboten" in der neuen kritischen Gesammtausgabe vvn Luther's Werken, deren erste Bände zur Luther-Feier vorliegen sollen, zu erneutem Abdruck gelangen.
Der unscheinbare Benedetti-Stein auf dem Kurplatze in Ems, der an den 13. Juli 1870 erinnert, war diesmal durch einen Eichenkranz und die Widmung ausgezeichnet:
Geschmückt sei heut' mit Lorbeerblatt und mit dem Laub der Eiche Der erste Stein des Fundaments zum heil'gen deutschen Reiche,
Vom Niederwald, 16. Juli. Das größte und schwerste Gußstück der Germania-Statue ist heute Vormittag auf das Postament gehoben worden. Der Probeauszug gestern Morgen mit 220 Ctr. Eisenbahnschienen hatte vollständig die Tragfähigkeit des sieben Etagen hohen Gerüstes und der beiden Flaschenzüge bestätigt. Nachdem heute das 8500 Kilogr. wiegende Gußstück der Statue mittelst der Flaschenzüge und des Hebewerks von dem Wagen gehoben und in die richtige Stellung gebracht war, begann unter der persönlichen Leitung der Herren Holzmann und des Seilfabrikanten Reutlinger ans Frankfurt der eigentliche Aufzug um 10 Uhr. Leider war das Wetter sehr ungünstig; es regnete fortwährend und ein starker Wind sauste durch den Wald; dennoch stieg der Fuß der Germania-Statue langsam, aber sicher und ohne den geringsten Unsall zu der schwindelerregenden Höhe empor. Schon um 2 Uhr Nachmittags stand
er fest auf der Plattform des Postaments. Die Arbeiter haben mit der größten Gewandtheit, Pünktlichkeit und Sicherheit die vorsichtigen und praktischen Anordnungen ihres Meisters zur Ausführung gebracht. Das mit Kammrädern versehene Hebewerk, die beiden Flaschenzüge, die auf der Höhe des Gerüstes auf Eisenbahnschienen laufenden Rollwagen zum Schieben und die von Herrn Reutlinger gelieferten Seile haben sich vortrefflich bewährt. Herr v, Miller aus München, aus dessen Gießerei die prachtvolle Statue hervorgegangcn, verfolgte den Aufzug mit gespanntester Aufmerksamkeit. Zugegen waren ferner die Herren Professor Weißbach und Gießereibesitzer Vierling aus Dresden. Letzterer lieferte bekanntlich zu dem Denkmal die Rhein- und Moselgruppe und den mittleren Theil des Hanptreliefs.
Aus dem Zuchthanse zu Werden wurde am 17. d. M. ein Sträfling entlassen, der unschuldig zu einer Zuchthausstrafe vvn 15 Jahren wegen Todt- schlags verurtheilt war u. von dieser Strafe bereits 2 Jahre verbüßt hatte. Jetzt hat ein Sterbender auf dem Todtenbette das Geständnis) abgelegt, daß er das Verbrechen begangen habe und Jener unschuldig sei. Die weiteren Ermittelungen haben ergeben. daß das Geständniß richtig ist.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 23. Juli. Gestern Abend stürzte, wie der „Frkf. Ztg." gemeldet wird, bei Hütteldorf die Brücke über den Halterbach ein, als ein ganzer Trupp Arbeiter, welcher mit Frauen und Kindern (mehr als 3000 Personen) von einem Ausflug zurückkehrten, die Brücke passirte. In Folge dessen cirkulirten hier die beunruhigendsten Gerüchte. Tatsächlich stürzten 50 Personen in den Bach, zahlreiche schwere Verletzungen sind vorgekommen, doch ist Niemand todt geblieben.
Nyiregyhaza, 23. Juli. Gestern reichte der Vertheidiger Eötvös im Namen des Angeklagten Josef Scharf ein Gesuch bei dem Vicegespan Zoltau ein, daß Moritz Scharf der elterlichen Disposition zurückgegeben und bei seinem Oheim Scharf in Na- nas untergebracht werde.
Nyiregyhaza, 23. Juli. Die Eingabe Josef Scharf's um Zurückstellung von Moritz Scharf unter die elterliche Obhut wurde vom Vicegespan ablehnend beschicden.
Der Tisza-Eßlar-Prozeß wird diese Woche zu Ende gehen. Am Montag wird das Beweisverfahren geschloffen werden. Dienstag wird der Staatsanwalt die Schlußrede halten, Mittwoch und Donnerstag werden die Vertheidiger sprechen. Samstag wird die Urtheilspublikation erwartet.
Der A d v o k a te nre ichthn in Ungarns. Ungarn bat bei einer Bevölkerung von ca. 15 600000 Seelen 4600 Advokaten, während Frankreich nur 2251 , Preußen 2161 , also beide Lander zusammen nicht so viel Advokaten als Ungarn allein besitzen. Budapest hat 680 Advokaten. Ein sehr starkes Contingent zum ungarischen Advokatcnstande liefern die Juden.
Schweiz.
Tessin. Als der Todtengräber von Riva San Vitale kürzlich ein Grab grub, stieß er mit dem Spaten auf einen schon seit langer Zeit in der Erde liegenden Sarg. Er öffnete ihn und fand statt menschlicher Ueberreste darin einen Holzblock, der augenscheinlich unter Thränen und den Ceremonien der Kirche s. Z. begraben worden war. Der Fall macht viel von sich reden und man fragt sich, wer der Todte war, statt dessen ein Holzscheit der Erde übergeben wurde.
Frankreich-
Paris, 21. Juli. Lesseps forderte den Ingenieur für die Canalarbeiten in Suez telegraphisch auf, mit Plänen für den projektirten zweiten Canal sofort hierher zu kommen, damit baldigst mit der Ausgrabung des zweiten Kanals vorgegangen werden könne. Der Suezkanal-Gesellschaft seien jetzt die finanziellen Mittel zur Ausführung des Canals gesichert, sei es durch das von der englischen Regierung gemachte Anerbieten oder sei es durch andere zur Verfügung gestellte Mittel. Gutem Vernehmen nach hat die englische Regierung die Zulassung von fünf englischen Administratoren in den Verwaltungsrath der Snezkanal-Gesellschaft verlangt, anstatt drei, wie ursprünglich bestimmt war.
Italien. ^
(Tenoristen-Gagen.) Die Höhe der Te- noristen-Gagen hat bei vernünftigen Leuten schon oft Kopfschütteln erregt. Aber Alles, was in dieser Beziehung bisher dagewesen, wird wohl durch die Forderung des Tenors Tamagno übertroffen, der,