unrechtmäßigen Gebrauch der Waffe und absichtliche Körperverletzung und sprach eine Strafe von 5 Mo­naten Gesängniß aus.

Berlin, 28. Nov. DerReichsanzeiger" ver­öffentlicht eine auf Grund des 28 des Sozialisten­gesetzes mit Genehmigung des Bundesralhes für die Dauer eines Jahres erlassene Bekanntmachung des preußischen Slaatsministeriums vom heutigen, wonach für Berlin und Umgegend der sog. kleine B e l a g e r u n g s z u st a n d m i t e i n i g e n E i n s ch r ä n- kungen verhängt wird. Danach kann Personen, von welchen die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen ist, in der Stadt Berlin, den Stadtkreisen Charlottenburg und Potsdam, den Kreisen Teltow, Niederbarnim und Osthavelland der Aufenthalt versagt werden. In Berlin und den Stadtkreisen Char­lottenburg und Potsdam ist das Trogen von Hieb, Stoß- und Schußwaffen, sowie der Belitz, das Traaen, die Einführung und der Verkauf von Sprenggeschossen, ausgenommen für das Reichsheer und die Marine, verboten. Ausnahmen von dem Verbote des Waffen tragens finden für solche Personen statt, die anläßlich ihres Amtes oder Berufes zum Waffeusühren berech­tigt sind, für Mitglieder von Vereinen, welchen die Befugniß zum Waffeiitraacn beiwohnt, und snr dieje­nigen, welche Jagdscheine besitzen. Betreffs der Jagd­waffen für diejenigen, weiche Waffenscheine führen, und über die Ertheilung von Waffenscheinen befindet die Landespolizeibehöcde. Diese Anordnungen lrelen am 29. d. in Krafl. Die Bekanntmachung ist vom Vice- präsidenten ves Ministerraths Graf Ltolberg und allen Ministern unterzeichnet.

Berlin, 28. Nov. Die Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers werden immer großartiger; zumal es jetzt bekannt geworden ist, daß der Kaiser selbst auf alle jene Rathschläge nicht gehört hat, welche ihn bestimmen wollten, auf jeden feierlichen Einzug zu verzichten. Er soll vielmehr wiederholt den Wunsch ausgesprochen haben, bei dieser Gelegenheit dem ganzen Volke zu zeigen, daß er sich körperlich rüstig genug fühle, um die Last der Regierung wieder auf die eige­nen Schultern nehmen zu können.

Berlin, 29. Noo Im Bundesrath motioirte der preußische Bevollmächtigte die für Bertin aus Grund des Sostatdemotralengesetzes getroffene Anordnung dadurch, daß die Regierung Kennnnß habe von einer fortgesetzen Agitation, ähnlich der der russ. Nihilisten, welche von kleinen Gruppen geleitet werde. Auch sei die Anfertigung von Werkzeugen und Apparaten zu verbrecherischen Zwecken festgestellt. Eine eigentliche Discussion fand über die Vorlagee nicht statt. Die Annahme erfolgte einstimmig Die allgemeine Lage wirb im Ganzen friedlich aufgefaßt. Die entgegenge­setzten Angaben der Pol. Corr. aus Petersburg sind offenbar übertrieben und werden stark bezweifelt.

Berlin, 29. Nov. Wie die Abendzeitungen vernehmen, sind heute Mittag etwa 40 hervorragenden Mitglieder» der Sozialdemokratie, darunter auch Has­sel mann undFritzsche, durch das Polizeipräsidium Ausweisuugsordres zugestellt worden.

DieNordd. Allg. Zig." meldet: Der Kaiser hat auf Antrag des evangelischen Oberkirchenraths ge nehmigt, daß zur Feier Seiner Wiedergenesung in alle» evangelischen Kirchen am 8. Dezember ein Dank­gottesdienst stallfinde.

Wie aus verschiedenen offiziösen Blättern ersicht­lich ist, beabsichtigt die preußische Negierung allen Ernstes, dem Landtage noch im Laufe dieser Session eine Vorlage in Betreff des Ankaufs der preußischen Privatbahnen zu machen, ein Projekt, zu dessen Verwirklichung allerdings die Kleinigkeit von einer Milliarde Mark erforderlich ist, welcher Umstand den preußischen Lundboten immerhin etwelche Bedenken dagegen einflößen dürste. (Neue Z.)

(Ein großer Mannst Wie dieMetzer Z." berichtet, passirte dieser Tage in Metz mit dem Paris- Frankfurter Schnellzuge ein Reisender, den seine Körperhöhe von 2,35 Meter als einen Riesen unge­wöhnlichster Art charakterisirte. Noch auffälliger wurde die Erscheinung dadurch, daß derLange" ein Chinese und in seine Landestracht gekleidet war. Bei der Ge päckrevision auf der Grenzstation bemühte sich der Sohn des Reiches der Mitte längere Zeit vergebens, einen Nevisionsbeamten zur Abfertigung seiner Reise­effekten herbeizurufen und war ganz erstaunt, als ihm seine Mitreisenden begreiflich machten, daß ein Beamter bereits geraume Zeit vor ihm stände, den er in des Wortes vollster Bedeutung ganz übersehen hatte. Die Wartsaalthürcn des Metzer Stationsgebäudes haben eine ganz respektable Höhe, die für gewöhnliche

Menschenkinder mehr als ausreichend ist. Unser Niese jedoch mußte förmlich hindurch kriechen, um sich, innen angelangt, wieder zu seinerzvotlen Höye emporzurichten, bei welcher Manipulation wohl Mancher ängstlich denken mochte: Nimmt denn der bald ein Ende? Der Riese sah übrigens ganz wohl aus, was jedenfalls bewundernswerth genug ist und den Ruf settener Ge nügsamkeit seiner Landsleute rechtfertigt, wenn man an die niedrigen französischen Waggons und die noch niedrigeren und engen Coupe's denkt; und in einem solchen hatte der Chinese die Fahrt von Paris bis zur Grenze zurückgelegt. Thaisache ist, daß derselbe vom Perron aus bequem hätte etwa Nachsehen können, ob die Bedachung über seinem Coupe noch wasserdicht sei. Der sonderbare Reisende war aus der Fahr: nach Dresden, um sich im dortigen Victoriasaal dengemülh iichen Dräsnern" zu präsentuen.

Straßburg, 28. Nov. Bin ich recht berich­tet, und ich habe Grund, dies anzunehmen, so ist hierher die Nachricht gelangt, daß der Kronprinz Friedrich Wilhelm im nächsten Jahr das Reichs- land, insbesondere Straßburg, aus längere Zeit be suchen wird.

Mühlhausen i. E., 27. Nov. Welch unver­besserliche Sanguiniker die Franzosen sind, geht aus den von politischer Rührung überströmenden Auslas sungen der Pariser Liberia hervor, welche in dem neu Iichen Post-Artikel über die Wellausstellung und das wtedecgeborene Frankreich überhaupt nichts Geringeres sieht, als einen Antrag Deutschlands, sich mit Frank­reich zu verbinden; ja die Liberia sieht sogar schon die westinächtiiche Allianz" (England, Deutschland, Frank­reich) im Anzug und mehr noch: auch dieheilige Allianz" läßt nicht mehr lange auf sich warten, Ruß lcnid, Oesterreich und Italien werde» sich beeilen, der­selben beizutreten, um den Frieden Europas wieder aus ein Halbjahr hundert zu garanliren. Bis zur Errichtung dieser verschiedene» Allianzen dürfte aber noch viel Wasser die europäischen Bäche hinablausen, und süc uns geht aus den politischen Exkursen ver Liberia nur das unbegrenzte Verlangen Frankreichs nach einem Bundes­genossen hervor, komme er nun her wo er wolle; da sich direkt "Niemand mir Fraukceicht einlasseu will, so nähme man selbst eine Zeit lang das böse Deutschland als Bundesgenossen an. um daun mit den andern Verbündete» den alte» Racheplan im stillen fertig zu schmieden und eines schönen Tages den deutschenDritten im Laude" herauszuwerfen und zu überfallen. Aus die Revanche läuft alle französische Politik hinaus, darüber möge man sich doch niemals einer Täuschung im Deutschen Reiche hingeben (Reue Z.)

OesterreichUngarn.

Wien, 28. Nov. Das JournalBolgarin" meldet: Die bulgarische Fürstenwahl findet am 1. Ja nuac statt. Als ernste Candidaten für den bulgarischen Thron sind General Jgnatieff, Fürst Alexander Was- sitschikofs, Prinz Neuß und Prinz Alexander von Battenberg ins Auge gefaßt.

Nach einer Depesche aus Triest vom 26. Nov. an Wolffs Bür. ist die in der Bucht von Maggia mit circa 400 Faß Petroleum beladen gewesene italie­nische BarkCarmella" in Brand gerathen.

Italien.

Rom, 28. Nov. Der König soll dem Bot­schafter einer Großmacht gegenüber geäußert haben: Die in Italien bestehenden Gesetze seien völlig aus­reichend. Die Hauptfrage sei der Schutz der Gesell­schaft gegen gemeine Berbecher.

Schwerz.

Solothurn. Ein entsetzliches Verbrechen ist Dienstag Abend in dem von Olten nur ^,4 Stunden entfernten Dorfe Rikenbach verübt worden. Hart an der Hauptstraße Olten-Solothurn steht mitten im Dorfe ein Strohhaus, das von 2 altern Schwestern (Reinhard) bewohnt war. Die 2 betagten Leutchen waren ziemlich wohlhabend. Heute Morgen fand man die beiden Personen mit eingeschlagenen Schädeln todt; die eine in der Stube, die andere in der Küche. Die erstere hatte noch dieSlricketeist' in der Hand. Von den Uebelthätern hat man noch keine Spur. Offenbar liegt Raubmord vor! Die ganze Gegend ist in Auf­regung und Angst.

(Macht des Gewissens.) Folgender psycho­logisch merkwürdiger Fall, der von der Macht des Ge­wissens zeugt, wird aus der Schweiz berichtet. Der Vorarbeiter und Bahnwärter an der Jura-Bern Luzern- Bahn, Jak. Keller, in Tägertschi, verheirathet, jedoch kinderlos, erfreute sich bisher eines unbescholtenen Rufes, war aber im Umgang mürrisch und gedrückt. Um so mehr erstaunte man, als Keller vor wenigen Tagen zum Negierungsstatthaller in Konolsingen kam und

diesem das Geständniß ablegte, daß er ein Mörder sei. Wie er selbst ausjagt, stand er Ende der vierziger Jahre bei Groß, alh Greller in Nrederwichtrach in Dienst, bei dem der etwa 56 Jahre alte Ch-sttian Großen- bacher, der über ein Vermögen von 8000 Franks ver­fügte, als Miether wohnte Keller trat bei Gfeller aus, um dem Großenbacher die Haushaltung zu führen, und dieser setzte ihn testamentarisch zum Hauvlerben ein, wonach Keller nach Gioßenbach's Tod 4000 Frcs. zukommen sollten. Eines Tages wurde Keller von Großenbacher ausgeschotte», er fürchtete deßhatb, dreier werde sein Testament rückgängig machen. Am 19. Januar 1856, Vormittags, steckte ec ein Seil zu sich, mit dem festen Vorhaben, seinen Gönner za ermorden, um bald das Erbe in Empfang zu nehmen. Mittags als dieser im Sessel ruhte, schlang ihm Keller das Seil um den Hals, riß den Unglücklichen zu Boden, und nachdem er ihn erdrosselt halte, häugte er ihn am Seile neben dem Bett auf. Niemand hatte damals den geringsten Verdacht aus Keller, der denn auch den Lohn des Verbrechens einsirich Seitdem aber ließ ihm sein Gewissen keine Nahe, und trieb ihn endlich, wenn auch zu spät, zur Selbstanklage. Da übrigens das eingestandene Verbrechen von Keller vor 20 Jah­ren verübt wurde, ist inzwischen Verjährung eingetreteu und kann eine gerichtliche Bestrafung nicht eintreten.

Spanien.

Madrid, 27. Nov. Der höchste Gerichtshof vernrtheilte Oliva y Moncasi zum Tode.

England.

London, 28. Noo Der Engländer Blight, ein Passagier der untergegangenenPommerania", erklärt, daß die Mannschaft sich zuerst der Boote be. mächtigte, bevor sie die Passagiere rettete. Derselbe ist der Ansicht, daß Alle hätten gerettet werden können, wenn die Matrosen nicht sofort in die Boote gestürzt wären; er sah Schwersten den Rettungsgürtel anlegen. Die Offiziere und der Agent des Schiffes verweigern schroff deutschen und amerikanischen Blättern jede Aus­kunft. Von den Passagiere» werden mehr als 40, von der Mannschaft nur 3 Personen vermißt.

London. Ein weiblicher Trunkenbold. In Greenock wurde vor einigen Tagen eine Vertreterin des zarten Geschlechts wegen öffentlichen und ostentatiöser Zarschauicagung gesetzwidriger Trunkenboldigkeit zu einer kurzen Geiäugnstzstcafe vernrtbeitt. Seit ihrer ersten Verurlheilung im Jahre 1850 hat die Jungfer für ähnliche Vergehen nicht weniger als 13 Jahre 49 Tage in de» Armen der Gerechtigkeit geruht.

Handel Verkehr re.

Eßlingen, 28. -Nov. Der heutige Jahrmarkt war nicht sehr frcquentirt; namentlich gilt dies vom Krümermarkt. Von den auswärtigen Verkäufern haben manche nicht einmal das Standgeld erlöst. Der Viehmarkt war mit ca. 350 Stücken befahren. Das Mastvieh fand raschen Absatz, während der Verkauf des Schmahlviehs stockte. Große Auswahl zeigte der Schweinemarkt, der gegen 300 Länferschweine und 29 Körbe Milchschmeine anfzuweisen hatte. Erstere wurden zu 14 -40 !». per Stück, letztere aber zu 1016 ,st. per Paar verlaust.

Die seit mehr als 4 Jahren leer stehenden Räume der Kirchheimer Maschinenfabrik sollen mit Beginn des neuen Jah­res theitweise wieder in Benützung kommen, indem die Eisen­gießerei dieses Etablissements von genanntem Termine ab behufs Inbetriebsetzung derselben pachtweise übernommen worden ist.

Karlsruhe, 30. Nov. In der heutigen Serien-Ziehung der badischen 35 fl.-Loose wurden die folgenden Serien gezogen: 408 686 822 977 1217 1343 1449 1526 1801 2264 2854 2864 3093 3217 3342 3802 3810 3876 4805 5343 5396 5775 6242 6283 6316 6766 6783 6954 6989 7990.

Obstanbau.

I.

Wenn ich im Rückblick auf die im Laufe des Herbstes stattgehabten Versammlungen der landwirthsch. Vereine hier Einiges aus deren Verathungen mittheile, so hoffe ich, damit nicht nur dem Landmanne selbst, sondern auch manchem Städter, der am Gedeihen seines Gar­tenobstes Freude und Interesse hat, einen Gefallen zu erweisen. Die Untersuchungen der zur Beförderung des Obstes geeigneten Mitteln werden jetzt so gründlich und von so einsichtigen Männern betrieben, daß man dem Rathe der letzteren wohl Beachtung schenken darf. Ich selbst habe dadurch sehr angenehme Erfahrungen gemacht und möchte dem Leser Folgendes bemerken.

Keine Arbeit erfordert wohl größere Sorgfalt und doch wird wohl keine so gedankenlos und unvollkommen betrieben, als die Zucht der Fruchtbäume. Deren Ge­deihen hängt zu allermeist von der sorgfältigen An­pflanzung ab. Es läßt sich nicht gerade bestimmen, wie man die Bäume anpflanzen soll, das hängt viel­mehr von der Bodenbeschaffenheit ab; die besten Stämm- chen werden indessen sehr häufig schon gleich bei der Pflanzung verdorben durch unkundige Hände. Wenn später sich an den Bäumchen Krankheiten zeigen, so