Stuttgart. 6. März. Durch die anhaltend strenge Winterkälte sind die Fische der unteren Anlageseen zu Grunde gegangen; die massenhaft an dem unteren Ufer des rechtsgelegenen Sees treibenden todten Fische verbreiten weithin einen intensiven Verwesungsgeruch. Nicht ein einziger von den Schuppenträgern dieser Teiche, zumeist Karpfen, ist mehr am Leben.
Horb, 5. März. Gestern Morgen hatte laut H. Chr. der Bildhauer Karl Meintet dahier das Unglück, aus dem Fenster seiner Wohnung auf das Straßenpflaster so unglücklich zu fallen, daß er nach etlichen Stunden seinen Geist aufgab.
Brandfälle: Am 5. März in Wellendin- gen (Rottweil) 1 Wohnhaus samt Scheuer; jam 6. März in Schwenningen 1 Wohnhaus mit Scheuer; am 7. Mürz in Hochmössingen (Oberndorf) das Armenhaus.
Ellwangen. Der Ranbanfall, der auf dem Weg von hier nach Röchle an dem Taglöhner Schmid von Hüttlingen verübt worden sein soll, ist simulirt. Der angeblich Angefallene hat sich selbst in die Hand geschossen. Bor einem Jahr hat derselbe, wie sich jetzt herausstellt, eine ähnliche Simulation in Scene gesetzt, um Mitleid zu erregen. Damals gab er an, es habe ihn Jemand in das Gesicht geschossen; man fand aber keine Brandwunden, noch Pulverkörnchen, sondern blos etwas angebrannte Haare. Diesmal dürfte ihm dieser Spaß etwas theurer zu stellen kommen, da nach Umständen eine Amputation nöthig werden kann.
Vom Kocher und Aal. 8. März. Kürzlich verbreitete sich die Nachricht, daß in Gisingen eine Frau das seltene Glück gehabt habe, Mutter von fünf Kinder zumal zu werden. Nach Ungezogenen Erkundigungen ist dies richtig, aber die Fünflinge kamen todt zur Welt, übrigens (wenn gleich schwach und klein) alle wohl ansgebildet.
-s- Mannheim, 7. März. Unser,,Schwaben- Club beging gestern Abend das Geburtsfest Sr. Majestät des Königs Carl durch eine gesellige Abend-Unterhaltung im Bercinslocal, welche in heiterster Stimmung verlief, gewürzt besonders durch die Vorträge der Clubs-Capelle, die unter der bewährten Leitung wieder Vorzügliches leistete und fand hauptsächlich der zur Ausführung gebrachte Unrarh'schc „König Carl-Marsch" großen Beifall.
- - Eine schon Vormittags au Se. Majestät abge- richtete Glückwunsch-Depesche fand gnädigste Erwiderung , welch' Letztere mit großem Jubel entgegengenommen wurde. ll.
Fürth, 2. März. Eine Inwohnerin, welche von ihrem Manne getrennt lebt, ermordete diesen, als derselbe vom Eisenbahnbaue nach Hause kam, und zündete das Haus an. Zwei Häuser brannten nieder. Die Frau wurde verhaftet. Der verkohlte Leichnam des Mannes wurde aus den Trümmern gezogen.
Regens bürg, 5. März. Nachdem sich die durch den gestrigen Brand in Donaustauf angerichtete Verheerung überblicken läßt, stellt sich heraus, daß dieselbe noch größer ist als man anfänglich glaubte. So sind von den 156 Häusern, die der Markt zählt, kaum noch 20 stehen geblieben, unter denen sich die Kirche, das Pfarrhaus, das Schulhaus und die bekannte Wirthschaft zur Walhalla befinden. Gänzlich ausgebrannt bis auf die untere Etage ist das fürstlich Thurn- und Taxis'fche Sommerpalais, und das Rathhaus ist nur noch ein Trümmerhaufen, unter welchem die Gemeindeakten nebst den Werthpapieren als Asche vergraben liegen. Bei dem Rettungswerk verlor der Postbote des Ortes sein Leben, und außerdem kamen mehrere bedeutende Verwundungen vor.
Berlin, 8. März. Trotz seiner bisherigen Zurückhaltung wird Fürst Bismarck bei der Bera- thung der neuen Steucrvorlagen im Reichstag erwartet, zumal lebhafter Widerspruch gegen die Vorlage bevorsteht. Gerüchtweise verlautet, die Ablehnung der Vorlage werde das Tabaksmonopol unabweisbar nach sich ziehen.
Fürst Bismarck hat sich Abgeordneten gegenüber dahin ausgesprochen, daß ein noch engerer Anschluß an Oestreich, gewissermaßen ein organischstaatsrechtliches Verhültniß, wünschenswerth wäre. Es liegt auf der Hand, daß der engste Anschluß zweier solch' mächtiger Staaten in Mitten Europa s den gewaltigsten Einfluß ausgeübt und im europäischen Conzerte die erste Baßgeige spielt. Den kriegerischen Schreihälsen insbesondere wird dadurch
auf die wirksamste Art und Weise mit aller Höflichkeit und Entschiedenheit der Mund gestopft.
(Reichstag.) Die Berathung des Socialistcn- gesetzes wird keine lange Zeit in Anspruch nehmen. Einzelne Abänderungsanträge sind vorgcschlagen worden, im klebrigen aber wird die Verlängerung dieses Ausnahmegesetzes nicht zu bezweifeln sein.
Es erregte ein nicht geringes Aufsehen, als vor Kurzem Minister v. Puttkamer eine vorschriftsmäßige Rechtschreibung anordnete. Das unglückliche „h" war theilweise in Acht und Bann verurtheilt worden und fristete in wenigen Worten nur noch ein kümmerliches Dasein. Kurz darauf befahl Fürst Bismarck, daß die neue Rechtschreibung in den Reichsbehörden bei Strafe nicht angewendet werden dürfe. Natürlich entsteht dadurch eine starke Verwirrung. Die Angelegenheit soll nächstens in dem Reichstage zur Sprache gebracht werden. Der Reichskanzler hat die gewiß richtige Ansicht ausgesprochen, daß diese Frage, wenn sie überhaupt angeregt werden mußte, jedenfalls nur durch eine gemeinsame Uebereinkunft aller deutschen Regierungen hätte gelöst werden können.
lieber das deutsch-österreichische Bündnis; behauptet die „Köln. Ztg." erfahren zu haben, daß dasselbe genauer formulirt sei, als man bisher angenommen hatte. „Der easrw tooüaris tritt übrigens nur dann ein, wenn einer der beiden Staaten von zwei Seiten zugleich angegriffen werden sollte."
Die N. A. Z. schreibt: Als ob der Unglücks- botschaften nicht genug in den letzten Wochen aus Rußland gekommen wären, beschäftigte sich Fama gestern Abend abermals mit einem Attentat, welches in St. Petersburg gegen Seine Majestät den Kaper Alexander versucht worden, und welches diesmal von den traurigsten Folgen begleitet sein sollte. Bon 10 Uhr Abends an wurden die Zeitungsverkäufcr von Hunderten bestürmt, die nach „Extrablättern" frngen. Wie solche Gerüchte entstehen, wie sic ihre Verbreitung in den weitesten Schichten finden können, ist ein Rüthsel, dessen Lösung schon oft versucht, aber niemals gefunden worden ist. Wir vermögen nur zu konstatiren, daß bis 120s Uhr Nachts uns keine Mittheilung zugegangen ist, welche jenen Gerüchten irgend eine Begründung gewährte.
In Altona sollen nahezu 50 Sozialdemokraten hinter Schloß und Riegel sitzen, unter ihnen der Reichstagsabgevrdnere Reimers und der ans Berlin ausgeiviesene Sozialist Grasenick.
Metz, 8. Mürz. Auf dem Schlachtfeld«: von Gravelotte sind vor wenigen Tagen wiederum die Leichen zweier Gefallener vom 18. August 1870 gefunden worden, und zwar in der, Nähe von Aman- vieliers bei Herstellung eines Weges.
Oesterreich—Ungarn.
Prag, 6. Mürz. (Fanatische Czcchen.) Die Alumnen des hiesigen Priesterseminars hatten sich geweigert, deutsch zu lesen, und alle Versuche des Direktors Peter Bauer waren gescheitert; da er nicht wußte, was er thun sollte, begab er sich zum Erzbischof. Ueber dessen Verhalten wird Folgendes erzählt: Der Fürst-Erzbischof setzte sich in seine Kardinals-Equipage und verfügte sich ins Konvikt. Die Alumnen wurden zusammengerufcn und die deutschen Lippen des Primas des Königreichs von Böhmen hielten den czechischen Revolutionären eine Tischrede voll markanter Stellen. Indem er zunächst, wie selbstverständlich, von dem Gehorsam der Kleriker gegenüber dem Bischof zu sprechen begann, bezeichnet«: er das Vorgehen der Alumnen als Nationalitäten- Schwindel und sagte: „Wer in der menschlichen Gesellschaft etwas gelten will, muß Deutsch können; wer nicht Deutsch kann, ist verurtheilt zum Schweigen in der Gesellschaft, wie ein stummer Hund. Deutsch muß und wird gelesen werden." Sprachs und entfernte sich. Die Alumnen begaben sich am Sonntag in die Residenz des Erzbischofs, um den Kardinal aufzuklären, wie sich die Sache verhalte, und verlangten von ihm eine Satisfaktion. Der Erzbischof schnitt jedem Deputationsmitgliede, welches zu sprechen begann, das Wort kurz ab und erklärte, Jeder möge, wenn er wolle, entweder das Seminar verlassen oder deutsch lesen. Hierauf baten die meisten Ezechen um ihre Entlassung aus dem Seminar. Als sie aber sahen, daß der Kardinal-Erzbischof ein Entlassungsgesuch um das andere bewilligte, gaben die Herren Czechen klein bei, sie baten, im Seminar bleiben zu dürfen und lesen jetzt ganz wacker deutsch.
Bozen, 4. März. Das Dorf Nauders, auf der Höhe der vom Innthal ins Eschthal (Bintschgau)
führenden Straße 1396 Meter hoch gelegen, ist bis auf die Kirche und das Posthaus gänzlich abgebrannt.
Italien.
Rom, 7. März. Während Cairolis Rede auf der deutschen Botschaft bei dem Diner zur Gotthardfeier als eine Neutralitätserklärung gilt, bezeichnen ganz heterogene Blätter wie die CriSpische Riforma und die der Rechten gehörende Opinionc einen europäischen Krieg als unvermeidlich, und mithin die Theilnahme Italiens an der Lösung der schwebenden Fragen als nothwendig. Die in Turin erscheinende Zeitung Risorgimento meldet die Bildung eines Observationslagers in Venetien.
Etwas befremdlich klingt die Nachricht, nach der der Kriegs-Minister die oberen Militairbehörden darauf aufmerksam gemacht habe, sich für eine „probeweise" Mobilisirung der italienischen Armee bereit zu halten. Solche „Proben" sind allerdings recht verdächtiger Natur.
Frankreich.
Paris, 6. März. Die Regierung hat Maßregeln für die Ausweisung Hartmanus ergriffen. Derselbe wird wahrscheinlich nach einein Hafenplatz am Kanal gebracht werden, von wo er sich nach England einschiffen wird. (W. L.)
England.
London, 6. März. Die Abreise der Königin nach Deutschland ist auf den 23. ds. anberaumt. Sie reist inkognito als Gräfin Balmoral. Ihr Hauptaufenthalt wird Baden-Baden sein.
Ein Telegramm des „Bersagliere" aus La Spezzia meldet, daß eine Kanone aus dem Panzerschiffe „Duiliv" zersprungen sei und bei der Katastrophe 6 Soldaten und 2 Offiziere verwundet worden seien. (St.-A.)
Rußland.
Petersburg, 9. März. Die „Agence Havas" bezeichnet die Entscheidung der französischen Regierung als bedauerlich und ernsthaft (»rnvs), behält sich aber weitere Würdigung desselben bis zum Vorliegcn näherer Details vor. (N. T.)
Aus Petersburg wird telegraphirt: Seit 3 Nächten wiederholen sich sonderbare Dinge. Berittene Leute durcheilen die belebtesten Straßen, indem sie Pistolen gegen die Negierungsgebändc und die Wohnungen der Mitglieder der kaiserlichen Familie abfcnern.
General Melikvff hat dem Großfürsten Con- stantin in Petersburg einen Besuch gemacht, der nicht mehr und nicht weniger als eine Haussuchung oder vielmehr eine auffällige Heimsuchung war, die sich nur der Stellvertreter des Kaisers erlauben konnte.
Der „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt man aus Warschau: „Es ist in letzter Zeit eine Aufzeichnung aller kricgstüchtigen Pferde in dem Königreich Polen angeordnet worden. Diese Aufstellung soll dazu dienen, die Zahl der kriegsbrauchbaren Pferde in Polen für einen eventuellen Kriegsfall festzustellen". Asien.
Aus Wien wird einem Londoner Blatte gemeldet: Von London ist die Nachricht eingegangen, daß eine befriedigende Verständigung zwischen England und Rußland in Betreff Zentralasiens erzielt worden, und zwar auf folgender Grundlage: Rußland, wahrnehmend daß England entschossen ist, jedwedem Eroberungszuge in der Richtung der indischen Grenze entgegenzutrettcn, hat erklärt, daß es bereit sei, die Expedition gegen Merw aufzugeben, vorausgesetzt, daß England sich jeder Maßregel enthält, die angethan ist, zur Annexion von Herat zu führen. Lord Beaconsfield hat, nachdem er die Zustimmung der Königin erhalten, seine Bereitwilligkeit ausgedrückt, Rußland auf halbem Wege entgegenzu- kvmmen, während er, um alle möglichen Verwicklungen besser zu vermeiden, nach Indien Befehle gesandt hat, alle Vorbereitungen für den beabsichtigten Frühsahrsfeldzug zu siftiren.
Auch aus dem himmlischen Reiche bekommt man einmal etwas Neues zu hören. Die chinesische Regierung soll großartige Kriegsvorbereitungen ins Werk setzen und ungeheure Waffenankäufe auf amerikanischen Märkten angeordnet haben. Unwillkürlich tritt hierbei wieder jene abenteuerlich klingende Ver- muthung in den Vordergrund, welche vor einigen Monaten vom Militär-Wochenblatt aufgebracht wurde und nach der China ein gar nicht zu verachtender Bundesgenosse Deutschlands in einem Kriege gegen Rußland sein könne!