-er hiesigen Sozialdemokraten wurde eine Ordnungs­strafe von 5 vfL angesetzt, wegen deren Bezahlung derselbe es zur Zwangsvollstreckung kommen ließ. Am Versteigerungstage erschien der Gepfändete mit einigen Genossen; es wurde mit einem Gebote von 500 angefangen und fortgesteigert. Vom Erlöse erhielt der Gerichtsvollzieher den Betrag sammt den Kosten, etwas über 8 -H, der Rest verblieb dem Eigenthümer, bezw. seinen Freunden, den Käufern selbst. Es liegt darin eine gründliche Verhöhnung einer gesetzlichen Einrichtung.

Als eine seltene Ausnahme dürfte zu registriren sein, daß in Fellbach O.A. Cannstatt, einem Ort von 3500 Einwohnern, noch keine Feuerwehr besteht.

Nürtingen, 27. Juni. Dieser Tage ver­schwand ein zuvor mit einem Steuereinzug beauf­tragter, wahrscheinlich europamüder, hiesiger Polizei­soldat, mit dem ersammelten Steuerbetrag von eini­gen hundert Mark unter Zurücklassung von Weib und mehreren Kindern spurlos.

Ulm, 25. Juni. Herr Reg.-Rath Riekert von hier hat die Annahme einer neuen Kandidatur für die bevorstehende Reichstagswahl abgelehnt und an seiner Stelle wurde Herr M a giru s dahier, eine sehr bekannte, allgemein beliebte Persönlichkeit ge­wonnen. Herr Magirus hat die Kandidatur an­genommen.

Brandfälle: In Thuningen (Rottweil) am 25. Juni ein zweistöckiges Wohnhaus; in Aut- tagershofen, Gemeinde Wain, (Laupheim) am 25. Juni eine Scheuex sammt Vorräthen; in Schwar­zenberg (Neuenbürg) am 27. Juni 1 Wohnhaus; in Ratzenreute, Gem. Hüttenreute, (Saulgau) am 27. Juni ein Wohnhaus samt Scheuer.

Aus Freiburg enthält derBad. Beob." folgende Notiz: Die Staatsanwaltschaft erhebt An­klage gegen 14 Hamburger Lotteriekollekteure wegen unerlaubter Veranstaltung einer Lotterie und gegen 10 badische Blätter wegen Beihilfe durch Aufnahme der betreffenden Inserate.

Frankfurt a. M., 26. Juni Albert Sachs beabsichtigt, wie dasFr. I." vernimmt, Kassation beim Reichsgericht einzulegen. Damit wird allerdings die Vollstreckung des Urtheils einige Zeit aufgescho­ben. Nachdem das Urtheil über ihn gesprochen war, soll einer der Anwesenden aus dem Publikum die drastische Aeußerung gethan haben:Das ist auch das Erste, was sich Sachs ehrlich verdient hat."

Auf der Rathswage in Nordhausen wurde dieser Tage ein Wagen voll Klee gewogen; als das Geschäft beendigt war und der Wagen umdrehte, fiel er um und zum Vorschein kam die Besitzerin des Kleewagens. Sie hatte das Gewicht des Klees durch ihr eigenes erhöht.

Berlin, 27. Juni. Zur Finanzminister­frage bringt dasJenaische Tagebl." das Aller­neueste, indem es meldet, der Reichskanzler habe den Professor Gneist bezüglich seiner Steuerreforman­sichten und bezüglich Angebotes des Finanzporte- feuilles sondiren lassen.

Berlin, 28. Juni. DerKreuzzeitung" zu­folge richtete der Kaiser ein huldvolles Schreiben an Bitter, worin er das Entlassungsgesuch geneh­migt und Bitter den rothcn Adler-Orden erster Klasse und Rang und Titel eines Staatsministers verleiht.

Berlin. 28. Juni. Prinz August von Würt­temberg reist am 1. Juli zu mehrwvchcntlichem Kur­gebrauch nach Wildbad. Hierauf sind die Gerüchte bezüglich eines von ihm eingereichten Entlassnngsgc- iuchs zurückziifnhren, die seitens des Kaiserlichen Mi- litärkabinets neuerdings demcntirt werden.

Berlin, 29. Juni. Die Uebernahme des preußischen Finanzporteseuilles durch den Reichs­kanzler Fürst Bismarck scheint deßhalb aufgegeben worden zu sein, weil der Plan sehr vielseitige Oppo­sition erfuhr. Staatssekretär Scholz ist angeblich schon znm Finanzminister und Direktor Burchard zum Chef des Reichsschatzamts ernannt. (N. T.)

Berlin, 29. Juni. Das Armee-Verordnungs­blatt publicirt eine königliche Verordnung, wonach von der Hcrbstcontrvlvcrsammlung 1882 ab auch in Preußen die Dienstpflicht zwölf Jahre beträgt.

Daß die beiden ersten Preise für Konknrrenz- eutwürse zum Reichstagsgebäude süddeutschen Archi­tekten zugcfallcn sind, hat in Berlin, wie dortige Korrespondenten auswärtiger Blätter unumwunden zugestehen, sehr unangenehm berührt, da man ge­glaubt habe, die Berliner Architektnrschnle sei allen

andern überlegen. Es wird eine sehr lebhafte Er­örterung der Entscheidung der Jury in Aussicht ge­stellt, nachdem die Berliner Krittler die nunmehr ausgestellten Entwürfe sich angesehen haben werden. Wie es heißt, soll Paul Wallot (Frankfurt) nach Berlin berufen werden, um seinen Entwurf in Einzelheiten nach den übrigen preisgekrönten, bezw. angekauften Entwürfen umzuarbeiten und sodann die Bauleitung zu übernehmen.

DerReichsanzeiger" veröffentlicht die Namen der Verfasser derjenigen Konkurrenz-Entwürfe für das Reichstagsgebäude, welche auf Vorschlag der Jury angekauft wurden, als in bestimmten Bezieh­ungen besonders werthvolles Material zur Ausfüh­rung eines bestimmten Bauplanes darbietend. Dar­unter sind auch Eisenlohr und Weigle aus Stuttgart.

Die Reichsregierung beabsichtigt angeblich eine prozentuale Börsensteuer und Getränkesteuer vorzuschlagen. (Mit letzterer kämen wir Württem- berger vom Regen unter die Dachtraufe.)

DasDeutsche Tagbl." veröffentlicht den Brief eines elsässischen Reichstagsabgeordneten, wo­rin es heißt:Wie erwartet, ist das Tabakmono­pol durchgefallen, aber nicht begraben. Denn viele, die dafür waren, haben dagegen gestimmt. Sie wissen, daß ich zur nationalen Stärkung Deutsch­lands nicht zu brauchen bin. Aber das muß ich be­kennen: ich verstehe nicht, wie Deutsche dem Pro­gramme des Kanzlers in sozialen und wirthschaft- lichen Fragen nicht folgen können. Der Kanzler u. nicht der Fortschritt schafft das Beste für die deutsche Sache."

Nach demGolos" ist der Hamburger Dampfer Augustus" unweit Nikolajewsk am Amur untcr- gegangen.

DieN. A. Ztg." meldet:Aus Alexandrien trifft soeben die telegraphische Meldung ein, daß der LloyddampferDanae" am 25. mit 200 Deutschen, Schweizern und Rumänen, die sich aus Egypten flüchten, nach Triest abgegangcn ist. Es verblei­ben nun höchstens noch 200 Deutsche in Egypten, welche ihren dortigen Erwerb nicht aufgeben wollen und der Hoffnung zu leben scheinen, denselben auch in Zukunft unbehindert betreiben zu können."

jRcichsgerichlsertenntniß.) Nach einem Erkennt- niß des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 30. März d. Js., kann in dem Vorlesen eine ehrenrührige Behauptungen ent­haltenden Schrift eine Beleidigung unter dem Gesichts­punkte des Z 186 St.-G.-B. gefunden werden, doch fällt nicht jedes Vorlesen unter dieses Strafgesetz. Erforderlich ist der Wille des Vorlesenden, jene Behauptung durch die Vorlesung zur Keuutniß eines Dritten zu bringen und das Bewußtsein desselben, daß der Andere, auf den sich die Behauptung bezieht, durch die Mittheilung an de» Dritten diesem verächtlich wer­den könne.

Oesterreich-Ungarn.

Pest, 28. Juni. Aus Debreczin wird telegra- phirt, daß die Leiche des Christenmädchens So­lo mossy gefunden sei. Bestätigung ist abzuwarten. Im Zempliner Komitat herrscht eine hochgradige Er­regung, Truppen sind dahin abgegangen.

In dem Hause eines Tuchhändlcrs in Brünn war großes Herzeleid. Der Vater hatte Bankerott gemacht, war gestorben und hatte nichts hinterlas­sen als seine Wittwe und 8 Kinder. Die Noth war groß; da fand der älteste Sohn unter alten Papie­ren ein Creditloos. Er nahm es und ging schweren Herzens zum Bankier, um 150 Gulden darauf zu borgen. Borgen wollen Sie? fragte der Bankier nach einem Blick auf das Loos. Ihr Loos hat ja am 2 . Januar d. I. 150,000 Gulden gewonnen! Und so war es.

Italien-

Ein unerhörtes Verbrechen wird aus Rom signalisirt: Der Schauplatz, auf dem es sich abspielte, war das Polizeipräsidium (sie) in Neapel und die Autoren sind zwei Sicherheitsbeamte, wovon der eine in der Quästuralhierarchie eine höhere Charge be­kleidet. Das Opfer ist ein kaum dreizehnjähriges, überaus schönes und elternloses Mädchen, das von jenen Beamten unter einein singirten Vorwände ver­haftet worden war. In der Nacht wurde die Un­glückliche, die umsonst nach Hilfe schrie, auf das In­famste vergewaltigt. Jedenfalls wußten die Wachen um das Verbrechen, denn auch nicht eine einzige machte eine diesbezügliche Anzeige. Erst Tags darauf kam der Frevel zur Kenntniß des Arzies, welcher das Frauengefängniß inspicirte, und er brachte ihn sofort zur Anzeige. Die Polizei suchte die Geschichte ihres Rufes halber mit allen ungesetzlichen Mitteln, zu vertuschen, indem sie falsche Zeugen aufstellc, die

das junge Madcycu einstimmig eines anrüchigen Le­benswandels bezichtigten. Allein es meldeten sich so viele und so ehrenhafte Entlastungszeugen, das; schließ­lich über die sittenreine Vergangenheit der Klägerin auch nicht mehr der mindeste Zweifel obwaltet.

Solche Vergewaltigungen sind übrigens in Neapel an der Tagesordnung. Leider gelangen sie nur scl- ten zur Anzeige.

Frankreich.

Paris, 27. Juni. Bei dem Abschiedsbankett, das die Association littciairc zu Ehren des Grafen § O-IZZA Brust gab, hielt derselbe eine Rede, worin er unter Anderem sagte, daß, als Napoleon Preußen den

Krieg erklären wollte, er ihn gebeten habe, sich dieß noch zu überlegen. General Pittiö dankte dem«»s§ 8 p^ Grafen Beust für -

blik, ihm schulde.

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Grafen Beust für Alles, was Frankreich, die Repu- ^

chm schulde. N --»

Paris, 29. Juni. (Fr. I.) Frankreich

sucht, um eine Truppenschissnng in Egypten

vornehmen zu können, mit einer der Ostmüchte, wahr-

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scheinlich mit Oesterreich, in ein Bundesverhült- niß zu treten __

Die Pariser Schustergesellen, die seit drei Wo- 6^38 ^ chen den Strike erklärt haben, haben eine Petition ^ ^ 8 «

an den Gemeinderath von Paris gerichtet, um eine halbe Million Unterstützung zu verlangen, damit sie L-

den Strike fortsetzen können! --

England. E

London, 24. Juni. Einem parlamentarischen.^,

Ausweise zufolge sind im abgelaufenen Jahre in London 54 Personen buchstäblich Hungers gestorben.

London, 26. Juni. In einer zweiten Aus­gabe veröffentlichen dieTimes" folgende Depesche aus Alexandria von heute Morgen 10 Uhr: Arabi Bey erklärte dem Generalkonsul, wenn die Pforte ihn desavouire, so würde er die mit ihm gepflogene Correspondenz veröffentlichen, aus welcher hervor­gehe, daß jeder von ihm begangene Schritt seit dem 7. September 1881 auf Anstiften der Pforte erfolgt sei.

Portsmouth, 28. Juni 1000 Scesoldaten werden auf dem Orontes morgen abfahren. Wie verlautet, werden im Kriegsfall sofort die Garniso­nen von Malta und Gibraltar nach dem Suez-Ca- nal transporttrt.

Rußland.

Petersburg, 29. Juni. DasJournal de St. Petersburg schreibt, die Kabinete der Großmächte könnten nicht zugeben, daß die Beilegung der Schwie­rigkeit in Egypten vollendet sei, wie die Pforte be­haupte. Es seien noch reelle Interessen zu wahren und mehrere Fragen zu regeln. Man werde dies schließlich in Konstantinopel einsehen. Die türkische Diplomatie habe das Einvernehmen der Mächte auf die Probe gestellt und versuche nun, dasselbe zu er­schüttern. Dies werde aber nicht gelingen; man könne sich dessen versichert halten. Wenn aber eine Aktion nothwendig würde, so würde sie sich durch eine Delegation der Mächte vollziehen. Wenn der Pforte kein Zweifel mehr in dieser Hinsicht gelassen werde, so werde sie sich dem akkomodiren. Man hoffe auch, daß England und Frankreich nur im Mandate Europa's Vorgehen werde.

Schweden und Norwegen.

Norwegen hat gegenwärtig eine ernste Kri­sis durchzumachen. Die radikale, auf die sog. Bauern­partei gestützte Majorität im Storthing will näm­lich das Land in eine Republik mit einem Schatten­könig als Präsidenten umwandcln. König Oscar, ein Mann von festem Charakter, ist jedoch keines­wegs gewillt, sich vor derMajestät des Radikalis­mus" zu beugen, und sprach dies in der Thronrede, mit welcher er den Storthing schloß, klar und deut­lich aus. Da die städtische Bevölkerung entschieden zum König steht, wird voraussichtlich die konstitutio­nelle Monarchie aus dieser Krisis siegreich hervorgehen.

Serbien.

Belgrad, 27. Juni. Heute wurde in der Skupschtina eine Regierungsvorlage eingebracht, wo­nach Abgeordnete, welche muthwillig aus der Kam­mer austreten, um die Arbeiten der Skupschtina zu unterbrechen, mit 1000 Dinars bestraft werden sollen.

Egypten.

Alexandrien, 26. Juni. Unweit Kairo wurden drei griechische Geldverleiher ermordet.

Arabi erklärte, der Suezkanal sei nicht gefährdet, der­selbe liege außerhalb der Sphäre der egyptischen Po­litik. Er werde den Betrieb des Kanals nicht stö­ren, wenn verselbe nicht zum Nachthcil des egypti­schen Volkes gebraucht werde.

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