vergebens auf Zahlung gewartet, kommt er zu dem Bewußt­sein, einer raffinirte» Schwindelei zum Opfer gefallen zu sein.

Berlin, 20. Nov. Die Wahl des konser­vativ-klerikalen Präsidiums hat in Regierungs­kreisen angenehm berührt. Die Wahl eines Präsi­diums Stauffenberg sollte mit allen Kräften ver­hindert werden. Nach derNational-Zeitung" ist die gesammte Aktion Bismarcks zunächst vertagt und sollen dem Reichstag sozialpolitische Vorschläge nicht unterbreitet werden: der Gedanke zu machender Vorschläge bezüglich der Einsetzung eines Ministe­riums Frankenstein oder Bennigsen wird alsver­tagt" angesehen. Die Entscheidung wird erst nach den nächsten Landtagswahlen erfolgen. In diesem Sinne soll sich der Reichskanzler dein Kronprinzen gegenüber ausgesprochen haben. Die Vorbereitung der Auslosung des Reichstags wird als Mit­telpunkt aller vom Reichskanzler ausgehenden Züge betrachtet.

Berlin, 21. Nov. Unterrichtete erachten zwei Punkte als festgestellt: Festhalten Seitens des Reichskanzlers an dem bekannten Programm der Re­formpolitik, kein Gang nach Kanossa; man erwartet wechselnde Mine! der Taktik zur Ausführung des Programms. Die Vertagung der Ausführung bis zur Frühjahrssession sit wahrscheinlich, spätere Auf­lösung nach den Umständen und nach dem Ergebnis; der Verhandlungen mit dem Zentrum, eventuell mit andern Fraktionen. Die Liberale» bereiten eine Ver- theidigungsstellw-a vor. N.S. Besprechungen mit Franckensteio -Zentr.) sollen wirklich bevorstehen.

Berlin, 21. Nov. Graf Herbert Bismarck, der ältere Sohn deS Reichskanzlers, ist an Stelle des Fürsten Lynar als zweiter Bvtschaftsrath an die deutsche Botschaft in London versetzt und bereits da­hin abgercist.

Berlin, 21. Nov. Ein grosser Theil der Reichstagsabgeordneten ist in die Heimat zurück­gereist. Es gilt dies namentlich von den bayerischen Landtagsmitgliedern, welche im Lause dieser Session an den Reichstagsarbeiten nur bei besonders wich­tigen Abstimmungen sich betheiligen mochten.

Berlin. Albert Erdmann Earl Gerhard v. Levetzow heisst der Mann, den die vereinigten Kon­servativen, das Centrum, die Polen, die Welsen und die Elsässer gestern zum Präsidenten des deutschen Reichstages gemacht haben. Herr v. Levetzow ist Landesdireltor der Provinz Brandenburg. Er ist ein humanistisch gebildeter Mann und vor Allem durch und durch ein Ehrenmann. Das Letztere hat er während der Wahlzeit bewiesen, ats er in seiner Kandidatenrede mit aller Entschiedenheit gegen das antisemitische Unwesen Front machte. Die meisten seiner Parteigenossen haben das nicht gethan, und der neue Präsident hat damit zum Mindesten ge­zeigt, das: er unabhängig und unparteiisch ist. Dies sind immerhin zwei nicht zu unterschätzende Tugenden eines Präsidenten.

Große Aufmerksamkeit erregt die Ankunft deS Kardinals Fürsten Hohenlohe in Berlin. Man glaubt allgemein, dieser Kirchenfnrsr sei vom Papste mit Unterhandlungen in Betreff der Beilegung des Kirchenstreits beauftragt. Offiziös wird sowohl in Rom, als auch in Berlin dieser Annahme entgegen­getreten, was übrigens nicht beweist, daß sie un­richtig ist. Jedenfalls ist Kardinal Hohenlohe in der Reichshauptstadt Gegenstand großer Aufmerk­samkeit. Am 18. speiste er beim Reichskanzler, am 19. wurde er vom Kronprinzen empfangen und am gleichen Tage speiste er beim Kaiser.

Der Königl. preuß. Kriegsminister hat der Mg. Zeitung" zufolge erst in jüngster Zeit be­stimmt, daß die Einführung der neuen deutschen Nechtsschreibung bei den Unteroffiziersschulen er­folgen soll, jedoch ohne besondere Beschleunigung, durchaus allmälig. Dagegen soll es in der Militär­verwaltung, sowie bei dem Unterricht in den Regi­mentern, ja selbst im Kadettenkorps bei der älteren Schreibweise sein Bewenden behalten.

Der bekannte Schriftsteller Jokai schreibt in seinem Blatte (Hon) aus Wien folgendes:Jemand hat jüngst den Fürsten Bismarck gefragt, ob es ihm nicht angenehm wäre, wenn Graf Andrassh wie­der Minister des Aeußern würde. Als Diplomat sähe ich es gern, lautete die Antwort, aber als Mensch und guter Freund sehe ich ihn lieber dort, wohin ich selbst gehen möchte: in glücklicher Zurück­gezogenheit. Wenn einst schwere Zeiten kom­men, wird man uns wieder rufen."

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 20. Nov. Das Ereigniß des Tages ist für uns die nunmehr bezüglich des Ministe­riums des Aeußern erfolgte definitive kaiserliche Entscheidung, durch welche das Portefeuille an den Grafen Katnoky, dessen Kandidatur schon in den letzten Tagen als die einzig ernste bezeichnet wurde, überzugehen haben wird. Die Berufung des Grafen Kalnoky wird hier allgemein mit Vertrauen begrüßt. Blau erblickt in demselben eine während seiner bis­herigen amtlichen und diplomatischen Thütigkeit als Vertreter Oeslreichs beim Vatikan, beim Kopenhage- ner Hofe und zuletzt als Botschafter in Petersburg bewährte diploimuiichc Kraft, welche nun ihre Fähig­keiten weiter zu erproben Gelegenheit haben wird. Daß die Richtung der ausw. Politik unter der Lei­tung des Grasen Kalnoky dieselbe bleiben wird, wie unter seinen beiden letzten Vorgängern, wird als selbstverständlich betrachtet.

AnS Wien bringt dieTribüne" die seltsame Meldung, der Papst strebe mit Äismarck's und Gam- verra's Beistand die Souveränetät über einen Theit der Stadt Rom an. Dieser Theit der Stadt soll ein unter der Garantie der Brächte bestehender Pabst- sitz sein. (?)

Frankreich-

In Marseille wurden Freitag Nacht zahl­reiche Maueranschlüge angehestet, in welchen es Hecht:Es ist Zeit, den erbitterten Kamps ohne Waffenstillstand und ohne Gnade wieder zu begin­nen, weil man nicht mehr gleichgültig bei der tune­sischen Greulichkeit bleiben kann, in welcher unsere Soldaten zum Ruhme und zmn Besten Gambetta's, des meineidigen Bürgers u. s. w., hingemvrdet wer­den." Der Ausruf schließt mit den Warten:Ar­beiter, laßt uns die Mittel anivenden, welche die Wissenschaft bietet, deren sich die Nihilisten und die Fenier zum Vorbilde bedienen. Es ist eine Handlung der Menschlichkeit, den Ausbeutern und Meuchelmördern des Volkes den Tod zu geben."

Türkei.

Aus Chios, der so schwer heimgesuchten Insel, werden neue Erdstöße signalisirt. Man befürchtet, daß die ganze Insel eines Tages ver­sinken wird. Thatsache ist, daß sie sich über dem Centrum eines vulkanischen Herdes befindet.

Rußland.

Alle Versuche der russischen Behörden, den Nihilismus zu unterdrücken, scheinen bis jetzt nicht den gewünschten Erfolg zu haben. Vor Kurzem erst wurde nach einer Meldung desS. und F. Evur." enie eigene sogenannteGarde" gebildet, welcher ausschließlich die B e w a ch nng des Czaren zufällt. Dieselbe ist ein militärisch organisirtes Corps aus Geheim-Polizisten, von welchen fast jeder Gar­dist mehr Gehalt als ein Major der Armee bezieht. Diese Garde hat dem Ezar in Rußland ans alle Schlösser zu folgen und Tag und Nacht um seine Person zu sein. Da verlautete plötzlich, daß eine Verdoppelung des Standes dieser Garde anbesohlen worden sei. Kaum war diese Kunde in die Oefsent- lichkeit gedrungen, so fand schon der Czar auf sei­nem Schreibtische eine Kundgebung des Executiv- Comites d er Nihilisten, welche mit der kühnen Drohung schließt, daß die Verschworenen den Czar, wie seinen Vater, in Mitten seiner Garden zu errei­chen wissen werden.

Amerika.

In Amerika nimmt der Prozeß Guiteau seinen Fortgang. Der Angeklagte sucht durch das denkbar albernste Betragen Geistesstörung zu er­heucheln. Er schimpft auf seinen Vertheidiger und beträgt sich so ungeberdig, daß er in jeder der letzten Sitzungen abgeführt werden mußte. In einer der­selben wurde Herr Vlaine als Belastungszeuge ver­nommen. Derselbe erklärte, daß Guiteau ihn mit Anstellungsgesuchen fortgesetzt belästigt, im übrigen aber den Eindruck eines ganz vernünftigen Burschen gemacht habe. Das Publikum widmet dem Prozesse großes Interesse, der Saal ist stets von Zuschauern vollgepfropft, unter denen natürlich das zartere Ge­schlecht zahlreich vertreten ist. Bei der Zurücktrans­portirung Guiteau's nach dem Gefängnisse schoß ein junger Mann zu Pferde aus ihn und verwundete ihn leicht am Handgelenk. Derselbe ist verhaftet wor­den. Man glaubt, daß er verrückt ist.

Handel L Verkehr.

.s. Altenstaig, 22. Nvvbr Der heutige Advent- Jahrmarkt war von Krämern, Händlern, Viehverkäufern und svnstigen Marktlmten aus nah und fern überaus stark besucht. Der Krämermarkt gicng feinen gewöhnlichen flauen Gang, wogegen.auf dem Viehmarkt kaum durch die Masse des ausgestellten Viehes hindurch zu kommen war. Israelitische -

Händler aus Slraßburg, Kehl, Heidelsheim, Malsch u. s. w. 3 kauften die fetten Ochsen und Rinder zusammen per Zentner Mittctwaarc 60 .6, Primawaare 70 Kühe galten bis zu i

200 und darüber das Stück. Der Schweinemarkt war förmlich überführt, westhalb manches Stück unverkauft;btieb. Saugschweine galten 15 -20 Lauser bis 60 ^ das Paar. zx

Der Flachsmarkt war überführt, das Pfund galt 85 -4 bis 1 -ätz- ^ Stuttgart, 21. Nov. fLaudesprodukteubörse.f Un- '

scre Börie verharrte auch heute in der alten Lustlosigkeit und der Umsatz war ein sehr geringer. Wir notiren pr. 100 Wo- ^ ^ gramm: Waizeu, bayerischer 26 50 bis 2? .6, Kernen3

26 ^75 >4, Roggen, Ungar. 22 .L 33 4, sranzös. 22 50 <4, ' ' " ,

Gerste, bayerische 2l bis 21 25 P, Haber 15 ^ 20

bis 16 ^ 50 -4. Mehlpreise pr. 100 Kilogramm: Nro. 1: "'S"

.6 37.50 -38.50, Nro. 2: >-< 35.50-36.50, Nro. 3: .^32.50 WWo> bis 33.50, Nro. 4: 27.5028.50. 3 Z «

4yzchg Würlt. H ypothekenp saudb riefe. Wir glauben dem betheiligteu Publikum durch speziellen Hinweis g

au dieser Stelle, auf die am 26. ds. stattfkndeude Berloosuug ' xr-

des Betrags von 3,505,000 obengenannter Pfandbriefe einen Gefallen zu erzeigen. Es nebmcn hieran sämmtliche ' 3

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Ziehung zu versichern, und zwar, wie wir baren gegen eine o^3 ^ Prämie von 25 Pfg. für Hundert Mark nominat

Im Banne der Leidenschaft.

Novelle von B. Werner.

(Fortsetzung.)

Während ss in diesem Zimmer das heiligste Gefühl, die Mutterliebe, in tiefer Trauer lag, wüthete im Nebenzimmer eine schreckliche Leidenschaft. Am ei­nen Tisch herum saßen sechs Männer, darunter auch Mont und der Barsn von Baben und spielten ein höchst gefährliches Hazardspiel. Monk war der Glück­lichste, den» es wurde mit Hülfe des Oberkellners, den Mont vorher in sein sauberes Geschäft eingeweiht und für sich gewonnen hatte, mit einer Karte gespielt, welche Monk höchst rajfinirt gezeichnet hatte. Er hatte den größten Haufen Geld und Werthpapiere vor sich liegen, während der Baron von Baben schon fast

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ein ganzes Geld verloren hatte unheimlichen Blicken dem Lause des Spieles war die Reihe wieder an ihm zu setzen. Er schob das ganze Geld, was ihm augenblicklich zu Gebote stand, Monk unter die Nase. Monk mischte grinsend die Karten und schlug dann die Blätter ans. Der Baron hatte gewonnen und der Rest seiner Baarschaft satte sich verdoppelt. Kaum konnte er erwarten, bis die Reihe wieder an ihn kam. Er setzte zum zweiten Male die ganze Summe und abermals schlug Monk grinsend die Karten. Der Baron gewann wieder.

Oie Augen der anderen Spieler richteten sich jetzt auf ihn. Er hatte jetzt seine Verluste wieder leidlich ge­deckt und man glaubte, er würde aufhören zu spielen.

Aber seine Augen ruhten unverwandt ans dem Spiele und er drehte sich manchmal nur kurz um, um ein Glas feurigen Weins mit fieberhafter Eile zu trinken.

Wieder kam die Reihe des Spiels an ihn und er setzte abermals die ganze Summe. Monk verzog jetzt das Gesicht zu einem dämonischen Lächeln. Er schlug die Karten und der Baron verlor sein ganzes Geld.

Monk häufte es gleichgültig auf seinen Haufen.

Der Baron sah jetzt mit verbissener Miene dem Spiele zu. Wieder kam die Reihe an ihn. Vom Weine er­hitzt, sagte er zu Monk:Herr Monk, Sie kennen mein Reitpferd, den prächtigen Fliegenschimmel. Fünf­hundert Thaler ist er unter Brüdern werth. Spielen wir um ihn, die Herren sind Zeugen " Monk mischte ^ die Karten und schlug sie aus. Der Fliegenschimmel 3 3 >z3 war verloren. Der Baron stand jetzt hastig auf, ging nach einem der Spiegelfenster und starrte unver­wandt hinaus nach dem Bahnhofe. Kurze Zeit darauf hörten auch die übrigen Spieler auf zu spielen und verließen das Zimmer. Die junge Dame im Ne­benzimmer hatte sich jetzt ausgeweint. Nach und nach sah sie die Nothwendigkeit der Trennung von dem geliebten Kinde ein und allmählich fand auch die Hoff­nung wieder Raum in ihrem Herzen. Sie erinnerte sich jetzt auch, daß der Baron schon lange weg sei und erkundigte sich nach ihm. Als sie hörte, daß er sich im Nebenzimmer befinde, trat sie mit schüchternen Blicken in dasselbe. Sie bemerkte ihn, wie er re­gungslos in der Fenstervertiefung lehnte. Ihr gutes Herz machte sie glauben, daß er übermannt vom Schmerz über die Trennung von seinem Kinde, hier seine Thränen ausweinte. Sie legte daher sanft die Hand auf seine Schulter und schmiegte sich an ihn.

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