welche dann dem Ministerium unterbreitet wurde u. dessen einmüthige Zustimmung fand. Aus der Um­gebung des Reichskanzlers verlautet, ein Scheitern der jetzigen Bemühungen würde den gänzlichen Ab­bruch der Verhandlungen mit Rom bewirken.

Berlin, 28. April. Es kursiren Gerüchte über Friktionen im auswärtigen Amte; dieNatio- nal-Zeitung" verzeichnet das Gerücht, Hatzfeld wolle in Folge von Differenzen über die Vertheiluug der Geschäfte demissioniren. (Schon?)

I)r. Hermann Schulze-Delitsch, der Gründer des Deutschen Genossenschaftswesens ist heute (29.) im 75. Lebensjahr gestorben. Ein Helles Licht auf Schulze's uneigennützigen Cha­rakter wirft die Verzichtleistung auf eine Sammlung von etwa 150000 c/lL, die seine Parteigenossen ver­anstaltet hatten, um sein gemeinnütziges Wirken zu belohnen, die er aber zu einer Stiftung bestimmte, deren Zinsen an Männer überwiesen werden sollten, die durch ihre Verdienste in irgend einem Zweige des öffentlichen Lebens einen moralischen Anspruch auf eine solche Zuwendung sich erworben haben.

Der evangelische Oberkirchenrath in Berlin erließ an die Consistorien eine längere Darlegung über die gemischten Ehen, worin als Antwort auf die bekannten katholischen Anordnungen die Pastoren ermahnt werden, eine evangelische Trauung zu ver­sagen, wenn vorher auf die evangelische Erziehung der Kinder Verzicht geleistet wurde oder wenn unter Eingehung dieser Bedingung die Brautleute vorher katholisch getraut wurden.

Das neueste Verzeichniß der beim Reichstage eiugegangencn Petitionen enthält unter Anderem auch 154 Petitionen mit ca. 4000 Unterschriften um die Einführung der prozentualen Besteuerung der Bör­sengeschäfte.

In der letzten Sitzung des Reichstags wur­den u. A. die Paragraphen des Krankenkassengesetzes berathen und im Wesentlichen nach der Fassung der Commission angenommen, der die Leistungen bestimmt, welche den Ortskrankcnkassen obliegen. Dieselben sind wesentlich höher als die von den Gemeindekasseu zu gewährenden. An Stelle des hier maßgebenden ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Lohnarbeiter tritt dort der durchschnittliche derjenigen Arbeiter in Kraft, für welche die Kasse überhaupt besteht. Ster­begelder müssen mindestens im zwanzigfachcn Betrag dieses Lohnes gewährt werden. Wöchnerinnen er­halten dreiwöchentliche Unterstützungen nach dem Durchschnittslohn. Die Unterstützungsdauer kann jedoch von dem Normalsatze von 13 Wochen bis zu 1 Jahr, für Wöchnerinnen von 3 auf 6 Wochen u. überhaupt das Krankengeld von der Hälfte auf b /4 des Durchschnittslohnes, das Sterbegeld vom 20- auf das 40fache erhöht werden.

Zu den entscheidenden Abstimmungen über die Krankenkassenvorlage bemerkt dieNationalliberale Korrespondenz":Es ist durch die Abstimmung am Sonnabend festgestellt, daß im Reichstag eine große Lon der Rechten bis in die äußerste Linke hineinrei­chende Mehrheit vorhanden ist, welche die mit der Kranken- und Unfallversicherung eingeleite soziale Re­form zu unterstützen und zu fördern entschlossen ist. Es ist damit eine würdige Antwort auf das sozial­politische Programm der kaiserlichen Botschaft gege­ben und das Vertrauen gerechtfertigt, daß wir am Beginn einer rüstig fortschreitenden schöpferischen Re- sormbewegnng zum Wohl der arbeitenden Klassen stehen."

Die Verhandlung im preußischen Landtag über den Windthorst'schen Antrag auf Freigebung des Messclesens und Sacrament-Spendes ist resultatlos und wenig befriedigend für das Centrum verlaufen. Schorlemer brach eine Lanze für denkirchlichen Nothstand" und warf der Regierung zum wie­vielten Male Mangel an Entgegenkommen vor. Der Cultnsministcr Goßler betont dagegen deren Versöhnlichkeiten und weist darauf hin, daß die ge­genwärtig schwebenden Verhandlungen mit der Curie sehr leicht durch die vom Centrum hervorgerufene Interpellation gestört werden könnte. Der von den Antragstellern eingeschlagene Weg führe nicht zum Ziel. Auf die in voriger Woche eingegangene Note der Curie habe der Reichskanzler im vollen Einver- stündniß mit der Regierung eine Antwort abgefaßt, die jetzt dem Könige vorliege. Dieselbe mache posi­tive Vorschläge, welche hoffentlich die Möglichkeit einer Verständigung bieten und den Boden zu wei­teren gesetzlichen Reformvorschlägen schaffen würden.

Er sei bei seiner Erklärung an die äußerste Grenze Dessen gegangen, was ohne Verletzung der Rücksich­ten gegen die Curie, ohne Gefährdung des Staats­interesses zulässig erscheine.

Wie das Liesniger Tagebl. berichtet, hat in Grimma ein Vater seine Tochter jahrelang in einem engen Mauerloch eingesperrt gehalten, weil er ein Liebesverhältniß derselben nicht zugeben wollte.

DerVoss. Ztg." zufolge fand in Grünberg vor einigen Tagen die Grundsteinlegung der Tuch- machergewcrksfabrik statt, der ersten von einer preu­ßischen Innung auf Grund der revidirten Gewerbe­ordnung vom 18. Juli 1881 errichteten Betriebs­anstalt, welche den kleinen Tuchmachern die Konkur­renz mit den großen Tuchfabriken ermöglichen soll.

Görlitz, 21 . April. Ein zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilter Sträfling hat in meuch­lerischem Ueberfall den Oberausseher Göritz erstochen. Der Ueberfallene lebte noch einige Tage und ist in seiner Wunde dann erlegen. Dann fragte sich, welche Strafe den Züchtling durch die Gerichte jetzt treffen könne, da er, wie erwähnt, lebenslänglich verurtheilt ist. Disziplinarisch hat er, wie dasSchles. Mor- genbl." mittheilt, die schärfste zulässige Hausstrafe, 30 Hiebe, erhalten.

Oesterreich-Ungarn.

Grauenvoller Selbstmord. Aus Völkermarkt in Kärnthen wird gemeldet: Der Hausknecht Ullirz bewarb sich um die Wirthstochter Marie S. und das Mädchen schien seine Liebe zu erwidern. Als sich jedoch ein reicherer Freier meldete, wars mit ihrer flüchtigen Neigung vorbei und sie erklärte ihm sogar in eben so energischer als liebloser Weise, daß sie sich für alle Zukunft molestirt zu werden verbitte. Dies versetzte den unglücklichen jungen Mann in die leidenschaftliche Aufregung, welche ihm den Plan zu einem Selbstmord eingab, den die ungetreue Geliebte in ihrem Leben nicht mehr vergessen sollte. Er band sich mit starken Strängen fest an ein Pferd und steckte diesem sodan einen glühenden Zunder in die Nüstern. Von brennendem Schmerze gepeinigt, raste das Pferd nun durch die Straßen, hinter sich den unglücklichen jungen Mann nachschleifend, bis er mit zerschmetterten Gliedern, aus tausend Wunden blutend, verendete.

Frankreich.

Paris, 28. April. Die Kammer genehmigte den Credit von dreihundertsiebzigtausend Frcs. für Vertretung Frankreichs bei der Kaiserkrönung in Moskau.

Aus Paris schreibt mau uns: Es ist auch für den Franzosen selbst nicht mehr zu verhehlen, daß der französische Handel im Rückgänge begriffen ist. Die Aus- und Einfuhr der letzten fünf Jahre (187882) mit denjenigen der Jahre 187277 ver­glichen, ergeben für letztere Perivde einen Ueberschuß bei der Ausfuhr, bei elfterer dagegen einen solchen für die Einfuhr. Nun wäre es, wie es jedem Volks­wirt!) bekannt ist, keineswegs ein Unglück, wenn der Werth der Einfuhr den der Ausfuhr übersteigt, da­gegen erregt der allzugroße und steigende Ueberschuß des Imports bei gleichzeitiger Abnahme der Ausfuhr der Produkte die Aufmerksamkeit. Dabei klagt man auch .über den faulen Gang der Geschäfte. Die Haupt-Ursachen sind sowohl in den jetzigen Politischen Verhältnissen, die keineswegs vertrauenerweckend sind, als auch in der moralischen Schwäche der Regierung und dem Geist der Kammermehrheit zu suchen, welch' letztere wohl mehr die Ursache des schlechten Geistes vieler Volksschichten sind, als die Umsturzparteien, die lange nicht so mächtig und gefährlich sind, wie sie scheinen. (Fr. I.)

In der Generalversammlung des deutschen Hilfsverein in Paris äußerte der Vereinspräsident, bayrischer Geschäftsträger v. Reither u. A.: Die Zahl der Deutschen, die ans gut Glück nach Paris, wo heute alle Geschäfte darniederliegen, gekommen sind und sich in der höchsten Noth befinden, nachdem sie ihr letztes Geld verzehrt haben, ist sehr groß und man kann denen, welche sich nicht im voraus eine Beschäftigung in Paris gesichert haben oder über bedeutende Geldmittel verfügen, nicht genug von Pa­ris abrathen.

In Marseille weigerten sich die Zollwächter, ferner die Exercier- und Schießübungen mitzumachen, weil der Kriegsminister in der Kammer erklärt habe, sie seien kein militärisches Korps.

In der französischen Kammer ist die Umwand­lung der Rente mit 400 gegen 107 Stimmen be­

schlossen worden. Man glaubt damit die Porte­monnaie-Frage leidlich gelöst zu haben, die Sache wird jedoch noch ihre Haken zeigen.

England.

London, 26. April. Am Dienstag fand um Mitternacht im Kanal eine Kollision zwischen den Segelschiffen County of Aberdeen und British Com­merce statt. Letzteres sank, wobei fünfundzwanzig Personen von der Mannschaft ertranken; nur der Kapitän und der Hochbootsmann konnten sich retten.

Die Mäßigkeitsbewegung in England zieht immer weitere Kreise. Im Laufe des letzten Jahres haben 24019 Matrosen und Schiffsjungen der Han­delsflotte das Gelöbniß der vollständigen Enthal­tung von dem Genüsse aller spirituosen Getränke abgelegt.

Die Dubliner Postbehörde hat einen anonymen Brief erhalten, welcher sie unterrichtet, daß ein Com- Plott bestehe, das Generalpostamtsgebäude in die Luft zu sprengen. " (Fr. I.)

Rußland.

Warschau, 26. April. In Folge eines in einer Tischlerwerkstätte ausgebrochcneu Feuers ver­brannten 16 Personen.

Für die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau ist aus Culmbach eine Wagenladung feinstes Helles Tafclbier abgegangen.

Falls etwa einer unserer Leser zur Krönung nach Moskau zu reisen die Absicht hätte, würden wir ihm anrathen, viel, recht viel Geld in den Beu­tel zu thun. Wir wollen ihm freilich nicht zu- muthen, für die Zeit der KrönungSfeierlichkeitcu, die etwa 14 Tage in Anspruch nehmen, eineherrschaft­liche" Wohnung zu miethen, denn alsdann müßte er sich schon zu einer Ausgabe von 15 000 Rubel be­quemen. Aber unter einem Fenster in einer der Straßen, wo der Umzug stattfindct, wird er cs doch nicht thun; dafür muß er freilich seine 300 Rubel opfern. Zu Fuß wird er während dieser Zeit nicht immer gehen können, wenn er auch unter 30 bis 40 Rubel pro Tag nicht wegkommt. Für die ganze Zeit der Feierlichkeiten kostet die Miethe eines Zwei­spänners 500 Rubel. Ob es rathsam ist, während dieser Zeit im gewöhnlichen Reiseanzug zu erscheinen, dürfte zu bezweifeln sein. Will der Besucher nicht wie eine Krähe unter Pfauen erscheinen, so wird er auch etwas an seineToilette" wenden müssen. Für eine Gala-Uniform wird ein Preis von mindestens 2000 Rubeln bezahlt. Millionäre gehen bis zu 9000 Rubeln. Wollte der Leser des Gesellschafters aber seine Frau mitnehmen, so würden wir ihm rathen, ihr erst einen Ueberwurf nach dem Muster der Fürstin Narischin aus Moskau kommen zu lassen. Er kostet freilich seine 8000 Rubel.

Bei dem in Rußland herrschenden Deutschen­haß verdient hervorgehoben zu werden, daß einem in Moskau lebenden Deutschen, einem Stuttgar­ter, Heuß mit Namen, die Bonbonlieferung für die KrönungSfeierlichkeitcu übertragen worden ist. Der Auftrag lautet auf eine Million Pallete Bonbons. Russische und französische Conkurrenten waren zur Genüge vertreten.

Belohnung eines Verteidigers. In einem siidrussischen Dorfgericht wurde, wie man dem Petcrsb. Herald mittheilt, die Sache eines Bauers verhandelt, der eines Ver­gehens angcklagt war. Der Angeklagte hatte sich einen Advo- caten irgend einen verabschiedeten Kreisbcamtcn bestellt und war wohlweislich und vorsichtshalber nicht zur Audienz erschienen. Der Advokat vertheidigte ihn sehr geschickt, konnte aber die Richter von der Unschuld seines Clienten nicht über­zeugen. Und das Gericht fällt das Urtheil, dem Angeschuldig- tcn seine fünfundzwanzig Ruthenhiebe zu ertheilen. Da aber der Schuldige nicht zur Stelle war und der Advokat seine Ver- theidigung übernommen hatte, so beschlossen die Dorfsalamone, an dem Vertheidiger die dictirte Strafe vollziehen zu lassen, da es ihm nicht gelungen sei, seinen Clienten rein zu waschen und er also für ihn cinspringen müsse, und trotz alles Strän- bens und Protcstircns bekam der Vertheidiger die dckrctirtcn Hiebe vollständig anfgezählt und konnte noch zufrieden bleiben, soleichten Kaufes" davon gekommen zu sein. Ob er auch die Gerichtskostc» hat zahlen müssen, darüber verlautet nichts.

Amerika.

New-York. 26. April. DerHerald" schätzt die Opfer des letzten Wirbelsturmes, welcher die Vereinigten Staaten heimsuchte, auf 300 Tode und etwa 1000 Verletzte.

In San Francisco erhitzten sich zwei Aerzte an dem Lager eines Kranken über eine Meinungs­verschiedenheit so, daß sie sich alsbald in die Haare sielen und sich weidlich prügelten. Der Kranke mußte darüber so heftig lachen, daß er in einen strömen­den Schweiß gerieth und genas.