und sagt, der Steuerreformplan Bennigsen's fei die völlige Verneinung der Reform des Kanzlers. Daß Bennigsen und seine Freunde im nächsten Landtage ihre Anschauungen ändern würden, sei nicht zu hof­fen, die Wähler würden daher, sofern sie Beseitigung der drückenden Klassensteuer und der noch drücken­deren Kvmmunalzuschläge durch Eröffnung minder drückender und schädlicher Einnahmen wollten und die Entlastung der Gemeinden von Aufgaben erstre- benswerth hielten, die der allgemeinen Staatsver­waltung obliegen sollten, darauf achten müssen, daß die Kandidaten ein unumwundenes Bekenntniß zum Steuerreformplan des Reichskanzlers ablegen.

Berlin, 21. Juni. Großes Aufsehen erregt der Selbstmord des Justizrath Drews, eines der geachtetsten Rechtsanwälte, der auch Rechtsconsulent Bismarcks war. Da derselbe alles in geordneten Verhältnissen hinterlassen hat, so ist der Selbstmord um so rätselhafter.

Berlin, 22. Juni. Das Finanzporte- seuille ist noch unvergeben; anscheinend fehlen die geeigneten Persönlichkeiten. DieKreuzzeitung" fin­det das Motiv für Bitters Demissionsgesuch in dem Königlichen Erlaß, betreffend die monatlich an- zusertigenden Uebersichten der stattgehabten Steuer- Exekutionen, welcher dem Finanzminister bis zur Publikation unbekannt geblieben sei. (N. T.)

Die Stadt Berlin hat 240 Schulen und An­stalten mit Brennmaterial zu versorgen. Das hat im vorigen Jahre 369,173 ^ gekostet und 58,000 vkL an Nebenkosten.

Album-Poesie des Fürsten Bismarck. Aus Berlin wird uns gemeldet: In das Album ei­ner fürstlichen Dame hat Graf Moltke vor einigen Tagen die Worte gesetzt:Schein vergeht, Wahrheit besteht!" Fürst Bismarck schrieb darunter:

Ich glaube, daß in jener Welt

Die Wahrheit stets den Sieg behält,

Doch mit der Lüge dieses Lebens

Kämpft unser Marschall selbst vergebens!"

In einem einzigen Hause in Berlin in der Elisabeth-Gemeinde wohnen 1258 Personen. Es ist das Haus Ackerstraße 132133, ein großes Vorderhaus mit Hinterhäusern. 1078 dieser Perso­nen sind evangelisch, 132 katholisch, 26 jüdisch, 27 andere sind entweder dissidentisch oder gehören der sogenannten apostolischen Gemeinde (den Jrvingia- nern) an.

Eine weise Entscheidung unseres Kaisers, die so recht sein menschenfreundliches, landesväterliches Herz zeigt, verdient auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. DieEssener Ztg." erzählt:In einer höheren Töchterschule am Rhein berechtigt die Ab­gangsprüfung aus der Selekta gleichzeitig zur An­stellung als Lehrerin. Als in diesem Frühjahr diese Prüfung bevorstand, hielt die Schule eine Vorprü­fung ab, in welcher eine junge Dame das beste Zeug- niß erhielt. Aber o weh, an dem vorschriftsmäßigen Alter zur wirklichen Prüfung, deren Termin schon angesetzt war, fehlten noch drei Tage. Auf Grund ihres vorzüglichen Zeugnisses wendete sich die junge Dame um Erlaß dieser kurzen Frist an das Prv- vinzialschulkollegium leider aber erfolglos, wie auch eine Eingabe an das Kultusministerium einen abschlägigen Bescheid erhielt. Ohne Hoffnung sah die junge Dame ein Jahr ihres Lebens verloren und in ihrer Trauer darüber faßte eine ältere Schwester von ihr den Muth, sich, unter Darlegung der that- süchlichen Verhältnisse, direkt an den Kaiser zu wen­den. Hierauf nun erfolgte nach einigem Warten eine königliche Entscheidung!, dahin gehend, daß auch ge­genüber einer so vorzüglichen Schülerin das Gesetz keine Aenderung erleiden dürfe, daß aber die Prüfung vier Tage später stattzufinden habe. Dieser Ent­scheidung unseres Kaisers machte die junge Dame durch ein glänzendes Examen alle Ehre."

Zu den Reichstagsverhandlungen über das Tabakmvnopol schreibt derSchw. M.": Bei der 2. Lesung wurden stundenlange Reden über preußische Verhältnisse gehalten, von den süddeutschen Ab­geordneten, die für das Monopol waren, kam aber keiner mehr zum Worte, was in so ferne zu bedauern ist, da gerade die Darstellung der preußischen Steuer­verhältnisse dazu geeignet war, den Beweis zu lie­fern. daß für die süddeutschen Staaten Bayern und Württemberg eine höhere Besteuerung des Ta­baks noch weit nothwendiger ist, als für die nord­deutschen, da letztere die Branntwein- u. Malz­steuer noch wesentlich erhöhen können. Im Reichs-

steuergebiete (Preußen, Sachsen u. s. w.) ist der Steuersatz pro Centner Malz nur 2 »iL, während in Württemberg der Ctr. 5kL und in Bayern das Hektoliter mit 6 ^ belastet ist. Die 5 Millionen Bayern zahlen 31 Millionen Malzsteuer, während die 42 Millonen Deutsche bis jetzt nur 22 Millionen Tabaksteuer tragen. Der Norddeutsche zahlt per Kopf 55 Pfennig Malzsteuer, der Württemberger 3 85 der Bayer 6 »kL Im Reichssteuerge­

biet ist daher Tabak und Bier ungefähr gleich hoch besteuert, in Württemberg dagegen zahlt das Bier das Siebenfache, in Bayern sogar das Zehn­fache des Tabaks. Wenn im Reichstage behauptet wurde, es müsse zwischen den direkten und indirekten Steuern ein richtiges Verhältniß hergestellt werden, so ist es doch gewiß ebenso nothwendig, daß auch die indirekten Steuern in einem richtigen Verhältnisse zu einander stehen, was bis jetzt durchaus nicht der Fall ist. Es ist eine Ungerechtigkeit, daß das Salz so viel, das Bier viel mehr Steuer bringt, als der Rauch, und wenn die Schanksteuer im Reichs­steuergebiete erhöht wird, so nutzt uns das nichts, wir können diesem Beispiele nicht mehr folgen. In der Reichstagssitzung am 15. Juni haben bei namentlicher Abstimmung von den 17. Abg. aus Württembergfürdie Aufrechterhaltung der Worte im Kommisstonsantrag, welche gegen jede Steuer­reform sich erklären und auf angemessene Sparsam­keit als Heilmittel Hinweisen (Resolution Lingens) ge­stimmt 7: Bühler, Härle, Mayer, Payer, Retter, Schott, Schwarz. Gegen diese Worte 8: Graf Adelmann, Erbgras Neipperg, v. Neurath, Reiniger, Stälin, Utz, Graf Waldburg-Zeil, v. Wöllwarth, v. Ow beurlaubt, Riekerts Mandat erledigt.

Je weniger man in Preußen und Deutschland von Fällen des Landesverraths und Unterschlagun­gen bei der Kriegsverwaltung weiß, um so peinli­cheren Eindruck macht es, wenn ein mehrfach be­währter, im Dienste der kaiserlichen Marine alt ge­wordener Obersteuermann ->Landesverrath übt und zwar in einer ganz systematischen Weise. Meiling, so heißt der Verräther, wurde s. Z. nach Petersburg gesandt, um die russische Sprache im Umgang zu er­lernen. Hier muß er sich verrätherischen Zumuthun­gen als zugänglich erwiesen haben. Wie verlautet, habe er der russischen Regierung Abschriften unseres ganzen Küstensystems und Flottenwesens verschafft und wichtige Enthüllungen über Torpedo- und Ma­rinewesen gemacht. Als Judaslohn soll er 150,000 Rubel (485,000 -M) erhalten haben. Meiling befin­det sich z. Z. im Militärgefängniß zu Berlin und soll bereits umfassende Geständnisse abgelegt haben. Den Verdacht der Behörden hat er zuerst durch sein verschwenderisches Auftreten und seine ungewöhnlich glänzende Lebenshaltung erregt. Man weiß nicht, von welchen Gefühlen man bestürmt wird, wenn man bedenkt, in welche Gefahr dieser Schurke das Vater­land in einer Zeit der größten Spannung mit dem russischen Reiche gebracht hat, und man kann sich kaum des Gedankens erwehren, daß das freche, fast höhnische Auftreten Rußlands gegen Deutschland zum Theil in diesem Landesverrath seinen Grund hat. Natürlich muß der ganze Plan unserer Küsten- vertheidigung infolge dieser Enthüllungen abgeändert und alle bereits getroffenen Maßregeln und Vor­kehrungen umgestoßen werden. Neugierig kann man auf den weiteren Verlauf dieser Geschichte, die jeder Deutsche als eine Schmach empfinden muß, gar nicht sein; man wünscht sie lieber ganz zum st.

Ein englisches Urtheil über Fürst Bis­marcks auswärtige Politik. Ein engl. Blatt, der MorningAdvertiser", knüpft an die Re de, welche Fürst Bismarck letzten Montag imReichstag gehalten,fol­gende interessante Betrachtungen:Während Deutsch­land der Zuversicht ist, daß seine Würde u. seine Inte­ressen gründlich gesichert sind, so lange Fürst Bismarck die Leitung seiner auswärtigen Politik in Händen hat, weiß jede Nation in Europa vollkommen, daß, was auch immer ihr Wunsch in der Angelegenheit ist, Bis­marcks einziger Zweck die Erhaltung des Friedens ist. Bismarck hat zwar kein sentimentales Gefühl zu Gunsten des Friedens; er würde nicht zögxrn, zu einem Kriege zu schreiten, wenn er glaubte, daß ein Krieg den Interessen Deutschlands besser dienen würde, allein er wünscht den Frieden, weil er glaubt, daß die Entwicklung der deutschen Stärke und des deutschen Ansehens gegenwärtig am besten durch den Frieden gefördert wird. Deutschland nimmt jetzt jene gebietende Stellung in Europa rin, welche Frank­

reich zu cAau^u ste^ öcmühl war und auch eine kurze Zeit inne hatte. Mit jedem Jahre ist' unter Bismarcks wachsamer Führung die Stellung Deutsch­lands fester und sicherer geworden und sein defini­tives Uebergewicht darf jetzt als gesichert betrachtet werden. Das Bündniß mit Oesterreich-Ungarn, welches als eine dauernde Vereinigung der zwei Reiche angesehen werden muß, legr in die Hände des Staatsmannes oder Monarchen, welcher ihre gemein­same Politik leitet, d. h. gegenwärtig in die Hände des Fürsten Bismarck eine Macht, die so groß ist, daß keine denkbare Kombination anderer europäischer Staaten dieselbe erschüttern kann. Es kann nicht bezweifelt werden, daß der Einfluß des Fürsten Bis­marck und das Ansehen Deutschlands gegenwärtig die großen Faktoren in der Bestimmung der Politik Europas sind, und daß dieser Einfluß und dieses Ansehen für die Aufrechtcrhaltung des Friedens aus­geübt worden sind und ferner ausgeübt werden. Man muß sich auch erinnern, daß der deutsche Ein­fluß nicht blos in Mittel- und Westeuropa über­wiegend ist. Derselbe ist ganz ebenso mächtig im Osten. Selbst zur Zeit als England und Frank­reich im Krimkriege die Türkei energisch gegen Ruß­land unterstützten, übten diese Mächte kaum mehr Einfluß auf die Räthe des Sultans aus, als Deutsch­land im gegenwärtigen Augenblick ausübt. Wenn die vorgeschlagene Konferenz zusammentreten und irgend eine praktische Lösung der verwickelten Fragen, die zu erörtern sie zusammenberufen wird, erzielt werden sollte, so wird das Ergebnis; wieder zum größten Theil den Bemühungen des Fürsten Bis­marck zu verdanken sein, der abermals mit seiner karakteristischen Energie seine Rolle alsehrlicher Mackler" spielt. Es ist merkwürdig, obwohl für Engländer und Franzosen vielleicht nicht sehr ange­nehm zu bemerken, wie, wenn immer irgend eine Schwierigkeit in Europa entsteht, die Augen aller Leute auf Fürst Bismarck gerichtet sind. Wie denkt er über die Sache? Was wird ec tyun? Für wen wird er Partei ergreifen? Das sind die allgemeinen Fragen. Und in fehr kurzer Zeit folgen diesen Fra­gen des Publikums Fragen ähnlicher Art seitens der auswärtigen Minister Europas, welche ihre Vertreter in Berlin anweisen, wenn möglich, Fürst Bismarcks Ansichten über die Sache zu ermitteln. Berlin ist somit der Mittelpunkt des diplomatischen Verkehrs geworden, zur großen Befriedigung des deutschen Volks, dessen Stolz und Freude an dem ihm bestän­dig gelieferten Beweisen von dem Uebergewicht Deutschlands in Europa in hohem Grade erhöht werden durch die Rückerinnerung an die klägliche und würdelose Stellung, welche Preußen und Deutschland vor 30 oder noch 25 Jahren in allen Fragen von allgemeinem europ. Interesse stets einnehmen mußten. Es ist ein Glück für Europa, daß diese Klarheit der Anschauungen und Willenskrast ferner dem Dienste Deutschlands gewidmet sein werden. Die Macht Deutschlands und das Verbleiben des Fürsten Bis­marck an der Spitze der deutschen Angelegenheiten bilden die beste Sicherheit, welche Europa für die friedliche Lösung der vielen schwierigen Fragen hat, welche zu lösen dessen Diplomatie bisher ermangelte."

Ein berühmter deutscher Fabrikant hatte von der Regierung in Rußland eine große Bestellung für die Flotte erhalten. Als die Zeit gekommen war, lieferte er das Bestellte in die bestimmte Stadt und lud die Commission zur Abnahme ein. Niemand kam. Da lud er die Commission schriftlich zum Champagnerfrühstück ein und legte unter jedes Ge­deck ein dickes Packet Kassenscheine. Alle kamen, räumten gründlich auf und bescheinigten einmüthig, daß die Lieferung ganz vorzüglich ausgefallen sei.

In Pittsburg hat eine große Arbeiterkund­gebung stattgefunden. Trotz der schlechten Witterung zogen 25,000 feiernder Arbeiter durch die Hauptstra­ßen der Stadt.

Neuruppin, 18. Juni. (Sechs Kinder verbrannt.) In dem Dorfe Woltersdorf bei Neu­ruppin brach kürzlich Feuer in einem Tagelöhner­hause aus, wobei leider sechs Kinder verbrannten. Vier derselben waren in's Bett gekrochen und glaub­ten sich dadurch zu retten.

Das Konnte zur Errichtung von Trinker­asylen, welches in Hamburg seinen Sitz hat, hat kürzlich das erste Asyl errichtet, und zwar auf einem schön gelegenen Gute in Mecklenburg, wo vorläufig 36 Korrigenden untergebracht sind. Es waren aller­dings mehr als 100 Meldungen eingegangen, ein

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