Die Freude war eingekehrt und die neue Urgroß­mutter sagte: Packt mir meinen Sonntagsstaat ein, Nachmittags will ich nach Guben und will mit En­kelin und Urenkel die schönen Osterfeiertage feiern. Zuvor will ich ein Stündlein schlafen, weckt mich zur rechten Zeit! Glück und Sonnenschein im Gesicht schlief sie im Stuhle ein. Die Stunde war längst vorüber, Urgroßmutter aber schlief noch süß und mußte glücklich träumen, ihr Gesicht war so ver­klärt. Als man sie endlich wecken wollte, war sie im Glück hinübergeschlummcrt in die andere Welt.

Welcher glückliche Gewinner eines Regenschirms oder eines Bildchens in der Schillerlottene hat leinen drolligen Aerger nicht längst verwunden und vergessen! Die Schillerstiftung aber lebt fort und wirkt mit reichem Segen. Im Jahre 1878 konnten mehr als 43000 ^ als Ehrensold an verdiente Schriftsteller, Dichter und Künstler und an deren Hinterbliebene vertheilt werden. Das ist ein schöner Gewinn und doch erschrickt man bei einem Blick auf die lange Reihe dieser Ehren-Pensionare, unter welchen die besten deutschen Namen zn finden sind. An wie viele Träger des idealen Geistes und ihre Hinterbliebenen tritt die Sorge und Nvth de? täglichen Lebens hart heran.

Düsseldorf, 10. April. Eine glückliche Bot­schaft erhielt dieser Tage ein Herr Müller hier des Inhalts, er habe in einer auswärtigen Lotterie 40,000 Gulden gewonnen. Nachdem das freudige Ereignis; hinreichend gefeiert und einige hundert M. verzecht worden waren, kam die Nachricht, daß die frohe Botschaft für einen andern, der 280 in Düssel­dorf lebenden Müller bestimmt gewesen sei. Bei einer solchen Auswahl von Müller kann sich das Glück wohl irren.

Hamburg, 12. April. Hier sind 2 Pendel­uhren des Herrn L. Nieberg, welche seit dem 5. Febr. 1879 gleiche Pendelschwingungen gezeigt haben, unter amtlicher Versiegelung von der hiesigen Stern­warte in der Zeit vom 16. bis 30. März beobachtet worden. Atteste des Observators Dr. Karl Schrä­der beweisen, das; sich obige Uhren, deren Pendel vom 5. Febr. bis 30. März über 4^2 Millionen Pendelschwingungen gleichmäßig aussühren mußten, in keiner Weise verändert haben ein bis jetzt wohl unerreichter Erfolg der Uhrmacherknnst.

Ein sehr bedeutender Erdölaufschluß ist iu vergangener Woche auf dem Erdölbergwcrke Pechel- bronn bei Sulz u. W. (Elsaß) gemacht worden. OesterreichUngarn.

Wien, 15. April. In Szegedin hat in der Sonutagsnacht ein wüthender Sturm die Restaura­tions-Arbeiten furchtbar geschädigt und 60 -Schlag­werke zerstört, sowie 6 Stehschiffe mit Proviant und Material zum Sinken gebracht.

In einer Grenzstadt in Mähren sollte neulich die schöne und liebenswürdige Tochter einer wohl­habenden jüdischen Familie verlobt werden. Da trat eine alte Bäuerin ins Festzimmer und erklärte den Eltern der Braut, das; sie ihre Einwilligung zu der bevorstehenden Vermählung nicht ertheile. Alan glaubte es anfangs mit einer Irrsinnigen zu thun zn haben, doch die Bäuerin bcharrte auf ihrer Erklärung und begründete diese wie folgt:Wie Ihr mich nun erkennen werdet (was auch geschah), war ich vor 20 Jahren bei Eurem Kinde Amme. Ich hatte in einer Nacht das Unglück, Euer Kind im Schlafe zu er­drücken. Aus Furcht vor Strafe beseitigte ich das todte Kind und legte an dessen Stelle mein in glei­chem Alter stehendes Töchterchen. So wurde dieses, mein eigenes Kind, bis zum heutigen Tage von Euch ernährt und wohl erzogen, und ich danke Euch da­für, doch, da es jetzt verheirathet werden soll, werdet Ihr cs begreiflich finden, wenn ich als Mutter mein Recht ausübe, und somit verbiete ich als gute Chri­stin, das; mein in der christlichen Kirche getauftes Kind einen Juden heirathe. Die Sache liegt dem Gerichte vor.

Italien.

Rom, 14. April. Die Besserung in dem Be­finden des alten Garibaldi schreitet zusehends fort, so daß er sich bereits gestern in der Lage befand, sich mit seiner Familie in den Quirinal zu begeben, um dem Könige den ihm gemachten Besuch zu er­widern.

Turin, 14. April. Vor einigen Tagen stattete die Königin Viktoria dem Dorfe Baveno einen längeren Besuch ab, wobei sie auch bei verschiedenen Geschäftsleuten Einkäufe machte. Unter Anderm kam

die Königin auch in den Laden eines Spielwaaren- händlers: der Mann war natürlich höchst erfreut über den Besuch. Leider befand sich aber der Laden in der größten Unordnung: der Kaufmann beeilte sich daher, mehrere Schachteln aus dem Wege zu räumen und sic in die entsprechenden Schränke zu stellen. Plötzlich stürzte ein Schrank um und die darauf stehenden Schachteln und SchächtelcheN fielen der Königin und ihrer Begleitung auf's Haupt. Das ist ja ein ganzes Attentat", rief die Königin lachend dem Ladenbesitzer zu, der vor Schreck ganz versteinert dastand. Der Königin gelang es indes; bald, den Kaufmann zu beruhigen: sie selbst scherzte noch lange über den Unfall.

Frankreich.

Paris, 15. April. Zur ägyptischen Frage schreibt dieLibertc": Wäre die Sache nicht so trau­rig, so könnte man die Behandlung, welche die ägyp­tische Angelegenheit in der Presse erführt, unendlich komisch finden. Man verlangt vom Sultan, er solle den Khedive absetzen, weil dieser sich den Finanz­planen der Herren von Bligniercs und Wilson wi­dersetzt und vorgibt, er wolle und könne alle seine Schulden bezahlen. Kann man sich etwas Seltsa­meres denken? Der Sultan, der vor Europa Ban­kerott gemacht hat und seit drei Jahren den unglück­lichen Gläubigern der Türkei keinen Heller Zinsen zahlt, soll den Khedive dafür bestrafen, das; er nicht nach seinem Vorbilde ebenfalls Bankerott machen will und wenigstens bisher alle seine Verpflichtungen ge­halten hat. Wir können nicht glauben, daß Frank­reich und England sich vor Europa so lächerlich machen werden. Mögen die Interessenten sich mit ihrem Schuldner und mit den Unternehmern gewag­ter Anleihen, die sie in diese Verlegenheit gebracht haben, auseinandersctzen, so gut sic können! Die Regierungen, die sich iu diese unsaubere Arbeit misch­ten, könnten davon nur selbst unangenehm bespritzt werden. Dazu sollen unser Einfluß und unsere Wehr­kraft nicht dienen, die Spcculationen der Wucherer zn decken, welche Aegypten zu Grunde gerichtet haben.

In den Stallungen der Kavallerie-Kaserne Part-Dieu zu Lyon ist der Rotz ausgebrochen. Man schätzt den Werth der Pferde, welche der Seuche erlegen sind, auf 400,000 Franken.

Belgien.

Brüssel, 17. April. In den Gruben Agroppc bei Framericrs erfolgte ein Ausbruch schlagen­der Wetter. Die Grubengebäude sind in jBrand geratheu und theilwcise zusammcngebrochen. Beim llnglücksfalle befanden sich 240 Arbeiter in den Gruben. Man befürchtet, viele seien umgckommcn. England.

Auf schreckliche Weise kam vorgestern ein Einbrecher in Sheffield um's Leben. Er versuchte, um Mitternacht mit 2 Genossen in das Haus des Pfünderverleihcrs Fieldsend einzudringcu. Da kein anderer Eingang möglich war. sollte er durch das Kamin hinuntcrrutschen und dann seinen Gefährten die Thür öffnen. Er stieg im Kamin herunter bis da, wo sich dasselbe in zwei schmälere spaltet und fand sich hier so eingeklemmt, das; er sich nicht mehr bewegen konnte. Hier blieb er bis 9 Uhr Morgens: von 6 Uhr an brannte ein großes Feuer im Herde. Um 9 Uhr fand endlich Herr Fieldsend, von wo das Wimmern und Stöhnen hcrrühre, daß das ganze Haus erschreckte; das Kamin ward aufgebrochen, und der befreite Einbrecher starb wenige Minuten später.

Rußland.

Petersburg, 10. April. Nach einem Bericht desEzas" aus Kiew wurde auch auf den Gou­verneur Czartkow während einer Spazierfahrt in der Hauptstraße ein Mordversuch verübt. In der Nacht zum 10. April ist auf der Moskau-Brester- Bahn der Postzug entgleist. Sämtliche Waggons wurden zertrümmert. Neun Personen sind getödtet, mehrere verwundet worden.

Petersburg, 1hc April. Die Stadt war gestern Abend auss Glänzendste illuminirt; vor dem Winterpalast fanden enthusiastische Ovationen statt. Aus allen Theilen des Reiches und von sämtlichen Regierungen Europas sind Glückwunschtelgramme eingetroffen. An der Marzer des Generalstabsgebäudes zeigen sich 3 Kugelspuren. lieber die Personalien des Verbrechers, der vorgibt, Iwan Sokoloff zu heißen und Finanzbcamtcr in der Provinz zu sein, dauern die amtlichen Erbebungen fort; derselbe hat weitere Auskunft verweigert. Unter seinen Achselhöhlen

wurden 2 mit Wachs befestigte Giftkapseln gefunden; ob er bereits Gift genommen, war nicht sofort zu ermitteln. Bei seiner Verhaftung hatte der Ver­brecher die Zähne fest auf einander gebissen und Schaum vor dem Munde: auch trat Erbrechen ein. Trotz seines Widerstrebens gelang es, ihm Arzneien beizubringen, die gewillt zu haben scheinen. Nach­dem das Leben des Vkeuchelmörders durch die Maß­nahmen der Aerzte gesichert ist, wurde derselbe unter starker Eskorte des Leibgarde-Regiments zu Pferde aus dem Gebäude der Polizei-Präfektur nach der Peter-Paul-Festung übcrgcsührt. Der Kaiser em­pfängt heute Mittag 1 llhr im Winterpalais die Glückwünsche der höheren Würdenträger.

Die Nachrichten über den angeblichen Ver- gistungsversuch des Verbrechers find nicht bestätigt. Das Blutcrbrcchcu, welches sich bei Solvwjeff ent­stellte, soll die Folge der Mißhandlungen seitens des Publikums bei der Verhaftung sein. Nur durch so­fortige Einmischung der Polizei konnte derselbe vom Tode gerettet werden. Zu den im Weißen Saale des Winterpalastes versammelten Würdenträgern sagte der Kaiser etwa folgendes:Diese neue Errettung verdanke Ich der Vorsehung Gottes und erblicke darin die Weisung, das; Mein Leben dem geliebten Vater­lande noch nvthwendig ist, welchem Ich mit derselben Liebe Meine letzten Jahre widmen werde, womit Ich Mein ganzes Leben hindurch dem Vaterlandc gedient habe."

Petersburg, 16. April. Bei Beantwortung der Ansprache des Marschalls des Petersburger Adels äußerte sich der Kaiser dahin, daß die Kühnheit und Vermessenheit der jüngsten Attentate ihm die Pflicht auferlege, sehr gegen seine Wünsche außerordentliche Maßregeln zu ergreifen, und zwar nicht etwa seinetwegen, sondern im Interesse Aller, im Interesse der Gesellschaft, im Interesse Rußlands. - 'Nach einem hiesigen Privattelegramm derK. Z." war der Verbrecher früher Student in Petersburg, zuletzt Hauslehrer in Toropez, Gouver­nement Pleskau (Pskow.) Mutter, Schwester und Bruder des Verbrechers befinden sich hier und die Mutter hat ihren Sohn bereits rckognoszirt. Er soll gestanden haben, Mitschuldige zu besitzen, ohne der Namen jedoch zu nennen. Er sagt, daß ihn das Loos getroffen habe, bewahrt aber im Ilcbrigcn vollständiges Schweigen.

Der Kölner Zeitung zufolge 'soll der geheim- nißvvllc Bund der ruff. Nihilisten an die 19,000 wirkliche Mitglieder zählen, der zahllosen vereidigten, aber im klebrigen uneingeweihten Agenten nicht zu gedenken. Man behauptet, daß sich unter den Mit­gliedern mehrere Generäle und auch der Abt eines Klosters befinden. Das Vermögen des Revolutions- Comites wird auf 2 Mill. Rubel veranschlagt.

Türkei.

Konstantinvpel, 15. April. Dem Verneh­men nach hat die Pforte den Khedive telegraphisch aufgefordert, die Minister Wilson und Blignieres wieder in ihre Stellen cinzusetzen, widrigenfalls seine Absetzung erfolgen würde. - In der Finanzfrage ist die Pforte mit der Prüfung eines neuen ihr vor- gclcgtcn Planes beschäftigt. Die albanesische Liga hat beschlossen, gegen einen Einmarsch der Oester- reicher in Novibazar Widerstand zu leisten.

Amerika.

Das Telephon hat kürzlich wiederum dadurch eine neue Verwendung gefunden, daß durch dasselbe der iu einer Kirche zu Lowell, Mast'., abgehaltene Gottesdienst nach mehreren anderen mit jener in Ver­bindung gesetzten und 5580 Meilen entfernt lie­genden Kirchen übermittelt wurde.

Eine jener ,,Meßalliancen", welche in Ame­rika nicht selten Vorkommen, hat den Staat Connec­ticut soeben in die größte Aufregung versetzt. Die Tochter des Gouverneurs, Nellie Hubbard, eine 19jährige Schönheit, die eine vorzügliche Erziehung genossen hat, ist mit dem Kutscher ihres Vaters durchgcbrannt, einem 25jährigcn Mann von ziemlich einnehmendem Aeußern, der aber durchaus nicht über seine Stellung hervorragt. Er hat wenigstens den Anstand besessen, sich mit der verliebten Dame gesetz­lich trauen zu lassen und hat 5 Stunden nach der Flucht dem Schwiegerpapa den Trauschein übersendet. Und so wird nichts übrig bleiben, als ein Auge zu­zudrücken und den Kindern auch noch die nöthige Aussteuer auf den Weg zu geben, umsomehr, als der