ben. Auch sind bei genauer Betrachtung gegen die Randverzierung zu die Absätze zu unterscheiden, welche sich beim Auflöthen der Oberflächen und der Rand­verzierung ergeben haben.

Spitalpfarrer Ney in Würzburg, der vor Kurzem starb, hat bei Lebzeiten bestimmt, daß an seinem Grabsteine folgender Vers angebracht werde:

Durch Schwabenstreiche

Kam er in's Hinimelrciche."

Der Wunsch des Verstorbenen ist bereit» ausgeführt.

Frankfurt, 5. Sept. Gestern Abend fand im Hotel Drexel" eine gut besuchte Versammlung der hier zur Messe befindlichen Gerber statt, um eine Prüfung des neuenmineralgaren" Leders vor- zunehmen. Herr Fr. Wirth hielt einen eingehenden Vortrag über dies neue Verfahren der Gerbung von Ober- und Sohlen-Leder mittelst mineralischer Salze und zeigte, daß dasselbe nicht blos allen Anforde­rungen, die man an gutes lohgares Leder stellt, voll­kommen entspreche, sondern das seitherige Verfahren noch übertreffe und eine Ersparnis; von 20 25 pCt. mit sich bringe. Die Gerberei von Hosch und Vom- hof in Biedenkopf und Reuß in Aschaffenbnrg find schon darauf eingerichtet. Die Anwendung des neuen Verfahrens erfordert keine Aenderung der bestehenden Einrichtungen.

Königsberg, 4. Sept. Heute Abend 8 Uhr 40 Min. traf der Kaiser?- empfangen von den Spitzen der Behörden der Stadt, hier ein. Der Kaiser sprach sehr huldvoll mit fast allen auf dem Perron aufge­stellten Herren, ebenso die Kaiserin, der Kronprinz, Prinz Wilhelm. Der Bahnhof war elektrisch beleuch­tet; die Stadt ist reich geschmückt, beflaggt und illu- minirt. Begeistertes Hurrahrufen von der dichtge­drängten Menge begleiteten den Kaiser auf dem ganzen Wege zum Schlosse.

Königsberg, 6. Sept. Bei dem heutigen Diner von 380 Gedecken im königlichen Schlosse, zu welchem die Spitzen der Civilbehörden geladen wa­ren, brachte der Kaiser folgenden Trinkspruch aus: Die Kaiserin und Ich haben mit freudigem Gefühle Ostpreußen und die alte Krönungsstadt, welche für Uns so reich an Erinnerungen ist, wieder betreten. Mir sind die Gefühle verschiedenster Art und der Wechsel der Geschicke im Leben nirgends lebhafter wie hier entgegengetreten, denn Ich war hier in der Zeit der größten Noth des Vaterlandes und dann erlebte Ich hier den höchsten Glanz meiner irdischen Laufbahn. Die Freudigkeit, mit oer wir hier em­pfangen worden sind, gibt Zeugniß von der patrioti­schen Gesinnung, in welcher Stadt und Land zu allen Zeiten sich in freudiger Opserwilligkeit hervor­ragend gezeigt haben. Ich erhebe daher mein Glas und trinke auf das Wohl Ostpreußens und der Stadt Königsberg. Der Oberpräsident v. Horn dankte für die ausgesprochene Huld und Gnade in beweg­ten Worten.

Berlin, 4. Sept. Nach bester Information sind alle Gerüchte über Bismarck's Rücktritt aus dem Amte total grundlos. Die Entrevue geschah nach voraufgegangener Verständigung.

Ein eigenthümlicher Gottesdienst fand vorigen Sonntag in Berlin in der Dorotheenkirche statt, wo 1505 Taubstumme aus der Stadt und von auswärts sich zur Feier ihres alljährlichen Kir­chenfestes eingefunden hatten. Pastor Schönberner, der langjährige Seelsorger der Beliner Taubstummen, verstand es auf dem Wege der Pantomine, feine mit gespannter Aufmerksamkeit ihm folgende Gemeinde in den tröstenden Inhalt des von der Heilung eines Taubstummen handelnden Textes, Mark. 7, 3137, einzuführen. Abendmahl, Bibelvertheilung und eine Trauung schloffen sich an den Gottesdienst. Nach­mittags 5 Uhr hielten die Taubstummen eine ganz parlamentarisch geleitete Versammlung. Der Mon­tag wurde von den Meisten zur Besichtigung der Sehenswürdigkeiten Berlins benutzt. Zoologischer Garten und Aquarium gewährten aus die Festkarte freien Zutritt, wie dieselbe auch auf allen deutschen Bahnen ihrem Inhaber freie Fahrt sicherte.

Ein neuer Versuch, die indirecte Steuer den Leuten mundgerecht zu machen, ist folgender: Der indirekten Steuer kann sich Niemand entziehen. Wer innerhalb der Grenzen des Reiches sich befindet, ist ihr unterworfen, und nicht nur der Anhänger des Reiches, sondern jeder Fremde zahlt seinen Theil an unsere Staatskasse. Die Ausländer, die sich des Verdienstes wegen in Deutschland aufhalten, die durch Deutschland ihre Reise machen oder die deutschen

Bäder gebrauchen, helfen durch die indirecte Steuer die Last tragen. Und selbst die deutschen Fürsten, die von indirecten Steuern befreit sind, machen bei der indirecten Steuer keine Ausnahme und sie tragen des Staates Lasten mit und zahlen in die öffentliche, wie wir es thun.

Zur Spannung zwischen den Höfen und Kabi­netten von Petersburg und Berlin soll ein diplo­matischer Diebstahl viel beigetragen haben, wie sie nicht mehr ungewöhnlich sind. Der Diebstahl soll den preußischen Militärbevollmächtigten v. Liegnitz in Petersburg und geheime Papiere betroffen haben, von denen die russische Regierung glaubt, daß sie die geheimen Ziele Bismarcks enthüllen. Die Sache wird so erzählt:Herr v. Liegnitz hatte seine Be­obachtungen in zwangloser Form und mit derjenigen Offenheit und Ausführlichkeit zu Papier gebracht, die er seinen Auftraggebern dem Kriegsminister und Reichs­kanzler, schuldig ist. Der Bericht war nicht für rnss., sondern für deutsche Leser geschrieben worden und wird in Petersburg große Verwunderung hcrvorgc- rufen haben. Der Bevollmächtigte, der den Diebstahl nach Berlin meldete, ist in den Besitz seines Manu­skriptes nie wieder gelangt, obwohl von Berlin aus der Wunsch geäußert wurde, das russ. Gouvernement möchte dem Bevollmächtigen bei der Habhaftwerdung des Diebes behülflich lein. Der Dieb war kein ge­wöhnlicher Strolch, der goldene Uhren und silberne Löffel mitgenommen hätte, sondern es war zweifellos ein recht vornehmer Mann, denn er ließ alles sonst werthvolle unberührt, und nur an dem Manuskript hatte er Gefallen. Seit dieser Affaire ist eine Ver­stimmung cingetreten, die von Tag zu Tag zugcnom- men hatte."

DieKrzztg." sagt:Die Begrüßung der bei­den innig befreundeten Monarchen ist sicherlich beider­seits durch den Wunsch herbeigeführt, ihrem Freund­schaftsverhältnis; von neuem einen öffentlichen Ausdruck zu gebe». Um so mehr begründet erscheint die Hoffnung, daß diese persönliche Begegnung der beiden Kaiser auch jeden Schein verwischen werde, als seien in der letzteren Zeit zwischen den maßgebenden Stellen Rußlands und Deutschlands ernste Mißstimmungen oder gar bedrohliche Mißverhältnisse entstanden. Wir glauben uns aus sehr gute Gründe zu stützen, wenn wir die Ueberzeugung hegen, daß in der jetzigen Monarchen-Zusammenknnft eine neue gewichtige Frie­densbürgschaft enthalten ist." DieNat.-Ztg." schreibt:Es liegt sehr nahe, diese Zusammenkunft mit der Mission des Feldmarschalls v. Manteuffel in Zusammenhang zu bringen. Doch wäre es jeden­falls eine auffallende Thatsache geblieben, wenn die beiden so nahe befreundeten Kaffer an den Grenzen ihrer Reiche auf wenige Eisenbahnstunden Entfernung sich befindend einander nicht begrüßt hätten. Es wäre sehr ungerechtfertigt, die politische Bedeutung dieser Zusammenkunft leugnen zu wollen: diese Bedeutung ergibt sich schon daraus, daß ein Unterbleiben der Zusammenkunft auf ein Erkalten selbst der persönli- Verhältnisse der beiden Kaiser hätte schließen lassen müssen. Das Dementi derNordd. A. Ztg." über die Betheiligung des Fürsten Bismarck an der Mission des Feldmarschalls v. Manteuffel legt, so weit ge­faßt dasselbe auch ist, die Unterstellung nahe, daß die Gestaltung dieser Zusammenkunft auf die unmit­telbare Initiative der beiden Souveräne zurückzuführen ist. Die Zusammenkunft zeigt in erfreulicher Weise, daß die Grundlagen der Beziehungen der beiden Reiche noch keineswegs erschüttert sind."

Metz, 2. Sept. Bei der bevorstehenden drei­tägigen Anwesenheit Sr. Maj. des Kaisers in den Tagen vom 23. bis 26. Sept. soll, wie dieLothr. Zeitung" hört, unter anderen Festlichkeiten auch die Einweihung der neuerbauten hiesigen evangelischen Garnisionskirche gefeiert werden.

OesterreichUngarn.

Wien, 6. Sept. Die amtlicheWiener Ztg." meldet: König Alphons von Spanien hat während seiner Anwesenheit in Arcachon um die Hand der Erzherzogin Marie Christine geworben; mit Zustim­mung Sr. Maj. des Kaisers als oberster Chef des Kaiserhauses wurde die Bewerbung von der Erz­herzogin mit freudigster Zustimmung angenommen. Die bevorstehende Verbindung wird gewiß nicht nur die Bevölkerung der beiden Reiche mit lebhafter Freude und Befriedigung erfüllen.

Zu einem etwas seltsam klingenden Entschlüsse ist die Regierung von Oesterreich gekommen. Sie beabsichtigt nämlich nichts Geringeres als eine Ver­

minderung des Heeres, ein Plan, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen doppelt auffallend ist. '' Allein eine Ersparniß von jährlich 8 Mill. fl. wiegt alle anderen Bedenken auf und bei dem gegenwärtig sehr schlechten Stande der österreich. Finanzen nimmt man mit diesen Millionen gerne fürlieb.

lltalioao res! erklingt der Ruf, um damit eine neue Affaire zu bezeichnen, welche die Oestreicher und Italiener außer Athem hält. Der Bruder des öst- reichischen Botschafters in Rom, Oberst v. Haymerle, veröffentlicht unter diesem Titel einen Artikel über die Verhältnisse der lltalia irrockonta, einem geheimen italienischen Parteibunde. Es ist ein düsteres Bild, das er entrollt, und er zeigt die revolutionäre Be­wegung der gedachten Gesellschaft viel tiefergehend, ^ ihren Character viel ernster, als man bisher gemein­hin anzunehmen geneigt war. Was jedoch besonders beachtenswcrth, ist der Umstand, daß Herr von Hay­merle die Regierung Italiens selbst und ihre Agenten ur die Excesse der Jtalia irridenta verantwortlich zu machen nicht ansteht. Er führt den Nachweis, daß nicht allein in der Presse, in den Vereinen und in der Literatur eine maßlose Agitation gegen die Integrität der östreich-ungarischen Monarchie betrieben wird, sondern daß die Wühlereien systematisch bis in die Schule verpflanzt werden. In dem Umstande jedoch, daß er diese an sich immerhin heiklen Beob­achtungen in einem amtlichen Organe veröffentlicht, erblicken die Italiener eine Art Warnungszeichen, um denn auch mit düstereruster Miene allerlei Unheil zu prophezeiten.

Im Zempliner Komitat hatte ein Pacziner In­sasse seine Wiese an einen dortigen Juden verkauft, glaubte aber trotzdem noch das Recht zu haben, das Grummet von derselben für sich^inzubringen, und ging hinaus, das Gras abzumähen. Dies erfahrend begab sich der neue Eigenthümer auf die Wiese und verwies jenem sein rechtswidriges Beginnen. Als dies nichts fruchtete, setzte er sich auf die Stelle hin, an welcher der Bauer weitermähte, und rief zornig:

Jetzt schlag' nur zu!" Der wüthende Bauer ließ sich daS nicht zweimal sagen, sondern führte mit sei­ner Sense einen solchen Hieb nach dem Halse des Juden, daß der Kopf, vom Rumpfe getrennt, zur Erde flog. Der Unglückliche hinterläßt eine Wittwe ^ mit drei Kindern.

Frankreich.

Paris, 4. Sept. Bei einem Bijoutier der Nue Boissy- d'AnglaS wurde heute eiu Halsschmuck im Werthc von 3«) 000 Francs gestohlen. Der Dieb bat die Verkäuferin, die allein im Laden war, ihm ein feuchtes Putzleder zu geben, damit er den Saphir behufs besserer Beurtheilung abwischcn könne. Während die Berkäufcriiz. ins Hinterzimmer gegangen war, um diesem Wunsche zu entsprechen, ritz der Dieb mit dem j Schmuck aus und war spurlos verschwunden.

Rußland.

Petersburg, 5. Sept. Durch heftige Stürme im finnischen Meerbusen schwoll die Newa außerge­wöhnlich hoch an. Einige Vorstädte sind bereits überschwemmt. Viele Hausdächer und Rauchfänge sind vom Sturm fortgeführt.

DieRevolutionäre Chronik", eine Beilage von Zemlja i Wolja" ist dieser Tage in Petersburg wiederum erschienen und schildert die russischen Zu­stände wie folgt:DaS, was jetzt in unserm geliebten Väterlande vorgeht, klingt fast unwahrscheinlich, der unbarmherhige barbarische Druck, welcher auf die Bevölkerung ausgeübt wird, hat überall eine äußer­liche Stille erzeugt. Niemand traut sich selbst mrr laut zu reden. Der Bauer, den die Lasten zu schwer drücken und welcher nicht die Kraft hat, dieselben zu tragen, verfällt ganz still und ruhig dem Hungerty­phus und macht der Art feiner schwierigen Lage ein Ende; die intelligenten Leute wieder arbeiten nach ihrer Art: sie dienen und stehlen , philosoyhircn und lehren, vertheidigen oder klagen an, gehen ins Theater. Keiner aber denkt im mindesten nur daran, ^ Forderungen an den Staat zu stellen und seine Un­zufriedenheit zu äußern. Und in der That, wenn es auch Jemand thun wollte es gibt keine Möglich­keit hierzu. Die einzigen Leute, denen dergleichen noch in den Sinn kommt, sind die Studenten; aber das verschlimmert nur die Sache, indem die Czaren- knechte schadenfroh darauf Hinweisen, daß in einer Bevölkerung von 80 Millionen blos einige Dutzend junger Leute unzufrieden sind. Die Polizei hat unter solchen Umständen nichts weiter zu thun, als di« Betrunkenen auf den Straßen aufzulesen nnd die vorkommenden Brände zu löschen. Inmitten dieser idylischen Stille sehen wir aber auf Schritt und Tritt,