„Post" ist, welche das Friedensbild ausstellt, dasselbe Blatt, das manchmal zu wichtigen diplomatischen Fühlern benutzt wird. Man darf gespannt sein, mit welchen Augen die Franzosen das verlockende Bild betrachten.
Die Eisenbahnwagenräder aus Papier, welche die Berliner Anhaltische Eisenbahn im vorigen Jahre, wie wir mitgerheilt haben, probeweise in beschränktem Maße zur Einführung gebracht hat, haben sich, nach dem llrtheil Sachverständiger, so gut bewährt, daß die genannte Verwaltung nunmehr unbedenklich eine erhebliche Beschaffung derartiger Räder angeordnet hat. Krupp in Essen hat die Lieferung derselben übernommen. Dem Laien wird es schwer, die Papierräder von schmiedeisernen Scheibenrädern, denen sie in ihrer äußeren Form gleichen, zu unterscheiden. Nur im Gewicht macht sich der Unterschied sehr demerklich.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 29. April. lieber den Aufenthalt des Prinzen Wilhelm von Preußen in der österreichischen Kaiserstadt schreibt man der „Allgem. Ztg.": Üeber- all grüßt man den Gast des Kaisers mit auffallender Herzlichkeit. Die Wiener zeigen ganz offenkundig, daß ihnen das Bündniß mit Deutschland vor allem lieb und Werth ist und daß die Freundschaft der beiden Höfe sie mit großer Befriedigung erfüllt. Wo immer Prinz Wilhelm in Wien und Steiermark oder Oberösterreich, wohin er zur Jagd noch gelangen mag, Umschau halten dürfte, wird er dieselbe Wahrnehmung machen. Es sind aber nicht allein die Bürger, sondern auch das Militär, namentlich die Offiziere, durchaus erfreut über das Bündniß u. über die Anwesenheit des preußischen Gastes. Prinz Wilhelm besuchte nach der stattgehabten Parade die Alserkaserne als Gast der Offiziere des Kaiser Wilhelm-Regiments. Den Trinkspruch des Kaiser Franz Joseph bei dem Gala-Diner in der Hofburg beantwortete Prinz Wilhelm mit fester, klarer Stimme, doch nicht ohne merkliche Erregung. Heute wird in der Stadt viel von dem Festmahl und Toast gesprochen.
Im Reichsrathe in Wien finden leidenschaftliche Szenen anläßlich des Volksschulgesetzes statt. Die wichtigsten Bestimmungen sind, daß die 6jährige Schulpflicht an Stelle der 8jährigen eingesetzt wurde. Die faulen Schulbuben sind der Mühe überhoben, die Schule zu Schwänzen, denn selbst in den Städten werden den Eltern weitgehende Rechte eingeräumt, ihre Kinder vom Schulbesuche zu befreien. Der Staat verzichtet auf die Hoheit der Unterrichtssachen. Die Protestanten werden von der Schulleitung ausgeschlossen. Jeder Schulleiter muß eine Religionsprüfung ablegen vor Kommissaren, die der Bischof ernennt. Das ganze Gesetz hat den Zweck: „Die Wissenschaft muß umkehren." Die wichtigsten Bestimmungen wurden mit nur 6 Stimmen Mehrheit angenommen und unter diesen stimmten — 5 Minister. Die Erledigung des Schulgesetzes bildet einen Markstein in der Geschichte Oesterreichs. Ein solches Gesetz ist Hochverrath an der Vernunft. Der Kampf im Parlamente in Wien wurde bei jedem der etwa 70 Paragraphen leidenschaftlich geführt. Die steigende Erkenntniß von der Größe des Verlustes, den Oesterreich in seiner Bildung und Volkserziehung erleiden soll, wirkt bei den Deutschen um so verbitternder, als auch ein großer Theil der Slaven nur mit Widerstreben sich zu dem neuen Schulgesetze bekennt. Wird die Volksschule in Oesterreich so arg degradirt, so wird das in Zukunft auch nachtheilig auf sein Heer wirken. Es ist Thatsache, daß seit 40 Jahren bei der Artillerie die Chargen bis zum Lieutenant großentheils aus denen rekrutirten, die den protestantischen Schulunterricht in den deutsche!' Provinzen genossen hatten.
Schweiz.
In Zürich hat gestern Mittag (1. Mai) die Eröffnung der schweizerischen Landesausstellung unter großer Theilnahme der Bevölkerung in feierlicher Weise stattgefunden.
Frankreich-
Paris, 1. Mai. „Journal des Debats" meint, wenn die Tripelallianz wirklich eine Defensiv- Allianz wäre, sei dieselbe vollkommen unnütz, denn Frankreich wolle Niemanden angreifen. — Der Mi- nisterrath diskutirte heute Vormittag die Antwort auf die Interpellation des Herzogs von Broglie. Chal- lemel-Lacour wurde beauftragt, zu erklären, daß, wenn, was der Regierung nicht bekannt sei, die dreifache Allianz bestehe, dieselbe einen blos defen
siven Werth habe, weil Frankreich nur friedliche Gesinnungen hege. Ferner besprach man die Vermehrung der afrikanischen Armee, was 10 Millionen erfordere.
Italien.
Der Herzog von Genua und die Prinzessin Jsabella erbaten sich vor ihrer Trauung in München den Segen des Papstes; der Papst ertheilte aber nur der Braut seinen Segen, wahrscheinlich weil der Bräutigam ein Prinz des italienischen Königshauses ist, das den Kirchenstaat annektirt hat.
England.
London, 1. Mai. Die Farmer und Viehzüchter zeigen sich sehr mißvergnügt über die Anordnung der Königin, in dieser Saison kein Lammfleisch auf der königlichen Tafel sehen zu wollen, da das am Hofe gegebene Beispiel bei den loyalen Unterthanen aller Orten Nachahmung findet. Daß die Königin daraufhin offiziell erklären ließ, dies habe nicht in ihrer Intention gelegen, wird die Lammpreise so schnell nicht wieder zum Steigen bringen. Amerika.
Ein Leimsieder, sagt man oft spöttisch. Das war Peter Cooper in Newyork auch, aber ein Leimsieder, der den Namen in aller Welt zu Ehren gebracht hat. Als mittelloser Arbeiter fing er an, lernte überall offnen Kopfes und Auges, stieg durch Talent. Fleiß und Sparsamkeit von Stufe zu Stufe; er baute die erste amerikanische Lokomotive, legte den ersten Kabel und gründete eine Leimfabrik, die immer sein Hauptgeschäft blieb. Millionen auf Millionen Dollars wuchsen ihm zn, nicht durch Rips Raps auf der Börse, sondern durch unermüdliche Arbeit — und von diesen Millionen nahm er 2 Mill. Doll., baute eine freie Industrieschule und stattete sie aus, daß die Anstalt ihres Gleichen sucht und ein Segen wurde für unzählige Arme und strebsame Arbeiter. Sein hoher Sinn war sprüchwörtlich in der neuen Welt geworden und der Himmel schenkte ihm 91 Lebensjahre.
Schwere Anklagen sind es, welche der irische Convent in Philadelphia, der sich nunmehr auf unbestimmte Zeit vertagt hat, gegen England erhoben. Es sind Resolutionen angenommen worden, welche die Engländer beschuldigen, die Irländer seit Jahrhunderten verfolgt zu haben, dieselben der Früchte ihrer Arbeit beraubt und sie zur Auswanderung gezwungen zu haben. England wird auch für die Hungersnoth verantwortlich gemacht. Keine Form von Grausamkeit gebe es, die England nicht gegen die Irländer im Namen der höchsten Civilisation ausgeübt habe. England habe irische Kinder ermordet und irische Frauen englischen Wüstlingen preisgegeben. Für alle Arten verheerender Angriffe habe Englands Barbarei in Irland das Beispiel geliefert, es gebe keine Form von Repressalien Seitens der Irländer, für welche England nicht verantwortlich sei. England habe die Freiheiten des Volkes vernichtet. Es wird erklärt, die englische Regierung habe kein Recht in Irland zu existiren und daß es die Pflicht aller Irländer in der Welt sei, das Volk in der Anwendung legitimer Mittel, um an Stelle der gegenwärtigen Herrschaft eine Selbstregierung zu setzen, zu ermuntern und zu unterstützen. Um diesen Zweck durch die Consolidirung aller Hülfsquellen und die Bildung einer autoritativen Körperschaft zu fördern, ist die Begründung einer irischen Nationalliga in Amerika beschlossen worden.
Handel S Verkehr.
; Altenstaig, 2. Mai. Marktbericht: Viehmarkt schwach befahren, in Folge des zugleich am heutigen stattgefun- dencn Calwcr Marktes. In selten Ochsen Verkauf gut vou 55 Carolin abwärts, im sonstigen Viehhandel ziemlich, Schweinemarkt schwach vertreten insbesondere in Läufern, Saug- schweiue 20 abwärts, Läufer 30 -70
Mannheim, 27. April, (yolzbericht.) Vom Brettergeschäft ist heute nichts von Belang mitzulheilen; das alte Klagelied will immer noch nicht verstummen. Der Einkauf wird täglich schwieriger und beim Verkauf werden Ansprüche an die Waare gemacht, welche fast nicht mehr zu erfüllen sind. In Rundholz ist wenig Vorrath hier und ist diesem Umstande auch zuzuschreiben, daß die Preise gut, und werden immer noch die Frühjahrspreise erzielt; hie und da noch etwas besser.
Iie Schneider-Nreianges.
Eine Dorfgeschichte von Georg Walter.
(Schluß.)
Am nächsten Morgen ließ er sich vom Wirth Name und Haus des Schneiders sagen. Und schon nach einer halben Stunde wußte der, daß der Krämer ihm eine schmucke und reiche Bauerntochter zum Weibe wisse. Dem Schneider kam das ganz gelegen, um so
mehr, als er wegen genannter Körbe gar zu gern sich recht weit weg häuslich niedergelassen hätte. Den andern Tag war der Feiertag Petri und Pauli. Schon am Morgen sah man den Hausirheiner und den Schneider von Riebheim wohlgemuth mit einander nach Uffenberg wandern. Es mochte gegen Mittag sein, als sie beim Stockbauern eintraten und der Heiner seinen „Guten Freund" der Mreianges vorstellte. Dieser entging der Unterschied zwischen dem Fritz und dem Schneider von Riebheim nicht. Sie verglich in Gedanken den blonden, wohlgewachsenen, grobknochigen, finstern Freier. Aber wenn sie auch auf einen Augenblick stutzig wurde, alle Bedenken schlug der Eine Gedanke nieder: „Und ein Schneider muß es sein !" Der Vater, der auch zugegen war, meinte ganz offenherzig: ha, man wisse ja gar nicht, wem der Mensch gehöre; man sollte sich auch doch vorher nach dem Wer und Wieviel erkundigen. Aber Mreianges machte auch hier kurzen Prozeß und fntigte den Vater mit der Bemerkung ab: „Ich muß mit ihm Hausen, nicht Ihr!" Der Schneider, der bald sah, mit wem er es hier zu thun bekomme, fürchtete sich vor ihrem raschen Wesen nicht. Er getraute sichs, mit ihr fertig zu werden. So wurde schon am Abend desselben Feiertags die nächste Freundschaft mit der Nachricht überrascht, Mreianges sei wieder Hochzeiterin mit einem Schneider von Dahübenrüber; an Jakobi haben sie Hochzeit. Und dabei bliebs. Mreianges hielt dießmal ihre Zunge im Zaum. Der Schneider war auch viel liebenswürdiger, als es bei der ersten Begegnung den Anschein hatte, besaß auch zum Glück mehr, als der Vater erwartete und deßhalb war die Hochzeit auch eine flotte und besonders das Brauipaar über die Maßen vergnügt. Aber freilich Vor der Hochzeit, vor der Hochzeit,
Heißt's alleweil: liebes Kind,
Nach der Hochzeit, nach der Hochzeit Geht ein andrer Wind!
Um Jakobi war Ernte. Andere Leute hätten deßhalb eine Hochzeit bis nach der Ernte verschoben; Mreianges kümmerte sich nicht drum; sie hatte Eile. Jetzt aber, nachdem das Hochzeitleben vorbei war, sollte tüchtig gearbeitet werden, damit man mit den Andern fertig würde. Sie meinte deßhalb, ihr Mann solle auch die Sichel in die Hand nehmen. Als er keine Miene dazu machte, sondern unter das Fenster lag und den Rauch seiner Pfeife in die Luft hinaus- blies, konnte sie nicht schweigen, sondern gab ihm nur zu deutlich zu verstehen, daß jetzt gearbeitet werden müsse. — „Versteh mich nicht auf das Feldgeschäft; will sehen, daß ich auf meinem Handwerk zu schaffen kriege," schnauzte er sie an, nahm seine Mütze und wanderte dem Adler zu; um's Schaffen war es ihm nicht zu thun. Mreianges wollte bersten vor Zorn, doch bezwang sie sich und ging den Schnittern nach aufs Feld. Am Abend kam sie schweißtriefend, er betrunken nach Haus. Da brach der erste Sturm los und zwar so heftig, daß Jedermann am nächsten Tag die Mreianges wegen ihres blauen Males au der Stirne beschrie. Sie aber wollte sich gestern Nacht in der Dunkelheit noch gestoßen haben. Im Herzen freilich entwarf sie abermals einen Racheplan.
Den kommenden Tag verbrachte der Schneider wieder im Adler. Und daß er noch länger ausblieb als gestern, war der Mreianges gerade recht. Sie schloß bei Zeit die Hausthüre und verriegelte sie fest. Um 11 Uhr klopfte es. Sie denkt: Klops mir wohl l Endlich um */s12 Uhr, als das Pochen und Fluchen immer stärcker wird, steht sie auf und schreit zum Fenster hinaus: „Komm herein, wenn du nüchtern bist! Mit einem Rausch laß ich dich nicht mehr ins Haus herein." Sprachs und schlug das Fenster zu. Der Schneider aber nicht faul, sucht im Adler sein Nachtquartier, wo ihn der Hausknecht, der noch allein auf war und eben schließen wollte, einließ. Aber in dem Herzen der Mreianges kochte es aufs neue. „So, also es ist ihm erst nicht leid! nicht mit einem Ster- benswörtle hat er gebeten, ich soll ihn herein lassen. Im Adler ist er flugs wieder; grad recht ists ihm, daß er hinausgeschlossen ist. Da steht mans ja; lieb hat er mich noch nie gehabt." Und immer tiefer jagte sie ihre Gedanken in den Haß gegen ihren Mann. Als nun am andern Morgen ihr Mann mit finsterem Blick und geballter Faust heimkommt, schreit sie ihm schon von weitem zu: „Marschire dich, du schlechter Kerl, scheiden laß ich mich!" warf seine Kleider zur Thüre hinaus und gab ihm selbst, der unter der Thüre stehen geblieben war, ehe er sichs versah, einen so kräftigen Stoß, daß er rückwärts taumelte und die Treppe zur Hälfte hinabfiel. Alles Wettern und