Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 60 >>!, in dem Bezirk 2 »«L,

' außerhalb des Bezirks 2 40 -g. Vierteljähr­

liches und Monatsabonnenlent nach Verhältniß.

Samstag den 25. November.

Jnsertionsgebiihr für die ispaltigc Zeile aus ge­

wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1882

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mit dem

Deutschen Unterhaltungsblatt"

für den Monat Dezember nehmen alle Postanstalten und die Postboten an.

Unsere Leser machen wir darauf aufmerksam, daß in unserer heutigen Numcr desDeutschen Unterhaltungsblattcs" Nr. 9 eine interessante Reiht Von Thierbildern beginnt, die sicher jedermann mit Vergnügen lesen wird. Dieselben stammen aus der Feder der bekannten Naturforscher Ad. und Carl Müller neuerdings vielfach erwähnt wegen des Briefs, den Bismarck gelegentlich der Uebcrreichung ihres neuesten wissenschaftlichen Werkes an sic gerichtet hat.

Amtliches.

Nagold.

Au die gemeinschiiitlichen Aemter.

Betreffend die Veranstaltung einer Hauskollekte für die bedürftigen Hagelbeschädigten.

Unter Verweisung auf den Erlatz K. Ministe­riums des Innern vom 7. d. M., Ziffer 9160, im Ministerial-Amtsblatt Nro. 25, ergeht hiemit die Aufforderung, die nach dieser Verfügung von Haus zu Haus zu veranstaltenden Sammlungen sowohl an Geld als an Früchten im Laufe des Monats No­vember und nur, soferne besondere Umstände eine Hinausrückung erforderten, im Laufe des Monats Dezember in den Gemeinden" vorzunehmen, in wel­chen eine solche Kollekte nicht bereits stattgefunden hat.

Im Nebrigen wird auf den gedachten Mini- sterial-Erlaß Bezug genommen und einem Vollzugs­bericht bis 15. Dezember d. I. entgegengesehen.

Den 20. November 1882.

Königl. Gem. Oberamt:

Güntner. Kemmler.

Nagold.

Kekan«tmach«ng.

Feuer-Versicherungs-Agenturen betreffend.

Die Unterzeichnete Stelle sieht sich veranlaßt, die Vorschrift, daß, wer Versicherungen für eine Mo­biliar- oder Jmmobiliar-Feuerversicherungsanstalt als Agent oder Unteragent vermitteln will, bei Ueber- itahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgiebt, oder welchem die Versiche­rungsanstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten 8 Tage der zuständigen Behörde seines Wohnorts davon Anzeige zu machen hat, einzuschär­fen, mit dem Bemerken, daß die Unterlassung der rechtzeitigen An- oder Abmeldung mit Geldstrafe bis zu 150 ^ und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu 4 Wochen bedroht ist.

Den 23. November 1882.

K. Oberamt. Güntner.

Auch zur Handwerkerfraae.

Verschiedene Städte in Deutschland haben Ein­richtungen getroffen, dem sogen. Bettelwesen zu steuern und dies auch auf hülfsbedürftige wandernde Hand­werksgesellen anzuwenden. Ganz gut wenn dabei wirklich edle und praktische Mittel ausgeführt werden. Leider kommen hie und da arge Fehlgriffe vor. Man muß doch annehmen, daß unter den Gewerbs- gehülfen der größere Theil brave und ordentliche Menschen sind und muß nicht einem ehrlichen Ge- werbsgehülfen, welcher, auf der Reise in Noth gera- then, um eine Gabe anhält, das Blut ins Gesicht treiben, wenn selbiger erst Steine klopfen soll, um ein Almosen zu erhalten. Eine solche Maßregel ist beleidigend und entehrend für jeden braven Gesellen. Es ist wohlfeil, einen arbeitslosen Handwerker unter

die Vagabonden zu zählen; der Humanität sollten sich solche Vereine mit edleren und praktischeren Mit­teln nähern, durch solche Verfügungen leistet man der Besserung der sozialen Uebelstände und der Menschheit keinen guten Dienst! Was sind die Ur­sachen dieses Nothstandes? Unsere mißlichen volks- wirthschaftlichen Verhältnisse. Unter den mißlichsten Verhältnissen gehl der Gewerbsgehülfe auf die Wan­derschaft, sein Erspartes ist aufgezehrt und immer noch keine Arbeit; mit verschämtem Gesicht hält er um eine Gabe an und dies wahrlich nicht aus Lust zum Vagabondiren. Lieblos muß er abgewiesen wer­den, denn dem Einzelnen hat der Verein bei Strafe verboten, einem in Noth gerathenen Handwerker milde Gaben zu verabreichen. Die Humanität sorgt ja für ihn durch einen Verein: er muß ein bestimmtes Quan­tum Steine klopfen, dann darf und kann selbiger sich satt essen und schlafen, um den andern Tag dasselbe wieder zu erbitten! Sonst ging man mit Freuden auf die Wanderschaft und so mancher der jetzt wohl­habend Gewordenen hat sich für milde Gaben herz­lich bedankt und ist durch Reisen und Veränderung in seinem Beruf ein tüchtiger Meister geworden. Der junge Mann soll hinaus in das öffentliche Le­ben und seinem Beruf in verschiedenen Städten ob­liegen, so nur wird ein brauchbarer und vielseitiger Arbeiter aus ihm und nur dadurch wird ein vielsei­tiger Gewerbestand sich kräftigen. Pflicht eines jeden Menschenfreundes ist es, für die Gewerbgehülfen mit edlen und menschenwürdigen Mitteln zu sorgen. Zwangsmaßregeln bewirken das Gegentheil und ma­chen den auf der schiefen Ebene Angekommenen nicht besser, eher schlechter. Hier hat die Gesetzgebung ein dankbares und ergiebiges Feld zu bestellen und ein Jeder ist berufen, durch Einsicht und wahre Huma­nität mit zu schaffen und zu helfen, solche Uebelstände zu beseitigen.

Gestorben: Den 21. Novbr. in Mtenstaig K. Beck, Gerbereibesitzer, 53 I. a.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

7^ Altenstaig Stadt, 22. Novbr. Im Laufe dieser Woche hat der hiesige Turnverein einen tragbaren und nach Höhe und Weite verstellbaren schmiedeeisernen Barren in der Turnhalle aufge­stellt. Derselbe ist aus bestem Schmiedeeisen ange­fertigt und besteht aus einem doppelkreuzigen Unter­bau, mit welchem die Barrenständer auf eigene Weise völlig fest verbunden sind. Die eschenen Holme da­gegen sind frei beweglich, so zwar, daß der Barren beliebig enger und weiter gestellt werden kann. Frag­licher Barren, welcher zudem noch mit Patent-Holm- charnier versehen ist, kostet 145 Mark. Er wurde bezogen aus einer Turngeräthe-Fabrik in Leipzig. Die Hauskollekte, die zum Besten der vom Hagel­schlag betroffenen Gemeinden veranstaltet wurde, er­gab in hies. Stadt die erfreuliche Summe von 258 Mark, ein ehrendes Zeugniß für den aufopfernden Sinn unsrer Gemeinde.

Dem Gemeinderath Weßner in Grünmett­stetten, OA. Horb, wurden 520 Erlös aus verkauften Hopfen, gestohlen.

In Freudenstadt hat sich der bish. Abg. Staatsrath. v. Bitz er zur Annahme einer Wieder­wahl bereit erklärt. Derselbe ladet zu einer Wähler­versammlung auf nächsten Sonntag ein.

Reutlingen, 20. Nov. DieKreis-Ztg." erzählt: Bei dem letzten Brande in der Weingärtnerstraße wurde ein 13jähriger Knabe von seinem Vater wegen Rettung seines Hauswesens zu Verwandten um Hilfe gesandt, da in dem

Nachbarhause der Brand ausgcbrochen war. Als derselbe zu­rückkam, stund bereits sein Haus in vollen Flammen. Schnell wollte er noch hinein, obgleich es kein Feuerwehrmann mehr zu betreten wagte, um seinen Schulranzen mit seinen Schulbü­chern zu holen, und mehrere Feuerwehrleute mußten ihn mit Gewalt zurückhalten. Gestern nun kam der Knabe in die Schule und weinte bitterlich, weil seine Bücher und sein Schul­ranzen verbrannt waren. Da gab ihm einer seiner Mitschüler einen Federhalter. Im Augenblick wollten alle seine Schulka­meraden etwas thun; im Jnterstitium erhielt er von seinen Mitschülern Federn, Bleistifte, alle nöthigcn Schulbücher und Schreibhefte, Tafel, einer brachte sogar einen Schulranzen, und als der Knabe aus der Schule ging, kehrte er vollständig mit Ranzen und Büchern ausgerüstet zurück.

Ulm, 21. Nov. Dem k. preuß. Generalmajor v. Guretzky-Cornitz wurde lautSchw. M." das Kommando der 27. Division (2. k. württ.) übertragen.

Brandfälle: In Weitingen (Horb) am 20. November eine Doppelscheuer mit vielen Frucht- vorräthen; in Molpertshaus (Waldsee) in der Nacht vom 19./20. Nsv. ein vor 12 Jahren neuer­bautes Wohn- und Oekonomiegebäude nebst 4 Stücken Hornvieh.

München, 21. Nov. Aus den Forstrevieren des Spessarts kommen schwere Klagen über Schnee­druck in den Wäldern. In Kiefernbeständen sol­len Tausende von Staaren liegen, namentlich in eini­gen Abtheilungen des kgl. Forstreviers Lohrerstraße.

Frankfurt a. M., 20. Nov. Ein Deutscher Kolonial-Verein soll am 6. Dezember zu Frank­furt a. M. begründet werden. Den Aufruf haben etwa 70 bekannte Männer unterschrieben, darunter der Herzog von Ratibor, Otto Graf zu Stolberg, Fürst Hohenlohe-Langenburg, R. v. Bennigsen, Miguel, Friedenthal; Gelehrte wie Roscher, Schlie- mann, Ratzel, A. Kirchhofs, Brugsch, Gerhard Rohlfs, der Dichter Gustav Freytag. Der Zweck desselben ist nach dem Programm: 1) das Verständniß der Nothwendigkeit, die nationale Arbeit dem Gebiete der Kolonisation zuzuwenden, in immer weitere Kreise zu tragen, 2) für die darauf gerichteten bisher getrenn­ten Bestrebungen einen Mittelpunkt zu bilden und 3) eine praktische Lösung der Kolonialfrage anzu­bahnen. Zunächstwird der Verein die Errichtung von Handelsstationen als Ausgangspunkte für größere Unternehmungen fördern." Er rechnet dafür nicht auf die materielle Unterstützung des deutschen Reiches, wohl aberwird er sich bemühen, im geeigneten Falle den Reichsschutz für deutsche Niederlassungen zu erwirken und denselben so durch Sicherung gegen fremde Ereignisse die erste Bedingung einer erfolg­reichen Thätigkeit und einer größeren Entwickelung zu verschaffen." (D. Reichsp.)

DieMg. Evang.-Luth. Kirchenzeitung" bringt einen Artikel, in welchem nicht nur die Behauptung, daß Herr v. Bennigsenim Frühjahr eine Unter­redung mit dem Reichskanzler" gehabt habe, aufrecht erhalten, sondern der Inhalt dieser Unterredung im wesentlichen mitgetheilt und daran eine Erörterung über die politischen Chancen des Herrn v. Bennigsen geknüpft wird. Es heißt dort u. a.:In der Frage des Kulturkampfes ist Herr v. Bennigsen mit dem Reichskanzler vollständig auseinander. In einer Unterredung, welche er mit demselben im Frühjahr hatte, sprach Herr v. Bennigsen die Ansicht aus, daß, wenn die Regierung nur noch einige Jahre fest geblieben wäre, die schon müde römisch-katholische Kirche sich den Maigesetzen gefügt haben würde; Wtf dessen habe der Fürst um vorübergehender finanzieller Zwecke sich bei der Tarifreform dazu herbeigelassen, mit dem Centrum zu paktiren; hier­durch, sowie durch die Unterhandlungen mit Rom, sei er auf eine abschüssige Ebene gerathen, auf der