Herr die Kranke ganz einfach ab und fuhr davon. Die Kranke konnte ihrem Schmerze über eine solche jeden Gefühles bare Behandlung nur durch bittere Thräncn Ausdruck geben. Am Dienstag, also am dritten Tage nach ihrer Uebersührung ist die Kranke gestorben, nachdem sie von den Weiß'schen Eheleuten freundliche und sorgsame Pflege erfahren hatte. Wie wir erfahren, hatte Herr Oberamtsarzt Braun von Wangen die Fortschasfung der Kranken ausdrücklich untersagt.
Brandfälle: In Herbertingen am 20. Juni, Nachts 10 Uhr, das in gemeinsamem Eigen- thume des Glasers Siebenrock und Baumwärters Fink stehende Anwesen, wobei der Gebäudeschaden 3000 beträgt; in Winterlingen (Balingen) am 21. Juni, Vormittags, das Wohn- u. Oekono- miegebäude des Mezgers Schempp, Gebäudeschaden über 3000 -/kL; in Rietenau (Backnang) am 23. Juni die im gemeinsamen Eigenthum der Bauern Dorn und Scheffler stehende Scheuer und wurden zwei weitere Häuser nicht unerheblich beschädigt. Ursache: Spielen von Kindern mit Zündhölzchen.
Eine 30jährige Bauernfrau in Obergraßlfingen in Bayern schlug sich selber mit dem Handbeil den Schädel ein und zertrümmerte ihn vielmals, ohne das Bewußtsein und die Sprache zu verlieren. Die Schläge waren mit solcher Wucht geführt, daß der Arzt zweifelte, ob die Unglückliche es eigenhändig gethan haben könne. Sie betheuerte es aber und zeigte, wie sie es gemacht, und das hat Andere vielleicht gerettet. Sie war eine Dreiwöchnerin und hat es aus Verzweiflung gethan, weil Hagelschlag ihr die Erndte vernichet hatte.
Durch einen Kirschkern. Man schreibt aus Neupfotz (Pfalz), 21. ds.: Das dreijährige Söhn- chen des Ackerers Dionys Wünschel verschluckte am verflossenen Sonntage einen Kirschkern, der in die Luftröhre gerieth. Alle Versuche des herbeigerufenen Arztes, den Kern aus der Luftröhre zu schaffen, mißlangen und so mußte denn das unglückliche Kind heute, also nach drei Tagen, dem Erstickungstode erliegen.
Der sächsische Justizminister hat jedwede Cau- tionsbestellung für Kraszewski abgelehnt. Die Gerüchte über die Ursachen der Festnahme desselben sind um so abenteuerlicher, je weniger Authentisches über dieselbe zu erfahren ist.
Berlin, 23. Juni. Fürst Bismarck ist vor acht Tagen von einem heftigen Magenkatarrh, verbunden mit Gelbsucht, erkrankt und hat sich infolge dessen von allen Geschäften zurückziehen müssen. Seit gestern ist eine Wendung zum Bessern eingetreten. Der Fürst ist aber noch immer an das Krankenzimmer gefesselt.
Berlin, 23. Juni. Der „Köln. Ztg." wird von hier geschrieben: Die Begegnung des Kaisers Wilhelm mit dem Könige von Dänemark in Süddeutschland darf wohl als ein Fingerzeig angesehen werden, daß die Optantenfrage und was damit zusammenhängt, keine Verstimmung zwischen den beiden Staaten zurückgelassen hat. Es sollen übrigens in Folge der bekannten Verordnung kaum mehr als zwanzig Ausweisungen stattgefnnden haben.
Die „Nat.-Ztg." bezeichnet das Kirchengesetz als eine „Kapitulation vor dem Papste," als ein neues „Olmütz"; laut der „Nation.-Ztg." haben die Konservativen „vor dem Pabste die preußische Flagge gestrichen," „man hat die Waffen zerbrochen und ausgeliefert." In derselben Weise äußerte sich die „Köln. Ztg.", sie meint, Fürst Bismarck habe sich damit „in den Hof von Canossa gestellt."
Aus Schlesien, 22. Juni. Die Verheerungen, welche das Hochwasser verursacht hat, sind überaus betrübend. So wird der „Schics. Ztg." aus Löwenberg geschrieben: „Blühende Fluren, die reichen Erntesegen versprachen, liegen vernichtet da. Durch die fruchtbaren Gemüsegärten, welche mit Früchten aller Art reich bestanden waren, wälzen sich die gelbbraunen Wellen des Bobers, fort und fort neues Verderben erzeugend. Das ganze Bobcrthal gleicht einem Wogenmeere, auf welchem Heu, Balken und andere Dinge umhertrciben. Unsäglicher Schaden ist den Garten- und Landbesitzern erwachsen, und noch ist nicht abzusehen, welche Folgen der unausgesetzt fallende Regen mit sich bringt."
Ebenso wie gegen die Söhne der in Nordschleswig wohnhaften Dänen macht die Regierung neuerdings auch gegen die im militärpflichtigen Alter befindlichen Angehörigen anderer Nationalitäten in Preußen die gesetzlichen Bestimmungen über die Erfüllung der Dienstpflicht geltend. So ist den zahlreichen militärpflichtigen Holländern im Kreise Viersen aufgegeben worden, innerhalb sechs Wochen das preußische Staatsgebiet zu verlassen oder während dieser Frist ihre Aufnahme in den preußischen Unter- !
thanenverband nachzusuchen, eine Maßregel, die begreiflicherweise in den betreffenden Kreisen große Bestürzung hervorgerufen hat.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 21. Juni. Vielfach besprochen und von den Deutschen mit Entrüstung kommentirt wird die Rede, welche der Rektor der Wiener Universität Dr. Maassen in der Sitzung des niederösterreichischen Landtages in Sachen der czechischen Volksschule in Wien gehalten hat. Da Maassen kein geborener Oestreicher, sondern ein Mecklenburger ist, so wird es ihm doppelt von deutscher Seite übel genommen, daß ihn sein Taktgefühl nicht veranlaßt hat, lieber zu schweigen, als in dieser Sache gegen die deutschen Bestrebungen das Wort zu ergreifen. Die Studenten hatten ihm mit SOOstimmigen Periats und Pfui geantwortet.
Wien, 23. Juni. Russische Meldungen bezeichnen, wie man dem Münchener „N. N." meldet, die dauernde Verlegung der Residenz nach Moskau als einen beim Zar feststehenden Entschluß, für dessen Aufrechterhaltung Katkoff und seine Partei ihren ganzen Einfluß setzen.
Der Prager Erzbischof Cardinal Schwarzenberg kam auf der Rundreise durch österreichisch Schlesien auch nach dem preußischen Glatz. Der Festungskommandant fragte in Berlin telegraphisch an: Wie soll ich ihn empfangen? — „Wie einen Fürsten!" lautete die Antwort.
P e st. Der Thalbestand, wie ihn die Angeklagte im gegenwärtigen Tisza-Eszlarcr Prozeß darstellt, ist kurz folgender: „Eine jungcDienstmagd inTisza-Eszlar, Esther Soiimossy, wird nach dem Nachbarorte ins Gewölbe geschickt; sie kehrt nicht zurück. Am selben Tage halten orthodoxe Juden die Schächterwahl in ihrem Tempel. Die beiden Ereignisse werden in Znsammcnhang gebracht, es entsteht der Verdacht eines rituellen Mordes. Die Verdächtigen werden eingezogen, es fehlt aber das eorxus äs- licti: dagegen gesteht der 17jährige Sohn des verhafteten Tcm- peldieners (nicht 14jährige, wie ein Telegramm glauben machen will), sein Vater und die versammelten Schächter haben das Mädchen in den Tempel gelockt, es dort gewaschen, ermordet und das Blut in einer Schüssel gesammelt; er habe das durchs Schlüsselloch gesehen. Einige Wochen später wurde eine weibliche Leiche aus der Theiß hcrausgefischt: man erkennt an ihr die Kleider Esther's, aber das ärztliche Zeugniß des Comitats- arztes behauptet die Unmöglichkeit, daß die Leiche jene des verschwundenen Mädchens sei. Die Flößer, welche den Leichnam aus der Theiß heraussischten und begruben, gleichfalls Juden, wurden verhaftet; sie gaben an, daß sie die Leiche von Unbekannten erhalten haben, um sie hcrabzuflößen und in der Gegend von Eszlar zu begraben. Nach Hause gekommen, widerrufen sie das Geständniß, wcßhalb sie wieder in Untersuchungshaft genommen wurden." Die Voruntersuchung nahm mehr als 6 Monate in Anspruch. Der Hauptzeuge, der Sohn des Tempcldicners, wurde in der Schlußverhandlung bereits cinvernommen; er bleibt bei seiner ursprünglichen Aussage stehen trotz der Confrontation mit seinem Vater und den übrigen Angeklagten, die zu einer sehr erregten Szene führte. Selbst judsnfreundliche Blätter wagen cs nicht mehr, die Verübung eines Mordes durch die Angeklagten wie bisher absolut in Abrede zu stellen. Man gesteht jetzt wenigstens zu, das Zeugniß des jungen Scharf könnte doch auf Wahrheit beruhen, verschanzt ich jedoch, wie z. B. die „Köln. Ztg," hinter der Phrase, „wie das Urtheil auch lauten möge, das Publikum sei in letzter Zeit in Bezug auf die Judenfrage viel zu nüchtern geworden, als daß es der jüdischen Religion aufbürden wollte, was etwa das Verbrechen Einzelner sein könnte." Bcmerkenswerth in der Anklagerede des Staatsanwalts ist eine Stelle, worin er betont, er trete ganz unbefangen und unvoreingenommen vor das Gericht, seine Anklage stütze sich durchaus objektiv auf die Ergebnisse der Voruntersuchung und er verlange mit Fcucrbach die wirkliche Wahrheit, welche von jeder Konfession und jedem Glauben unabhängig sei. Der „Egyetcrtcs" veröffentlicht noch die Zeugenaussagen der Wittwe Johanna Kekette, welche am 1. April 1882 aus der Synagoge ein Wehklagen vernommen haben will. Ihre Dcpositioncn lauten wie folgt: „Am 1. April, zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags, vernahm ich, an der Synagoge vorübergehend, ein Wehklagen, das ich jedoch nicht näher beachtete. Ich sah ferner zwei Juden, die vor der Synagoge an je einer Seite der Thür standen und auf die Straße blickten; doch konnte ich diese Inden zufolge der großen Distanz nicht erkennen. Am 21. Juni wurde Frau Kekette ein zweites Mal vernommen, wobei sic wie folgt aussagte: „Am 1. April ging ich von O Falu nach Hause, das Wehklagen, das ich gehört, kam nicht von einem kleinen Kinde. Die Zahl der geladenen Zeugen beträgt nicht weniger als 138. In Nyircgyhaza wurden an den Straßenecken kleine lithogra- phirte Plakate angeklcbt, in denen der Bürgermeister der Stadt seiner bestimmten Erwartung Ausdruck gibt, daß die Bürgerschaft ihr „bisheriges, die vollste Anerkennung verdienendes, ruhiges und friedliches Betragen" auch weiter bewahren werde.
In Szegedin bestieg ein tobsüchtiges Individuum das Gerüst des Rathhausthurmes, schoß mit einem Revolver auf die Arbeiter und verwundete zwei tödtlich. Da Niemand sich zu nähern wagte, wurde der Tobsüchtige von Polizisten mit Schüssen an den Füßen verwundet. Er feuerte darauf selbst vier Schüsse auf sich ab und stürzte todt zusammen.
FrankreiS.
Paris, 25. Juni. Es wird versichert, Chal- lemel-Laconr habe endgiltig sein Entlassungsgesuch
als Minister des Aeußern eingereicht. In der Kammer war das Gerücht verbreitet, es sei von Anam offiziell der Krieg erklärt worden. (W. L.)
Paris, 25. Juni. Gestern ist es in einem Kaffeehaus auf dem Montmartre zu einer Schlägerei zwischen französischen und deutschen Arbeitern gekommen. Mehrere Personen sind verwundet; sechs deutsche Bäckergesellen sind verhaftet.
Louise Michel wurde zu Kjähriger Einschließung und lOjähriger Polizeiaufsicht verurtheilt; 3 Angeklagte erhielten geringere Strafen; die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen.
Der gestern gemeldete Spruch der Pariser Geschworenen gegen Louise Michel kam unerwartet, da man fast allgemein an Freisprechung der Luise Michel und ihrer Mitangeklagten geglaubt hatte. Luise Michel ist wegen „Plünderung" verurtheilt worden, während für ihre Betheiligung an diesem Vergehen nicht einmal Wahrscheinlichkeitsbeweise beigebracht worden sind. Ein Korrespondent der „K. Ztg." schreibt, er möchte darauf wetten, daß die Geschworenen selbst Luise Michel dieses Vergehens durchaus unfähig halten und daß sie in ihr nicht die Anstifterin der Plünderung — die Plünderer selbst blieben unentdeckt oder doch unverfolgt —, sondern die Anarchistin und vor allem die Genossin des „Chemikers" Pouget bestrafen wollten. Sechs Jahre Gefängniß! Das klingt recht hart, ist aber in Wirklichkeit nicht gar so schlimm. Die „Justice" verlangt bereits von Herrn Grevy, daß er Louise Michel schon am nächsten 14. Juli (am Nationalfeste) begnadigen soll; sehr lange wird es jedenfalls nicht dauern, weil die Erfahrung lehrt, daß in Frankreich die Strafen für politische Vergehen sehr schnell aufgehoben werden.
Italien.
Rom, 25. Juni. Im Theater zu Dervio (Provinz Como) brach während der Vorstellung Feuer aus. 47 Personen kamen um's Leben, 10 sind verwundet.
Aus Rom wird gemeldet, daß eine Protestnote desVatikans gegen die preußische Kirchengesetzvorlage unterwegs sei.
England.
London, 25. Juni. Im Kanal stießen die Schiffe „Waitrara" und „Hurunui", beide unterwegs nach Neuseeland, zusammen; ersteres kennterte, 25 Personen ertranken. — Nach einer Meldung aus D a miette (Unteregypten) ist daselbst eine Epidemie während der Messe ausgebrochen, 20 Personen sind erkrankt, 6 gestorben. — Einer Reutermeldung zufolge sollen bereits 19 Personen gestorben sein, darunter 11 Choleraverdächtige. (T. Ehr.)
London, 25. Juni. Entgegen der Reuter'- schen Meldung vom 22. ds. berichtet „Daily News", Marquis Tseng dementire durchaus das Gerücht von einer Einigung zwischen Frankreich und China betreffs Tonkin. Dasselbe Blatt konstatirt, daß chinesische Truppen an mehreren Punkten der Provinzen Jün- nan, Kuangsi und Kuangtung zusammengezogen werden. (N. T.)
671 Mormonen schifften sich am 20. d. in Liverpool auf dem Guion-Dampfer „Nevada" nach Newyork ein. 22 „Aeltere Brüder", welche als Missionäre in Europa thätig waren, begleiteten sie. Von den „Bekehrten" stammen 171 aus Großbritannien und 500 aus Norwegen und Schweden. Als ihr Reiseziel gilt die heilige Stadt am Salzsee — Utah.
Rußland.
Eine charakteristische Thatsache erzählt die in Südrußland erscheinende Zeitung „Sarja". Auf Grund des kaiserlichen Gnadenmanifestes wurden 20 Gefangene aus dem Gefängniß von Uman im Gouvernement Kiew entlassen. Darauf wurde eine Anzahl von Diebstählen in der Stadt ausgeführt. Es gelang, die Diebe zu fangen, welche, wie sich erwies, aus der Zahl der begnadigten Arrestanten waren. Gegenwärtig ist die Mehrzahl der Begnadigten wieder gefangen.
Amerika.
Der Erdbeerkönig heißt ein Farmer in Tennessee, weil er 140 Acres mit Erdbeeren bepflanzt hat. Jetzt, zur Erndtezeit, arbeiten täglich 525 Personen auf der Pflanzung; an einem einzigen Tage wurden 16000 Quart Beeren versandt. Solcher „Könige" gibt es viele in den Ver. Staaten, so auch ein Pfirsichkönig, ein Orangenkönig u. Weizenkönige die Menge. Einen Bienenkönig haben wir schon kennen gelernt.