Bundesrath und den Reichstag eine Petition abge­sandt, in welcher sic ausführen, das; durch eine Er­höhung der Garnzölle den 6000 Hand- und 6000 mechanischen Webstnhlcn des Kreises, wobei noch über 10,000 Hilfs-Arbeiter in Anrechnung zu bringen seien, der Absatzmarkt im AnSlande verschlossen wer­den würde, so daß die meisten Stühle festgesetzt werden müßten; andererseits würde bei der großen Textil-Jndustrie des Königreichs Sachsen nach An­nahme des in Rede stehenden Zolles im Jnlandc eine so starke Eoneurrcnz entstehen, daß dadurch die Industrie selber lahmgelegt würde.

Berlin, 20. April. Vize-Admiral v. Henk, welcher bereits seit längerer Zeit seine Funktionen als Direktor der Admiralität eingestellt, hat der W. Ztg. zufolge gleichzeitig mit seinem Entlassungsgesuch dem Kaiser eine Bcschwerdeschrist gegen den Chef der Admiralität eingereicht.

In die Reichskanzlei, das Ccntralbnrcan deä Reichskanzlers, sind der Legativnssecretär Gras Her­bert Bismarck und der Legationsrattz Gras Rantzau, des Kanzlers Schwiegersohn, einberusen.

Fürst Bismarck soll zu seinen Commissaren und Parteigängern in Sachen der Zölle und Stenern kein rechtes Vertrauen und gesagt haben, er werde die Schlacht im Reichstage ganz allein gewinnen müssen.

Wie dieD. R. C." hört, ist znm Präsidenten des Perwaltnngsraths der Wilhelms-Spende, welcher bekanntlich vom Kaiser ernannt wird, der frühere Finanz-Minister Camp Hansen, in Aussicht genommen, da Staats-Minister Tr. Delbrück, welcher zuerst hierzu in Vorschlag gebracht war, dieses Amt mit Rücksicht auf seine, während des sommers zu erwartende längere Abwesenheit von Berlin, abge­lehnt hat.

Der junge Besitzer eines Bauernhofes in Ost­preußen sann darauf, wie er sich von; Militär frei machen tonne, zu dem er einberusen war. Da ricth ihm ein Wunderdoktor, sich durch einen krank gemachten Fuß frei zu machen und er that's. Er riß die Sohle seines linken Fußes mit einem Nagel aus und rieb die frische Wunde mit dem Saft des schanen Hahnenfußes ein. Der Fuß entzündete sich gewaltig und er wurde vom Militär frei. Die Wunde heilte aber nicht, sondern wurde von Jahr zu Jahr schlimmer: er ist seit 7 Jahren bereits zum dritten Mal in einer Heilanstalt in Berlin, nachdem er daheim alle möglichen Kuren durchgemacht und ist der Fuß jetzt so schlimm, daß er abgenommen werden muß. Der Unglückliche hat seinen Hof ver­kaufen müssen, um seinen Aufenthalt in den Heilan­stalten und alle die Kurkosten zu bezahlen und ist nahezu mittellos geworden, und obendrein steht ihm eine strenge Strafe wegen Selbstbcfreinng vom Mili­tär bevor: denn er hat seine Selbstverstümmelung eingestanden.

Hamburg, 21. April. Ein bedeutendes Feuer entstand in der Nacht vom Samstag auf Sonntag 2hs Uhr auf einem Kamp bei Stade, wo 6 Bauern­häuser niederbrannten. Eine große Beenge Rindvieh und Pferde, sowie diverse-) Kleinvieh kam in den Flammen um. Von den Abgebrannten waren nur einige versichert.

OesterreichUngarn.

Wien, 22. April. Der Kaiser nahm heute wiederum die Glückwünsche von Deputationen der Länder und Städte entgegen. Die Vertreter der fremden Mächte übermitteln die Glückwünsche ihrer Souveräne. Der Fremdenznsluß ist sehr bedeutend. Die Ausschmückung der Stadt hat begonnen.

Italien.

Rom, 21. April. Heute fand eine Versamm­lung der Häupter der demokratischen Partei unter dem Vorsitze Garibaldis statt. Garibaldi hielt eine längere Rede und beantragte eine Tagesordnung, wonach ein Central-Comite in Rom und Snb-Co- mites in den übrigen Städten besteckt werden sollen, um die gesetzliche Agitation zu Gunsten des allge­meinen Stimmrechts und der Abschaffung des Depu- tirten-Eides zu fördern. Die Tagesordnung Gari- baldi's wurde genehmigt. Eine weitere Tagesordnung, welche die Einberufung einer Constituante in Antrag bringt, wurde verworfen.

England.

Predigt per Telephon. Eine Anzahl von Personen versammelte sich am Ostersonntage in dem Telegraphenamte der Viktoria-Station in Manchester, um 'mittelst des Crossleh'ghen Telephons dem ge­

wöhnlichen Sonntags-Gottesdienste in der Square Ehapel in Halifax anznwohncn. Die Predigt des Geistlichen Tr. Mellor wurde, wie derManchester Courier" mitthcilt, stellenweise ganz deutlich, der von der Gemeinde mit Orgclbcgleitung gesungene Choral aber völlig klar vernommen. Alle Anwesenden waren der Meinung, daß das Experiment höchst erfolgreich ausgefallen sei.

Holland.

Amtterdam, 22. April. Wie erinnerlich, wurde die Hochzeitsfreude unseres Königs und seiner jungen Gemahlin durch den jähen Tod des Prin­zen Heinrich der Niederlande insofern unterbrochen, als in Folge der Hoftrauer die öffentlichen Festlich­keiten abbestellt werden mußten. Nachdem jetzt die vorgeschricbene Traucrzeit vorüber, hat das königliche Paar sich den Huldigungs-Feierlichkeiten unterzogen. Gestern fand der Einzug des Königs und der Köni­gin in unserer Hauptstadt zDcr Haag" ist nämlich nur die Residenz- und nicht auch die Hauptstadt Hollands) in gänzcndster Weise statt.

Haudrt L Verkehr.

2 Epe »Han sei', 2 t, April, Nicht eine ungünstige Witterung, wohl aber der Druck der Jeitverhciltuisse hat deu vorgestrigen hiesigen Jahrmarkt zu einem nur wenig belebten gestempelt. Die Plätze des Ochsen-, Kühe-, Tchmeinemarktes und der der Berkanisbnden der Kramer waren theiiweise leer, die Wirthschasten ebenso, Jette Ochsen gingen morgens frühe rasch ab, worauf der Berkehr bis Mittag stockte, wo noch ei­nige Kaufe in Melkvieh zu ganz gedruckten Preisen abgeschlossen wurden, Tchweine wurden nur von einigen Händler» einge­bracht, weschalb die Preise sich steigerten bei Milchschweinen von 1520 ., bei Läufern von 30 45 .L

Frankfurt, 23, April, Der heutige Heu- u. Stroh markt war schlecht befahren. Heu kostete je nach Qualität per Eentner 23 ., Stroh . 2 -2,30. Butter im Detail 1, Qual.L 1.1520, 2. Qual, I l,10, Eier das Hundert

deutsche . 4,50, italienische 5.,!», Ochsensleisch per Pid,

5670 Kuh-, Rind- und Farrensleisch 50 80 4, Kalb­fleisch 50-65 «>, Hammelfleisch 48- «5 4, Schweinefleisch 85 bis 70, Speck 80 -00 -j.

Am 1, Mai tritt der einheitliche Packet-Pvrtotarif im Fahrpostverkehr zwischen Dentschtar.d und den Niederlanden in Kraft, Das Porto beträgt für Packele bis 5 Kg. 80 welche vom Absender zu bezahlen s-nd. Für Packele über 5 Kg, ist bis zur Grenze das deutsche Porto nach dem internen deutschen Tarif zu berechnen: für die niederländische Strecke tritt für Packele oon 5 bis 10 Kg, der Betrag von »0 s, beim Gewicht über 10 Kg, für jedes weitere Kg, der Betrag von 8 -h hinzu. Bei Wcrthangabe tritt für die Gcsammtstrecke dem Gewichtsportv eine BersichernngSgebübr von 20 -4 für je 800L hinzu. Diese Festsetzungen, welche wesentliche Erleichterungen gegenüber üem bisherigen Zustande gewähre», gelten in gleicher Weise auch für den über deutsche Linien gehenden Verkehr zwischen Oesterreich-Ungarn und Nicderland,

Frirdlss.

Novelle von Adolf Berg,

Dem VerfasserVäter und Kinder."

(Nachdruck Verbote».)

I.

Eine düstere Gewitterimcht umlagerte die Wald­gebirge des Spessarts; der Donner rollte in grollen­dem Echo dahin, das fahle Licht der Blitze zuckte am Himmel, während der Sturm die wildzerrissenen Wolken dalstiijagte, und die hochragenden Bäume tief im Felsengrunde erknarrten.

Die Försterin stand am Fenster des Forfthauses und blickte bang in die Finsternis; hinaus; das Auge suchte das Dunkel des Waldes zu durchdrungen, aber vergeblich, rings umhüllte nächtiges Düster die Gegend, die nur secundenlang dann und wann der Blitz er­hellte. Aus der Tiefe des Gebirges klang der lang­gezogene Schrei eines Hirsches herüber, einmal, zwei­mal, während heißeres Gebell der ,Füchse in nächster Nähe das niedere Hans umklagke. Rings die Stimmen der Wildniß und der entfesselten Natur,- vergebens lauschte sie auf einen menschlichen Schritt, den bekannten Tritt des Försters, vergebens spähte sie hinaus und umsonst zuckte sie bang ans, wenn das fahle Laub an dem Waldwege, der vbm Försterhanse tiefer in dem Wald führte, rauschend ausflog, denn nur der Sturm bewegte die welken Blätter.

Endlich ging sie mit langsamen Schritten in die Tiefe der Stube zurück, die angenehm erwärmt war von dein Feuer, welches knisternd und zischend im Ofen flackerte. Am Tische saß der älteste Sohn, ein gold­gelockter Knabe von vierzehn Jahren, dessen Haupt müde auf den Arm gesunken war; ein leichtes Lächeln schwebte aus den üppig rothen Lippen, wäbrend die Augen im Schlafe geschlossen waren. Sie trat voll mütterlichen Stolzes auf das Kind zu und strich ihm das blonde Haar ans der hohen, feinen Stirn zurück; nicht erinnerte sie an den trotzigen, wettergebräunten Vater, diese zarten, weißen Wangen hatte der Sturm nicht gebräunt, nicht die Sonne verbrannt. Sie beugte

sich über den Knaben und hauchte ihm einen leisen Kuß auf die Stirn; für eine kurze Weile öffneten sich die Lider und zwei süße Augen lächelten die Mutter liebend an.

Aber auch in dem Anblicke des Kindes suchte die Förster,» vergebens Trost und Ruhe; hastig und aufgeregt schritt sie in der Stube auf und nieder, noch nie hatte sie wohl so ängstlich in die Gewitter­nacht hinaus gelauscht. Düster und verschlossen war der Förster am Nachmittag zum Dorfe hinnntergegangen, nachdem er die Büchse unigehangen; er hatte von Wilddieben gesprochen, aber sie wußte besser, was ihn sorttrieb zum Müller, znm Großschulzen, znm Wirth und den andern Männern der Umgegend, welche znm Verderben eines Feindes die Waffe wohl zu führen wußten. Hatte doch am Morgen die Krünter- sran mancherlei Briese heraufgebracht und eine Stunde lang in geheimen Gespräche mit dem Förster zngebracht; hatten doch die Augen des Weibes in glühendem Feuer und zornigem Hasse anfgeleuchtet, als sie weggegangen war. Ihr Sohn war vor wenigen Jahren mit den österreichischen Truppen über den Rhein gezogen, und auf dem Schlachttelde von Frischweiler hatte sie ihn mit zerschossener Stirn und zerrissener Brust ansgefunden, während die Siegesfansaren der Franzosen in der Ferne verhallten. All das Unglück, das darauf gefolgt war, schrieb sie diesem Volke zu, und daß sie aus dem Dorfe heransgckommen war, bewies, das; wiederum eine Sache geplant wurde.

Das Jahr 1796 war ein banges und armes Jahr für die Bewohner des Spessart; die französische Republik hatte ihre begeisterten Schaarcn gegen Deutsch­land durch die Waldgebirge des Odenwaldes und des Spessart gesandt, Brandschatzung und Unterdrückung regten die Bewohner aus, aber was sollten sie gegen die Heeressäulen Jourdan's machen? Ingrimmig konn­ten sie wohl die Faust ballen und die Fremden ver­fluchen, doch was Hilst das Grollen eines ohnmächtigen Volkes?

Wichtige Kunde mußte in den Briefen gestanden haben; die Franzosen besiegt, die Deutschen besiegt, oh, bang stand die Försterin vor diesen Fragen, mir das wußte sie, daß der Förster zu den erbitterten Feinden der Franzosen zählte und vor nichts zurückschrecken würde, wenn es galt, sich an denselben zu rächen.

Furcht und Sorge stürmten in ihrem Innern, Schreckgebilde tauchten in ihrer Seele aus, dazu brauste der Sturm um das Hans und heulte durch den Wald­weg dahin, in dem Walde rauschte es mächtig, alles mußte dazu dienen, ihr banges Herz mit stets neuen Bildern zu quälen. Einförmig tönte von der Schwarzwälder Uhr Secunde ans Secunde nieder, dann schlug die zehnte Stunde und als knarrend die Töne verhallt waren, trat sie wieder an das niedere Fenster, um noch einmal in die wetterdnrchtobte Nacht hinaus zu spähen.

Eine Zeit lang schon hatte sie aufhorchend da- gcstanden, da plötzlich verstummte das rauhe Gebell der Füchse, das Rudel verlief sich in die dichtere Wild­niß und in angstvoller Spannung lauschte die Försterin. Ein Geräusch, nein, das konnte nicht ihr Mann sein, sonst hätte schon das freudige Knurren des Hundes an ihr Ohr geschlagen, jetzt aber blieb es ruhig, während sie die Rechte gegen das hochklopfende Herz preßte.

An dem Saume des Waldes knisterte es wieder, das Gebüsch rauschte höher auf und eine hohe Ge­stalt, das konnte sie bei der leichten Beleuchtung eines Blitzes sehen, hob sich gegen das Dunkel ver Bäume ab. Bang trat sie von dein Fenster zurück und ihre schmalen Hände umklammerten ein schwere Büchse; während sie noch unschlüssig hin und her schwankend einen besorgten Blick auf den ruhig schlummernden Knaben geworfen hatte, kamen langsame, schwankende Tritte den Weg herauf, gerade auf das Haus zu.

Die Försterin ging entschlossener einige Schritte vor, da rüttelte eine Hand an der äußeren Thüre und eine zitternde, weibliche Stimme flehte im bangen Tone:Macht auf." Die Hausbewohnerin zögerte und schwieg, eine schwere Minute ging dahin, während ihr Busen in tiefen Atbemzügen auf und nieder wogte, dann klang es noch einmal bänger und flehentlicher: Um Gottes Barmherzigkeit willen, öffnet einer Mutter und ihrem Kinde."

Nein, sie konnte nicht länger zaudern, wenn in so flehentlichen Tönen ihr mütterliches Gefühl ange­rufen wurde, schnell und mnthig schob sie den schweren Riegel zurück und öffnete die Thür. Eine schlanke, weibliche Gestalt in einen dunklen Mantel gehüllt,