Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt sür den Oderamts-Bezirk Nagold.
.M 77.
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Donnerstag den 6. Juli.
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1882.
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die Redaktion «L Expedition.
Amtliches.
K. Amtsgericht Nagold.
Geffentliche Bekanntmachung, ketr. die Gerichtsferien.
1) Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September.
2) Während der Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen.
Fericnsachcn sind:
1) Strafsachen:
2) Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen;
3) Meß- und Morktsachen;
4) Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnung»- und anderen Räumen wegen Ueberlaffung, Benützung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückbehaltung der vom Miether in die Miethsräume eingebrachten Sachen;
5) Wechselsachen;
6) Bausachen, wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird.
3) Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie besonderer Beschleunigung bedürfen, als Fericnsachen bezeichnen.
4) Auf das Mahn-, Zwangsvollstreckungs- und Konkurs-Verfahren sind die Ferien ohne Einfluß.
5) Auf andere Angelegenheiten als diejenigen der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit sind die Gerichtsferien ohne Einfluß.
Nagold, den 28. Juni 1882.
Amtsrichter Heß.
Nagold.
Militär-Aushebung betreffend.
An die Herren Ortsnorsteher.
Unter Beziehung auf die Bekanntmachung vom 28. v. M., Amtsblatt Nr. 74, wird den Herren Ortsvorstehern bekannt gegeben, daß das Erscheinen derselben am Aushebungstage den 18. d. M. nicht geboten ist.
Den 1. Juli 1882.
Civil-Vorsitzender der Ersatz-Commission:
Güntner, Oberamtmann.
Die deutschen Auswanderer.
Auf einer Versammlung, welche am 14. Juni im Vereinshause zu Barmen über die soziale Bedeutung der Auswanderung und die Pflicht der kirchlichen Fürsorge für die Auswanderer verhandelte, hielt Or. Fabri einen sehr anregenden Vortrag über die Auswanderungsfrage. Ohne allen Zweifel ist die gegenwärtig wieder in ungeheurem Umfange sich vollziehende Auswanderung unserer deutschen Volksgenossen eine noch lange nicht genug beachtete, hochbedeutsame und folgenreiche Erscheinung. Im vorigen Jahre sind 250,000 Deutsche ausgewandert, die höchste Ziffer, welche bisher in einem Jahre erreicht wurde; in diesem Jahre ist offenbar noch eine Zunahme vorhanden; man rechnet, daß es dies Jahr
mehr als 300,000 deutsche Auswanderer sein würden. Freilich nicht blos aus Deutschland findet die massenhafte Auswanderung statt, sondern namentlich auch aus England und Irland, ferner aus Schweden und Norwegen, auch aus Oestreich und Italien; in New-Uork schätzt man die diesjährige Einwanderung auf eine Million. Nicht Militärfragen, nicht Steuerdruck, nicht religiöse Differenzen sind in jetziger Zeit die Ursache der Auswanderung; solche und andere Nöthen und Beschwerden können mit Grund sein, aber die wirtschaftliche Bedrängniß einerseits, die Aussicht auf eine Verbesserung der wirthschaft- lichen Lage andererseits bilden den durchschlagenden Beweggrund bei 90 Prozent der Auswanderer. Wenn und wo hierzulande die Verhältnisse gut stehen, Handel und Wandel blühen, lohnende Arbeit genug vorhanden ist, da ist die Auswanderung nur eine vereinzelte; eine massenhafte wird sie, wenn hiesigen schlechten Ernten sehr ergiebige, ja außerordentlich reiche Ernten in Nordamerika gegenüberstehen. Die zahlreichen Anverwandten drüben fordern auf zu kommen, schicken Geld; man erfährt, wie sie eigene Wirtschaften begründen und ihren Kindern etwas Ordentliches hinterlassen können, was hier bei den eigenartigen sozialen Verhältnissen sehr schwierig, ja fast unmöglich ist. Diese und ähnliche Gesichtspunkte bringen schließlich die Entscheidung, daß vornehmlich die landbauende Bevölkerung sich von Haus und Hof, von dem heimatlichen Herd, von Dorf u. Kirche, von Verwandten u. s. w. endlich losreißt und jenseits des Oceans eine neue Heimat sucht. So kommt es, daß von denjenigen Landstrichen unseres Vaterlandes, die am dünnsten bevölkert sind, oft die zahlreichsten Auswanderer stammen. Im vorigen Jahre stellte Westpreußen, wo 72 Menschen auf den Quadratkilometer kommen, die größte Ver- hältnißzahl der Auswanderer, neben Posen, Pommern, Mecklenburg, während auf die Rheinprovinz mit 256 Menschen auf den Quadratkilometer nur sehr wenige Auswanderer kamen. Von den letzteren mögen viele Industrie-Arbeiter, Bergleute, Handwerker, Kaufleute sein, während die große Mehrzahl der Auswanderer aus den andern Provinzen zur Landbevölkerung gehört. Es sind mehrentheils arbeitsame und strebsame, gesunde und kräftige Leute in den besten Jahren, nicht reich, aber auch vielfach nicht arm, man hat das Kapital eines Auswanderers auf 600 pro Kopf veranschlagt, so daß Deutschland im vorigen Jahre einen Kapitalverlust von 150 Millionen Mark mindestens durch die Auswanderung erlitt.
Rechnet man aber die Kosten, welche jemand der Familie, Gemeinde und dem Staat bis zu seinem 20. Lebensjahre gemacht hat, mit nur 4000 hinzu, so erhöht sich der Kapitalverlust für etwa 200,000 erwachsene Auswanderer auf 800 Millionen für das Vaterland. Dann ist auch zu bedenken, daß diese massenhaft Amerika zugeführte Arbeitskraft uns daheim eine enorme Konkurrenz darbietet, die bei so vielen günstigeren Lebensbedingungen in der neuen Welt für uns sehr gefährlich zu werden droht.
Daß man dieser modernen friedlichen Völkerwanderung die höchste Aufmerksamkeit schenkt, liegt doch offenbar sehr nahe. Die Auswanderer sind doch Fleisch von unserm Fleisch und Bein von unserm Bein, die Familienbeziehungen bleiben ja auch durchweg bestehen, warum sollen nicht auch soziale und politische Verbindungen im Gang bleiben? Hier giebt's eine Menge Fragezeichen, die allerdings unsere Politiker und Nationalökonomen, ebenso wie überhaupt
alle diejenigen, welche praktische Lebensfragen denkend behandeln, ernstlich beschäftigen sollten.
Wir unserntheils haben es vornehmlich mit Berücksichtigung der religiösen und moralischen Interessen zu thun, welche hiebei in Betracht kommen. Der neuernannte Agent des Prov.-Ausschusses Pastor Griesemann, ist mehrere Jahre als Pfarrer der deutschen evang. Gemeinde in Buenos Aires in Südamerika thätig gewesen und hat sich auch mit den kirchl. Verhältnissen der evangel. Deutschen in Brasilien und in den nordamerikanischen Unionsstaaten bekannt gemacht. Hoffen wir von seinem Wirken besonders in Betreff der kirchlichen u. geistlichen Fürsorge für unsere Auswanderer recht viel!
Tages-Nruigketterr.
Deutsches Reich.
1/" Altenstaig Stadt, 4.Juli. DerKran- kenunterstützungsverein hielt gestern Nachmittag seine halbjährliche Plenarversammlung. Laut dem vorgetragenen Rechenschaftsbericht betrugen die Einnahmen von Monatsbeiträgen, Eintrittsgeldern und für Statuten, sowie Zuschüsse vom Reservefond 181 vfL 12 L. Ausgaben an Krankenunterstützungen in 23 Fällen 135 ^ 40 A. Für einen Sterbfall 17 ^ 14 L. Für Einzugs- und Einrückungsgebühren 11 vtL 30 ^ , zusammen 163 84 A.
Aus dem Reservefond wurden 55 vtL zugeschoffen. Der Kassenvorrath vom vorigen Halbjahr betrug 13 o-tL 70 L. Da schon seit mehreren Jahren die regelmäßigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht hinreichten und deßhalb das Grundkapital ganz bedeutend angegriffen werden mußte, so wurde beschlossen: Die Krankenunterstützung von 40 A auf 30 A pro Tag herabzusetzen und die Controle, so gut als möglich, zu verschärfen.
Stuttgart, 3. Juli. Ein am Samstag aus Greifswalde hier eingetroffenes Telegramm meldet, daß der seit mehreren Monaten vermißte Rechtsanwalt Karl Seeg er in einem dortigen Gasthaus, in dem er unter dem Namen Karl Bach Wohnung genommen hatte, erkrankt und rasch gestorben sei. Eine bedeutende Summe Geldes habe sich noch bei ihm vorgesunden; ein Bruder des Verstorbenen hat sich auf die Todesnachricht alsbald nach Greifswalds begeben.
Stuttgart, 3. Juli. Der Bezirksfeldwebel Koch von Horb, welcher hier wegen verschiedener Vergehen in Untersuchung stand, hat sich vorige Woche von hier heimlich entfernt, ist aber am Freitag in Ulm in einer Wirtschaft verhaftet worden.
Stuttgart, 4. Juli. Die Amerikaner begehen heute den 106. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Aus diesem Anlaß haben zahlreiche Gebäude der Stadt beflaggt. Nachmittags findet im englischen Garten Conzert, Abends italienische Nacht statt.
Gmünd, 2. Juli. Heute begann hier das VIII. württembergische Landesschießen, zu dem ungefähr hundert Schützen, darunter Vereine von Stuttgart, Schramberg, Eßlingen, Biberach, Wasseralfingen, Heidenheim, Bietigheim, Cannstatt, Oberndorf, Heilbronn, Tübingen, Besigheim, Geislingen, Aulendorf, Ulm, Hall und Schorndorf erschienen sind. Viel Bewunderung erregen die 38 Ehrengaben, welche eine kleine Ausstellung bilden. Das Schießhaus ist im herrlichen Tannenwald, nicht weit von der Stadt gelegen.
Laupheim, 3. Juli. Heute früh zwischen 6 und 7 Uhr wurde in Burgrieden ein Mann in