land und Mittags Prinz Amadeus und der König von Sachsen, je begleitet von mehreren Adjutanten, hier eingetroffen. Zur Begrüßung waren der Kaiser, der Kronprinz und sämmtliche Prinzen, welche zur Zeit hier noch anwesend sind, sowie die betreffenden Botschafter, der Kommandant und der Polizeipräsident, sowie die zum Ehrendienste kommandirten Offiziere erschienen. Im Laufe des Nachmittags statteten die Fürstlichen Gäste den Majestäten Besuche ab und empfingen deren Gegenbesuche. Abends nach 6 Uhr traf die Herzogin Adelheid zu Schleswig- Holstein mit deyx Herzog Ernst Günther und den Prinzessinnen Achwnne Mathilde, Luise Sophie und Feodore ein. Kronprinz Rudolf von Oesterreich- Ungarn traf mit Extrazug Abends 8 Uhr ein. Die Frau Kronprinzessin, welche ihren Gemahl nach Berlin zu begleiten gedachte, ist durch Unwohlsein hieran gehindert worden. Um 9 Uhr kamen der Groß- herzog von Sachsen-Weimar und der Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha. — Der belgische General Baron v. Smissen ist gestern Abend hier eingetroffen, um den König der Belgier bei der Tauffeierlichkeit zu vertreten. Aus Straßburg ist der Gouverneur General-Lieutenant v. Gottberg zur Theil- nahme an den Feierlichkeiten eingetroften. — Sämmtliche Fürstlichen Gäste wurden vom Kaiser, dem Kronprinzen und allen hier anwesenden Prinzen am Bahnhof begrüßt. Besonders herzlich war die Begrüßung des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich. Nicht minder herzlich war die Begrüßung des Königs von Sachsen und des Herzogs von Aosta. Letzterer wurde mit der italienischen Nationalhymne empfangen. Der Kaiser ging auf den Herzog zu und begrüßte ihn herzlich mit Kuß und Handschlag. Hierauf reichte der Kronpinz dem Herzog die Hand, umarmte und küßte ihn. Die Begrüßung mit den anderen Prinzen war die herzlichste. Der Herzog trug die italienische Uniform mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens.
Berlin. 12. Juni. (N. Tagbl.) Beim heutigen Reichstag war ein unerhörter Andrang. Bismarck's 2^/rstündige Rede machte einen tiefen Eindruck; des Kanzlers Stimme, ohnehin leise, war noch katarrhalisch behindert. Er sprach beiläufig .von der bodenlosen Verlogenheit eines Theils der Presse, betonte die Nothwendigkeit, bei Besteuerung den gemeinen Mann zu entlasten; daß man ihm Sozialismus vorwerfe, fürchte er nicht, wir müßten uns an etwas Sozialismus gewöhnen; man habe gesagt, das Tabakmonopol sei unpopulär; er frage nicht, ob ein Gedanke populär, sondern nur ob er vernünftig sei; man könne einen Minister niederwirbeln, niemals einen gesunden Gedanken. Wenn die Gegner nützlichere Vorschläge wüßten, die Bedürfnisse des Reichs zu decken, sollten sie welche machen; er werde nicht mehr oft im Reichstag sprechen, wolle aber nicht von der Bühne abtreten, ohne zu warnen vor byzantinischem Dienen um Popularität und vor Abfall von der nationalen Fahne. Seine Kraft sei erschöpft. Es klang wie eine schmerzliche Abschiedsrede. (Vergl. den folgenden Reichstagsbericht.)
Berlin, 12. Juni. (Fr. I.) Im Reichstage sagte Fürst Bismarck bezüglich des Tabakmonspols, das Monopol sei gewählt worden nicht allein zur Vermehrung der Einnahmen, sondern auch zur Erreichung anderer Zwecke, wie der Steuererleichterung, wobei er auf die Motive hinweist. Er sei nie im Zweifel darüber gewesen, daß das Monopol ein Uebel sei; es frage sich aber, ob nicht andere Uebel größer wären. Dem Landtage liege die Verwendung der Mittel, dem Reichstage die Beschaffung dieser Mittel ob. Es sei nothwendig, daß die Absicht einer Steuerreform ausgeführt werde. Das Bc- dürfniß der Steuerreform werde er im Landtage feststellcn und dann vom Reichstage sofort berathen lassen. „Wir sind ja überzeugt — erklärte der Reichskanzler weiter — daß das Monopol abgelehnt wird; aber wir brauchen diese Ablehnung, um nicht die Verantwortung zu tragen, als hätten wir nicht unsere Pflicht gethan, wenn eine nachfolgende Regierung das Monopol fordert und bewilligt erhält." Hierauf erörtert der Reichskanzler näher das Bedürfniß einer Steuerreform, excm- plificirt von der Aushebung der Kopfsteuer in Rußland die Ungerechtigkeit der direkten Besteuerung und zählt aus den Motiven zum Verwendungsgesetz die Exemtionen auf. Solch hohe Zahl von Steuercxecutioncn zeige deutlich, wie schwer und drückend eine directe Steuer gerade auf der untersten Classe laste. Es kämen im Durchschnitt 1,000,000 Pfändungen auf's Jahr. Wie Staat und Gemeinde unter dem jetzigen Steuersystem litten, beweise die Auswanderung. Die Auswanderer entziehen sich diesem System und wenden sich einem Lande zu, wo Elasten- und Einkommensteuer nicht bestehen. In Frankreich, England und Amerika ist solches System beseitigt. Man redet bei uns dem Volke ein, die Regierung wolle nur neue Steuern. Bei der ungeheuren Verlogenheit gelingt dies leider zu oft (Hört!). Man stellt die Regierung als Feindin des Volkes dar (Oho! - Unruhe. — Sehr wahr!), man redet den Wählern ein, sie müßten nicht servile Leute wählen, ja solche, die dem Kanzler Opposition machen.' Als ob dieser snr sich
stehe und wirklich, gegen die Interessen des Volkes. Der Kanzler berührt dann die spate Session. Es handle sich um ein Gesetz, betreffend die Nothdurst unserer Mitbürger. Daß trotz der Einkommensteuer und sonstiger directer Communal- stcuern die Gemeinden in Nöthen seien, beweisen die Eingaben solcher Gemeinden, die er hier verlese. Eine indirccte Steuer sei leichter auszubringen. Der Reichskanzler (aus der Tribüne schwer verständlich) erörtert dann die drei Punkte des Verwcn- dungsgesetzes: Grundsteuer, Schule, Erhöhung der Gehälter rc. Dem Landtage werden noch einmal Vorlagen über die Verwendung zugehcn, welche im Interesse des Volkes gemacht werden. Diejenigen, welche solche ablehneu, verdienen nicht den Namen von Volksvertretern. Eingehend auf das Monopol, bedauert der Reichskanzler, daß die Commission gar nicht die Bedürsnißfrage beantwortet habe. Die Straßburger Manufaktur ist nicht maßgebend, es liegen ja Ergebnisse aus Frankreich und Oesterreich vor, die für das Monopol sprechen. (Der Reichskanzler bittet um Erlaudniß, sich zu setzen.) Er beschäftige sich mit dieser Frage seit 1887. Die Zeit sei nicht mehr fern, wo das Monopol bei den Tabakbauern populär werden würde. Charakteristisch sei es, daß die Abgeordneten des Elsaß ihre Ablehnung vor ihren Wählern mit politische» Gründen zu motiviren suchten. Die einzelnen Fragen berührend führt der Reichskanzler an, wie 40,000 Eisenarbeiter vor einigen Jahren dem Moloch „Freihandel" geopfert wurden; socialistisch war auch die Bauernemancipation, socialistisch ist auch das Weg- nehmen eines Grundstücks zum allgemeinen Besten. Die Gegner wollen die Discussion ersticken ohne genügende Erörterung, sie glauben, ein Minister könne beseitigt «erden, ein wichtiger Gedanke aber nicht. Er werde, soweit seine Kräfte reichen, nach neuen Wegen suchen, fürchte aber, es werde ihm beim Parlamente ebenso gehen, wie in Beziehung auf Las Monopol. Wir würden jedenfalls Unterstützung haben, wenn wir uns in die Dienste einer Fraction begäben; kein klerikales, sondern ein liberales Canossa wird von der Regierung verlangt. Daraus spricht der Reichskanzler gegen das Fractionswesen, welches das politische Leben beeinflusse und störe uud die besten Kräfte lähme. — Daß die edelsten Kräfte mit Hausirhandel beschäftigt seien, wolle er allerdings nicht behaupten. (Heiterkeit.) Die Parteien bilden einen Ring, den er nicht durchbrechen könne. Er werde dadurch immer mehr in die Lage eines Zuschauers gebracht, der sehe, wie die Dinge sich entwickeln. Wan könnte fragen, wozu er, der Kanzler, noch immer aus dem Platze bleibe? So lange er das Amt habe, wolle er dasselbe nach besten Kräften verwalten. 1877 habe er bereits seine Entlassung verlangt, der Kaiser habe ihm dieselbe nicht crtheilt. Er bleibe, weil dies des Kaisers Wunsch sei. Als er denselben 1878 in seinem Blute habe liegen sehen, habe er sich gelobt, demselben weiter zu dienen, persönlich aber würde er lieber auf dem Lande sein, als im Reichstag. Auch die Rücksicht auf die allgemeine Politik veranlasse ihn, zu bleiben. Die deutsche Einheit sei noch nicht so fest gekittet, daß unsere Söhne nicht wieder einmal am Bundestagstische sitzen könnten. Er habe 1867 die Gefahr für die Einheit in den Dynastien erblickt und daher dem Reichstage eine so große Machtsülle gewährt. Bei uns herrsche ein leidiger Fraktionspatriotismus. Sein ganzes Vertrauen sei jetzt auf die Dynastien und nicht auf die Parlamente gerichtet. Die Dynastien sind dauernd, die Parlamente nicht und er hoffe, daß sich durch diese Dynastien feste Garantien für den Frieden Europas begründen werden. Die deutschen Souveräne würden stets für die nationalpolitijche uud militärische Einheit Deutschlands eintrcten, wenn auch der Reichstag im Marasmus seiner Fraktionspolitik weiter arbeiten würde. (Zur Linken gewendet): Hüten Sie sich vor der byzantinischen Liebedienerei der Popularität, lassen Sie allein wieder den nationalen Gedanken leuchten, der jetzt in Verfinsterung gcrathen ist. Seien Sie einig iu diesem nationalen Gedanken und lassen Sie alle Fraktionsinteressen hinter sich. (Lebhafter Beifall rechts, wiederholtes Zischen Links.) — Referent Barth verlheidigt nunmehr die Ablehnung des § 1 des Monopolentwurss durch die Kommission. Es sprechen hierauf noch Treitschke, Bambergsr, Staatssekretär Scholzu. A.
Berlin, 12. Juni. (Reichstag.) Fürst Bismarck schließt nach einer langen Darstellung der politischen Lage seine Rede mit bewegter Stimme: „Bitte, lassen Sie gerade jetzt den Einher ts- und Nationalgedanken vor Europa leuchten, dessen Himmel sich ohnehin jetzt verfinstert.
Berlin, 12. Juni. Nachdem Fürst Bismarck nun auch den Rath des Professors Frerichs eingeholt, hat er für dieses Jahr von der Badereise nach Kissingen endgiltig Abstand genommen und wird sich zu seiner Erholung der Ruhe des ländlichen Aufenthalts in Varzin hingeben. (Hienach scheint von Wildbad keine Rede mehr zu sein. Die Red.)
Berlin, 13. Juni. Nach Beendigung der Monopoldebatte wird der Schluß der Reichstagssession erwartet. — Nachrichten aus Wien zufolge würde Oesterreich Kriegsschiffe nach Egypten senden.
Berlin kommt aus den Finanzsorgen nicht heraus. Jetzt muß es wieder eine Anleihe machen von 45 Mill. Mark und zwar für große Canäle. Die Gesammtkosten derselben betragen 71 Millionen Mark. Es haben nicht weniger denn 11 große Rittergüter in der Nachbarschaft für zusammen etwa 21,500,000 gekauft und zu Rieselgütern eingerichtet werden müssen. Die Ausgaben für Brückenbauten seit dem Jahre 1878 werden sich auf etwa 10,580,000 vlL stellen. Das Polizeipräsidium verlangt einen auf 6 Jahre berechneten großartigen Neubau, dessen Kosten auf 6 Mill. ^ geschätzt sind;
für zwei neue Krantenhäuscr von je 400 Betten, und ein Siechenhaus für Männer von 200 Betten werden 3,500,000 cM erforderlich sein. Die Wasserwerke sollen trotz ihrer beträchtlichen Ausdehnung schon an die Grenze der Leistungsfähigkeit gelangt sein; für die Erweiterung werden sehr bald 2,600.000 Mark aufzuwenden sein. Für den großen städtischen Centralviehhof sind seit 1878 bereits 11 Mill. Mark zur Verfügung gestellt worden, ohne daß damit die hierfür nothwendigcn Kosten gedeckt sind; endlich sollen thunlichst die offenen Märkte durch Markthallen ersetzt und damit zunächst mit einer großen Halle an der Stadtbahn in der Neuen Fciedrichsstraße begonnen werden. Ein einheitlicher Plan ist noch nicht festgestellt, doch ist fürs erste die Ausgabe von etwa 1,000,000 cM für diesen Zweck ins Auge gefaßt. Endlich erfordert noch die Regulirung von Straßen an der Stadtbahn vorderhand 1.750,000
Die Presse beschäftigt sich neuerdings ungemein viel mit dem stetigen Wachsen des Berbrecherthums. Es taucht sogar die Ansicht auf. daß die heutige Strafrechtspflege der Ausgabe nicht vollständig gewachsen sei, die Zügellosigkeit einzirdämmen. Sie habe, sagt man. in einseitiger Pflege der Humanität den Zweck der Strafe aus den Augen verloren und dieser bestehe vor allem darin, den gesitteten Theil des Publikums zu schützen und zu sichern gegen die Ausschreitung der Rohheit und Verwilderung. Man macht die Erfahrung, daß die Scheu vor Verletzung der Strafgesetze um so geringer werde, „je niedriger die strafwürdigen Handlungen im Schätzungstarif der Richter stehen." Dringend nöthig scheint es, die Höhe der Strafe weniger vom Erfolge der That als von der durch die That sich offenbarenden Gesinnung des Thäters abhängig zu machen.
Oesterreich-Ungarn.
Budapest, 13. Juni. In Werschetz fand ein furchtbares Gewitter stakt. Die Brücke stürzte ein, 44 Personen blieben todt, die Noth und Aufregung ist groß.
Italien.
Die Deputation der Stadt Nizza besuchte am 10. Caprera und das Grab Garibaldi's. Es waren 200 Personen. Ein Vertreter von Nizza legte einen Kranz auf das Grab nieder und sagte, Nizza sei stolz darauf, daß Garibaldi in seinen Mauern geboren wurde. Del Giudice dankte im Namen der Familie und Italiens. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß Garibaldi einige Stunden vor seinem Tode zu seiner Umgebung äußerte, es schmerze ihn, zu sterben, ohne Nizza (seine Vaterstadt) mit Italien wieder vereinigt zu sehen.
Schweiz.
Bern, 8. Juni. Der Ständerath hat die Unterrichtszeit der Cavallerie-Recruten auf 80 Tage festgesetzt.
Bern, 12. Juni. (Fr. I.) Nach einem mir aus der Staatskanzlei von Glarus zugehenden Bericht ist der bombardirte Risikopf gestürzt, ohne Schaden anzurichten.
Griechenland.
Alexandrien, 12. Juni. Reuter meldet: Während der Ruhestörung wurde der griechische Konsul und der italienijche Vizekonsul ebenfalls schwer verwundet. Das Panzerschiff „Superb" wird Nachts im Hafen einlaufen und 200 Mann zum Schutz des Konsulats ausschiffen, auch britische Unterthanen auf Verlangen an Bord nehmen. Die Anzahl der Ge- tödteten wird auf 20 geschätzt.
Alexandrien, 12. Juni. 49 Europäer und 5 Eingeborene sollen getödtet, 80 Europäer und 28 Araber verwundet sein. So weit bis jetzt bekannt, sind die Verwundungen des britischen Consuls schwere. Drei französische und drei englische Schi ff eh ab en ihre Kessel geheizt und sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. In der Stadt herrscht große Erregung und sind die Consuln höchst beunruhigt.
Frankreich.
Paris, 11. Juni. Dem Temps sind Depeschen aus Tripolis zugekommen, denen zufolge die Türkei in Tripolis 20,000 Mann kriegsfähiger Truppen zusammengezogen hat. — Das Zustandekommen der Conferenz gilt heute als unzweifelhaft. Rußland.
Petersburg, 10. Juni. Ein kaiserlicher Erlaß, betreffend die Aufhebung der Kopfsteuer, bestimmt, daß diese Steuer allmählich aufgehoben und durch eine andere vom Finanzministerium vorzuschla-
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