Berlin, 29. Nov. Das dänische Königspaar ist heute früh Uhr abgereist. Der Kaiser und die Kaiserin, sowie der Kronprinz machten den däni­schen Herrschaften vorher im Schlosse einen Besuch, worauf die»Kaiserin im ersten Wagen die Königin, sodann der Kaiser im zweiten den König zum Bahn­hofe geleitete. Im dritten Wagen folgte der Kron­prinz. (W. L.)

Berlin, 29. Nov. Fürst Gortschakoff ist gestern Abend hier eingetroffen und in der russischen Botschaft abgestiegen. (W. L.)

Berlin, 29. Nov. Die deutschen Münzstätten sind jetzt bereits mit der Umprägung der Zwanzig­pfennig- in Zwei-Markstücke beschäftigt. Auch eine erweiterte Ausprägung von Goldmünzen ist in Aus­sicht genommen. (N.-Ztg.)

Berlin, 30. No. Der Kaiser empfing heute Gortschakoff und später den deutschen Botschafter in Konstantinopcl Hatzfeld in Audienz. (W. L.)

Berlin, 1. Dez. Ein vielverbreitetes Gerücht will wissen, die Verhandlungen zwischen der Rcichs- regierung und der Kurie seien gescheitert oder dem Scheitern nahe. Die Kurie verlangte angeblich die Rehabilitirung sämtlicher Bischöfe. Allenfalls wollte

sie einige zum freiwilligen Rücktritt bewegen. Ver­

gebens sei diesseits auf das Beispiel Belgiens hin­gewiesen worden. In Abgeordnetenkreisen wollte «an behaupten, das Zentrum werde demnächst zur Oppo­sition zurückkehren.

Berlin, 1. Dez. Gortschakoff wurde gestern Nachmittag auch von der Kaiserin empfangen und begab sich sodann in das krouprinzliche Palais. Der Kronprinz erwiderte den Besuch noch Nachmittags in der russischen Botschaft. Der Kaiser empfing heute den Botschafter v. Oubril.

Berlin, 2.Dez. DieNativualzeitung" schreibt: Nach zuverlässigen Informationen ist man von den politischen Folgen, welche sich an den Besuch des Königs von Dänemark am hiesigen Hofe knüpfen, in höchsten leitenden Kreisen sehr zufriedengesteilt. Besprechungen, die zwischen beiden Monarchen und dem Kronprinzen stattfandcn, haben zu erwünschten Resultaten geführt, die in einer oder der anderen Form der Volksvertretung zur verfassungsmäßigen Behandlung vorgelegt werden dürften.

sDie Kosten unserer Armeen.s DieDeutsche Rundschau für Geographie und Statistik berechnet, das; die stehenden Heere Europas im Friedenszustande 2,437,444 Mann, mit der Kriegsmarine 2,600,000 Mann zählen. Zu den Kriegskosten im Frieden muß man den Arbeitsentgang von 2,600,000 kräf­tigen Männern und 400,000 ausgesuchten Pferden hinzufügen. Die stehenden Heere Europas kosten jährlich 5000 Millionen, täglich gegen 14 Millionen, stündlich 571,000 d

Die parlamentarischen Vorgänge in Preußen bewegten sich vorzugsweise auf dem Gebiet der Wirth- schaftspolitik.- In der Eisenbahnfrage ist bezüglich der Garantien eine Einigung zwischen Conservativen und Nationallibcralen zu Stande gekommen. Nach den getroffenen Vereinbarungen, welchen die Regie­rung ebenfalls ihre Zustimmung geben wird, soll das Eisenbahnbudget von dem allgemeinen Staatsbudget gänzlich ausgeschieden und ferner ein Laudes-Eisen- bahurath eingesetzt werden, der jedoch keine beschlie­ßende, sondern lediglich berathende Körperschaft ist. Zu der Eisenbahncommission wird bei Berathung der Garantien ein Antrag des Centrums, die Eisenbahn- Vorlage nur dann zu bewilligen, wenn vorher die Garantiefrage durch ein Gesetz geregelt sei, abgelehnt und alsdann die Zustimmung zu der Vorlage unter Voraussetzung beantragt, daß die Regierung sich ver­pflichtet, noch in dieser oder der nächsten Session die vereinbarten Garantien durch ein Gesetz festzustellen.

In Deutschland weiß man es schon lange, es gibt keine Empfindlichkeiten und Strapazen für den Kaiser und den Kronprinzen, wenn es dem Wohle und dem Nutzen des Staates gilt. Um den däni­schen König und seine Gemahlin am 28. November Morgens 7 Uhr am Bahnhof in Berlin zu empfan­gen und zu begrüßen und in das königliche Schloß zu geleiten, machte der Kronprinz in einem Zuge die Parforcereise von Pegli in Italien nach Berlin. Von der Zinne des Schlosses wehte der dänische Danebrog neben der Königsstandarte, der dänische König trug bei seinem Besuche den Schwarzen Adlerorden, der Kaiser den dänischen Elephantenorden. Es war nach Jahrzehnte langem Hader der erste Besuch eines dä­nischen Königs in Berlin und in Berlin versteht man

ein ebenso guter Freund als Feind zu sein, was man jetzt überall weiß. Die dänische Reise nach Berlin hat mancherlei Stationen gehabt. Dem Frieden zwi­schen Deutschland und Dänemark hatte Napoleon s. Z. einen Mühlstein an den Hals gehängt; das war der berühmte H 5 betreffs Schleswigs. Bismarck schaffte vor ein paar Jahren mit Hülfe Oesterreichs den § 5 aus der Welt. Erste Station. Dann machte der Kronprinz den Schweden und Dänen sei­nen Besuch. Zweite Station. Und die dritte Station? Diese war die Reise Bismarck's nach Wien, die voll­ständige Aussöhnung mit Oestreich mit dem Fingerzeig nach Rußland. Die Freundschaft Deutschlands schien den Dänen gerathener als die Feindschaft; König Christian IX. trat seine Reise an. Auch des Königs Gemahlin soll sich in Berlin als eine gute und sehr liebenswürdige Diplomatin gezeigt haben, (Bei Tafel brachte der Kaiser einen Trinkspruch auf die Gäste aus, König Christian stattete einenfreudigen Dank" ab und versicherte,der Aufenthalt am Berliner Hof werde zu seinen freundlichsten Erinnerungen gehören." Zur Rechten des Königs saß die Kaiserin, zur Lin­ken die Erbprinzessin von Meiningen,die in ihrer rosa mit weißen Spitzen besetzten Robe außerordent­lich lieblich und jugendsrisch aussah." Kaiser, Kai­serin und Kronprinz geleiteten ihre Gäste zum Bahnhof.)

DieNat.-Ztg." meldet: Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat Veranlassung genommen, den Führern und Mitgliedern der nationalliberalen Fraktion des Abgeordnetenhauses seine lebhafte Befriedigung über die Behandlung der Eisenbahnfragc durch die nationalliberale Fraktion mittheilen zu lassen.

Große Aufregung hat im südlichen Elsaß in der Nähe der Grenze gegen Belfort hin die Erschie­ßung eines Mannes Namens Holländer durch einen Gensdarmen (am 23. Nov.) hervorgcrufeu. Hol­länder wollte, obwohl er seine Militärzeit in Frank­reich abgedieut hatte, nach abgeleiteter Präsenz bei seinem Vater in der Nähe von Dannemarin wohnen. Die Behörde wies ihn der gesetzlichen Bestimmung gemäß aus, allein Holländer weigerte sich, das Land zu verlassen. Ein reitender Gendarm verhaftete ihn, aber Holländer ergriff die Flucht, und hielt auch auf das Anrufen des Gendarmen nicht an. Dieser gab Feuer und der Getroffene stürzte todt zusammen. Es fanden Zusammenrottungen statt, die indes; nicht zu Gewaltthätigkeiten führten, auch nicht bei der Be­erdigung, welche auf Anordnung der Polizei bei Nacht stattfand.

OesterreichUngarn.

Die östreichische Regierung steht vor einem ern­sten Kampfe mit der Volksvertretung, und ist ent­schlossen, jedes ihr zu Gebote stehende Recht aufzu- bicten, um ihre Pläne durchzusetzen. Die streitigen Punkte sind folgende: die Regierung will zunächst, daß der Kriegsstand des stehenden Heeres (einschließ­lich Marine, aber ohne Landwehr) die in dem 1868 beschlossenen Gesetze auf 800,000 Mann, der Friedens- Präsenzstand auf 284,000 Mann festgesetzt werde; ferner daß die Gültigkeit dieser Bestimmungen auf 10 Jahre sich erstrecken solle. Dagegen haben sich die Gegner, welche jetzt mit der Verfassungspartei identisch sind, geeinigt, daß sie an der erstgenannten Ziffer des Kriegsstandes nicht rütteln wollen, aber sie beharren um so entschiedener darauf, daß entweder der Friedens-Präsenzstand auf 230,000 Mann herab­gesetzt werde oder das Wehrgesetz nicht auf zehn, sondern auf drei Jahre zu bewilligen sei.

In der protestantischen Gemeinde Wiens macht ein Beschluß des Gemeinderaths sehr böses Blut. Die evangelische Schule auf der Wieden bezog bis jetzt einen Kommunalzuschuß von 7000 ft. pr. Jahr. Auf Antrag eines Gemeinderaths wurde nun in der letzten Sitzung dieser Zuschuß gestrichen. Wenn man berücksichtigt, daß hier jährlich hunderttausende von Gulden für Experimente verschustert werden, so kann man es der evangelischen Gemeinde, die, wie man sich denken kann, nur über sehr bescheidene Mittel verfügt, nicht übel nehmen, daß sie über die Strei­chung der 7000 fl. für ihre Schule empört ist. Die Sache wird zweifelsohne von der Gemeinde weiter verfolgt werden.

Schweiz.

Waadt. Ein Soldat, der sein Gewehr in einer Pfandleihanstalt versetzt hat, ist vom Militär­departement mit 20 Tagen Gefängniß bestraft worden. Die betr. Psandleihanstalt mußte die Waffe ohne irgendwelche Entschädigung zurückgeben und zudem eine Buße von 30 Fr. bezahlen.

In Genf hat eine alte Dame, Mdme. v. Fle- chere, ihr etwa 2 Millionen betragendes Vermögen ihren Dienstboten vermacht.

Frankreich.

In Frankreich hat sich die Rückkehr der Kammern nach Paris ohne irgendwelchen Zwischenfall vollzogen. Die außerordentliche Sessiou wird wahrscheinlich, den entgegengesetzten Bemühungen der Napoleonfreunde zum Trotz, ohne Ministerkrisis und allzu großen Lärm vvrübergehen.

Spanien.

Madrid, 29. Nov. Die Vermählung des Königs mit Erzherzogin Christine von Oesterreich hat heute in der glänzend erleuchteten Atocha - Kirche in Gegenwart des diplomatischen Korps und der Hof- und Staats-Würdenträger stattgefunden. Der König betrat die Kirche in Begleitung seiner Mutter der Königin Jsabella, die Erzherzogin Christine wurde von ihrer Mutter geleitet. Die Einsegnung erfolgte in Stellvertretung des Papstes durch einen Kardi­nal, welcher auch die Traumesse celebrirte. (W. L.)

Sevilla, 30. Nov. Der Guadalquivier ist 5 Meter gestiegen und hat die Umgegend unter Wasser gesetzt.

England.

London, 29. Nov. Die Regierung hat Kennt- niß, daß Rußland die Okkupation von Merv defini­tiv beschlossen hat.

London, 1. Dez. Hier eingetroffenen Nach­richten zufolge will Alexander von Bulgarien abdanken. (T. Chr.)

Edinburg, 30. Nov. In einem Meeting, an welchem 17 000 Personen theilnahmen, erklärte Glad- stone den Zeitpunkt für unmittelbar bevorstehend, wo die türkische Herrschaft in den Balkanländern aufhö­ren werde. Die Erbschaft dürfe nicht an Rußland, Oesterreich und England übergehen, sondern an die den Balkan bewohnenden Völker. Der Balkan dürfe niemals unter das Joch einer despotischen Macht znrückfalleu. Es sei Wachsamkeit nvthwendig, nicht allein Rußland, sondern auch Oesterreich gegenüber, welches vielleicht beabsichtige, die russische Suprematie durch die seinigc zu ersetzen. (St.-A.)

Türkei.

Konstautinopel, 29. Nov. Die Pforte hat ihren Vertretern im Auslande heute folgendes Tele­gramm zugesendet: Nach authentischen Nachrichten, die der Pforte zugingen, sind die Gerüchte von Mukhtar Pascha's Ermordung vollständig un­begründet; derselbe befindet sich auf dem Marsche nach Gusinje. (N.-Ztg.)

Kandel L Derkeyr.

Stuttgart, t. Dez. sLandesproduktenbörse.j Die heutige Börse verkehrte ebenfalls in ruhiger Haltung und die Umsätze haben den laufenden Bedarf nicht überschritten. Wir notiren Pr. 100 Kilogramm: Waizen, baicr. »Kl 25 bis »Kl 28.25, russischer »Kl 28, amerikanischer »Kl 2626.60; Ker­nen »Kl 2525.50; Dinkel »Kl 16; Haber »Kl 15; Mehlprcise pr. 100 Kilogramm: Nro. 1 »Kl 38.5039.50; Nro. 2 »kl 35. 50-36.50; Nro. 3 »kl 31-32; Nro. 4 »kl 2627.

Mannheim, 2. Dez. (Getreidemarkt.) Im Ge- treidegeschäst ist die Stimmung eine abwartendc. Die Müller kaufen nur für den nothwendigen Bedarf, während die Eigner von Maare fest auf die bisherigen Preise halten. Zu notiren ist: Winterweizcn »Kl 27, Milvaukee »Kl. 25.75, Saxonska 26, nordd. »Kl 26. Roggen, Nicolajeff »Kl 17.75, Petersburger »Kl 18.50. Gerste, hierländische »Kl 19.5020, Pfälzer 20 bis 20.50. Hafer hierländischer »kl 1414.50, württemberger »Kl 1515.75. Alles per 100 Kilo.

Heilbronu, 2. Dezbr. (Ledermarkt.) Zufuhren ziemlich stark; Verkauf sehr lebhaft mit etwas besseren Preisen.

Fleisch Preise, lieber das anhaltende Sinken der Fleischpreise schreibt die Dortm. Ztg.: Bisher gingen Herden von Vieh, und zwar die besten Stücke denn die Engländer wissen die Qualität am Fleisch zu schätzen nach England. Dieser Transport ist aber im steten SinkcnI begriffen, denn gegen die amerikanischen Preisen können unsere deutschen Vieh­züchter nicht ankämpfeu. Nach der amtlichen Handelsliste, die m Washington erscheint, wurde während des Jahres 1878 für mehr als zwei Millionen Dollar Vieh nach England ausgeführt; in diesem laufenden Jahre sind aber bereits sieben Millionen überschritten, da die Transportmittel wesentlich verbessert sind. Noch auf Jahre hinaus wird diese Ausfuhr in stetem Wachsen bleiben, es ist also klar, daß wir Deutsche auch auf Jahre hinaus immer niehr in die angenehme Lage kommen, das Fleisch unseres Rindviehs selber verspeisen zu muffen. Das vermehrte Angebot muß natürlich unbedingt die Preise drücken, und gerade bessere Qulität, die bisher nach England gingist es, welche nun auf unfern Markt kommt. Wenn sich unsere Metzger dahinter verschanzen, daß sie die gute Qualität, welche bisher verlangt wurde, nicht billiger liefern könnten, so ist das also eine ungerechtfertigte Behauptung, denn alle Qualitäten sinken im Preise. Wenn man die Behauptung der Metzger gehört hat, so lasse man sich einmal von unseren Landwirthen vorklagen, wie reißend die Preise für Fettvieh heruntergegaugen sind, und man wird wissen, woran man ist. Also die Herren Metzger haben nicht das Recht, in dem Kampfe der Zeitungen