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heraus, daß die Unglückliche ermordet und zur Vertuschung des Mordes an diese Stelle gebracht worden war. Die Ermordete, ein in Saalfeld in Dienst gewesenes, aus Gräfenthal gebürtiges Mädchen, hatte einige Messerstiche im Nacken. Der Geliebte des Mädchens, ein Bursche aus Garusdors, wurde als des Mordes verdächtig verhaftet.
Bockenhei m. Der 19jährige Sohn eines hiesigen Schreiners hat mit einer 17jährigen Arbeiterin aus der am Ginnheimer Weg gelegenen Perlenfabrik schon seit 3 Zähren ein LiebesoerhäUniß, dem bereits ein Kind von anderthalb Jahren entsprossen ist. Das Mädchen fühlte sich zum zweiten Male Mutter, und hatten die jungen Leute die Absicht, sich zu verheirathen, was jedoch Seitens der Eltern, insbesondere des Vaters des jungen Mannes, aus Hindernisse gestoßen sein soll. Bei dem Letzteren soll dies nun den Gedanken hervorgerufen haben, sich und die Geliebte zu erschießen. Das Paar begab sich am vorigen Sonntag zu einer Tanzmusik in eins Wirlhschast am Sandwege, kehrte gegen 11 Uhr zurück, und im Hausgang der elterlichen Wohnung angelangt, feuerte der junge Mann aus einem Revolver zuerst 2 Schüsse ans das Mädchen und dann 2 auf sich selbst ab. Das Mädchen ist bedenklich verwundet, während der junge Mann, dem die beiden Kugeln zwar im Kopfe sitzen, noch aus dem Hause eine Strecke fortlief und erst dann zusammen- stürzte, mit dem Leben davonkommen wird.
Berlin, 16. Sept. Der Kaiser wird sich von Wilhelmshöhe direkt nach der Insel Mainau begeben, um daselbst im Kreise der großherz, badischen Familie den Geburtstag der Kaiserin zu verleben.
Berlin, 18 Sept. Betreffs der Socialisten- Vorlage sind angeblich die National-Liberalen bereits zu Kompromissen geneigt; wenigstens verlautet aus ihren Kreisen, daß sie schon jetzt größten Theils gewillt sind, an derselben nur der Negierung zusagende Aende- rungen vorzunehmen. Hiezu stimmt cs auch, daß in die Commission nicht 6, sondern 7 National-Liberale gewählt wurden. Dieser Platz wurde Sonnemann, bezüglich Bebel entzogen. (Fr. I)
Berlin, 18 Sept. In der heutigen Neichsiags- sitzung wurde angezcigt, daß die Commission für das Sozialisten-Gesetz constituirt sei; dieselbe besteht aus folgenden Mitgliedern: v. Bennigsen (Vorsitzender), Hausier, Laster, v. Puttkamer (Fraustadt), v. Schauß, Gneist, Reichensperger (Olpe), Moufang, v. Herlling, Brüel, Graf Galen, Hauck, Schwarze (stellvertretender Vorsitzender), v. Schmid (Württemberg), v Kardorff, v. Stauffenberg, Hänel. Hoffmann (Schriftführer), v. Helldorf, Ackermann und v Goßler. — Der Antrag Bracke auf Sistirung des Strafverfahrens gegen Fritz- sche wurde vom Hause angenommen, nachdem der Antrag Beseler's auf Ueberweisung an die Geschäfts- odnungs-Commission abgelehnt worden war. (F. I.)
Berlin, 19 Sept. Der Verlaus des Kampfes des Papstes Leo mit einer ihm und seiner Politik widerstrebenden höchst einflußreichen Colterie im Vatican, welcher auch das Centrum des deutschen Reichstags und namentlich dessen katholische Führer angeblich unbedingte Folge leisten, wird hier, wie aus bestunterrichteten Kreisen verlautet, mit aufmerksamstem Auge beobachtet, da sein Umgang zeigen wird, ob Pabst Leo den Frieden mit der Negierung, den er will, auch die Macht hat, durchzusetzen. Es handelt sich danach nicht mehr um den Kampf zwischen Staat und Kirche, sondern um den des Papstes mit dem aufsässigen Theile des Klerus, der nicht die Weltherrschaft der Kirche, wohl aber die seines Ordens anstrebt. Ist dieser gebrochen , dann ist ein mockuo vivenlli zwischen Berlin und Nom leicht herzustellen. (Fr. I.)
Welches Gewicht von sämmtlichen Regierungen auf das Zustandekommen des Sozialistengesetzes gelegt wird, zeigte sich schon dadurch, daß die Minister Fäustle, Mittnacht, Abeken, Turban und Andere in der heutigen Neichstagssitzung anwesend waren. — Ueber den äußeren Verlaus der Montagssitzung berichtet die „Trib.": „Bald nach 11 Uhr schrie die Präsidentschaftsglocke ihr bekanntes „Kamerad komm'!" Nun strömte es durch alle Thüren heran, und bald war der Saal gefüllt, der zugleich so geräuschvoll wurde, daß man die vorlescnden Herren Forckenbeck und Weigel nur sah, nicht hörte. Die wenigen anwesen den sozialistischen Abgeordneten weiden sich an einer großen rothen Schleife, die von einer gewiß sehr aristokratischen Dame, die in der Nbgcordnetenloge erschien, getragen wird. Der Abg. Bebel lehnt an der zum Rednerpult führenden Treppe, um nichts von dem zu verlieren, was der das Gesetz motivirends Graf Slol- berg für und was dann Reichensperger (Olpe) dagegen sagen. Letztgenanntes Centrumsmitglied spricht deutlich
und monoton; mehr als seine Figur fällt der Zeigefinger auf, den er in der Luft drohend oder belehrend schwingt. Während seiner Rede wird es dunkel im Saal, aber da hat das Wetter Schuld. Nach Neichen- sperger spricht Helldorf für das Gesetz, nach diesem erscheint Bebel am Rednerpult. Bebel ist eine sympathische Erscheinung, die einzige in seiner Fraktion. Er sieht nicht aus wie ein Agitator, auch nicht wie ein Drcchslermelster, er macht mehr den Eindruck eines Stammgastes der Siegesallee und des Theaters. Aber bald hat er sich in sein Thema hiueingeredel, und nun verrülh er den Fanatiker. Er spricht deutlich, ohne Koketterie, und wird nie, wie seine Genossen, in der Hitze des Gefechtes persönlich oder grob. Ec wendet die Anrede „Meine Herren!" sogar häufiger an, als gerade nölhtg. Wenn er gestern nicht immer in der passenden Fonn gegen den BundeSralhstisch gewendet sprach und zwar häufiger polterte, anstatt zu sprechen, so war das ein Fehler, den er dadurch verräth, daß er das Bewußtsein haue, für eine hatbverlorene Sache zu sprechen. Während seiner Rede trat Graf Wilhelm Bismarck ein und setzte sich neben den Abg. Lucius, wo er mit diplomatischer Ruhe die Anklagen mit anhört, welche der Sozialist gegen den Reichskanzler schleudert. Für diesen erhebt sich der Minister Eulenburg, eine elegante Gestalt, und weist die Anklagen ruhig und bestimmt zurück. Dann spricht Bamberger, wie immer in seiner und fein zugcspitzlec Form, er ist der Fenilletonist des Parlaments, seine Rede hört sich wie ein elegantes und doch sich vertiefendes Sa- longeplander an." Andere Berliner Blätter wollen die Rede Bambergers „malt" gefunden haben und sprechen Bebel den Preis zu.
Am zweiten Tag der Sozialistengesetz-Debatte ging Fürst Bismarck die von dem Avg. Bedel gemachte» Angaben einzeln durch, um sie theils zu widerlege», theils richtig zu stelle». Danach bleibt von den unmittelbaren Beziehungen des Fürsten Bismarck zu den Führern der sozialdemokratischen Bewegung nichts übrig, als ein mehrmaliger Gedankenaustausch mit Lassalle, den er als einen der geistreichsten und liebenswürdigsten Männer bezeichnet, die ihm je begegnet. Der Charakter bie>er Unterredungen, in denen Fürst Bismarck übrigens wenig zu Worte gekommen zu sein erklärt, war inbeß ein rein akademischer; von praktischen Vorschlägen oder gar Unterhandlungen war nicht die Rede. Die von sozialdemokratischer Seile ausgestellte Behauptung, daß ein Objekt der Besprechungen die Oklroyirung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts gewesen sei, gab dem Reichskanzler Gelegenheit zu einigen nicht uniiiteresianten Bemerkungen über Entstehung und Wirksamkeit des allgemeinen Wahlrechts in unterem neuen nalwnalen Staatswesen. Nicht aus theoretischer Vorliebe hat er bei Errichtung des 'Norddeutschen Bundes da» allgemeine Wahlrecht in Borichtag gebracht, sondern weit er im Franks. Bundestage den Feinden der nationalen Einigung gegenüber, durch die Roth gezwungen, diese gewagte starte nun einniat ausgespiekt batte. Er ist indes; mit den bisherigen Folgen des gethanen Schritte» keineswegs unzusrieden; >m Gegentheil, er gesteht offen, mit dem aus dem altgemeinen und gleichen Wahlrecht dcrvorgegangenen Reichstage lieber zu verkehren, als mit dem aus dem D r e i t I ass enw a h ls y st ein beruhenden preußischen Landtage. Was ferner sein sachliches Interesse an der sozialdemokratischen Bewegung betrifft, so macht er einen scharfen Unterschied zwischen den früheren Stadien der Bewegung und der heutigen Sozialdemokratie. In dieser erkennt er lediglich einen hochgesährltchen Feind von Staat und Gesellschaft, zu besten entschlossener Bekämpfung er aus- soroert. ^ (N. Tgbt.)
Die Lpende der deutschenKaiserin von 1000 für die österreichischen Verwundelen hat in der Bevölkerung des ganzen Kaiserstaates einen überaus guten Eindruck gemacht und wird allgemein in der sympathistischen Weife besprochen.
„Morning-Post" erfährt, Graf Ben st habe als ösireichtfcher Botschafter in London demissionirt, Graf Karolyi in Berlin sei zu seinem Nachfolger designirt und trete den Posten im November an.
Kiel, 17. Sepl. Das Demissionsgesuch des Contreadmirals Weiner erregt Aussehen, weil er als Prolest gegen das System Stosch betrachtet wird. Zwischen Werner und dem Slaatsminister v. Slosch fanden gestern Morgen Erörterungen statt, worauf Werner sofort von den Geschäften zurücklral. (Der Contreadmiral Werner ist derselbe, welcher am 25. Juli 1873 als Kommandeur des deutschen Kriegsschiffs Prinz Friedrich Karl einen Dampfer der Jnsnrgenten vor Cartagena mit samt dem Haupt derselben, Galvez, wegnahm und in Folge dessen damals abberufen wurde. Es wurde eine Disziplinaruntersuchung gegen ihn ein- geleilet und er wurde in der Folge zum Oderwerfls- direktor in Wilhelmshaven ernannt.)
Oesterreich—Ungarn.
Wien, 16. Sept. Ein hiesiger Großindustrieller ist wahnsinnig geworden. Er hatte zwei Söhne bei der Armee in Bosnien. Da erhielt er die Nachricht, der eine sei schwer verwundet. Der Valer eilt nach Brood, um seinen Sohn womöglich nach Wien zu transportiren. Er kommt ins Spital, fragt nach seinem
Sohne, die Aerzte sehen sich an und machen bedenkliche Mienen. Der Vater dringt in sie, ihn zu seinem Kinde zu führen, man gibt seinen Bitten endlich nach. Barmherziger Himmel! Ec erblickt sein Kind — die Arme sind ihm abgehauen, die Augen ansgestochen, die Zunge, Nase und Ohren abgeschnitten! Mit einem Schrei, der Allen durch Mark und Bein geht, stürzt der Mann am Sterbebette seines Sohnes nieder. — Heute befindet er sich im hiesigen Jrrenhause!
Bei Bihatfch verloren die beiden Regimenter Airoldi und Jellacic nicht weniger als 500 Mann und 21 Offiziere. Die Verluste haben sich in den letzten Wochen sehr gesteigert, Oesterreich ist in einen vollständigen Krieg und zwar der schlimmsten Art verwickelt. Die großen Schwierigkeiten, welche die Armee findet, beweisen übrigens die Nolhwendigkeil, in jenen Gegenden einmal gründlich die Ordnung herzustellen, nur um so evidenter.
Italien.
Der Vesuv treibt es gut! Oben umweht ihn wieder recht bedenklicher Rauch und an seinem Fuße hat am letzten Freitag ein furchtbarer Sturm 16 Hauser zerstört, wobei mehrere Menschen ums Leben gekommen sind.
Griechenland.
Da aus der von Griechenland angerufenen Vermittelung der Großmächte allem Anscheine nach nichts Rechtes werden will, so ist man in Athen gesonnen, sich schließlich selbst zu helfen, ein Entschluß, den die griechische Regierung schon längst hätte sassen sollen, statt so viel auf die leeren Redensarten Englands zu geben. Oie Bank der Korfu streckte der Regierurng bereits 2 Millionen Drachmen (— Franken) vor. Der König ha! die Mobilisirungsordre schon unterschrieben. Die Kriegs- und Marschbereitschaft ist für das gesammte Heer angeordnet worden. Kurz die Dinge sind in Griechenland nun so weit gediehen, daß es sich sehr fragen wird, ob cs den englischen Einstuß, der nachgerade in starken Mißkredit gekommen ist, noch einmal gelingen wird, den Ansbruch eines türkisch-griechischen Krieges zu verhindern. (Neue Zig.)
England.
Die lömische „Fanfulla" will die wichtige Mit- theilung erhalten haben, daß zwischen England und der Pforte die Grundlage eines neuen Vertrags fest- gestellt worden sei, durch welchen England das Protektorat über Egypten eingeräumt werde. Die Sache bedarf jedenfalls noch weiterer Bestätigung.
Serbien.
Belgrad, 15. Sept. Die Fürstin Natalie ist eines Prinzen entbunden worden. Der Fürst Milan ist in Folge dieses von ihm schon so lange gewünschten freudigen Ereignisses gestern aus Nisch zurückgekehrt.
Die „Agence Havas" meldet aus Semlin: 12,000 bosnische Insurgenten haben sich von Bertschka nach Bjelina zurückgezogen. Bei Zwornik sind 20,000 Insurgenten unter Hadji Loja konzentrirt. Die vornehmen Familien aus Bosnien flüchten sich nach Serbien.
Handel A Verkehr rc.
Stuttgart, IS. Sept. lObst- und Kartofselmarkt.) Mostobst Zufuhr 500 Säcke, Preis pro Centner 4 HI. 30 kk.; Verlaus tsngsam. — Kartoffeln. Zufuhr 400 Säcke, Preis pro 100 Kilo 6 K. 60 kk.; Verkauf laugsam.
Mergentheim, 16. Sept. Schafmarkt: Zugetrieben 12000 Stück; verkauft über die Hälfte; höchster Preis sür 1 Paar Hämmel 41 st. Frequenz im Vergleich zu Crailsheim und KünzelSau sehr gut. — Gleichzeitiger Schweinemarkt weniger befahren als sonst; Preise gedrückt.
Wachendorf, 18. Septbr. (Hopfen.) Frhrl. o. Ow'schen Rentamt erster Berkaus 30 Ztr. » SO SI.
Nürnberg, 17- Sept. (Hopfen.) Das Geschäft batte bei fester Stimmung einen raschen Verlauf; schon um 10 Uhr waren über 1000 Ballen geräumt; gute trockene Waare, fortwährend gesucht, wird aus bekannten Gründen vergebens erwartet. In Schwetzingen wurde gestern 100 bis 120 K. bezahlt; ebenso hat auch die Tettnanger Gegend sür seine Waare ihre Forderungen erhöht.
Frankfurt, 18. Sept. Der heutige Heu- und Strobmarkt war reichlich befahren- Heu kostete per Ctr. je nach Qualität ist. 2—3. L-troh K. 1.50-2- Butter das Psd. im Detail 1. Qual. sl. 1.20—30, 2. Qual. »I. 1.10 15. Eier das Hundert K. 4.50-6. Kartoffeln per 100 Kilo K. 6. Ochsensteisch per Pfd. 70-7S kk., Kuh- und Rindfleisch 54 bis 60 ?k., Kalbfleisch 60-70 kk-, Hammelfleisch 58-68 ?l-, Schweinefleisch 70—75 l>5.
Frankfurt, 18. Sept. Mit dem heutigen Tage geht die diesjährige Herbstmesse zu Ende. Leider ist über deren Verlaus nichts Günstiges zu berichten. Dieselbe war schlecht; selbst sür Schuhwaaren blieben die Käufer aus, da dem Publikum durch die zahlreichen hiesigen Schuhfabriken oder den hier befindlichen Filialen auswärtiger reiche Gelegenheit geboten ist, bei größerer Auswahl billiger zu kaufen als in der Messe. In Pfeifen und Meerschaumwaaren zeigte sich einiges Geschäft. Wenn auch der Detailverkaus gering war, so waren doch die sür den Niederrhein und Belgien abgeschlossenen Geschäfte ev gras von Belang. In Wollen- waaren herrschte im Hinblick auf dis nahende Wintersaison etwas Kauflust, und haben die Fabrikanten, die noch die