Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.
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außerhalb des Bezirks 2 40 Vierteljähr
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Samstag den 17. Juni.
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1882
Nagold.
A« die Grtspolireibehörden.
Den Verkauf von Giftwaaren betreffend.
Da die Wahrnehmung gemacht worden ist, daß die Verfügung k. Ministeriums des Innern, betreffend den Verkauf, die Aufbewahrung, Versendung und Verwendung von Giften vom 12. Januar 1876, Reggsbl. Seite 21, nicht genügend beachtet wird, so werden die Polizeibehörden angewiesen, denjenigen Kaufleuten ihres Gemeindebezirks, welche mit den im Regierungsblatt von 1876, Seite 29, Anlg. I. genannten Giftwaaren Handel treiben, die Beachtung der betreffenden Vorschriften einzuschärfen und sie aufzufordern, die in K 1 der Ministerial-Verfügung vorgeschriebene Anzeige unter Angabe der Giftwaaren, mit welchen sie Handel treiben wollen, bei Strafvermeidung innerhalb 8 Tagen an das Oberamt zu erstatten.
Den 15. Juni 1882.
_ K. Oberamt. Güntner.
Nagold.
A« die Oxtsvorsteller.
Berufsstatistik von 1882 betr.
Die Ortsvorstehcr werden zur Nachachtung darauf hingewiesen, daß in dem Gemeindebogen 6l. außer der lut. des Zählbezirks auch die etwa vorhandenen Parcellen desselben, wie solche im Staatshandbuch eingetragen sind, dem Namen nach unter Angabe des Zählungsergebnisses aufgeführt werden müssen.
Den 15. Juni 1882.
K. Oberamt. Günt ner.
Nagold.
Ar» die («Irtsvorkehei'.
Dieselben werden aufgefordert, binnen 6 Tagen hieher zu berichten, ob und welche Aktiengesellschaften, Commandit-Gesellschaften auf Aktien und juristische Personen, welche der Schweiz augehören, in ihren Gemeinden — sei es mittelst einer Zweigniederlassung oder mittelst einer ständigen Agentur — Gewerbe treiben, welche Bank- und Credit-Geschäfte, Sach- oder Lebensversicherungen einschließlich der Leibrentenverträge zum Gegenstand haben.
Den 15. Juni 1882.
K. Oberamt . Gü ntner.
Nagold.
Ar» die Ortsvovfteher.
Die längs der Staatsstraße bestehenden Nebenwege werden durch Befahren mit Handkarren und Fuhrwerken aller Art vielfach beschädigt. Ferner wird über den Straßengraben ohne Güterbrücke gefahren und Vieh Hinübergetrieben, im Straßengraben gewaidet, die Straße und deren Zubehörden mit Material aller Art belegt.
Es wird daran erinnert, daß das Fahren auf den Nebenwegen, das Fahren und Treiben von Vieh über den Straßengraben ohne Güterbrücke, das Waiden von Vieh im Straßengraben, das Belegen der Straße und deren Zubehörden mit Material aller Art verboten ist. (Z 1 und 2 der Kgl. Verordnung vom 6. Juli 1872) und nach § 366, Abs. 1, Ziffer 8, 9 und 10 des St.-G.-B. mit Geldstrafe bis zu 60 oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird.
Vorstehendes ist auf ortsübliche Weise bekannt und hierüber Eintrag im Schultheißenamtsprotokoll zu machen.
Den 15. Juni 1882.
K. Oberamt. K. Straßenbau-Jnspection Güntner. Stuppel, A.-V.
Die Berufsparlamentarier.
Die „Deutsche Reichspost" leitartikelt über olche in folgenden Sätzen:
Eine der widerwärtigsten Erscheinungen in unseren gesetzgebenden Körperschaften ist der „Berufs- varlamentarier". In der Regel ist es ein Mann, der seine Redefähigkeit bei jeder Gelegenheit innerhalb und außerhalb des Parlaments an die Leute zu bringen sucht. Auf allen Gebieten der staatlichen Einrichtungen ist er ebenso „Autorität", als in allen Wissenschaften. Er ist Theologe d. h. er macht in Kirchenrecht und Dogmatik, sobald es etwas zu kul- turkämpfen gibt, als Jurist sucht er seines Gleichen, die Volkswirthschaft hat er in alleinige Generalpacht genommen und wo er ein Interesse des Großkapitals, sei es auf dem Gebiete der Börse, oder des Freihandels, bedroht sieht, zieht er alle Register seiner großen Redeorgel und wettert die schönsten Fugen von „Freiheit" und „Reaktion" herunter. Freiheit ist überhaupt sein Steckenpferd, namentlich die „Glaubensfreiheit" kultivirt er ganz besonders. Wenn jemand Maßregeln gegen Wucherer, Börsenjobber, Gründer, Vieheinsteller, Güterschlächter u. s. w. verlangt, so zetert er über die bedrohte Freiheit der Konfessionen. Wenn er aber den christusgläubigen „Pfaffen" eines anhängen kann, so thut er es in dem Hochgefühl, hier wieder eine große Thal für die Glaubensfreiheit begangen zu haben. Glaubensfreiheit ist nach seiner Ansicht nur das Recht, an Gott und an die Lehren des Christenthums nicht, wohl aber an die unfehlbare Wissenschaft zu glauben. Das Recht Lebensmittel zu fälschen, namentlich Wein zu panschen und den ehrlichen und arglosen Nebenmenschen auf jede Weise um sein Geld zu bringen, vertheidigt der Berufsparlamentarier mit den klingendsten Gründen, aber wenn jemand sich herausnimmt, auf Grund der Glaubensfreiheit ein aufrichtiger Christ zu sein, dann wird der Berufsparlamentarier wild. Ein Gesetz gegen die Wucherer nennt er unausführbar, die Wanderlagerer und Hausirer sind in seinen Augen Zierden der Nation.
Als Finanzmann steht er auf unerreichbarer Höhe. Das Staatsbudget kann er auswendig, hinter jeder Position wittert er irgend eine Unregelmäßigkeit, wenn nicht gar eine Schurkerei des Ministers. Alle Minister sind ihm überhaupt in der Seele verhaßt und wenn er sie irgendwo sticheln und beleidigen kann, thut er es. Nach seiner Ansicht taugt überhaupt die ganze Staatsverwaltung so lange nichts, als er nicht .selbst Minister.ist. Er allein ist ein ehrlicher und ein gescheidter Mann, alle übrigen Leute sind nur dazu da, entweder seine Parteigenossen in das Parlament zu wählen, oder im Parlament selbst ihm, dem großen Parteiführer, unbedingte Heeresfolge zu leisten. Er ist ein lebendiges Beschwerdebuch für alle verkannten Genies und alle malkontenten Beamten, die nicht rasch genug avan- ciren. Für die Armen hat er ein sehr fühlendes Herz, wenn die Regierung ihnen in Form einer indirekten Steuer jährlich einige wenige Mark 'abnimmt. Die Pfeife des armen Mannes, das Licht, das Brot des Armen nimmt er in seinen besonderen Schutz. Wenn aber die Kornwucherer das Getreide zehnmal mehr vertheuern, als dies ein kleiner Getreidezoll zu thun vermag, daun ist er mit der „Freiheit der Handelskonjunktur" völlig einverstanden. „Billiges Brot" — das ist seine erste Forderung. Aber der Minister, der Politiker, der dafür eintritt, daß die armen Leute Gelegenheit finden, ihre Arbeitskraft anzuwenden und etwas zu verdienen ehe das
Ausland seine Natur- und Arbeitsprodukte auf unfern Markt wirft und so Tausende von Existenzen brotlos macht, so daß sie auch das allerbilligste Brot nicht mehr kaufen können, dieser Minister, dieser Politiker ist ein Feind des Volkes, nämlich des auserwählten Volkes der ihre Taschen füllenden Importeure.
Der Berufsparlamentarier hat das Bedürfniß, einen Namen in der Geschichte für alle Zeiten zu verewigen. Mit seinen vielen Reden — das sieht er elbst ein — erreicht er diesen Zweck nicht. Es ist hm deßhalb nicht unerwünscht, daß er einen Mini- ter vor sich hat, dessen Name für alle Zukunft in der Geschichte gerühmt werden wird. Diesen Mini- ter bekämpft der Berufsparlamentarier, so oft und o heftig er nur kann. So bietet sich ihm wenigstens )ie Hoffnung, daß in künftigen Geschichtsbüchern zu lesen ist: Zu seinen (des großen Ministers) heftigsten Gegnern gehörten die Abgeordneten L. 6. und v. Bekanntlich hat ein gewisser Herostratos aus Aerger darüber, den Tempel von Ephesus nicht erbaut zu haben, diesen, zu den Wunderwerken der damaligen Zeit gezählten Tempel angezündet, um wenigstens als Zerstörer jenes herrlichen Bauwerkes seinen aller- werthesten Namen der Vergessenheit zu entreißen.
Auf Geld hält der Berufsparlamentarier sehr viel, deßhalb ist er auch mit den größten Geldmännern sehr befreundet, und er erläßt von Zeit zu Zeit Aufrufe zur Bildung von Wahlfonds — ein sehr einträgliches Geschäft. Aus Dankbarkeit stimmt er ür den Freihandel und die — dem Geldmonopol o zuträgliche — „Freiheit der persönlichen Bewegung;" deßwegen ist er auch der allergrößte Feind der obligatorischen Innungen, welche den Handwerker gegen das Monopol des mobilen Großkapitals, allüberall Wanderlager und Ramschgeschäfte zu errichten, einigermaßen schützen könnten. Aus dem gleichen Grunde ist er auch gegen alle Einschränkung der Güterzertrümmerung (Hofmezgerei). Wo der Staat irgendwo für die armen Leute helfend eingreifen will, was die Reichen Geld kosten könnte, kämpft er wie ein Berserker gegen den gefährlichen Staatssozialismus. Dafür verspricht er den armen Leuten um so mehr „Freiheit", es ihnen überlassend, sich aus derselben Schwarzbrot» oder Kuchen zu backen.
Seine Wiederwahl ist ihm das Höchste, sein eigentlicher Beruf als Gesetzfabrikant en Zros besteht in Lästern und Neinsagen und sein Traum ist — ein Ministerportefeuille. Die produktive Arbeit, welche der allgemeinen Wohlfahrt förderlich ist, überläßt er großmüthig anderen Leuten. Schimpfen und Herrschen ist der einzige Zweck seines ruhmvollen Daseins.
Dem Amtmann Oi.zur. Langenfaß in Nagold wurde die nachgesuchte Versetzung aus die erledigte Amtmannsstelle bei dem Oberamt Heilbronn gnädigst gewährt.
Tag<»-Nr«rskerte«.
Deutsche- Reich.
Altenstaig Stadt, 15. Juni. In unsrer Oberamtskarte und in unsrer Oberamtsbeschreibung — ich meine hiemit das Werk vom K. statistisch-topographischen Bureau — wird der Fall der Nagold auf Pag. 10 zu nur 32 P. Fuß zwischen Altenstaig und Nagold bezeichnet. Entgegen dieser trigonometrischen Aufnahme finden wir nun allerdings auf Seite 6 als Barometermessung 158 P. Fuß. Auf eine diesbezügliche Anfrage beim Königl. statistisch-topographischen Bureau erhielt ich folgende Auskunft: „Die im Druck befindliche neue Landesbeschreibung sagt auf S. 301: Altenstaig, Einfluß des