Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.
N 119.
Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 60 4, in dem Bezirk
2 außerhalb des Bezirks 2 40 <1.
Dienstag den o Moder.
Jnsertionsgcbiihr für die Ispallige Zeile aus ge-! wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 ^,1 I
bei mehrmaliger je 6 <5. ' !
Amtliches.
Die Ortsvorsteher
werden hiemit an die rechtzeitige Einsendung der Urlisten für die Auswahl der Schöffen und Geschworenen unter Hinweisung auf die Justizmin.-Verfügung vom 16. Juni 1880, Regbl. S. 156 ff. erinnert: zugleich werden die neuesten Kohlhammer'schen Formulare, in welchen obige Verfügung abgedruckt ist, empfohlen.
Nagold, den 4. Oktober 1880.
Oberamtsrichter
Daser.
Nagold.
An die Ortsvorstrher.
Dieselben werden veranlaßt, den betreffenden kgl. Forstämtern die Steuerzettel pro 1880/81, soweit es nicht bereits geschehen, sofort zuzustellen.
Den 1. Oktober 1880.
Kgl. Oberamt. Güntner.
An die Königlichen Pfarrämter.
Nach Anweisung des Consistorial-Erlasses vom 26. Juli 1878, Abl. S. 2801 ff., sind die Notizen über die persönlichen Verhältnisse solcher Schullehrer- Wittwen, welche an die Denzel'sche Stiftung Anspruch machen zu können glauben, bis 10. d. M. einzusenden.
Zugleich wird die Vorlage der Militärlisten auf 15. d. M. in Erinnerung gebracht.
Altenstaig, 2. Oktober 18S0.
K. Bezirksschulinspektorat.
—_ Mezger._
Franxofenwirthfchaft in Haindnrg.
Bon vr. F. Müller.
Es wird nicht schaden können, gegenüber dem häufigen Lamentiren der Bierphilister über die uns doch von den drohenden Nachbarn aufgezwungene Erhöhung unseres Militär-Etats einmal zu vergleichen, was für Freundschaft die Herren Pariser uns erweisen würden nach dem Beispiele, das sie zur Zeit ihres ersten Napoleon, als sie angeblich ganz vorn an der Spitze der Civilisation marschirten, aufstellten. Vielleicht erscheint es dann doch Manchem gut, daß sie 1870 nicht nach Preußen marschirten, dessen Fall für ganz Deutschland eine neue französische Invasion bedeutet hätte, denn Oesterreich hätte schwerlich viel thun und helfen können für die ihm entlegenen rheinischen Gebiete. Die Süddeutschen haben, wenn sie ihre deutsche Art unabhängig von dem Wesen Frankreichs erhalten wollten und etwas auf den Namen Deutschland geben, gar keine andere Wahl, als mit dem Norden zu gehen, der von Napoleon seit lange schon als Mittel zu ueueu Lorbeeren ausersehen war und keine Verzeihung dafür erhalten konnte, daß er es gewagt, sich selber auf die Beine zu stellen, ohne erst in Paris um Erlaubniß zu fragen und dafür das deutsche Land Lützelburg oder Luxemburg zu geben. Dian behaupte auch nicht etwa, die Welschen seien jetzt besser civilisirt, als im Anfang dieses Jahrhunderts; Napoleon III. Regierung bedrohte amtlich den badischen Großherzog mit dem Schicksale, das die Pfalz durch Ludwig XIV. erlitten, als von den „Generäle" betitelten Mordbrenneranführern Melac und Montclar fast alle Städte und viele Dörfer in Asche gelegt wurden, damit die Deutschen künftig nicht durch die künstliche Wüste zur Wiedereroberung des geraubten Elsaßes Vordringen könnten. Sehen wir nun, was unter Napoleon I. einer offiziell zum französischen Kaiserthume gehörigen, also nicht einmal feindlichen Stadt ge
schah, und es wird, glaube ich, hinreichen, um dringend zu mahnen: „Seid einig, einig, einig!" — Der Marschall Davoust, Prinz von Eckmühl, französischer Befehlshaber in Hamburg, den man neuerdings so gern reinwaschen möchte, erließ z. B. folgende Tagesbefehle, die ich wörtlich in der llebersetzuug mittheile: 7. Juli 1813. Als Strafe wird hiermit der -Ltadt Hamburg eine außerordentliche Steuer von 48 Millionen Francs auferlegt. — 28. Juli. Bei Reclamatwnen wird nur den Bittenden Gehör gegeben, die ihre Gesuche in französischer Sprache abgefaßt haben. — 14. August. Betreffs ihres Alters sind von der befohlenen allgemeinen Schanzarbeit nur die Einwohner frei, welche das 60. Jahr überschritten haben. — 15. August. Alle Versammlungen der Einwohner in den Straßen sind verboten (man denke, in einer großen Handelsstadt); wenn sie nicht auf die erste Aufforderung auseinandergehen, so werden die Schuldigen verhaftet und erschossen. Frauenzimmer sollen durch die bewaffnete Macht auseinandergetrieben und mit Ruthen gepeitscht und eingekerkert werden. (Höfliche Parker!) Das Zusammenstehen von mehr als 4 Personen ist als Versammlung zu beleuchten. - - 8. November. Der Besitz von Waffen jeder Art wird mit dem Tode bestraft. Jeder Einwohner, der während eines Angriffs in den Wällen angetroffen wird, wird erschossen. — 20. Dezember. Unter allen Umständen ist es verboten, in den Wüllen und Festungswerken zu gehen; die Zuwiderhandelnden erhalten beim ersten Male 50 Stockprügel; im Wiederholungsfälle werden sie unter Verlust ihrer Habe aus der Stadt gejagt. Jeder Einwohner muß sich beim ersten Kanonenschüsse oder beim Generalmarsche sofort nach Hause begeben oder, wenn dies zu weit entfernt, ins nächste Haus gehen; Zuwiderhandelnde sollen 50 Stockprügel erhalten. — 21. Dezember. Se. Ex- cellenz der Prinz von Eckmühl befehlen allen Einwohnern des Hamburger Berges, ihre Häuser längstens in 4 Tagen zu räumen, widrigenfalls die Säumigen ihr Mobiliar verlieren werden; das Gleiche wird allen Bewohnern des Gebietes von Hamburg befohlen, deren Häuser nicht 600 Klafter von der Sternwarte entfernt liegen. (Durch diese Maßregel wurden mehr als 1200 Grundstücke zerstört mit einem taxirten Wertste von 35,701,100 Fr., nnd dazu war das Ganze für die Vertheidi- gung völlig nutzlos, diente vielmehr nur dazu, den Franzosen für ihr Lager vor der Stadt recht viel Brennholz zu liefern, während die Einwohner zu Weihnachten frierend auf der Straße saßen). — 29. Dezember. Außer vielen andern, von einer Privatkommission zu richtenden Vergehen wird jede Insubordination, Gewaltthütigkeit oder Drohung gegen französisches Militär mit dem Tode bestraft. Die Urtheile der Kommission sollen binnen 24 Stunden vollstreckt werden und kann dagegen kein Appell stattfinden. — 2. Januar 18 l 4. Wer von heute an von seinem zu haltenden Vorrathe von Korn und Mehl verkauft, wird mit dem Tode bestraft. — 13. Febr. Jeder, bei dem man irgend einen, der Behörde nicht bekannten, Vorrath von Fourage findet, wird erschossen. —
Wie klingt denn das Alles den für die Napoleons, für das Franzosenthum und die Reducirung des deutschen Heeres so sehr schwärmenden Herren Volksfreunden'? — Ich will die einzelnen schweren Requisitionen in Hamburg nicht erwähnen, sondern nur bemerken, daß an Naturalien in der „guten Stadt" des französischen Reiches für 17,385,116 Fr. requirirt wurde, daß durch das nutzlose Einreißen
eines ganzen Stadttheils an Mobiliar für 2,651,611 Fr. verloren gieng, daß die ganzen Geldvorräthe der Bank nach Paris geschleppt wurden und außer diesem der Schaden Hamburgs, einer einzigen Stadt also, noch auf 71,964,450 Fr. berechnet werden muß, nicht zu gedenken des gänzlich r.änirtca Handels und der vielen verlorenen und nach Frankreich geschleppten Schiffe. Dagegen ist dann doch das viel reichere und größere Paris 1870 glimpflich weggekommcn. Noch jetzt gibts bei uns Städte, die an den Zinsen der durch die pikfeine Kulturnation von der Seine erpreßten, in der Noth entliehenen Summen zu zahlen haben. Sollte cs einen wirklichen Deutschen geben, der wieder einmal gern seines Vaterlandes Städte würde plündern und niederreißen sehen? Er, verdiente es, nach dem Lande seiner Sympathien fortgejagt zu werden. - - (D. Fam.-Bl.)
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Postvcrwalter E. Lutz, Eigenthümer des Schwarzwaldh otels am Bahnhf in Freudenstadt, versendet einen Prospekt seiner Pension für Luft- und Milchkurgäste. Der Prospekt zählt die Vorzüge der Lage, die Kurmittel, die Ausflüge nach der Nachbarschaft , die Fernsichten, Flora, Fauna und Zeitvertreib, die dargeboten werden, auf und erläutert den Prospekt durch den cigcnthümlichen Plan von Freudenstadt, sowie durch eine Orientirungskarte, welche einen großen und den interessantesten Theil des Schwarzwaldes umfaßt.
Entringen. Die Feuerwehren von Entringen und Breitcnkiolz werden für ihre muthvolle nnd aufopfernde Thätigkcit bei dem am 28. August d. I. dahier stattgehabten Brande vom K. Ministerium des Innern öffentlich belobt.
Stuttgart, 1. Oktbr. (Württemberger beim Papste.) Am 27. Septbr. hatte der kath. Stadtpfarrer Schneider von hier und der Redakteu- Kümmel vom „D. V." mit noch circa 230 Personen Audienz beim Papste. Herr Kümmel überr reichte dem Papste 2700 Frcs. als Peterspfennig, wofür der Papst herzlich dankte. Er erkundigte sich laut „D. V." angelegentlich über das Befinden des Bischofs v. Hefele, „dessen er in längeren höchst schmeichelhaften Worten gedachte und segnete schließt lich die beiden Württemberger durch Händeauflegung. Wie allseitig versichert wurde, hat diese Auszeichnung die allgemeine Aufmerksamkeit der übrigen, an der Audienz Theilnehmenden erregt."
Stuttgart, 1. Okt. Hr. Professor Dr. G. Jäger, Entdecker der neuen Seelentheorie, glaubt neuerdings durch Anwendung seiner „Neuralanalyse" auf die praktische Medizin, speziell auf die Heilmittellehre, gefunden zu haben, daß die Homöopathie das allein Richtige sei; mit der Allopathie, meint er, sei es von nun an aus und vorbei.
Stuttgart, 1. Okt. Gestern Nacht schoß sich der 22jährige Buchdrucker Theodor Albrecht von Leonberg, bei seinen Eltern hier wohnend, im Abtritt einer Restauration mit Wasser in die Schläfe und war sofort eine Leiche. Grund der That Liebeskummer.
Tübingen, 1. Okt. (Schwurgericht.) Der 68 Jahre alte Stiftungspfleger I. Klein von Altenstaig wurde wegen Rechnnngsfälschung und Unterschlagung zu 8 Monaten Gefängniß verurtherlt. — Der Metzger Friede. Seeger von Nagold wurde von der Anklage der Fälschung einer öffentlichen Urkunde in gewinnstchtiger Absicht — es handelte sich um ein Eisenbahnbillet, auf welchem der Ausstellungstag verwischt worden war, — frei gesprochen.