Köln, 15. Jan. Manche»; Kollekteur hat die diesjährige Dombaulotterie große Verluste gebracht. Die sämmt- lichen Loose waren von einigen Finanzlcuten für feste Rechnung übernommen und lange fest gehalten worden, um den Cours in die Höhe zu treiben. Die Spekulation schlug indeß fehl, und als endlich die Unterkollckteure in den Besitz der Loose kamen, war es bereits zu spät. Tausende derselben sind unverkauft geblieben, und während man in früheren Jahren kurz vor und während der Ziehung Loose nur mit erheblichem Agio erwerben konnte, wurden dieselben diesmal bedeutend unter dem Werth von 8 X auSgcboten, ja während der Ziehung konnte man solche zu I ^ haben. Die Verluste der betreffenden Hauptkollekteure sollen ganz enorm sein.
Das große Loos der Kölner Dombaulotterie, deren Ziehung am 13. ds. zu Ende ging, hat Fortuna einem Techniker in Deutz zugewandt. Der Gewinn repräsentirt das artige Sümmchen von 75,000 Mark.
München, 16. Jan. In Nürnberg haben drei Kinder im Alter von 2—5 Jahren den Erstickungstod gefunden dadurch, daß sie, sich selbst überlassen, den Christbaum anzündeten und derselbe Feuer sing. (N. TZ
In Regensburg wurde ein raffinirter Schwindler verhaftet, der cs verstand, mit 10 Pfennigen in der Tasche ein auf 40,000 gewerthctes Wirthsanwescn daselbst nicht nur zu kaufen, sondern sogar die notarielle Bcrbriefung hiesür zu erwirken. Bei diesem Manöver diente ihm ein gefälschtes Vcrmögenszcugniß. Derselbe, ein led. Dienstknccht Namens Maurer von Stockhcim, hat in den letzten Wochen in Regcns- bnrg einen großen Pump angelegt und wurde schließlich als Palctotmardcr verhaftet.
In Mühlhausen bei Bamberg zeigt sich seit einiger Zeit an verschiedenen Stellen der Flurmarkung Petroleum. Das Oel ist, abgesehen von einer kleinen Paraffinbeimischung, von überraschender Reinheit. Augsburger, Bamberger und Nürnberger Kapitalisten haben sich bereits um Ueberlassung des Bohrrechtes beworben und dürften sich sämmtliche Grundstücksbesitzer in aller Kürze darüber schlüssig machen, unter welchen Bedingungen sie ihre Rechte abtreten werden.
Berlin, 14. Januar. Im Abgeordnetenhause fand die erste Berathung der Nothstands - Borlage sür die überschwemmten Distrikte statt. Es meldete sich kein Redner dagegen und 14 dafür. Fast alle Redner behaupteten, daß die geforderte Summe von 3 Millionen zu gering sei, um die erwünschte Abhülfe zu schaffen und daß die ganze Summe ä koncks perdu zu bewilligen sei. Minister v. PuItkamcr bat, die Vorlage so zu lassen, wie sie vorgelcgt sei. Die Regierung Halle die verlangten Mittel für ausreichend! Es ständen jetzt bereits annähernd 6 Millionen Mark zu Verfügung. Preußen könne Gott danken, daß cs lange nicht so geschädigt sei, als die Nachbarstaaten. Eine ziffermäßige Berechnung des Schadens könne nicht aufgestellt werden. Die Meinung aller betheiligten Behörden und Sachverständigen sei, daß 3 Millionen ausreichen.
Berlin, 15. Januar. Die Fortschrittspartei brachte den Antrag ein, den Reichskanzler zu ersuchen, die Beschwerden, die unter den Kaufleuten, Industriellen, Handwerkern und Landwirthen über das Gesetz der Reichsstempelsteuer auf Schlußnoten und Rechnungen und die dazu gehörigen Ausführungsbestimmungen und Gesetzauslegungen in allen Thei- len des Reichs laut geworden sind, zum Gegenstände «ingehender Prüfung zu machen, insbesondere auch die Wirkungen dieser Steuern auf den Geschäftsbetrieb außerhalb des Börsenverkehrs zu untersuchen u. das Ergebniß dieser Untersuchungen dem Reichstage in nächster Session mitzutheilen.
Berlin, 15. Jan. Die Gesinnungsgenossen des Predigers Hapke beabsichtigen beim Reichstage einen Antrag auf Abänderung der Justizgesetze bezüglich des Eides einzubringen. Der Regierung würde dadurch Veranlassung geboten, sich über ihren Standpunkt eingehend zu äußern.
(Reichsgericht.) Wegen Bierfälschung aus tz. 10 des Nahrungsmitlelgesetzes vom 14. Mai 1879 ist nach einem Urtheil des R.G., vom 20. Nov. v. I., ein Bierbrauer zu bestrafen, welcher zu seinem normal bereiteten und vertriebenen Bier einen zur normalen Bierbereitung nicht gehörigen Stoff (z. B. Süßholz) zusetzt, um das Bier den Abnehmern als malzreicher erscheinen zu lassen, als es in Wirklichkeit ist, auch wenn das Bier durch den Zusatz nicht verschlechtert, sondern im Gegentheil geschmackvoller gemacht wird und der Brauer dabei nicht in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt hat.
Dieser Tage wurde durch Uebergabe der letzten Lieferung von Mauser-Gewehren an das zweite bayerische Armeekorps die Neubewaffnung der deutschen Armee beendet. Dieselbe begann 1873 und kostete 132 Millionen Mark, welche aus der französischen Kriegsentschädigung bestritten wurden.
Bismarck soll nach Gambetta's Tod gesagt haben: Jetzt gibt cs in Frankreich nur Conservative
und Radikale und dieselben rücken, nachdem der Zwischenträger todt ist, mit unerbittlicher Strenge langsam gegen einander vor. Ein dauernder Sieg seitens der konservativen Republikaner ist kaum denkbar. Wahrscheinlicher ist das Uebergewicht deS Radikalismus» und dies bedeutet am Ende die Revanche. —
Im Reichstage wird nächstens über den Antrag Kable's verhandelt, den Dictatur-Paragrapheu in Elsaß-Lothringen aufzuheben. Da wird man Gelegenheit nehmen, die herausfordernde Theilnahme Kable's und Antoines am Begräbnisse Gambetta's zu rügen.
In Abgeordnetenkreisen ist eine stille Agitation zur Verlegung des Reichsgerichts nach Berlin eingeleitet; die bezüglichen Anträge stehen demnächst bevor.
Der nichtsnutzige 13jährige Schuljunge Hcydick in Berlin verabredete mit einem Kameraden, dem Lehrling in einer Metzgerei, nach der Schweiz auszuwandcrn, weil auf den Bergen die Freiheit wohnt. Geld hatte er zwar nicht, aber sein Kamerad kassirte Rechnungen seines Meisters ein, ein paar hundert Mark, und unterschlug cs. In einem alten ausran- girten Eisenbahnwagen übernachteten sic aus dem Bahnhofe. Bald wachte der Kamerad auf und griff nach seiner Kehle, cS lies ihm warm herunter; da sah er Heydick über sich gebeugt mit einem Taschenmesser, sein Blick war fürchterlich. Hcydick hatte ihm in den Hals geschnitten, um ihn zu ermorden und zu berauben; er wollte mit dem ganzen Geld allein in die Welt hinaus. Er ließ aber von dem erwachten Kameraden ab und sie giengen heim. Da kam's heraus, was vorgcfallen war und sie wurden vor Gericht gestellt. Heydick gestand alles, zeigt sich aber vollständig gefühllos und unbekümmert als ein schreckliches Früchtlein. Er kommt 4 Jahr und 3 Monat ins Gesängniß.
Frankreich.
Paris, 16. Jan. Der „Temps" berichtet über eine Unterredung mit dem Prinzen Napoleon, worin letzterer erklärte, er habe das Manifest erlassen, da Alles übel gehe und die Republik keine lebensfähige Regierung habe, weil sie nicht die Weihe durch das Votum des Volkes erhalten habe. Der Prinz ist für das Listenskrutinium und will ein durch das Volk gewähltes Oberhaupt an der Spitze der Republik wie in den Unionsstaaten von Nordamerika. Mit der gegenwärtigen Kammer sei es unmöglich, etwas zu hoffen. Er sei ein Gegner des monarchischen Regimes und würde der Erste sein, die Flinte zu ergreifen und eine Barrikade zu besteigen, wenn etwa Graf Chambord versuchen sollte, den Thron zu besteigen. Er halte das parlamentarische Rogime in der Republik für unpraktisch; dasselbe tauge nur in einer konstitutionellen Monarchie. Der Prinz ist von der Legalität seines Manifestes überzeugt. Er habe vor dessen Publizirung kompetente Persönlichkeiten gesprochen, welche die Art der Abfassung billigten u. die Affichirung für gesetzlich gestattet erklärten.
Paris, 16. Jan. Das Manifest des Prinzen Napoleon, welches an mehreren Orten der Stadt angeschlagen, aber von der Polizei wieder entfernt wurde, wendet sich gegen die Unfähigkeit u. Ohnmacht der Regierung, sowie gegen die Uneinigkeit des Parlaments, spricht vom Verfall der Armee, des Richterstandes und des Handels, von der Verschleuderung in den Finanzen und dem Anwachsen der Staatsschuld. Wenn die Religion angegriffen werde durch den Atheismus, so finde sie gegen die Verfolgungen des Angreifers keinen Schutz. Das Konkordat allein könne den religiösen Frieden gewähren. Auch die sozialen Fragen müßten erwogen werden. Die auswärtige Politik Frankreichs leide an Schwäche. Der Prinz nimmt die napoleonische Erbschaft für sich in Anspruch, weist ein Zusammengehen mit den Royalisten zurück, erinnert an die wiederholte Plebiszite und appellirt an das Volk, dessen Sache er vertrete. Deutschland wird in dem Manifest gar nicht erwähnt. Der Prinz soll wegen Attentats auf die Sicherheit des Staates mit der Absicht die Regierungsform umzustüczen, vor das Schwurgericht verwiesen werden. (St.-A.)
Paris, 16. Jan. Das Manifest des Prinzen Jerome Napoleon war der Regierung insofern nicht unangenehm, als sie dadurch Gelegenheit erhielt, ihre republikanische Energie an einem verhält- nißmäßig wenig zu fürchrenben Prätendenten zu zeigen. Bedenklicher wird die Sache schon, wenn es sich um den Antrag handelt, den die extreme Linke gestellt, alle Kronprätendenten, und namentlich auch die Familie Orleans, aus Frankreich zu verbannen.
General Chanzy bekommt in Frankreich ein großes Denkmal. Alle Generale, die zu seiner Beerdigung versammelt waren, haben Jeder 100 Franks beigesteuert. Deroulöde, der Revanche-Hetzer in
schlechten Versen, der das Wirthshaus, in welchem die Deutschen kneipten, gestürmt hat, liegt am Gehirnfieber; man sagt, er sei verrückt.
England.
London, 17. Jan. Vergangene Nacht ist ein Haus in der City abgebrannt. Es sind 5 Personen todt, 4 verwundet. (St.-A.)
(800,000 ^ in die Elbe gefallen.) Mit dem am Sonnabend von London hier am Kaiscrquai Schuppe» 10 an- kommenden Dampfer „Vesta" traf eine für eine hiesige Bank bestimmte Kiste mit 800,000 ^ in Gold ein. Beim Ucbcr- nchmen dieser werthvollcn Ladung kantete die Kiste plötzlich um und verschwand zum nicht geringen Schrecken der Bethei- ligtcn in den Fluthen der Elbe. Glücklicherweise gelang cs am Sonntag Morgen, die Kiste in unversehrtem Zustande mit Hilfe eines Tauchers wieder zu heben.
Rußlaad.
Das russische Kriegsministerium ordnete sorgfältige Erhebungen über die Stärke des rollenden Eisenbahnmaterials an.
Aus allen Gegenden Rußlands wird scharfer Frost gemeldet, von überall her treffen Nachrichten über daS Erfrieren von Menschen und über den mit der wachsenden Kälte sich mehrenden Nothstand ein. In Petersburg zeigte am 11. ds. der Thermometer gegen Mittag 22°R. unter Null. Die dortigen Blätter constatiren, daß die Noth in Petersburg noch nie so groß gewesen ist, daß der Straßenbettcl noch nie solche Dimensionen angenommen hat, wie in diesem Jahre. Der Oberpolizeimeister hat gestaltet, daß bei einer Temperatur von über 12° Kälte auf den Straßen Feuer angezündet werden dürfen. Man benutzt dazu meist kleine eiserne Oefrn, die von Schaa- ren frierender Menschen (Bettlern. Droschkenkutschern, Dworniks rc.) umstanden werden. Wetterkundige Leute behaupten, daß der Frost noch länger als einen Monat in seiner bisherigen Stärke anhalten wird.
Egypten.
Kairo, 16. Jan. Der französische Generalkonsul gelangte soeben in Besitz neuer Verhaltungsmaßregeln in Paris. Die Krisis dürfte wahrscheinlich sofort ausbrechen. (F. I.)
Amerika.
New-Jork, 16. Jan. Der neue Handelsvertrag zwischen Deutschland und Mexiko ist abgeschlossen. Außer der Klausel der meistbegünstigten Nation genießen die Deutschen das Privilegium, daß sie im Kriegsfall in Mexiko bleiben und Detailhandel treiben dürfen. (St.-A.)
Aus St. Louis, Missouri, wurde von einem deutschen Komite 30,000 vtL an den Präsidenten des Reichstags zur Vertheilung an die deutschen Ueber- schwe mmte n gesendet. _
Handel K Uerkehr.
Altenstaig, 18. Jan. Unser gestriger Vieh markt war trotz der Eisbahn gut befahren, allein ungeachtet zahlreich anwesender Handelsleute (namentlich auch aus Baden wollte doch kein rechter Zug in den Handel kommen. Für den Ankauf von Zugvieh ist es noch zu frühe. Mastochsen galten 48—53 Karolin, Zugochsen 36—40 Karolin, Stiere 24-30 Karolin, Milchvieh 250—350 Kalbeln 200—320 ^ Der Sch weine markt war ebenfalls stark befahren, allein im ganzen wurde auch hier wenig gehandelt, wohl auch wegen der Futterklcmme. Kleinere Läufer waren namentlich viel da. Saugschweine kosteten 12—18 ^!, Läuferschweine 40—78 ^!l Fettes Vieh war auch diesmal wieder gesucht.
Rotttcnburg, 16. Jan. Der gestrige Biehmarkt war wieder ein bedeutender bei abermals steigenden Preisen, da die Nachfrage viel größer war, als das Angebot, was besonders bei Zugstieren und Melkvieh der Fall war. Wir haben über diese auffallende Erscheinung in dieser Jahreszeit mit einsichtsvollen Ockonomcn gesprochen, welche als Gründe anführen, den offenen gelinden Winter, indem bei den Schafen sehr viel Futter erspart wird, ferner daß der Landmann gegenwärtig noch mit seinem Zugvieh auf dem Felde arbeiten kann, während er es sonst müßig in den Stall zum Futter stellen mußte, aber auch der Umstand komme noch hinzu, daß diesmal keiner in den Stall greifen mußte, um seinen laufenden Verbindlichkeiten gerecht zu werden, da ihm über diese Sorge Heuer der Hopfcnbau hinweggeholfen hat.
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Hiezu Nr. 17 des Deutschen Unterhaltungsblattes.