die Zahl der Steuerzahlenden sich aber stetig vermindert, so ist letztere Maßregel nur zu billigen.
Isny, 4. Okt. Gestern Vormittag sollte ein Brautpaar hier getraut werden. Eine Stunde vor dem Gang zum Standesamt wurde jedoch die glückliche Braut durch die Polizei in ihrer Wohnung verhaftet und ohne alle Rücksicht auf den betrübten Bräutigam an das K. Amtsgericht Wangen abgeiiefcrt. Dieselbe hatte sich mittelst eines selbstgesertigtcn Bcrmögens- zeugnisscs, dem sie das wahrscheinlich aus ihrem Heimathschein herausgcschnittene Siegel ihrer Hcimathbehörde aufdrückte, Kredit zu verschaffen gewußt, so dass sie überall, wo sie in Läden oder bei Handwerkern ihr Vermögenszeugniß sehen ließ, die Gegenstände ihrer Aussteuer ohne Anstand erhielt. (H. T.)
Die Stadtgemeinde Tuttlingen bedarf zu einer Straßenerbreiterung zwei Ruthen Platz vor einem Privathaus, für welche der Eigenthümer die Kleinigkeit von nur 20,000 vkL verlangt. Nach dieser Rechnung käme der Morgen auf nicht weniger als 3,800,000 ^ zu stehen.
Auf einem Hofgut in der Nähe von Tettnang hatte eine Magd Zwillinge geboren und dieselben auf dem Felde begraben. Die Leichen wurden aufgefunden und außer der Thätsrin der Bauer und feine Frau wegen Mitwissenschaft verhaftet.
Ravensburg, 6. Okt. S. Mas. der König trifft morgen Bormittag 10 llhr zum Besuche der Landesobstausstcllung hier ein.
Aus dem Obcramt Künzelsau. In der vorigen Woche wurden vom badischen Amtsgerichte Mosbach der Schultheiß K. von Marlach, diesseitigen Obcramtsbczirks, der dortige Löwenwirth D. und der Palizeidicner von da, wegen Aussehens einer hilflosen Person abgeurthcit. Die beiden ersten erhielten je 6 Monate, der letztere 3 Monate Gefängniß. Sie hatten einen kranken Handwerksburschcn gegen seinen Willen in einem Karren über die nahe Grenze geschafft und auf badischem Gebiet in einem Straßengraben liegen lasse».
Brandfälle: In Wahl heim (Besigheim) am 6. Okt. eine Scheuer; in Sulz a. N. am 4. Oktober das Doppelhaus des Bäcker Rosenfelder und Messerschmied Solleder ganz, sowie das angebaute Haus des Kaufmann Weinheimer zum größten Theil.
München, 6. Okt. Der hiesige Verein der Gastwirthe hat beschlossen, in ihren resp. Gastlokalen den Hausirhandel mit gewerblichen Erzeugnissen nicht mehr zuzulassen. (öl. T.)
Zu München wurde die der Todtung ihres neugeborenen Kindes beschuldigte Mnjorswittwe Mieg aus der Jr- renabtheilung des Krankenhauses entfernt, da keinerlei Symptome von Geisteskrankheit an derselben wahrgenommcn werden konnten. Dieselbe wurde in Untersuchungshaft genommen und vor das kgl. Landgericht I verwiesen, jedoch wird der Fall vor dem Schwurgerichte seine Erledigung finden. — Die Leiche des Kindes wurde in einer Conservenbüchse versteckt im Keller vorgefunden: die näheren Umstände des Verbrechens sind zur Zeit noch unbekannt. Mit begreiflicher Spannung und größter Theilnahme sicht man dem Lause der Verhandlung entgegen, da der Name des verstorbenen Majors ein in der bayerischen Armee in bestem Ansehen stehender ist. Den beiden ältesten der vier bedauernswerthen Kinder feinem Sohne und einer Tochter) steht die peinliche Situation bevor, in der Sache gegen die Mutier gerichtlich vernommen zu werden. Ein für die Dame, welche sowohl ans gebildeter ats sehr angesehener Familie entstammt, höchst ungünstig sprechender Umstand ist, daß der Vater des Kindes, wie verlautet, ein noch ganz junger Mann, Freund ihres Sohnes ist. Majorin M. zählt 42 Jahre.
Aus der Pfalz, 5. Okt. Eine große Anzahl Weinbergbesitzer der Pfalz haben an die Kreisregierung eine Eingabe gerichtet, worin sie darauf aufmerksam machen, daß der aus den in Folge der Witterung unreifen Trauben gewonnene Wein einen solchen Säurcgrad erreichen wird, daß ohne Zusatz von Zucker die Vcrwerthbarkeit der Ernte nicht möglich sei. Sie richten daher an die Regierung die Frage, ob das Zuckern von Weinen jener Gewerbesteuer unterliegen muß? Wenn dies der Fall, mit allen Mitteln dahin zn wirken, daß für dieses Jahr das Zuckern des Weines, wie dies auch in den übrigen deutschen Produktionsgebieten der Fall ist, steuerfrei gestattet werde.
Die in Unterfranken am 3. ds. niedergegangenen Regengüsse gestalteten sich in manchen Orten zu förmlichen Wolkenbrüchen, so in Poppenhausen und Euerbach. In Obbach ist ein Mann, in Kützberg sind drei Personen ertrunken.
Kassel, 4. Okt. In Darmfeld wüthct eine verheerende Feuersbrunst. Bis jetzt sind 20 Gebäude u. große Getreidevorräthe zerstört. Der Schadenist enorm.
Berlin, 5. Okt. Das Schwurgericht verur- theilte den Kutscher Conrad, welcher vor einigen Wochen seine — von ihm geschiedene — Frau und seine 4 Kinder durch Erdrosseln, bezw. Erhängen, getödtet, wegen Mordes zum Tode und zum dauernden Verlust der Ebrcnrechte, und dessen Geliebte, die Magd Diebitz in Charlottenburg, wegen wissentlichen Meineids zu (-monatlichem Gefängniß.
Berlin, 6. Okt. Fürst Bismarck befindet sich
neuerdings besser, sieht wohl aus und leidet nur ab und zu an neuralgischen Schmerzen. Staalsminister v. Bötticher hat aus Varzin die Nachricht mitgebracht, daß der Reichstag am 30. November zusammenkom- men wird. Es sollen ihm beide bereits fertigen Budgets für 1883—84 und 1884—85 vorgelegt werden, sonst aber nur das Krankenkassen- und Unfallversicherungsgesetz, aber keine neuen Steuervorlagen.
(Späte Rechtfertigung.) Im Jahre 1872 wurde die unverehelichte Jda Schmidt, welche bei einem Bäckermeister in Berlin im Dienst stand, wegen Diebstalhls zu einer vier- wöchentlichen Gefängnißstrafc verurtheilt. Durch die Beweisaufnahme wurde sestgestellt, daß die Angeschuldigte einen goldenen Ring im Wcrthe von 50 den sie auf einem Tanzvergnügen am Finger gehabt, der Herrschaft entwendet hatte. Die Angeklagte, welche hoch und lhcuer ihre Unschuld versicherte, gab zu, eines Sonntags sich den Ring an den Finger gesteckt, beim Nachhausekommen aber denselben wieder in das Kästchen gelegt zu haben, in welchem er ausbewahrt wurde. Alle ihre Unschuldsversicherungcn halfen nichts, sie wurde, wie Eingangs erwähnt, verurtheilt und hat die Strafe abgebüßt. Vor einigen Wochen wurde in der Wohnung des Bäckermeisters in einer Stube ein neuer Fußboden gelegt und beim Aufnchmcn der alten Diele der vor 10 Jahren vermißte Ring in der Nähe eines Mäuselochcs vorgefunden. Dem unschuldigen Mädchen, das jetzt an einen Handwerker vcrhciralhet, ist als Sühne vorläufig ein nicht unbedeutendes Geldgeschenk von dem Bäckermeister übergeben und ein Rechtsanwalt beauftragt worden, die Wiederaufnahme des Verfahrens in Antrag zu dringen, in welcher die Frau natürlich freigcsprochen werden wird.
Auf einer Wahlversammlung der Centrnms- Partei in Düsseldorf erklärte deren Führer Windt- horst: „Die Schule muß für die Kirche und die Eltern zurückerobert werden. Seien Sic versichert, der Kampf um die Schule wird länger dauern als der Kampf um die Freiheit der Kirche. Bei uns fängt dann der Culturkampf erst an."
Danzig, 4. Oktbr. Gegenwärtig findet eine große Hebung im Festungskriege unter Leitung des Generallieutenants v. Verdy in Danzig statt; eine größere Anzahl von Generalstabsoffizieren nehmen an demselben Theil. Die Hebungen dauern etwa vierzehn Tage und umfassen ebenso interessante artilleristische Ausgaben, wie solche aus der Taktik der anderen Waffen, deren Zusammenwirken vor einer Festung allein zu einem gedeihlichen Resultat führen kann.
Mühlhause n, 4. Okt. Letzte Nacht ist hier ein entsetzliches Verbrechen begangen worden. Ein in der Hirschgasse wohnhaftes Ehepaar hat sich gegenseitig oder der Mann die Frau und darauf sich selbst vermittelst eines großen Käsemessers ermordet, der Umstand freilich, daß man den Mann bereits todt, aber die Frau noch lebend mit dem großen Messer neben sich liegen fand, könnte auch darauf schließen lassen, daß die Frau die Mörderin war. Letztere machte ihrem Manne das Leben recht sauer, sie hat ihn auch vor einigen Wochen als geisteskrank in das hiesige Spital einsperren lassen, woraus er aber nach einer 14tügigen Probezeit als völlig gesund erklärt entlassen wurde. Dem Mann war der Hals durchschnitten und Beide hatten große Schnittwunden im Leibe, aus denen die Eingeweide herausgingen. Das einzige Kind dieser unglückseligen Eheleute ist ein Mädchen von 15 Jahre».
Oesterreich-Ungarn.
Preßburg, 6. Okt. In der Nähe von Thr- nau zündeten slovakische Bauern vierzehn Judenhüu- ser an. (Fr. I.)
Italien-
In Rom ist eine Zeitung zur Wiedererlangung der päpstlichen souveränen Unabhängigkeit gegründet worden. Glück zu!
Schweiz.
Ans Bern schreibt man der „N. Z. Ztg."i Letzte Woche sind aus der Stadt Bern einige in den Flegeljahren stehenden Kinder verschwunden und ängstliche Gemiither haben gleich Raub und alles Mögliche vermuthet. Wer aber in nuferer Stadt Gelegenheit hat, die Kindcrerzichung vielerorts zu beobachten, wird sich über das Verschwinden von sechzehnjährigen „Söhnen" und einer „Tochter" nicht sehr gcängstigt haben. Die Tochter war ein Schleckmanl, hatte beim Konfiseur auf Rechnung ihrer Eltern eine langzifferige Note aufgehänft und als sie eines Tages ans der Schule kam und vernahm, daß ihre Mutter beim Konfiseur sei, klvpfte ihr junges Herz etwas ängstlicher und sic verschwand — zu Verwandten. — Als sic wieder gefunden wurde, gab cs ein Fest im Hause und die Mutter geht mit ihr zur Belohnung in eine Herbstfrifche. Aehnlich wird cs sich mit de» Söhnen verhalten; sechzehnjährige Jungen haben in Bern bereits ihre Passionen und die werden den Ellern nicht immer vorher angezcigt.
Frankreich-
Paris, 3. Okt. (Schrecklicher Selbstmord.) Heute stürzte sich von dem Thurme der Notre-Dame eine sehr elegant gekleidete Dame herab. Sie fiel auf das Gitter, so daß ihr Körper in der Mitte
durchschnitten wurde. Nur ein Theil- des ' -Körpers blieb an dem Gitter hängen, der andere siel auf das Pflaster.
Paris, 5. Okt. Gegen den Prediger der protestantischen Gemeinde in Nizza ist eine Hetze nach allen Regeln ins Werk gesetzt worden, weil es sich herausgcstellt hat, daß er rin geborener Badenser ist. Obwohl seit 1866 französischer Kultusbeamter und längst naturalisirt, verlangen die Journale mit Ungestüm seine Absetzung. Allen voran geht der Siöcle. Selbst das Ministerium hat sich bereits mit dem Fall beschäftigt und cs dürfte nach der heutigen Stimmung der Geister in Frankreich leider vorauszusehen sein, daß man der Pression der öffentlichen Meinung nachgeben und den Nizzaer Pastor aus seinem Amte entlassen wird. (W. L.)
Paris, 7. Okt. (Fr. I.) Ich erfahre aus sicherer Quelle: In diplomatischen Kreisen betrachtet man das augenblickliche Verhältnis; Frankreichs zu England als ein äußerst gespanntes ans dem Grunde, weil Frankreich erfuhr, daß England große Lieferungsverträge für die Truppen in Egypten abgeschlossen, die für eine längere Occupatio» berechnet seien. Frankreich erbat sich Erklärungen, die England ausweichend beantwortete und wobei es darauf anspielte, es wünsche keine Separatallianz, auch würde Frankreich gut thun, sich durch Tunis abgefertigt zu halten. Darauf soll Gambctta sich mit persönlichen Vorstellungen an den Prinzen von Wales und Charles Dilke gewandt haben; doch dürfte elfterer nicht aus der Rolle seines Königshauses heraustretcn, und die Stellung des letzteren ist derart isolirt, daß er hinter dem Rücken seiner College» keine weiteren Abmachungen mit Gambetta mehr vornehmen kann.
Bei dem Bombardement des tunesischen Städtchens Sfax durch die französischen Truppen war eine große Anzahl italienischer Colonisten zu Schaden gekommen und hatte deßwegen Ansprüche wegen Entschädigung an die italienische Negierung gerichtet. Diese verlangte von Frankreich eine To- taliumme von 3^ Millionen Franks, konnte aber bisher nur das Versprechen erlangen, die Reclama- tionen der italienischen Colonisten durch eine Commission an Ort und Stelle prüfen zn lassen. Heute bot Herr Duclcrc dem italienischen Geschäftsträger, Chevalier Reßmann, zwei Millionen an, wovon die Hälfte sofort ausgezahlt werden sollte. Reßmann berichtete über den Gegenstand nach Rom, doch glaubt man nicht, daß die Regierung des Quirinals sich zu einer Reduction ihrer Ansprüche herbeilassen werde.
England.
London, 5. Okt. Der „Times" wird aus Kairo gemeldet: Arabis direkte Mitschuld an den Massacres und Plünderung Kairo's ist dokumentarisch nachgewiesen. (N. T.)
London, 6. Okt. „Daily News" meldet aus Kairo: Der Khedive hat die feste Ucberzeugung ausgedrückt, daß Arabis Hinrichtung im Interesse des Friedens des Landes nothwendig sei; die Advokaten weigern sich, Arabi zu ver- theidigen, da sie die Kundschaft der Anhänger des Khedive zu verlieren fürchten. (Sch. B.)
London, 6. Okt. Die Times führt aus, England bedürfe zur Lösung des eghptischen Problems keiner Bundesgenossen; cs wolle Egypten nicht annectireu, sondern nur für das gemeinsame Wohl verwalten. England verlange deßhalb keine außerordentliche Gunstbczeugung Europas. England sei der Bundesgenosse ganz Europas; es bedürfe keiner besonderen Verträge zur Sanctionirnng seines Unternehmens.
Glasgow, 5. Okt. Northcote hielt gestern Abend eine Rede in einer konservativen Versammlung, worin er den eghptischen Krieg für unnöthig und folglich für ungerechtfertigt bezeichnete. Der Krieg wäre vermieden worden, wenn die Regierung bei Zeiten Festigkeit und Entschlossenheit entfaltet hätte. Die Losung der eghptischen Frage werde große Schwierigkeiten bereiten.
Egypten.
Kair o, 6. Okt. Die Untersuchungskommission verhörte heute Mahmud Sami Pascha und Tulba Pascha. Elfterer erklärte, er habe lediglich aus Furcht gehandelt, Tulba Pascha leugnete, an der Revolte theilgenommen und den Oberbefehl über die Re- bellenarmec gehabt zu haben.
Alexandrien, 7. Okt. Hadji MustaPha, einer der Hauptschuldigen an den am 11. Juni d.
Ä2.3.II S!
8-!
ddStzZß«
^ ^ «A 4
eo o'z!r eZ V, t>s v»
' S-V dv ^
L-»
3 iS s-I-o- ^ 7»
G''Ms- > 8 «>
" S 1" 7^ S3
iS D S> ^
7S
«-
8 8 Z
> »