Aro. 19
bl. Jahrgang
Amts- unlt Intelkigenzhlatt für äen Rezirkr.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Sa«stag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äen 16. Februar 1886.
Abonnementspreis halbjährlich 1 -L 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
AnrMche Wekanntmachirngen.
Calw.
An -ie Grtsvorsteher.
Unter Bezugnahme auf den im neuesten Ministeralamtsblatt Nr. 4 enthaltenen Erlaß des K. Ministeriums des Innern, betr. Maßregeln wider die Schafräude vom 26. v. Mts. Nr. 918 werden die Ortsvorsteher aufgefordert
binnen einer Woche
dem Oberamt ein Verzeichnis der Schasbestände ihres Gemeindebezirks — auch der Hausschafe — unter Angabe der Stückzahl derselben und Bezeichnung derjenigen Heerden, welche zur Sommerweide auf eine andere Markung gebracht werden, vorzulegen, bezw. Fehlanzeige zu erstatten.
Die Schafbesitzer sind im Sinne der Ziff. 11 des oben erwähnten Ministerialerlasses zu belehren und es ist bei Einsendung der Verzeichnisse anzuzeigen, ob dies geschehen ist.
Den 14. Februar 1886. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Calw.
Bekanntmachung.
Höherer Weisung zufolge werden die Krankenkassenvorstände, Arbeiter und Betriebsunternehmer auf die für sie wichtige, in Nr. 45 des Regierungsblattes von 1885 veröffentlichte Bekanntmachung des Michsversicherungsamtes vom 30. September v. I. betreffend den bei Unfällen von brr Krankenkasse in -er Zeit von -er fünften bis zur dreizehnten Woche nach dem Unfall zu leistenden, seitens des Betriebsunternehmcrs zu erstattenden Mehrbetrag an Krankengeld (8 5, Abs. 9 dcs Unfallversicherungsgesetzes besonders aufmerksam gemacht, und sür die Krankenkassenvorstände außerdem noch die Bemerkung beigesügt, daß die W, Kohl- hammer'sche Buchdruckerei in Stuttgart Formulare zu vmschrfftrmäßigen Liquidationen der Krankenkassen mit einem auf der Rückseite befindlichen Abdruck des Textes der Bekanntmachung des Ncichsversicherungsamtes zum Preis von 5 H das Stück oder 4 ^ das Hundert vorrätig haben, deren Benützung den Krankenkassen deshalb zu empfehlen ist, weil dadurch bei den Liquidationen der erstattungspflichtige Betriebsunternehmer auf die maßgebenden Vorschriften aufmerksam gemacht wird.
Den 12. Februar 1886. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
'UokitiscHe Wachrffchten.
Deutsches Reich.
Berlin, 12. Februar. Reichstag. Dritte Lesung des Etats. Das Extraordinarium der Post- und Telegraphenverwaltung wird nach den Beschlüssen der zweiten Lesung genehmigt. Militäretat, Extraordinarium. Kriegsminister v. Bronsart hebt die bedenklichen in zweiter Lesung vorgenommenen Abstriche hervor. Wenn man künftig die Militärverwaltung derartig beschränke, werde das die schwersten Schäden für das Reich zur Folge haben. Ein Pauschquantum wolle er durchaus nicht; er werde nach wie vor für jede einzelne Forderung den Beweis der Notwendigkeit führen, v. Hüne (Zentr.) und Richter widersprechen, daß der Reichstag neuerdings stärkere Abstriche mache, die Bewilligungen seien vielmehr im Steigen begriffen. Bürklin (nat.-lib.) erklärt, seine Partei verzichte darauf, den Antrag auf Verwilligung der Unterosfizierfchule in Neubreisach einzubringen, da derselbe doch aussichtslos sei. Das Extraordinarium wird darauf nach den Beschlüssen der zweiten Lesung bewilligt. Marineetat, Extraordinarium. v. Wöllwarth befürchtet von der Beschränkung, welche der Reichstag der Entwicklung der deutschen Marine auferlege, einen nachteiligen Einfluß auf den deutschen Handel und seine überseeischen Beziehungen. Richter findet in der bisherigen Entwicklung des deutschen Handels den Beweis, daß er genügenden Schutz beim jetzigen Stand der Marine habe, v. Saldern (Ahlimb) stellt namens der Konservativen den Antrag auf Bewilligung des in zweiter Lesung gestrichenen Avisos, v. Francken- ^stL.in und Rick er t beantragen dagegen namens des Zentrums und der Freisinnigen die Bewilligung von 600,000 ^ als erste Rate unter Anerkennung, daß ein Ersatz für den „Großen Kurfürsten" zu schaffen sei, dagegen aber 572,000 bei anderen minder notwendigen Forderungen abzustreichen. Chef der Admiralität General v. Caprivi erklärt sich auch mit dem letzteren Antrag begnügen zu können, worauf dieser angenommen wird. Im übrigen wird der Marineetat entsprechend den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt. Die Abstriche erfolgen bei den Forderungen zum Bau eines Schleppdampfers und zur Fortsetzung der Bauten an den Marineanstalten bei Ellerbeck und Wilhelmshafen.
— In der Kommission des Reichstages sür das Arbeiterschutz-Geseh wurde über die Kinderarbeit verhandelt. Abg. Baumbach wandte sich gegen das allgemeine Verbot der Kinderarbeit und belegt mit vielfachen Beispielen, daß die gerügten Uebelstände der Hausindustrie nicht überall vorhanden seien. Am Antrag Halben bemängelte er den in der Gesetzgebung
Feuilleton.
Der Auswanderer
(Nachdruck verboten.)
Erlebnisse eines Deutschen in Nord-Amerika.
Von Karl Aastrow.
(Fortsetzung.)
„Es ist fast zum Verzweifeln, Massa Borrmann", nahm er in verdrießlichem Tone das Wort, „daß zwei starke Menschen, wie wir, die von jeher Lust zur Arbeit hatten, so vollständig auf dem Trockenen sitzen. Wär' doch die Geschichte damals in dem alten Boardinghouse nicht vorgekommen. Der Red würde wer weiß was darum geben. Der Fitz hat Schuld, wie immer, wenn ein dummer Streich schlecht angelegt wird und einen schlechten Ausgang nimmt. Nun darf in dem alten Hause kein Dankeedodle mehr gespielt werden und die ganze Bande sitzt ohne Verdienst und stiehlt dem Herrgott den Tag ab. Gestern ist der Red herumgelaufen wie ein hungriger Neusoundländer, und hat doch keinen Heller verdient, und Ihr seid auch noch nicht bei Kräften, bedürft der Pflege, Massa. Der Messerstich des niederträchtigen Buben hat Ihnen das beste Blut genommen. O, Massa, Massa! der R> d käme schon durch. -Er ist an Hunger und Kälte gewöhnt. Aber Sie — Sw? Massa Borrmann?"
„Mache Dir meinetwegen keine Sorge, mein guter Red" , sagte Borr- mann mit einem freundlichen Lächeln. „Es geht ja mit meiner Gesundheit jeden Tag bester und für die nächsten Tage fehlt es ja noch nicht am Notwendigsten. Du hast für mich gethan, mein guter Red, was nur ein Bruder dem andern thun kann, hast Deinen geringen Verdienst während der langen Dauer meiner Krankheit mit mir geteilt, hast mich gepfleat und für mich Tag und Nacht gearbeitet, ich werde zeitlebens Dein Schuldner sein, Red; aber zur Last fallen möcht ich Dir nicht länger. Ich bin überzeugt, Red, wenn Du Dich von mir trennst und Deinen Weg allein fortsetzest, so wirst Du bald ein gutes Unterkommen finden und Dich besser und wohler befinden, als jetzt."
„O, Massa! was sprechen Sie?" rief der wackere Bursche sichtlich bestürzt. „Wollen Sie mich wirklich fortschicken? womit habe ich das verdient?"
„Ich sage nicht, daß Du gehen sollst, Red! ich meine nur, daß es für Dein Wohlergehen besser sei. wenn Du frei wärest und Deine Zeit ordentlich verwerten könntest."
Red schüttelte entschieden den Kopf. „Red ist nur in der Nähe seines Herrn glücklich, der ihn von einem qualvollen Dasein erlöst und ihn dahin gebracht, sich als Mensch und Christ zu fühlen. O, Massa, so lange Sie Niemand haben, der für Sie sorgt und Ihnen in ihrer Not beisteht, ist es Red's Schuldigkeit, auszuharren auf seinem Posten und Massa treu zur Seite zu stehen. Und der Red hat noch stets seine Schuldigkeit gethan, Mafia."
Er erhob sich nach diesen Worten, nahm einen kleinen Blechkeffel, welcher auf dem Tische stand und füllte ihn aus einem Kruge mit Wasser. Dann schürte er mit einem Eisenstabe die Glut im Ofen und setzte den Kessel so, daß die volle Gewalt der Flammen auf ihn einwirken konnte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Singen, welches aus dem Ofen hervortönte, ihm sagte, daß das Wasser zu kochen beginne, worauf er ein paar Löffel mit Thee hineinthat und dann das zischende Gefäß heraus nahm.
„Nun," sagte Borrmann, ich will Dich nicht hindern, dem Zuge Deines Herzens zu folgen, mein braver Red. Mir ist's auch lieber, wenn wir Zusammenhalten. Hab ich doch hier in dem unbarmherzigen Lande keine Seele, die es treu mit mir meint. Deshalb weiß ich's wohl zu schätzen, einen Freund zu haben, wie Du bist. Aber ich kann es Dir nicht verhehlen, daß auch ich mit Sorgen in die Zukunft blicke und wenn sich nicht bald eine einigermaßen lohnende Beschäftigung für uns findet, wird der Mangel früh genug an unsere Thür klopfen.
„Ja. wenn ich schon im vollen Gebrauch meiner Kraft wäre, ich liefe so lange herum, bis sich Etwas fände. Bei meiner körperlichen Schwäche aber dürfte ich nicht weit kommen und einen kranken Mann kann selbstverständlich Niemand gebrauchen."
Der Neger hatte inzwischen den Thee auf den Tisch gestellt, eine Taffe