gen Fehler entweder selbst beohrfeigt, vdcr auch Untergebene hiezu kommandirt zu Huben. Am 10. Jan. lieh der Besch. 30 Manu Front gegen Front antreten, und der Soldat Hammer muhte aus ge­ringfügiger Veranlassung durch diese Gasse hindurch- geheu, wobei ihm jeder Manu eine kräftige Ohrfeige versetzen mußte. Wenn ein Soldat nicht kräftig genug zuschlug, muhte Hammer die Ohrfeigen zurückgeben. Wegen angeblicher Unreinlichkcit lieh der Besch, zwei Soldaten in Wasserschaffe stellen und mit Stroh ab­reiben. Eine andere Art der Mißhandlung bestand darin, das; der Besch, die Sergeanten anwies, den Soldaten die Ohren solange zu reiben, bis sie blu­teten. Dieses Ohrcnreiben erklärt der Besch, in der heutigen Verhandlung dahin, es sei zu jener Zeit sehr kalt gewesen, und er habe den Renten die Ohren reiben lassen, um ihnen diese zu erwärmen. Als der Kompagniechef im Febr. d. I. einmal nach der Parade der Mannschaft in Gegenwart des Besch, auseinander setzte, daß Mißhandlungen verboten und sofort zur Anzeige zu bringen seien, sagte der Besch, zu den Unteroffizieren, sie sollen bas 11. Gebot beherzigen und sich nicht erwischen lassen. Es sind 51 Zeugen vorgeladen, durch welche die einzelnen Vorfälle kon- statirt werden. Zeuge Knott gibt an, der Besch. Schenk habe immer vor Freuden gelacht, wenn es bei dem Beohrfeigen recht gepatscht habe. Am meisten Furcht hatten die Soldaten vor demSchrubben", dem Abrciben des nackten Körpers mit raupen Stroh­wischen. ES wurde dies ans Befehl und in Gegen­wart des Besch. Schenk von den Sergeanten hinter verschlossenen Thüren derart betrieben, das; das Blut von den Mißhandelten weglief.

Kassel, 25. Mai. Kanin eine Meile von dem armen, verwüsteten Rhönstädtchen Tann entfernt, wo bei aller Noth auch wieder der Typhus stärker anf- tritt, ist am 23. d. M. Abends, diesmal auf cach- sen-Weimar'schem jGebiete, wiederum eine Ortschaft von einer großartigen Feuersbrunsl verheert worden. Das nicht viel über 500 Einwohner zählende Kalten­westheim bei Kaltennordheim liegt nahezu ganz in Schutt und Asche. 30 Häuser und 10 Scheunen verzehrten die Flammen, und was noch mehr zu be­klagen ist, auch eine bedeutende Anzahl Vieh ging dabei zu Grunde. Versichert war das Wenigste, und wo cs geschehen, leider in nur geringer Höhe. Auch dort verlautet, das; böswillige Brandstiftung solch' großes Unglück verschuldete.

Bochum, 24. Mai. Einen glücklichen Fall that hier vor einigen Tagen der Bauführer R. St. Derselbe war vor etwa Jahresfrist bei einem streite am Halse gewürgt worden, wodurch sich die Stimm­bänder so unglücklich verquetscht oder festgesetzt hatten, daß er die Sprache verlor. Durch einen -^tnrz von der Leiter erlangte er nun neulich seine Sprache wieder, wchhalb er den unerheblichen Körperschaden, den er dabei erlitten, wohl leicht verschmerzen wird.

Berlin, 24. Mai. Heute hat das Centrum seinen Einzug in das Präsidium des Reichstages gehalten. Man hat sehr recht, die erschütterte Stel­lung des CultusministerS Tr. Falk mit diesen politi­schen Veränderungen in inneren Zusammenhang zu bringen.

Berlin, 26. Mai. Der Reichstag lehnte den Antrag Richters (Hagen), den Malzzoll von 120 L auf 75 L herabzusetzen ab und genehmigte den Malzzoll nach der Regierungs­vorlage.

Berlin, 26. Mai. Fürst Alexander 1. von Bulgarien ist am Samstag Abend in Berlin ein- getrosfen und mit seinem Gefolge im Kaiserhof ab­gestiegen. Ter Fürst reiste Montag Abend nach Potsdam, woselbst er bis Donnerstag verbleiben wird. Von Potsdam aus begibt sich der Fürst direkt nach London, von dort nach Paris und sodann nach Jugenheim, wo er auf dem dortigen Schlosse die bulgarische Deputation empfangen wird. Der Fürst wurde Sonntag Mittag 12 Uhr vom Kaiser Wilhelm empfangen.

Berlin, 27. Mai. (Reichstag.) Präsident v. Seydcwitz sucht beim Reichstag um die Ermäch­tigung nach, dem Kaiserpaare anläßlich der goldenen Hochzeit die Glückwünsche des Reichstages, darzu­bringen. Der Reichstag erhellt hiezu seine Geneh­migung. Es folgt die zweite Lesung des Sperrge­setzes. Die Tabakskommission lehnte die Zollsätze der Regierungsvorlage (120 für ausländischen und 80 für inländischen Tabak per 100 Kg.) mit 24 gegen 2 Stimmen ab und nahm die von den

Centrumsmitgliederu Galen und Gielen beantragten Zollsätze von 60 ^ für ausländischen und -25 ^ für inländischen Tabak mit 17 gegen 9 Stimmen an. Eine große Reihe anderer Anträge, wobei die Zoll­sätze zwischen den von der Regierung und den von Galen und Gielen vvrgeschlagenen Normen bewegten, wurden abgelehnt.

Berlin, 27. Mai. Der Reichstag bcrieth in heutiger Sitzung das Spcrrgesetz und nahm den er­sten Paragraphenän der von Windthvrsr beantragten Fassung an, wonach die Zölle für Roheisen, Matc- rialwaaren, Speeerei- rnd Eonditorwäärcn, Cvnsnm- tibilie» und Petroleum durch Anordnung des Reichs­kanzlers in derjenigen Höhe vorläufig erhoben werden können, welche der Reichstag bei der zweiten Lesung des Tarifgesetzes und des TabakgesetzeS genehmigt hat vdcr noch genehmigen wird.

DieNat.-Z." sagt, der Reichstag habe davon Akt genommen, das; der Reichskanzler den nengc- gcwählten ersten Vieepräsidenten mit großer Zuvor­kommenheit begrüßte, nachdem er am Samstag in das Haus cingctreten war.

Bei der Abstimmung über die Getreidezölle, wie sie die Tarifvorlage enthält, haben mit Ja gestimmt folgende 13 württembergische Abgeordnete: Graf Bissingen-Nippcnburg, v. Bühler, v. Geh, v. Heim, v. Holder, FürN Hohenlohe-Langenburg, Freiherr v. Ow) Römer, v. Schmid, Stülin, Frh. v. Varnbülcr, Graf Waldburg-Zcil, v. Werner. Mit Nein stimmte Schwarz: abwesend Härle, v. Knapp, Leonhard.

DerBerl. B.-Courier" ist mit dem Verhalten der Liberalen bei der Vicepräsidenteu-Wahl im Reichs­tage nicht einverstanden. Er meint vielmehr, die vereinigten Liberalen wären immerhin noch stark genug gewesen, dem Centrum diese Errungenschaft streitig zu machen. Weiße Zettel bei der Wahl heiße, die Flinre in das Kvrn zu werfen, das sei ein Zeichen der resignirtcn Unterwerfung.Wenn der Antrag auf Abschaffung der Civilche vor das Haus kommt und bei dieser Gelegenheit, wie das Gerücht geht, jener Abg. Graf Bismarck, welcherdem deut­schen Reichskanzler persönlich nahe steht", seine Jungfernrede gegen die Civilehc halten wird, wenn nachher der Ansturm auf die Freizüglichkeit und auf andere Institutionen, die zu den besten freiheitlichen Errungenschaften der deutschen Nation zählen, beginnt, wollen die Liberalen da immer sich der Abstimmung enthalten. Solche Demonstrationen wären nicht allein abgeschmackt, sondern zugleich ganz darnach angethan, die Freiheiten des Volkes leichtfertig hinzuvpfcrn."

DemPcster Lloyd" wird ans Berlin tclegra- phirt: Zur goldenen Hvchzeitsseier des Kaisers erscheint ein Amnestieakt, welcher die katholischen Geistlichen, die wegen Zuwiderhandlungen gegen die Kirchengcsctze bestraft wurden, begnadigt. Die Ultramontanen bereiten Anträge vor wegen Abschaffung der kirchen- pvlitischen Gesetze.

Berlin. Eine stark an Todtschlag grenzende Affaire setzte gestern Abend die Bewohner deS Nor­dens unserer Hauptstadt in große Aufregung. Der Stciumetzmeister A. Pfeil, Ruppincrstraße 3 wohn­haft, gerietst am Freitag früh mit dem in demselben Hause konditionirenden Schlächtergesellen Julius Sa- lomon in Streit, weil dieser ihm in ziemlich muth- williger Weise sein kleines Hündchen verbrüht hatte. Salomon äußerte: Pfeil ist stärker als ich, deßhalb kann ich ihn nicht verhauen: wenn ich ihm aber heute Abend allein begegne, dann steche ich den Hund nie­der." Pfeil war nun gestern Abend genöthigt, den Hof gegen 8 Uhr zu betreten. Als Salomon, der sich, gleichsam seinem Opfer auslaucrnd, im Schlacht­hause aushielt, des Pfeil ansichtig wurde, stürzte er mit einem großen Schlachtmcsser auf ihn zu und stach ihn derartig in den Unterleib, daß er besinnungs­los niederstürzte. Herbcigeeilten Merzten war es nicht möglich, das Messer vollständig aus dem Unterleib zu ziehen. An dem Aufkommen Pfeil's, der Vater einer zahlreichen Familie ist, wird gezweiselt. Sa­lomon ist 22 Jahre alt, bisher zwar unbestraft, aber in der ganzen Umgegend als wüster Raufbold be­kannt und gefürchtet.

Frankreich.

Paris, 24. Mai. In den hiesigen offiziellen Kreisen beschäftigt man sich sehr viel mit Bismarcks neuester Politik. Auch Gambetta soll große Be­friedigung zeigen, daß die deutsche Politik wieder eine reaktionäre" geworden, so daß Frankreich wieder als der Hauptvertreter der liberalen Ideen auf dem Continente dastehe. (St. Ztg.)

Griechenland.

Athen, 25. Mai. Bezüglich der Errichtung eines Lagers von 10 000 Mann bei Lepeno wird von bestnnterrrchteter Seite mitgetheilt, das; diese Maßnahme der griechischen Regierung keineswegs gegen den Frieden gerichtet sei, nur einen defensiven Charakter habe und durch die Erregung der albane- sischen Bevölkerung wie die Vcrtheilnng von Waffen unter letzterer mvtivirt werde.

England.

Wie Londoner Blätter berichten, benutzen eng­lische Kauflente und Fabrikanten sowie deutsche Im­porteurs die kurze Frist, welche ihnen vor Einführung deS neuen deutschen Zolltarifs bleibt, auf das eifrigste, um die Ueberführnng solcher Waaren, auf welche hohe Zölle gelegt werden, vorher zu beendigen. Die Waarcnausfnhr hat dadurch für den Augenblick einen sehr auffälligen Aufschwung genommen und die Schif­fer haben vollauf zu thun.

Ein Knabe, welcher sein eigener Großvater ist, lebt zur Zeit in London. Die Sache verhält sich folgendermaßen: Eine Wittwe mit ihrer Stieftochter und ein Mann mit seinem Sohne wohnten bei einan­der. Die Wittwe hcirathete den Sohn und die Toch­ter den alten Mann. Die Wittwe wurde in Folge dessen die Mutter des Vaters ihres Mannes und folglich auch die Großmutter ihres eigenen Mannes. Aus dieser Ehe entsprang ein Sohn, dessen Mutter also auch Urgroßmutter war. Da nun der Sohn einer Urgroßmutter entweder Großvater oder Groh- oheim sein muß, so ist dieser Knabe sein eigener Großvater.

Rußland.

Petersburg, 25. Mai. Die russischen Ver­sicherungs-Gesellschaften haben durch die Orenburger Brände 2,050,000 Rubel verloren.

Petersburg, 26. Mai. Berichten aus Char­kow zufolge sind die Ernte-Aussichten in Südrußland vortrefflich.

Türkei.

Dem Sultan wird es immer bänger zu Muthc, je schwerer es ihm fällt, das nöthige Kleingeld zur Bestreitung der laufenden Staats- und Serail-Aus­gaben zu beschaffen. Was irgendwie zu verpfänden möglich war, ist längst den Weg alles Fleisches ge­gangen und wo cS nur anging, hat inan auch die Stenern für ein halbes oder ganzes Jahr im Vor­hinein behoben. Geld braucht aber der Beherrscher der Gläubigen, denn wenn er auch den Beamten ihren Gehalt und den Soldaten ihren Sold konse­quent schuldig bleibt, so gibt es doch eine Unmasse anderer Dinge, welche baarc Münze unbedingt ver­langen. Wenn die Geschichte noch einige Zeit so fvrtgcht lange kann sie unmöglich mehr währen

dann wird dem Vnltan nichts anderes übrig bleiben, als einen Länderschachcr anzufangen. Wer am Meisten bietet, erhält dann einen Fetzen Türken- land, bis der ganze Krempel uerlizitirt ist. Dann hat die arme Leelc Ruh und die orientalische Frage ist gelöst?!

Amerika.

Newyvrk, 10. Mai. Einer der Abonnenten derSt. Petcrsb. Ztg." in Nord-Amerika schreibt dem Blatte:Man sollte alle Nihilisten und solche, die es werden wollen, nebst den wüthcnden Sozia­listen nach Amerika senden, hier werden sie kurirt.

Man nimmt sie nicht mit fetten Braten und schäumenden Weinen auf Kosten derarbeitenden Klassen" ans, sondern sie müssen selbst arbeiten, schwer arbeiten, ungewohnte Arbeit thun, selbst ver­hungern sie oder werden als Vagabunden eingesperrt, und da müssen sie auch arbeiten, und das erweist sich ungemein heilsam gegen unklares Denken und unreifes Handeln. Sehr belustigend war das Ru­moren der aus Deutschland ausgewiesenen Sozialisten, die kaum gelandet Alles besser wissen wollten, denen man hier lange nichtroth" genug in Wort und Schrift war, die den Sozialismus hierrefor- miren" wollten! Ihre Partei lachte sie aus, rief ihnen das Sprichwort zu: »Zo rvost" und lieh sie unbeachtet, sie sind bald verschollen, arbeiten in ir­gend einem Winkel hart um ihr täglich Brod oder sind Tramps geworden. Uns hilft unser viel ver­schrieenerpraktischer Sinn", unserMaterialismus",

er hilft uns von solchen unklaren Köpfen. Ein Herr Schcwitsch aus St. Petersburg, der ein großer Nihilist gewesen sein soll, kam vor etwa zwei Jahren als augenblicklicher Gatte der bekannten Ko­mödiantin Frau v. Racowitza her, ist recht zah m