Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt sür den ObemMts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60 «!, in dem Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 40 Vierteljähr
liches und Monatsabonnement nach Verhältniß.
Samstag den 30. September.
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1882.
ME' dem Beginn des neuen Quartals legen wir, wie schon mitgetheilt, eine wöchentlich einmal erscheinende Beilage mit dem Titel ,,De«tfchr» zl«terhal1«NHsblatt" bei.
Dasselbe stellt sich die Aufgabe, eine gute Lektüre unterhaltenden wie belehrenden Inhalts aus der Feder trefflicher Volksschriftsteller in Jedermann deutlicher, wirklich populärer Fassung darzubieten. Wir sind dessen gewiß, daß besonders auch unsere „Erzählungen" einen Inhalt haben werden, welcher denselben das Interesse jeder Familie und aller ihrer Glieder gewinnen und sie bei Jung und Alt beliebt machen wird. Mögen unsere Leser mit dem altbewährten Wohlwollen unfern neuen Bestrebungen ent- gegenkommen.
Die „Erzählung", mit der wir hier den Anfang machen, beginnt mit naiven und gemüthvollen Kinderscenen und entwickelt sich weiterhin zu einem überaus farbenreichen und reichgestaltigen Lebensbild mit Kriegs- und Schlachtenscenen einer hochinteressanten Zeit._
I-. L. Ein Nachklang
zum Backnanger Gewcrbevereinstag.
Unsere württembergische Presse hat die ihr obliegende Pflicht der Berichterstattung über die diesjährige Wanderversammlung der württembergischen Gewerbevereine, die am 17. u. 18. d. Mts. in dem betriebsamen Backnang abgehaltcn wurde, mit wenig Ausnahme genügend wahrgenommen.
Nichtsdestoweniger darf im Anschluß an diese Berichterstattung hier von einem Teilnehmer am Backnanger Tag hervorgehoben werden, daß der Geist, von dem diese Versammlung durchzogen war, den wohlthuendsten Eindruck machte.
Der Grundton, der durch die 5Vsstündige, an höchst interessanten Berichten reiche Berathung ging, gab kund: Der in der Wanderversammlung vertretene württembergische Gewerbestand ist entschlossen, sich das hohe Gut der Gewerbefreiheit nicht verkümmern zu lassen.
Es ist kein Zweifel: das Gewerbe leidet unter der Ungunst der Zeit und unter besonderen Umständen, welche die Einführung der unorganisirten, fast schrankenlosen Gewerbefreiheit hervorgerufen hat. Wir nennen z. B. die mangelhafte gewerbliche Erziehung, die unredliche Konkurrenz, das Hausirun- wesen rc.
Noch hat der Gewerbestand aus sich selbst heraus den Regulator nicht schaffen können, der diese Üebelstände weniger fühlbar oder ganz wirkungslos machte.
Aber indem unsere württembergischen Handwerker die Ursachen und das eigentliche Wesen fraglicher Üebelstände sorgsam und mit bewunderungswürdiger Einsicht untersuchte, ist er zu der Ueber- zeugung gelangt, daß nie Heilung aus eigener Kraft möglich ist und darum verschmähen sie es, nach gesetzlichem Zwang und nach dem Polizeistock zu rufen.
Sie appelliren vielmehr an das Ehrgefühl der Berufsgenossen, setzen Treu und Glauben, die unter dem demorcüisirenden Einfluß einer maßlosen Konkurrenz aus dem Geschäftsleben fast verschwunden schien, in ihre alte Geltung wieder ein; zeigen der Kundschaft, wie thöricht es ist, dem Billigen und Schlechten nachzulaufen, verlangen von .der Gesetzgebung wenig mehr, als gerechte Besteuerung und freie genossenschaftliche Bewegung und hoffen von der Einsicht der Konsumenten, daß sich diese von der Schwindelkonkurrenz ab- u. dem ehrbaren Handwerk wieder zuwenden werden.
Bei dieser Stimmung der Versammlung war es von einem an derselben Theil nehmenden, im klebrigen wohlmeinend und förderlich in die Verhandlungen eingreifenden Vertreter konservativer Anschauungen kein glücklicher Gedanke, die wohlthätige Wirkung des „aufgehobenen Fingers" (des Strafgesetzes) zu rühmen und in der That fand diese Hinweisung in Backnang keine sympathische Aufnahme.
Unser Gewerbestand ist in der Lust der gewerblichen Freiheit bereits so erstarkt, daß er des aufgehobenen (Polizei-) Fingers entbehren kann.
Die Handwerker, welche die Stuttgarter Ausstellung von 1881 glanzvoll zu gestalten wußten, brauchen neben einem maßvollen, sich auf das unbedingt Nöthige beschränkenden Eingreifen der Gesetzgebung wahrlich keine anderen Schranken und Fesseln, als diejenigen, die sie sich in freiwilligen Verbänden und Genossenschaften selbst auflegen.
Gerade wie die erste französische Revolution die Gesellschaft atomisirte und desorganisirte, so ato- misirte und desorganisirte im Verein mit einigen andern Faktoren die Einführung der Gewerbefreiheit das Handwerk. Und wie sich die Gesellschaft aufs Neue organisirte, ohne daß es ihr eingefallen wäre, die alten gesprengten Formen wieder anzunehmen, ebenso wird sich das Handwerk aufs Neue organi- siren, ohne wieder zu Zwang und Nöthigung zurückzukehren.
Zu dieser Ueberzeugung hat sich der Backnanger Gewerbevereinstag bekannt.
Die Agitationen der Zünftler, die konservativen Handwerker rc., deren in Form von Petitionen an den Reichstag gelangenden Forderungen sich in dem einen Gedanken: Aufhebung der Gewerbefreiheit zusammenfassen, machen es nöthig, dies Resultat der Backnanger Jnteressenten-Versammlung mit aller Schärfe hervorzuheben.
Tages Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
In einigen Gemeinden bei Altenstaig sind Steuerbeamte mit der Untersuchung gegen einen Handelsmann aus dem Horber Oberamt wegen möglicher Steuergefährdung beschäftigt.
Stuttgart, 27. Sept. Der württ. Volksschulverein (gegründet 1837) hält Heuer seine Jahresversammlung am 11. Okt. in der Liederhalle dahier ab und wird über „das Maß des Unterrichtsstoffs" in der Volksschule, soweit es sich von dem Schüler mit Sicherheit aneignen läßt, Berathung pflegen. Vorstand des Vereins ist Hr. Prälat v. Merz in Stuttgart.
Stuttgart, 27. Sept. Se. Mas. der König besuchte heute Vormittag die Gartenbau-Ausstellung und besichtigte dieselbe eingehend. — Auf dem Sannst alter Wasen entwickelte sich heute Nachmittag, trotz des mehrfach eingetretenen Regens, ein ziemlich reges Leben, so daß das Ganze schon den bekannten volksfestlichen Charakter zeigte. — Die Tribüne für das landwirthschaftliche Fest ist wieder sehr geschmackvoll dekorirt. Nicht geringe Mühe kostet es, die Rennbahn in gehörige Verfassung zu bringen. Sie ist durch die Ueberschwemmungen an manchen Stellen stark verschlammt. — Se. Maj. der König begibt sich morgen zu Wagen zum landwirthschaftlichen Fest.
Ueber die in Nr. 221 des „Schwarzwälder Boten" und andern Blättern erwähnte Rettung des Wachtpostens in der Militärschwimmschule bei Berg wird von Cannstatt folgende berichtigende Darstellung des Sachverhalts gegeben. Die Rettung des Wacht
postens der Militärschwimmschule geschah auf folgende Weise: Nachdem im Laufe des Nachmittags das Unglück den Premierlieutenant v. Marchtaler u. die übrigen Insassen des Bootes betroffen, kamen Abends «U/» Uhr Premierlieutenant Berger und Polizeikommissär Mayer und forderten den Schiffer Brähle und Eisengießer Braun mit den Worten auf, daß der Wachtposten gerettet werden müsse, möge es kosten was es wolle! Dieser Aufforderung entsprechend, mit dem Bewußtsein, ein Menschenleben zu retten, wagten die beiden vorgenannten Männer in Begleitung des Premierlieutenants Berger die Fahrt, welche über alles Erwarten gelang, denn die Tüchtigkeit und Ortskenntniß der Führer war der beste Bürge dafür. Der Wachtposten war nach Aussage der Schiffer einer Art Stumpfsinn verfallen und mußten deßhalb die Gegenstände wie Gewehr, Tornister und dergl. ebenfalls von den Schiffern gerettet werden. Die Rückfahrt war 9^ Uhr beendet.
Tübingen, 28. Sept. (Schwurgericht.) Wegen Meineids wurde gegen den Schuhmacher Joseph Ottmer von Ebhausen' auf eine Zuchthausstrafe in der Dauer von 2 Jahren, sowie öjährigen Ehrenrechtsverlust und auf dessen dauernde Unfähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger gerichtlich vernommen zu werden, erkannt. (T. Ehr.)
In Bückingen wurde ein Fabrikarbeiter von seiner Frau mit Drillingen, drei gesunden Mädchen, beschenkt.
Karlsruhe, 25. Sept. Nach der Generalversammlung der deutschen Volkspartei fand Abends eine Volksversammlung statt. Es waren, wie dem „F. I." geschrieben wird, etwa 500 Zuhörer anwesend, darunter kaum die Hälfte Demokraten, im Uebrigen Sozialdemokraten und Neugierige. Karl Mayer, Stuttgart, sprach über die Ziele und das Programm der deutschen Volkspartei. Herr Mayer wünscht die Wiederkehr von Männern wie Hecker, doch will er die Ziele der Volkspartei nicht auf dem Wege des Umsturzes, sondern mit friedlichen Mitteln erreichen. Payer, Stuttgart, sprach über die innere Politik des deutschen Reiches. Sonnemann wandte sich gegen die Nationalliberalen, die an der gegenwärtigen Reaction schuld seien. Baden habe den Liberalen den Verlust des Militärs, der Post, Telegraphie u. s. w. zu verdanken, und es sei zur Versorgungsanstalt für den armen preußischen Adel geworden. Merkwürdig, so schreibt man dem „F. I.", daß Herr Sonnemann mehr weiß, als wir in Baden selbst. Wir haben keinen einzigen preußischen Beamten im Lande. — Als etwaige Gegner zur Widerrede aufgefordert wurden, erhob sich ein Arbeiter, der meinte, die Redner hätten nur getadelt, aber nicht angegeben, wie es besser werden könne. In Folge einer weiteren scharfen Aeußerung über das politische Verhalten der Vorredner entstand großer Lärm, Bravorufen, Drohworte, Gelächter. Der Vorsitzende entzog dem Redner das Wort, da er ein Czeche sei, also nicht wählen dürfe. Stimmen erhoben sich für den Böhmen. Da schloß der Vorsitzende die Versammlung, worauf die anwesenden Sozialdemokraten unter Absingung der „Arbeiter-Marseillaise" das Lokal verließen.
In Möning in Bayern wurde der Bierwirth Bügel vom Säuferwahnsinn befallen. Um ihn zu bändigen, steckte man ihn in einen Hopfensack, band den Sack mit einem Schiebkarrenband fest zu und ließ ihn dann ungestört den Wahnsinn austoben. Nach einer Stunde wurde der Sack wieder geöffnet. Der Mann war ruhig geworden — für immer; denn er war erstickt.
Eine hübsche Anekdote erzählt man sich vom Besuch