Parlamentscampagne bis Ende Juni dauern, da der Landtag unmöglich bis Ostern auch nur den dringendsten Theil der ihm zugedachten Vorlagen erledigen kann.
Berlin, 13. Jan. Der Antrag der Sozialdemokraten auf Aushebung sämmtlicher im deutschen Reiche bestehenden Ausnahmegesetze liegt jetzt vor. Danach sollen aufgehoben werden: das Jesuitengesetz, das Gesetz, betr. die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenümtern, das Sozialistengesetz, der Kanzelparagraph des Reichsstrafgesetzbuches und die Dictaturparagrapheu in der Elsaß-lothringischen Verfassung. Zugleich sollen alle auf jene Gesetze und Gesetzesbestimmungen hin erlassenen Verfügungen von Landpolizcibehörden ihre Giltigkeit verlieren.
Ein Sieg des Centrums. Selten wird Windthorst einen freudigeren Tag erlebt haben, als den 12. d. M., da es ihm gelang, mit Hilfe der Reaktionspartei und der Demokratie im Reichstag eine Bresche in die feste Burg der Falk'schen Gesetzgebung zu legen. Denn das ist die Bedeutung der Abstimmung vom 12., die überdies mit einer unerwartet großen Mehrheit für den Zentrumsführer entschieden hat. Das Höchste, was bisher als Mehrheit herausgcrechuet worden, war 40 Stimmen. Das wirkliche Ergeiniß war 127 stimmen Mehrheit für den Antrag Windthorst. Zwar ist ein Beschluß des Reichstags noch kein Gesetz. Aber gerade dieser Beschluß ist doch vielsagend und weit- tragend genug. Er bedeutet : die Regierung hat den Reichstag nicht mehr für sich, wenn sie auf der Aufrechthaltung der wesentlichen Grundsätze der Falk'schen Gesetzgebung beharren will. Geschickter, als mit der Annahme des Windthvrst'schen Antrags geschehen ist, konnte man es nicht angreifen, wenn man statt der bisherigen Oberherrscha>t die künftige Alleinherrschaft des Centrums aufrichteu wollte. Es ist nur gut, daß die Regierung bisher weitaus nicht die dringende Neigung gezeigt hat, nach Kanossa zu gehen, wie jetzt der Reichstag. Zwar ist ihr Schweigen über ihre Stellung zum Antrag Windthorst leicht als Geneigtheit ausznlegen, auf den von dem Antrag gewiesenen Weg, wenn man es nicht anders haben wollte, einzutretcn. Andererseits lag es doch nahe genug, während die Verhandlungen mit Rom schweben, und ein paar Tage vor Eröffnung dcS prcuß. Landtags, des eigentlichen Kampsfelds für die Kirchengesetzgebung, die Stellung der Regierung nicht zu binden. Aber freie Hand im vollsten Maße hat sie jetzt. Richter hat offen erklärt, es handle sich um die Zusammenschaarung aller Parteien zu einem allgemeinen parlamentarischen Kampf gegen die Negierung. Wie nun, wenn die Negierung, um für diesen Kampf auch ihre Truppen zu sammeln, dem Zentrum noch mehr bieten würde, als die Demokratie ihm gewähren kann? Wer trüge die Schuld? lieber dieser Sorge ist denn doch auch ein Theil der Fortschrittspartei bedenklich geworden: Hänel hat erklärt, er habe nicht den Muth, dazu beizutragen, die Stellung des Zentrums in einer Weise zu befestigen, wie es durch die Annahme des Antrags Windthorst geschehen würde. Vergeblich haben auch die Führer der Sezession, als ob sie manche alte Schuld gut machen wollten, gewarnt, den gefährlichen Weg zu betreten. Gesiegt hat der zielbewußte Wille der Ultramontanen, und die Männer vom reinen Freiheitsprinzip haben dazu geholfen.
Man kann sich nicht darüber wundern, daß die Stimmung im Centrum über die Annahme des Antrag Windthorst eine freudig erregte ist. Die „Germania" äußert sich in bezeichnender Weise über die jüngste kirchenpolitische Debatte wie folgt: „Was uns mit ganz besonderer Genugthuung erfüllt, ist der Umschwung in den Anschauungen der Parteien über den Culturkampf. . .. Man wird aus den Verhandlungen die Ueberzeugung geschöpft haben, daß die Vertreter der Nation, mit geringen Ausnahmen, Ekel vor dem wüsten Kampfe empfinden und dessen Beseitigung im Interesse der Wohlfahrt und der Machtstellung des Reiches dringend wünschen." Man kann der ultramontanen Auffassung nicht unrecht geben, wenn sie zu dem Schlüsse kommt, daß nicht über das einzelne Gesetz von 1874 abgestimmt worden ist, sondern über das ganze System der Maigesctzgebnng. Im Uebrigcu wird man sich über die kirchenpolitische Lage erst nach den Verhandlungen des preußischen Landtags ein endgiltiges Urtheil bilden können und namentlich, wenn die Regierung ihr Schweigen gebrochen hat.
Der Wiener „N. Fr. Pr." wird aus Berlin gemeldet: Von beachtenswerther Seite wird bestätigt, daß der österreichische Exminister und staatssozialistische Nationalökonom Professor Sch äffte auf Einladung des Fürsten Bismarck nach Berlin gekommen ist. Er hat dem Reichskanzler detaillirt ausgearbeitete Vorschläge über die Arbeiterversicherung unterbreitet, und Fürst Bismarck soll zum großen Theile darauf eingegangen sein. Viele Gedanken seiner jüngsten Rede sollen auf diesen Anträgen beruhen. Von dem Eintritte Schüffle's in den Staatsdienst soll nicht die Rede sein.
Der Reichskanzler erläßt folgende Bekanntmachung: „Auf Grund des tz 32 des Gesetzes betr. die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dez. 1871, wird bekannr gemacht, daß die Neubefestignng von Kiel nach der Landseite hin in Aussicht genommen ist."
Nach der „Tribüne" hat Staatsminister v. Bötticher in der vorgestr. Sitzung der Reichstags- Baukommisston auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht, den Sitzungssaal aus 450 Mitglieder einzurichten.
(Aus der Reichs Hauptstadt.) Ein interessanter Fall aus der Klinik des Prof. La» ge «deck wird der Tagt, Rundschau gemetdet. Ein Manu, au dem eine Operation vollzogen worden ist, hat 14 Wochen im Wasser liegend zugebracht und konnte vor Kurzem von Prof. L. als vollständig geheilt entlassen werden. Diese Permancntbäder dürften in der modernen Heilkunde überhaupt eine größere Rolle zu spielen beginnen, da sich dieselben immer mehr als praktisch erweisen. Freilich ist die Unlerhallnng derselben mit erheblichen Kosten verknüpft, da die Temperatur des Wassers, wenn ein Leidender Wochen lang darin liegen soll, sehr genau regn- lirt werden muß.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 10. Jan. Das 21. Verzeichniß der Sammlung für die Hinterbliebenen der bei dem Brande Verunglückten weist eine Gesammtsumme von 1 000 480 fl. 88 kr., 1 Dukaten, 4000 fl. No- tenreute, 100 fl. Silberrente, 38 072 3 L,
4756 Franks, 1263 Rubel, 1601 Lire 50 Cent., zwei goldene Armbänder und eine Schachtel mit verschiedenen Schmuckgegenständen aus.
Italien-
fTheateruoth in Italiens In diesem Winter stehen nicht weniger als 48 italienische Theater und zwar zumeist des schlechten Geschäftsganges halber geschlossen. In Rom sind sogar sämmlkiche Theater, mir Ausnahme des Apollotheatcrs, gesperrt, und in Bologna mußte der Stadtrath dem Theater eine Subvention von 40,000 Lire gewähren, damit es nicht ebenfalls seine Pforten schließe.
Frankreich.
Paris, 11. Jan. Während wir hier eine beständig milde Temperalur genießen und die Landleute sich bitter über den Mangel au Schnee und Frost beklagen, ist über die algerische Kolonie ein ungewöhnlich strenger Winter hereingebrvchen. Die Kolonne des Obersten Brunnetiöce wurde vor einigen Tagen auf dem Marsch von Diaret nach dem Djebel Amna von einem wüthenden Schnee- sturm überfallen, dem die schwerbepackten Soldaten nur mit größter Mühe Stand hielten. Die Truppen mußten sich durch ^/s Bieter hohe Schneemassen ihren Weg bahnen. Sie lagern im Schnee bei einer grimmigen Kälte.
Paris, 12. Jan. Nach einer Meldung aus Tripolis sollen drei Patres der Mission in Algier, unweit von Ghandames, ermordet worden sein. Als Urheber des Verbrechens wird der Caid in Ghandames bezeichnet, welcher schon bei der Nieder- metzelung der Mission Flatters kvmpromittirt war und deren Nachlaß den Twaregs zugestellt hatte. Portugal.
Lissabonn, 13. Jan. Zu Ehren des spanischen Königspaares, welche zum Besuche des hiesigen Hofes hier eingetroffen ist, findet eine ganze Reihe von Hoffestlichkeiten statt; auch Stiergefechte sollen veranstaltet werden. Die Bevölkerung gibt ihre Theil- nahme durch sympathische Zurufe kund; es herrscht vollkommene Ruhe.
England.
London, 10. Jan. In den politischen Situationsbildern, die unsere Presse beim Jahreswechsel vor dem Publikum entrollte, wurde Fürst Bismarck vielfach als die Hauptperson in einem allgemeinen europäischen Trubel dargestellt. Bald schüttelte er mit dem Sultan die Hände, bald konspirirte er am Nil gegen die Engländer, bald half er dem Papst im Quirinal auf den weltlichen Thron, wäh
rend ringsherum die Völkertruppen in bedenklicher ^
Verwirrung erschienen. Nach dem bemerkenswerthen
Erlaß des deutschen Kaisers, der von Manchen als
eine selbstverständliche Kundgebung, von Vielen aber
als ein entschieden reaktionäres Anzeichen angesehen
wird, gibt man dem Kanzler einen noch dunkleren
Anstrich. So sagen beispielsweise die Daily News,
indem sie ihn Gambetta gegenüberstellen: „Der fran-Z.A SP ??
zösische Staatsmann wird heute in die Kammern As!7»^
treten, und in beiden eine übermächtige Mehrheit 7L§§Z-Z'
vorfinden. Fürst Bismarck ist dahingegen sowohl §«
im deutschen als im preußischen Landtag in entschie-
dener Minderheit. Das Uebel bleibt aber nicht auf sUl
Deutschland allein beschränkt. Bismarck ist der
Störenfried Europas; er stört außerhalb, weil er P'Z'L'sKg
innerhalb seines Daheims gestört wird, und er gleicht ^
darin dem unglücklichen Familienoberhaupt, das an N ZL'
den Nachbarn seine üble Laune auslüßt, weil es zu rsr-z«->
Hause üble Laune ertragen mußte. Fürst BismarcksKA» wurde in der allgemeinen Wahl geschlagen, und kann sich im Parlamente auf keine Mehrheit stützen; ser H»ß versucht es daher, die Parlamentarischen Einrich- tungen Deutschlands zunichte zu machen, indem er ' P ^ Pst ihre Form stehen läßt, ihre Kraft und ihr Leben aber ertödtet. Um dieß sicherer vollbringen zu kön- neu, ist er sehr geschäftig, die Aufmerksamkeit des 3^ deutschen Publikums auf auswärtige Dinge zu len- - si- ken, die keinen ernsten Zweck haben und gewissermaßen der Charlanterie ähneln." Und was dergleichen ungereimte Urtheile mehr sind, die blos be- ^-
weisen, daß Fürst Bismarck der Politik Englands sehr unbequem ist. (Sch M.)
London, 11. Jan. Die „St. James Ga- -3Z s.IZ zette" sagt, sie habe Nachrichten aus Tunis em- <Z.ZrZ,AL psangen, wonach daselbst eine Hungersnoth befürchtet Z werde, weil vielfach die Bebauung des Landes in- ? » ! ? § folge der Unruhen unterblieben sei. Sobald sich der ^3'» DZ, Nahrungsmangel im Innern des Landes kühlbar HZ L^s. mache, werde ein heftigerer Ausbruch der Unruhen Z Z7 erwartet.
Welche Vorbereitungen die Anhänger der irischen «
Landliga bereits für einen eventuellen Aufstand ge- troffen haben, erhellt aus dem Umstand, daß die Polizei in der Nähe von Kork ein geheimes Was- fenlager mit 30 Snidergewehren, 800 scharfen Pa- tronen und 300 Dynamit-Patronen entdeckt hat.
Es ist anzunehmen, daß derartige versteckte Waffen- -
Depots über ganz Irland zerstreut sind und die '
Polizei wird fortgesetzt ihre ganze Thätigkeit entfal- ? ^
teu müssen, um den Umtrieben der Landligisten zu .g
begegnen. ^
Rußland. ^
Petersburg, 12. Jan. Ein eigenhändiges >Z »
Schreiben des Czaren versichert Jgnatieff, daß si ^
er noch immer sein volles Zutrauen besitze. ^
Aus Rußland liegt ein wichtiger kaiserlicher _"
Ukas über den Loskauf des Bauernlandes vor. Hier- ^
nach sind im Laufe des Jahres 1882 noch freiwil- «
lige Uebereinkommen zwischen den Gutsbesitzern und ZrZGLS«--- den Bauern behufs Loskaufs des Landes ge- stattet. Nach Ablauf dieses Termins fallt alles -DAUZa» nicht losgekaufte Land den Bauern anheim, wo- bei die Krone den Gutsbesitzern vom 1. Januar ^ ?
1883 ab 80 Procent der Taxationssumme des zu befreienden Landes entrichtet. Die Gutsbesitzer schei- H.-ZZ.ZZ- nen also dann gar nicht erst gefragt zu werden, ob Z-AZ-P sie überhaupt gewillt find, ihr Land zu verkaufen— echt russisch! Ferner wird aus Petersburg berichtet, -L» daß die bisherigen Leiter der Ministerien der Finan- zen, Bürge, und des Krieges, Wannonski, zu Mini- VA- ktern ernannt worden seien und daß der Communi- sK cationsminister Posfiet zum Admiral befördert wor- - - -
den sei.
Afrika.
Ueber die Lage in Tunis spricht sich ein in der Magd. Ztg. abgedruckter Brief aus Sfax folgendermaßen aus. „Die Geschäfte stehen still, nichts ist zu thun. Wir gehen durch eine Krisis : die nomadischen Araber (Beduinen) sind fortwährend im Aufstand, obwohl vier französische Colonnen sie beständig mit flacher Klinge bearbeiten. Die Araber der Stadt machen gegenwärtig keine Geschäfte, weil sie unter einer Buße von 5 Mill. Mark seufzen, die die französische Regierung ihnen auferlegt hat, um die Europäer von Sfax für das Bombardement und die Plünderung zu entschädigen, welche die fran- zösischen Truppen selbst verursachten.
«seit dem halben Jahre, seitdem nun die Franzosen hier sind, ist noch nichts von ihnen gethan, nichts
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