In Heidelberg fiel ein Student, Frhr. v. M., wie derLcmdesbote" erzählt, einem Wucherer in die Hände, der ihn Wcchselaccepte bis zu 60,Ob» unterzeichnen ließ, wäh­rend er ihm in Wirklichkeit nur 6200 ^ vorgeschossen hatte. Ais die Lache ruchbar wurde, wollte der Vater des Studen­ten den Wucherer mit 12,000 abfinden; dieser verschmähte die Summe und verlangte mindestens 40,000 widrigen­falls die Wechsel zur Einklagung gelangen werde». Diese Wcchselgcschäste wurden leider vor Einführung des Wuchcr- gcsctzcs gemacht.

Berlin, 9. Aug. Die orientirenden Artikel, die über die Frage der erhöhten Wehrfähigkeit Deutsch­lands zur See von fachmännischer Seite in jüngster Zeit in die Presse lancirt worden sind, kommen überwiegend zu dem Schlüsse, daß uns die Aufgabe gestellt sei, nur in der Defensive und vornehmlich mit Defensivmitteln einen wirksamen Küstenschutz zu suchen. Man darf hiernach darauf vorbereitet sein, daß der Reichstag alsbald um die Bewilligung der Kosten für die Vergrößerung des Torpedobestandes angegangen wird, und in der That fallen von unter­richteter Stelle Andeutungen, die sich in dieser Rich­tung bewegen.

Wie dieNat.-Ztg." erfährt, ist Fürst Bis­marck wieder von seinem alten Nebel, den rheuma­tisch-nervösen Gesichtsschmerzen heimgesucht. Die Nachricht, daß Fürst Bismarck nach Kissingen gehen würde, ist bereit dementirt, aber auch der Gedanke einer Gasteiner Kur ist aufgegeben. Der Reichs­kanzler beabsichtigt, den Sommer in Varzin zu ver­bleiben. (St.-A.)

Die liberale Presse verlangt die staatliche Be­sch ützung der Staatspfarrer gegenüber den Maß­nahmen des Breslauer Fürstbischofs. (N. T.)

Der Gotthardtunnel soll nun auch Berlin ein starkes Kontingent von Italienern bringen, der erste Besuch on masso, der uns von jenseits der Alpen zugedacht ist. Die Mailänder Reise-Agentur Chiart veranstaltet am 14. Aug. eine Gesellschafts­reise auf 12 Tage über Straßburg und Frankfurt a. M. nach Berlin. Der Preis ist nur auf 150 Francs inklusive aller Reisekosten festgesetzt.

Ein eigenes Mißgeschick traf am 5. ds., Nach­mittags, in Eupen einen Herrn, welcher in seiner Wohnung rasirt werden sollte. Nachdem das Ra- siren schon begonnen hatte, siel dem Herrn das ei- genthümliche Benehmen des Rasirers auf, welcher mit dem Messer verschiedene auffallende Bewegungen machte, so daß der Geängstigte nichts Eiligeres zu thun hatte, als mit beiden Händen sich den Rasirer vom Halse zu halten. Dieser sank alsbald von einem Hirnschlage getroffen zusammen und gab nach kurzer Zeit seinen Geist auf. Der betreffende Herr wird wohl diesen Tag sobald nicht vergessen.

Lünen, (Westfalen), 4. Aug. Ein seltener Diebstahl wurde auf einem Felde bei Grevel in voriger Woche ausgeführt, indem das dort stehende Korn von Dieben Nachts ausgedroschen, und das Stroh schön geordnet wieder hingesetzt worden war.

Oesterreich-Ungarn.

Ischl, den 8. Aug. Der Kaiser Franz Josef wird dem deutschen Kaiser, welcher heute in Salz­burg eintrifft und im Hotel de l'Europe absteigen wird, morgen früh bis Ebensee entgegenfahren, wo gegen '/ 2 I 2 Uhr die erste Begrüßung stattfindet und von wo aus dann die gemeinsame Weiterreise nach Ischl erfolgt. Um 3 Uhr Nachmittags findet zu Ehren des Kaisers Wilhelm ein Galadiner bei dem Kaiser von Oesterreich und Abends eine Festvorstel­lung im hiesigen Theater statt. Abens 9 Uhr wird Kaiser Wilhelm den Thee in der Villa des Kaisers Franz Josef einnehmen.

Ischl, 9. Aug. Der Separathoszug des Kaisers ist Mittags hier eingetroffen. Die Begeg­nung der beiden Kaiser sowohl Ebenste als in Ischl war die herzlichste. Der Kaiser und die Kaiserin von Oestreich gaben dem Kaiser Wilhelm das Geleite in das Hotel Elisabeth. (Schw. B.)

Anläßlich der am 9. und 10. in Ischl statt- findeudeu Begegnung der Kaiser Wilhelm und Franz Joses schreibt dieN. Fr. Pr.": So oft sich die Begegnung der beiden Monarchen auch schon wiederholt hat, so kann man es doch nicht unter­lassen, sie stets wieder als ein erfreuliches Symptom des herzlichen Einverständnisses und der Freundschaft zwischen Deutschland und Oesterreich zu begrüßen. Einen besonderen politischen Zweck hat der heurige Besuch des Kaisers Wilhelm am Hoslager in Ischl wohl ebenso wenig wie die früheren. Es wird zwilchen den zwei Monarchen keine Abmachung ge­troffen, keine Veränderung der europäischen Land­

karte verabredet werden. Deutschland und Qeste . ei.h wären vereinigt stark genug, um ihren Willen in Europa durchzusetzen namentlich da sie gegen­wärtig Italiens für alle Fälle sicher sind aber sie beabsichtigen nichts weiter, als die Erhaltung des Friedens, der gegenwärtig von anderer Seite ge­fährdet wird. So weit das Land der Pyramiden von uns entfernt ist und obwohl Oesterreich und Deutschland durch die egyptische Frage nicht unmit­telbar berührt werden sie können nicht ganz theil- nahmslos dem Vorgehen Englands zusehen, und so wenig man hier oder in Berlin daran denkt, den englischen Truppen Halt zu gebieten, so ist man doch nicht blind für den Ernst der Lage und für die Folgen, die sich aus dem beginnenden egyptischen Kriege entwickeln können. Im Hinblick auf die Zu­kunft, die vielleicht welterschütternde Ereignisse bringt, gewährt es uns einen wahren Herzenstrost, Deutsch­land und Oesterreich innig verbunden zu sehen. Ist der Weltfriede gerettet, so werden diese beiden Mächte die größten Anstrengungen machen, ihn zu erhalten, und ihnen wird auch das meiste Verdienst zuzuschrei­ben sein, wenn er trotz Egypten ungestört bleibt. Sollte es anders kommen, so bürgt die Freundschaft zwischen den beiden Kaisermächten dafür, daß kein Sturm des Schicksals ihnen viel anhaben wird. Alle übrigen Staaten Europas sind gegenwärtig isolirt, nur Deutschland und Oesterreich stehen zu­sammen. Getrennt könnten sie überlegene Gegner finden; vereint sind sie jeder Koalition gewachsen, die sich etwa bilden könnte, und ein glücklicher Zu­fall fügt es, daß ihnen für die Stunde der Gefahr der Beitritt einer dritten Macht zu ihrem Bunde so

gut wie gesichert ist. Die ganz moderne

europäische Politik, obwohl sie großentheils von sehr konservativen Männern geleitet wird, hat einen ge­waltsamen, revolutionären Charakter. Englands Vor­gehen in Egypten, seine Nichtachtung der Konferenz ist nur ein Symptom der allgemeinen Strömung, welche die Kabinette beherrscht und alle Ueberliese- rungen des internationalen Herkommens allmälig zu zerstören droht. Für keinen Staat ist dieses neue politische System bedenklicher als für eine so alte und eigenthümlich gestaltete Monarchie wie Oester­reich. Die neue politische Schule arbeitet auf die Zerstörung der historischen Staatsorganismen hin, und der Staatsmann, der ihre Grundsätze nun am Nil zur Anwendung bringt, ist ein unversöhnlicher Gegner Oesterreichs. Besäße unsere Monarchie nicht einen so festen Rückhalt in der Freundschaft Deutsch­lands, wäre die Stellung der beiden Kaiserreiche nicht eine so furchtbar imponirende, so möchte die orientalische Frage, Hie Gladstone abermals auswirft, uns Oesterreicher mit den schwersten Besorgnissen erfüllen. So aber sind wir beruhigt; wir wissen, daß wir nicht allein stehen und dieser Gedanke gibt uns ein Gefühl der Sicherheit, dessen gegenwärtig außer uns und Deutschland jede andere Großmacht entbehren muß. Außerdem freuen wir uns, daß wir stark genug sind, um von dem gewaltigen Reiche als würdiger Bundesgenosse geachtet und geschätzt zu werden. Mit diesen Gefühlen heißen wir den Besuch des deutschen Kaisers in Ischl willkommen, begrüßen wir den hohen Gast, den Alter, Macht und Milde ehrwürdig machen."

Hermannstadt. Ein junges Mädchen, das Rinder auf der Aldobolzer Alpe weidete, wurde die­ser Tage von Bären augesallen und buchstäblich aufgefressen. Nur einige Knochenreste wurden von dem armen Mädchen gefunden. Das Blatt Nemere, das diese Nachricht bringt, constatirt, daß die Bären in schrecklicher Weise überhaudnehmen, seitdem die Landleute in Folge der Jagd- und Gewehrsteuer die Waffen, mit denen sie sich und ihre Heerden von den Raubthieren schützten, abgeben mußten.

Frankreich.

Die französische Republik ist mit dem 7. Au­gust also in die vierte gambettistische Periode getre­ten: die erste unter der Nationalvertheidigung hat ihr Elsaß-Lothringen gekostet, die zweite unter Ferry- Farre-Constans hat ihr Tunesien und was drum und dran hängt gebracht, die dritte, dasgroße Mi­nisterium", brachte die orientalische Krisis, die jetzt die Welt in Athem hält, zum Ausbruche, und die vierte hebt damit an, daß Gambetta durch Duclercs Mund den Mächten erklärt: einstweilen sehen wir zu, aber die Befolgung des Kammervotums istkeine Abdankung", und wenn Frankreichs Würde bedroht sind, so geschieht etwas. Was FrankreichsJnwres-

sim" w.d W". nach der ß.ch..ff.i,ch«.n Ausle­

gung bedeuten und wie leicht dieselben gekränkt wer­den, ist weltkundig. Als Duclerc mit seinen Leuten in der ersten Sitzung der Kammer, in der er sich und die Seinen vorführte, die Taktlosigkeit beging, zu Gambetta zu pilgern, ihm ostensibel die Hand zu drücken und sich seinem ferner» Schutze zu empfeh­len, hat er alles gethan, um das Ausland ins Klare zu setzen, wer jetzt wieder Herr und Meister in Frankreich ist der bekannte WettermacherJupi­ter in der Wolke". DieRopublique Fran^nise" er­innert auch bereits Deputirte und Wähler an das Programm Gambettas und an die llntauglichkeit der jetzigen Kammer; noch mehr, sie erklärt, die Regie­rung wisse nicht, was sie wolle,ja, eS muß sogar ausgesprochen werden, es gibt keine Regierung mehr." Grövy hat Gambetta durch Duclerc wieder in die Stellung eingesetzt, die dieser vor einem Jahre ein­nahm, das ist des Pudels Kern.

Volle zehn Tage haben die Franzosen ge­braucht, bis sie wieder ein Ministerium zu Stande gebracht haben und sie können sich nicht einmal mit dem Sprichwort trösten: Was lange währt, wird gut. Das neue Kabinet besteht durchweg aus lau­ter mittelmäßigen Köpfen, der Ministerpräsident Duc­lerc selbst weiß der Kammer kein anderes Programm vorzulegen, als sie seiner tiefsten Ergebenheit zu ver­sichern. Er will den Frieden wie die Kammer, d. h. den Frieden um jeden Preis, er ist pulverscheu wie die K ammer und will ans die Vergangenheit nicht zurückk ommen, d. h. er will Frankreich in der ägyp­tischen Frage gar nicht engagiren, nicht einmal mit den übrigen Großmächten soll Frankreich Hand in Hand gehen. Den Engländern wird alles allein überlassen, und erst wenn ein die Würde Frankreichs berührender Zwischenfall eintreten sollte, dann wird sich das neue Kabinet zu einer großartigen That aufraffen, nemlich die Kammer fragen, was es jetzt thun soll. Die schwierigsten Ereignisse müssen dann so lange warten, bis die 500 französischen Deputir- ten zu einem Entschluß gekommen sind und wenn sie nicht warten, dann sind die Herren Deputirte» nach­her so klug, wie zuvor. Ein solcher Zustand ist aber gefährlich.

Bisher ist es schon wiederholt vorgckommeu, daß frnn- zösische Deputirte wegen nicht ganz reinlicher Finanzgeschäfte vor die Gerichte gezogen wurden; am ö. aber hat den chren- werthcn Vertreter von Mayenne, Ancel, ein tragikomisches Loos ereilt. Ihm, der über die Geschicke Frankreichs mitbe- räth, ist ans Antrag seiner Mutter wegen unverbesserlicher Verschwendung die Verfügung über sein Vermögen entzogen und ein Pariser Advokat gerichtlich als Vormund'bestellt wor­den was ihn nicht hindert, sein Depntirtcmnandat beizube­halten. Herr Ancel hat seit 1870 mehr als 5 Mill. dnrchge- bracht, und sein Gut in der Mayenne, sein einziges Besitzthum, ist mit 600,000 Frs. Hypotheken belastet.

Türkei.

Nach Konstantinopeler Berichten genehmigte die Pforte schriftlich den prinzipiellen Abschluß der englischen Militärkonvention, deren wesentlichste Punkte Folgendes verlangen: Die türkischen Truppen dürfen keinesfalls über 3 Monate in Egypten bleiben. England kann eine frühere Truppenrückziehuug ver­langen, während die englische Okkupation fortdauert. Die Zahl der türkischen Truppen darf niemals mehr als die Hälfte der englischen Truppenzahl betragen. Egypten.

Alexandrien, 7. August. Die National­versammlung in Kairo beauftragte den Minister­präsidenten Mahmud Samt Pascha, der Pforte und den Großmächten ihre Konstituirung anzuzeigen und dieselben aufzufordern, mit ihr allein und nicht mit dementthronten Khedive Tewsik Pascha" zu unterhandeln. An den Sultan wird die National­versammlung eine Huldigungs- und Ergebenheits­adresse richten, und ihn zugleich einladen, persönlich nach Kairo zu kommen.

Alexandrien, 8. August. Der Khedive for­derte in einem Schreiben an Ragheb Pascha das Ministerium auf, sich oereit zu erklären, alle durch die Maffacre und die Einäscherungen in Alexandrien Geschädigten unter im geeigneten Momente festzu­stellenden Bedingungen in gerechter Weise und mit Berücksichtigung der Hilfsquellen des Landes zu ent­schädigen. Ragheb wurde angewiesen, dahin zielende Maßregeln dem Khedive vorzuschlagen und die Ab­sicht des Khediven zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

Aus Egypten, 9. Aug. Eine Proklamation des Khedive beschuldigt Arabi, das Massakre und die Plünderung von Alexandrien veranlaßt zu haben, indem er den Befehlen des Sultans nicht gehorchte;

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