60. Jahrgang.
Aro. 152.
Amts- um! Intelkigenzökatt !ür äen ^ezirli.
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Donnerstag, äen 2^. Dezember 1885.
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öie Weöcrktion.
Weihnachten!
Es steht dort eine Hütte am Waldesrand allein,
Hell blinken durch die Fenster des Himmels Sternelein.
Rings hüllet weit die Erde ein winterliches Kleid, —
Und tausend Herzen jubeln: o gold'ne Weihnachtszeit!
Doch dort in jener Hütte, bei wüschtem Schneegetreib,
Sitzt thränenvollest Auges ein jung verlass'nes Weib.
Ihr Kind, das einz'ge, tbeure, — all and'res sie verlor —
..Schaut-.kindlich fromm und fragend zur-Mutter jetztempor: ...
„O Mutter, gute Mutter, ich möcht' so gern mich freu'n,
„Sag, kommt zu uns nicht heute das liebe Christkindlein? - „Wohl sind wir arm und waren schon oft ohn' Brot und Licht,
„Doch kommt zu solchen Menschen der Gottesengel nicht?"
„O doch", spricht bang die Mutter, „er kommt, der heil'ge Christ", Indes sie still in Thränen des Kindes Unschuld küßt.
„Einst kommt der Tag des Lichtes, der Freude, liebes Kind,
„Gott will, daß wir auf Erden in Leid geduldig sind."
Doch kaum hat sie geendet, hüllt Heller Lichterschein Wie Himmelsglanz die Stube der frommen Mutter ein.
Ein Lichterbaum, so herrlich, stand vor der offnen Thür,
Und sein Gezweig bedeckte gar köstliches Gezier.
Ein Korb mit reichen Gaben ihm noch zur Seite stand, — Dies alles kam, wie plötzlich vom lieben Gott gesandt. —
Dis Mutter unter Thränen den Blick gen Himmel hebt,
Ein Heiß Gebet nach oben von ihren Lippe» beht. --
„O Kind, das kommt von Menschen, die fremdes Leid verstehn, „Und die der güt'ge Schöpfer zum Werkzeug ausersehn!"
So sprach die fromme Mutter und lächelte verklärt:
War doch in ihrer Hütte das Christkind eingekehrt.' --
O Glück, o heil'ger Frieden der sel'gen Weihnachtszeit,
Kehr ein in Aller Herzen in ganzer Herrlichkeit!
Wie ist das treue Geben unendlich doch belohnt,
Wenn Himmelslust und Freude auch in der Hütte wohnt! —
F. W. Grothe.
Jeu illeton. «Nachdruck verboten.)
Der: Auswanderer:.
Erlebnisse eines Deutschen in Nord-Amerika.
Von Karl Zastrow.
(Fortsetzung.)
Sinnend schaute der Deutsche den beiden Wilden nach. „Hm", flüsterte er dann, „sind doch kuriose Menschen, diese Indianer; aber so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. An diesen Beiden erinnert mich Nichts an die Helden Cooper'scher Erzählungen. Freilich haben sie sehr verloren durch die fortwährenden Unterdrückungen der Europäer und dann lieben sie den Branntwein zu sehr, als daß sie gesund und stark bleiben könnten, aber cs wird Einem doch weh ums Herz, wenn man so eine ganze Rasse allmählig aussterben sieht, wo doch Raum genug ist für Millionen.
Langsam schritt er nach dem Blockhause zurück, wo er jedoch erst spät am Nachmittage eintraf. Er war mit dem Erfolge seines Streifzuges zufrieden und sein erstes Geschäft war, den Schinken in den Rauchfang zu hängen. Erst dann bereitete er sich ein einfaches Mahl, das ihm heute viel besser mundete, als in dem abgeschlossenen, kaltsinnigen Familienkreise seines Nachbars. „Eigener Herd ist Goldes wert!" sprach er mehrmals mit triumphierendem lächeln vor sich hin.
Trotzdem daß unser Ansiedler sich auf das Genaueste einschränkte, ging sein geringes Barvermögen doch zu Ende und er war bald genug genötigt, eine Anleihe bei dem Farmer zu machen, wozu sich dieser nur unter der Bedingung, daß Borrmann ihm auch das B.'ockhaus verpfändete, bereit finden ließ.
Endlich kam auch die längst ersehnte Erntezeit heran und der neue Farmer konnte mehrere Scheffel Kartoffel, Mohrrüben und andere Gemüsearten in den Keller bringen. Aber von Dem, worauf er am meisten gerechnet hatte, Getreide und Hülsenfrüchte, erzielte er so wenig, daß er kaum die Aussaat für das nächste Frühjahr übrig behielt, wenn er für seinen Bedarf die nötige Quantität entnahm. Am Allerwenigsten konnte er daran denken,
sich durch den Verkauf eines Teiles seiner Ernte einen kleinen Geldgewinn zu sichern. Zu spät sah er ein, daß Wilm ihm beim Abschluß des Geschäfts die Wahrheit verhehlt hatte.
„Ihr seid nicht ehrlich gewesen, Wilm!" redete er den Farmer an, als er diesen, ruhig mit Eindringen seiner allerdings bedeutenden Ernte beschäftigt, auf dem Felde traf. „Ihr habt mir gesagt, das Land hier herum sei so außerordentlich gut und ergiebig, daß ich mit der ersten Ernte Euch meine Schulden bezahlen könne. Nun seht, wie es mir ergangen ist. Kaum die Aussaat habe ich gewonnen und Ihr werdet lange Geduld haben müssen, bis ich Euch gerecht werden kann."
„Freund!" antwortete Wilm mit einem kalten, höhnischen Lächeln, „als ich Euch meine Ansicht entwickelte, da glaubte ich doch mit einem Manne zu thun zu haben, der etwas mehr von der Landwirtschaft versteht, als ein Ochse, der weiter nichts kann, als den Pflug ziehen. Ihr scheint mir so verständig und gebildet, daß ich's beinahe sür Grobheit hielt, Euch meinen guten Rat in dem, was Ackerbau betrifft, aufzudrängen, umsomehr, da Ihr mich nie darum befragtet."
„Aber ich bitt' Euch, was kann man, wenn man überzeugt ist, gutes Erdreich zu haben, weiter thun, als daß man das Korn in die Erde streut und nun ruhig abwartet, bis es aufgeht? Sind die landwirtschaftlichen Verhältnisse hier zu Lande anders, als bei uns in Deutschland, so war es Eure Pflicht und Schuldigkeit mich darauf aufmerksam zu machen!"
„Und Ihr — ich wiederhole es — hättet mir können eine Frage vergönnen. Ich würd' Euch Red' und Antwort gestanden haben. Sagt mir doch, ob Ihr Euch wohl so recht um Euren Acker bekümmert habt, wie sich's gehört? Zn die Stadt fahren und auf die Jagd gehen ist freilich bequemer und anständiger, als ein Paar Fuhren Dung auf das Land bringen."
„Macht mich nicht böse, Wilm!" versetzte Borrmann in gereiztem Tone, „die größte Schuld habt Ihr. Daß ich im Leben nicht mit Pflug und Egge umgegangen bin, wußtet Ihr, und so hättet Ihr ein Wort zur Zeit sprechen können."
Des Christfestes wegen erscheint am Samstag kein Platt.