einem deutschen Prinzen zur Gemahlin gab. Die hier lebenden Oesterreicher werden gewiß über jenen Vorfall in Prag um so mehr beschämt sein, als sie ihrerseits sich bei uns, und- namentlich in München, in der freiesten Weise entfalten können. München ist sogar, was seine Duldsamkeit anbelangt, selbst zu einer Vorstadt von Wien geworden, man begegnet hier an Firmenaufschriften dem österreichischen Adler doppelt so oft als dem deutschen Reichsadler, und unsere höhere Gesellschaft süblt sich bekanntlich ohne­hin mehr österreichisch als deutsch. Um so mehr er­scheint es uns als eine Pflicht, auf die große Un­duldsamkeit hinzuweisen, der sich visiere Herren Nach­barn jenseits des Inns gegen deutsche Symbole erlauben."

Am 25. Juni werden es 350 Jahre, daß die Augsburger Confessio» übergeben, 300 Jahre, daß das abgeschlossene Coneordienbuch feierlichst pro- mulgirt wurde.

Darmstadt. Nach Herr l)r. Ludloff aus Friedberg ist der durch den letzten strengen Winter an den Obst bäumen in Hessen-Darmstadt verur­sachte Schaden auf nicht weniger als 67 Mill. Mark zu taxiren; im ganzen Großherzogthnm sei im Durchschnitt etwa der dritte Theil der sämmtlichen Obstbäume erfroren: es werde eine Zeit von 14 bis 18 Jahren nvthig sein, um den Verlust wieder völlig z» ersetzen.

In Elberfeld sind die schwarzen Menschen­pocken ausge-rochen. Seil einigen Tagen sind von der Polizei an denjenigen Häusern, in welchen Pockenkranke liegen, schwarze Tafeln mit der In­schrift:Hier sind die Pocken" angeheftet worden. Im südlichen Stadttheile allein sind 14 Personen von der Krankheit ergriffen. (Der Köln. Ztg. zu­folge zeigt die Krankheit einen milden Charakter.)

Gewitter, Wolkenbrüche und Hagelschlag scheinen in den letzten 8 Tagen in Deutschland in weiter Ausdehnung gehaust und viel Schaden angerichtet zu haben. Die Zeitungen sind angefüllt mit des- sallsigen Berichten aus den verschiedensten Gegenden.

Berlin, 16. Juni. Die erste Sitzung der Konferenz dauerte heute von 2 bis 3°/i Uhr und beschäftigte sich nach einer begrüßenden Ansprache des Fürsten Hohenlohe zunächst mit Formalitäten, be­treffend den Austausch der Vollmachten und der Geschäftsordnungsfrage. Heute Nachmittag 5 Uhr ist Diner bei dem Fürsten Bismarck, welchem außer den Botschaftern auch die technischen Mitarbeiter der Konferenz beiwohnen. Die nächste Sitzung der Kon­ferenz findet Freitag oder SamStag statt. Morgen dürften die Botschafter der Preisvertheilung in der Fischereiausstellung beiwohnen.

Im kommenden Herbste wird zu Berlin eine Conferenz deutscher Armenpfltzger stattfinden. Die Einladung wird von der Spitze des dortigen großen Vereins gegen Verarmung und Bettelei ergehen, an welche dazu neulich von einer zufällig in Leipzig versammelten kleinen Zahl thätiger Freunde einer guten und wirksamen Armenpflege eilt Appell gerich­tet worden tvar.

Der innerhalb der sozialdemokratischen Partei seit Langem bestandeneHausstreit", der eine Zeit lang zu ruhen schien, nimmt wieder einen akuteren Charakter an. und wenn inan die neuesten Nummern derFreiheit" und desSozialdemokraten" ver­gleicht, kann man constatiren, daß Herr Joh. Most mit den Führern der deutschen Sozialdemokratie ge­brochen hat und daß die letzteren den Bruch als vollzogene Thatsache annehmen. Herr Most weist in seinem Organe jegliches Einlenken und Abgehen von der bisherigen Polemik gegen die deutsche Partei und die deutsche Genossen stracks zurück. Fast die ganze neueste Nummer der,, Freiheit" ist angefüllt mit Angriffen gegen dieabgewirthschafteten Partei­götzen, Geschäfts-Politiker anrüchigster Sorte, Schma­rotzer, Feiglinge, erbärmliche Schufte re.", mit wel­chen liebenswürdigen Bezeichnungen die deutschen Parteiführer beglückt werden.

Bezüglich der voraussichtlichen Entscheidung der Konferenz ist schon früher mitgetheilt worden, daß Deutschland, England, Frankreich und Oester­reich im Einverständmß seien über eine Lime, die etwa der Wasserscheide auf dem Kamme der nörd­lichen Gebirge folgen, Janina und Metzowo Grie­chenland zuweisen würde. Diese Mittheilung wird von sonst gut unterrichteten Seiten aufrecht erhalte« und man darf wohl annehmen, daß diese Lösung die Mehrheit und wahrscheinlich auch schließlich die Ein­

stimmigkeit der Mächte für sich haben werden. Grie­chenland hat danach Aussicht, einen Zuwachs von etwa 300 350 000 Einwohnern zu erhalten und sich einer Bevökerungszahl von zwei Millionen (bis jetzt 1,680,000) zu nähern.

Zu Gumbinnen kehrte die 8. Compagnie des dortigen Bataillons von einer Felddienstübung zurück Der Grenadier B. hatte dabei mehrere Platzpatronen erübrigt, von denen er die Pulverfüllung in die Pfeife eines Kameraden füllte und diese dann mit Tabak vollstopfte. Als sein Kamerad sich die Pfeife in Brand steckte, explodirte dieselbe sofort und be­schädigte das Gesicht des Rauchenden erheblich. Während der zugezvgene- Bataillons-Stabsarzt und der Compagnie-Chef mit dem Feststellen der Brand­wunden und des Thatbesiandes beschäftigt waren, erschoß sich der Anstifter des Unheils.

OesterreichUngarn.

Innsbruck, 15. Juni. In der gestrigen Sitz­ung des Landtages wurde eine Erklärung der Bi­schöfe von Trient, Brixen und Salzburg ver­lesen, worin dieselben gegen die vollzogene Bildung von zwei evangelischen Pfarrgemeinden, welche wider Willen und mit Verletzung der heiligsten Gefühle der Tyroler erfolgt sei, protestiren und um Aufnahme dieser Erklärung in das Landtags- Protokoll ersuchen.

Budapest, 12. Juni. In Arad tobte vor­gestern ein entsetzliches Gewitter, wobei vier Soldaten des 46. Jns.-Reg., welches eben Hebungen hielt) vom Blitze erschlagen wurden; mehrere sind schwer verletzt.

Frankreich.

Paris, 15. Juni. Der Ministerrath erklärte sich in seiner heutigen Berathung gegen die Ver­leihung der vollständigen Amnestie Die Regie­rung wird blos ein Decret vorlegen, durch welches eine weitere Anzahl Verbannter begnadigt werden soll. Die äußerste Linke und der republikanische Verein wollen nun infolge der Ablehnung von Seiten der Regierung einen Gesetzentwurf für die vollstän­dige Amnestie einbringen und für denselben die Dring­lichkeit beantragen, so daß die Angelegenheit mögli­cherweise noch vor Ende des lausenden Monats ent­schieden werden kann.

England.

London, 16. Juni. (Unterhaus.) Richard beantragt Schritte zu Gunsten einer gleichzeitigen Entwaffnung Europas. Gladstone erklärt, durch Krieg seien in Europa seit 30 Jahren viele einen permanenteren Frieden begünstigende Operationen vollzogen worden: Die Einigung Italiens, die Re­konstruktion Deutschlands und die jüngste Befreiung der Slaven seien nicht durch friedliche Mittel er­reicht worden. Gladstone tadelt energisch ungerechte Kriege, aber nicht die Freiheitskriege; er wünscht rationellere, minder kostspielige Mittel, als den Krieg, zur Schlichtung von Differenzen zwischen den Natio­nen zu finden, die Regierung müsse aber Diskretion betreffs der Zeit und Umstände in einer so delikaten Frage überlassen bleiben. Courtney beantragt fol­gendes Amendement:Es ist die Pflicht der Regie­rung, jede passende Gelegenheit zu ergreifen, um den fremden Regierungen die Entwaffnung zu empfehlen." Glad-stone empfiehlt das Amendement nicht, will es aber auch nicht bekämpfen. Richard's Antrag wird abgslehnt, Courtney's Amendement genehmigt.

Aus einem eben veröffentlichten parlamentari­schen Ausweise erhellt, daß im verflossenen Jahre in London 80 Todesfälle stattsanden, über welche das Verdikt der Leichenschaujury aufTod durch Verhungerung" oderTod beschleunigt durch Ent­behrungen" lautete. Von diesen Todesfällen ereig­neten sich 48 im Centraldistrikt, 28 im Osten und 1 im Westen der reichsten Stadt der Welt; 2 fanden in Westminfter und 1 in Greenwich statt.

Türkei.

Mit der Macht der albanesischen Liga scheint es rascher zu Ende zu gehen, als man geglaubt hatte, und zwar hauptsächlich, weil sich das für die Erhaltung größerer Truppenmassen nöthige Geld nicht beschaffen läßt. Von Tust desertiren die Alba­nesen schaarenweise unter dem Vorwände, daß sie ihre Felder bebauen müßten.

Amerika.

Vom südamerikanischen Kriegsschauplätze trafen in New-Jork geradezu contraire Nachrichten ein. Die Peruaner behaupteten das befestigte Tacna nach dreitägigem Sturme eingenommen zu haben und zwar

mit einem Verluste von 8000 Wann, eine Ziffer, die für die peruanischen Verhältnisse wahrhaft groß­artig zu nennen ist und die respektable Macht von 1000 Chilenen soll obendrein noch gefangen genom­men sein ! Hört man dagegssn die Chilenen an, so haben diese wieder mit einer bewundernswerthen Bravour alles-,Melsichenmögstche an Siegen geleistet, so daß man sich schließlich erstaunt fragt, ob dabei noch irgend ein Soldat der peruanischen Armee über­haupt hätte heil bleiben können. Die Chilenen wol­len ferner auch zu Wasser Erfolge errungen haben, indem sie ihrer Meinung nach eine peruanische Cvr- vette NamensManescapas" total in den Grund gebohrt haben. Einer von beiden Theilen muß nun wohl gewaltig flunkern, wenn nicht gar beide zu­sammen uns eine gewaltige Ente anfzntischen sich bewogen gefunden haben.

Von der Jagst, 14. Juni. Heute waren zu dem Bielnnarkt in Ellwaugen gegen 1000 Stuck der verschiedenen Sortimente zugctrieben. Der Handel war belebt, die Preise ziehen etwas an. Es wurde sehr viel Bich abgesetzt, so daß nach Crailsheim ein Extrazug, mit lauter Vieh belastet, abging. Auch bakniaufwärts in der Richtung nach Aalen gehen sehr viele Viehwagen. Die Wiesen, ebenso die Kartoffeln, sowie der Hopsen stehen scimmtlich gut.

Wollmarkt Ellwaugen, 15., 16. Juni. Wasch schön. Anfangs Preise hoch, später Rückgang. Gnt Bastard 170 -180, mittlere 150 -160. ' '

Ulm, 17. Juni. sWollmarkt.j Erster Markttag, Bormittags. Die Zufuhren dauern fort. Kanter viele ain Platz. Verkäufer und Käufer konnten sich über die Preise noch nicht verständigen, daher noch kein Kauf.

Kirchheim n.T., 16. Juni. (Wollmarkt.) Bis heule gelagert ca. 8000 Ztr. Die Zufuhr dauert ununter­brochen fort. Das vorjährige Quantum dürste Heuer nicht wohl erreicht werden, da im letzten Jahre in Folge schlechter Er­nährung eine Masse Schafe sowohl in Wnrteinberg als in Bayern zu Grunde gingen. Die Preise werden auf dem dies­jährigen Markt voraussichtlich besser sein als fernd, da Händ­ler unter der Hand schon beträchtliche Quantitäten aufgekaust und Preise bezahlt haben, welche die vorjährigen übersteigen.

Augsburg, 15. Juni. Wollmarkt. Zweiter Tag. DaS Geschäft entwickelt sich bei willigeren Verkäufern auf Basis der 1873er Preise. Elektoral-Wollen Kleinigkeiten höher, schlecht behandelte Wollen schwer verkäuflich. Feiiibastard, erste Schäfereien ^ 165175, zweite SorteHl, 150180, ordinäre Mittelwvllen noch nichts verkauft.

Auf dem Pos euer Wollmarkt vom 13. d. M. betrugen die gesammten Zufuhren 20323 Ztr. gegen 20,240 Ztr. im Vorjahre. Der Markt räumt sich nur sehr schwer bei ausgesprochen matter Tendenz. Schlecht behandelte Wollen müssen sehr grobe Konzessionen machen, um N e hmer zu finden .

- Calw. So oft auch schon in den Versammlungen

des landw. Vereins die namentlich ans dem Walde feststehende Gewohnheit beklagt wurde, die Heuernte erst dann vvrzunehmen, wenn die Gräser bis zur Samenrcife gediehen sind , so ist doch jedes Jahr wieder dieselbe bedauerliche Wahrnehmung zu machen. Selten wird vor Johanni die Sense zur Hand ge­nommen, weil der Glaube besteht, daß die Samen der Gräser zur Reife kommen und ausfallen müssen, damit der Fortbestand der Wiese gesichert sei. Diese Ansicht ist aber eine total irrige, da ja sämmtliche Wiesenpflanzeu, die eigentlichen Gräser, wie die Futter­kräuter und Unkräuter, ausdauernde Pflanzen sind, die jedes Jahr wieder aus dem Wurzelstocke austreiben, ohne einer Erneuerung durch Samen zu bedürfen. Wenn man dazu bedenkt, daß von dem Augenblicke an, wo die Blüte beendigt ist und die Samenbildnng beginnt, sämmtliche Pslanzensäfte auf letztere verwendet werden und gleichzeitig damit im Halme der Gräser die Strvhbildung beginnt, so wird es keines weiteren Beweises bedürfen, daß damit auch der Nahrungs­werth des Futters von Tag zu Tag ein geringerer wird. Die günstigste und allein richtige Zeit für die Heuernte ist also die Blütezeit der Gräser und es ist Heuer um so mehr gerathen, diese Zeit nicht vorübergehen zu lassen, als nach den empfind­lichen Maifrösten, welche einen förmlichen Stillstand im Wachsthum des Futters zur Folge gehabt haben, auch bei der jetzt eingetretenen wärmeren Witterung ein weiterer Zuwachs nicht mehr zu hoffen, an manchen Stellen sogar ein Rückgang zu befürchten ist. Da­gegen ist es ungleich wahrscheinlicher, daß, wenn jetzt der erste Schnitt genommen wird, bei einigermaßen günstiger Witterung der zweite Schnitt wenigstens einen Theil des Ausfalls ersetzen wird, der leider fast allgemein im ganzen Lande beim ersten Schnitt beklagt wird. Wer also gutes nahrungskräftiges und nicht geringwerthiges , strohiges Futter einsühren will, der benütze die nächsten schönen Tage zur Heuernte; neben der besseren Qualität wird er sich dadurch auch ein ungleich größerers Gewicht sichern, da vollsaftig gemähtes Futter schwer, überstandenes, strohiges Futter aber leicht wiegt. (Calw. W.)