Der Ge

Amtsblatt für den Aberamts-Aezirk Wagotd.

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Samstag den 15. Juni.

i Jnserationsgebiihr für die tspnltige Zeile aus ge- j ! wöhulicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 !

! bei mehrmaliger je 6 :

1878.

Eisenbahnzüge der Station Nagold vom 15. Mai an.

Nack Calw: 6,ss, tü,»s, 3,ss, 5,-8, 9,-r.

Nack Horb: 5>,s 8,so, II, SS, 3,rs, 7.1.

Zur allgemeinen politischen Lage.

V.V.6. Der Eougreß, der soeben in dem neuen Reichs- kauzlerpalnis zu Berlin unter dem Vorsitze des Fürsten Bis- marck zusammengetreteu ist, beginnt seine Arbeit mit günstigen Aussichten auf Erfolg, In der ganzen Welt sehnt mau sich ausrichtig nach Frieden, um sich dem so lauge gebemmteu wirthschaftlichen Aufschwung endlich mit vollem Vertrauen in die Zukunft widmen zu können, Rußland ist bereit, von den ungeheuren, durch einen überaus glücklichen Feldzug erreichten Vortheilen ein gut Theil anfzngeben, wenn es um diesen Preis die Sanctivn Europas für die durch sein Schwert geschaffene neue Ordnung der Dinge im Orient erlangen kann. Zivischeu den beide» Hauptgegncrn, Rußland und England, ist Dank der unermüdlichen Thätigkeit deselirlichen Maklers", im Ganzen und Großen eine Verskändignng erzielt worden, auf deren Grundlage die Durchfülirung im Einzelnen keine unüberwind­liche» Schwierigkeiten mehr bieten kann, Oesterreich wird seine Wünsche um so eber erfüllt seben, da dieselben zum Theil mit denen Englands zusammenfallen und Graf Andrang allem An­schein nach auf die Erwartungen, die ihm bei einer etwas kräftigeren Politik von selbst in den Schoos; gefallen sein wür­den, definitiv verzichtet hat und sich zufrieden geben will, wenn nur die kleinen Raubstaaten an der Südostgrenze des Kniser- staales nicht allzu stark werden. An dem guten Willen, die orientalische Frage, wenn auch nicht gründlich nir immer, so doch auf dem Wege eines Eompromisses zn lösen, welcher den nächstbetheiligten Staaten für eine absehbare Reihe von Jahren die Ruhe sichert, scheint es überhaupt nicht zn fehle»: sind doch die leitenden Minister von allen Seiten herbeigeeilt, um sich an dem Friedenswerk zu betheiligen. Als besonders günstig darf der Umstand gelten, daß sowohl der englische Premier­minister wie der soeben erst von schwerer Krankheit wieder- geucsene russische Reichskanzler persönlich erschienen sind, um ihrer staatsmämiischen Wirksamkeit durch Herbeiführung eines ehrenvollen Friedens die Krone aufznselien. Der franzö­sische Minister der Auswärtigen hat sich denn auch schon öffent­lich dahin ausgesprochen, daß der Friede so gut wie gewiß sei, und von dem englischen werden ähnliche Aeußeriliigeu berichtet.

Die Aufgabe des Eongresses wird freilich immerhin schwierig genug sein. Nicht nur, daß das Verbleiben der rus­sischen und englischen Streitkräfte in der unmittelbaren Nähe Konstaiitiuopcls die Möglichkeit eines Zusammenstoßes vor Augen stellt, auch der Zustand des Opferthieres, um dessen Schicksal es sich auf dem Eougreß handelt, erregt ernste Bedenken. Was die Türkei auf der einen Seite durch die Modifikation des Vertrages von Sau Stefano zu gewinnen hoffen kann, wird sie auf der andern Seite um so sicherer verlieren: in den ihr verbleibenden Provinzen soll ja durch Befriedigung der berech­tigten Ansprüche der Bevölkerung dauernde Ruhe und Ordnung geschasst werden, cs ist sogar im Werke, Griechenland zu diesem Zwecke die benachbarten türkischen Provinzen und die Insel Kreta einzuverleiben. Wird sich die Pforte eine solche, über die harten Bedingungen des Stefano-Vertrages noch hinaus­gehende Verfügung über ihren Besitz gefallen lassen, ohne von Neuem au das Schwert zu appelliren? Werden nicht die schwan­kenden, unhaltbaren Zustände in Ävustantiuopel selbst, wo jeder Tag eine Revolution von oben oder von uuten bringen kann, den Eougreß zwingen, eine gründlichere Lösung der orientalischen Frage zu versuchen, als man bisher in Aussicht genommen, und damit neue Zankäpfel unter die berathenden Mächte fallen?

Als fertig darf daher das Friedcuswerk noch keineswegs gelten. Wir dürfen indeß zn der Energie nnd Geschicklichkeit des großen Staatsmannes, unter dessen Leitung die Verband lnngeu stattfinden und dessen Ehre für einen glücklichen Aus gang derselben verpfändet ist, das wohlbegründete Vertrauen hegen, daß es ihm, wie bisher, so auch fernerhin gelinge» werde, zwischen de» entgegenstehenden Interessen mit Erfolg zu vermit­teln. Jedenfalls wird er dafür sorgen, daß die kostbare Zeit nicht unnütz mit Nebendingen vergeudet, die Entscheidung über die Hauptfrage vielmehr so bald als irgend möglich getroffen wird.

Germania.

(Worte, gesprochen in Wildberg den 10. Juni vor einer Menge deutscher Krieger und ans vielseitiges Verlangen eingesendet vom Verfasser.)

Wenn heul ein Geist herniederstiege,

Zugleich ei» Sänger nnd ein Held,

Ein solcher, der im heil'gen Kriege,

Erschlagen aus dem siegesfetd;"

Was würd' in diesen trüben Tagen Ein solcher Geislerkönig klagen?

Ich suche dich wohl fern und nah Germania, Germania!

Germania du Jungfrau, schöne,

Laß leuchten mir dein Angesicht!

Wohl schau ich deine Heldensöhue,

Nur dich alleine find ich nicht.

Dein Klagelied die Lüfte füllet:

Du hast dein Angesicht verhüllet Und sitz'st in Lchmach und schände da, Germania, Germania!

O wehe, wehe! Größere Schande Mein Deutschland sahst du nimmermehr.

Es schoß die feile Mörderbande Nach deinem Haupte hoch und hehr.

Die Welt vernahms in diesen Tagen:

Den Kaiser wollten sie erschlagen.

Der Fremde selbst begreift das nicht Und wendet ab sein Angesicht.

Was nun? was soll dies heil'ge Zeichen Soeben festlich eingeweiht,

Wenn Glaube, Liebe, Treue weichen,

Der Höllenabgrund Mörder speit?

Laß hören deine tiefe Klage Germania, doch nicht verzage:

Sieh, deine Krieger stehn noch da,

Germania, Germanin!

Und ob die Hölle sie umtobet,

An Siegen und au Ehren reich Sie haben heut aufs neu gelobet Zu stehn znm Kaiser und zum Reich.

Und wen» die Welt voll Teufel wäre,

Germania zu deiner Ehre

Stehn, wie ein Fels, die Krieger da,

Germanin, Germania!

Wir wollen uns auf Gott verlassen,

Und Gott verläßt die Deutschen nicht.

Anstatt die Irrenden zu hassen,

Führen wir sie zurück zur Pflicht;

Dann können wir dem Fremden künden,

Daß wir uns stark und einig finden.

Hurrah! die Deutschen sind noch da,

Germania, Germania!

Müller.

Bon der K. Regierung des Schwarzwaltkreises wurde unterm 7. Juni die Wahl des bisherigen Distriktsarztes in Waldenbuch Dr. Heimerdinger zum Stadkarzt in Hailer­bach bestätigt.

Das Postamt Haiterbach wird vom 1. Juli t. I. an in eine Postagentur umgewaudelt.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 14. Juni. Telegramm der König!. Telegraphendirektion Stuttgart. Berlin, den 13. Juni, 10'/» Uhr Vormiltags. Nach ununterbrochenem Schlaf, während der Nacht, ist das Befinden Seiner Majestät des Kaisers und Königs durchaus befriedi­gend und der Kräftezustand wesentlich besser, voraus­sichtlich wird heule ein zweites Bulletin nicht ausgegeben, gez. vr. v. Lauer, Or. v. Langenbeck, Dr. Wilms.

Stuttgart, 10. Juni. Was ich Ihnen vor einigen Wochen über die heurigen Manöver geschrieben, wird jetzt bestätigt; die 27. (2. württ.) Division wird bei Saulgau und Umgebung, die 26. (1. württ.) Di­vision wird von Horb bis Frcudenstadt manöveriren. Der komrnandirende General v. Schachtmeyer wird die Zusammenziehung der beiden Divisionen erst kommen­des Jahr vollziehen lassen. (Sch. B.)

Stuttgart, 12. Juni. Die Adresse der hiesigen Bürger- und Einwohnerschaft an Se. Majestät den Kaiser ist nunmehr (prachtvoll eingebunden) an ihren

Bestimmungsort abgegangen. Die Zahl der in der­selben enthaltenen Uuterschriften beträgt in der That, wie wir bereits früher geschätzt, etwa 5000. (Neue Z.)

Stuttgart, 13. Juni. Wegen Ablebens Seiner Majestät des Königs Georg von Hannover ist Hoftrauer auf drei Wochen angeorduet worden.

Ulm, 11. Juni. Gestern wurde hier der 2. Delegirtentag des Würrlemb. Kriegerbuudes in solenner Weise gehalten. Der Kriegerbund besteht aus 205 württemb. Krieger-Vereinen; vertreten waren 140 Vereine durch 180 Abgeordnete, darunter bayrische Vereine als Gäste. Die Abgcord. sammelten sich Mor­gens in der neuen Bierhalle auf dem Brenner und zogen von da mit Musik durch die beflaggten Straßen nach dem Gasthof zum Greifen. Die Fahnen der Ver­eine verliehen dem Zuge eine malerische farbenreiche Ausstattung. Im Saale desGreisen" wurde die Versammlung Namens der Stadt durch N.A. Stadt­rath Ebner begrüßt. Der Präsident des Kricgerbundes, Polizeiinsp. Bozcnhardt von Stuttgart, eröffnete die Versammlung mit einem begeistert aufgenommenen Hoch aus Se. Maj. den König. Aus dem Geschäftsbericht ergibt sich, daß der Bund bei 10,800 Mitgl. über ein Vermögen von 3500 verfügt, worunter an Ge­

schenken 1078 -ck Nun kamen verschiedene innere Organisations- und Verwaltungsfragen zur Verhand­lung; u. A. wurde bei Sr. Maj. dem König die Verleihung der Rechte einer juristischen Person für den Bund nachgesucht. Hnldigungstelegramme wurden er­lassen an II. MM. den Kaiser und die Könige von Württemberg und von Bayern. Auch wurden Be­grüßungstelegramme an die in Köln tagenden rheini­sche» und an die in München tagenden bayrischen Vereine erlassen. Bei dem Festmahle brachte Frhr. v. Wöllwarth den Toast auf Se. Maj. den Kaiser aus, dann folgten Toaste auf I. M. die Königin, den König von Bayern, den deutschen Kronprinzen, auf die Veteranen, die Stadt Ulm rc. Nachmittags sammelte man sich wieder auf der Wilhelmshöhe und zwar beim schönsten Wetter. Das Fest verlief in ungestörter Ordnung.

U l m, 12. Juni. Diesen Nachmittag um 3 Uhr entlud sich ein von Südwesten herkommendes Gewitter über unsere Stadt. Die Schlossen fielen 10 Minuten lang massenhaft bis zu einer Größe von Taubeneiern nieder und verursachten an Dächern und Fenstern Schaden. (Sch. M.)

München, 11. Juni. Die,,Allg. Ztg." meldet: Leine Majestät der König hat den Prediger am hiesigen Dom zu Unserer Lieben Frau" U. Joseph Ehrl er zum Bischof in Speier ernannt. Derselbe wirkt seit 11. Juli 1867 am hiesigen Dom und ist durch seine Predigten bekannt und beliebt. (Neue Ztg.)

Wie in anderen Orlen, so haben auch in Erfurt und Meiningen mehrere Arbeitgeber denjenigen ihren Arbeitern, ,,welche sich auch jetzt nicht von der sozialdemokratischen Partei lossagen", die Kündigung der Arbeit angezeigt. (Wir Süddeutsche haben also das Vergnügen, mit einem weiteren Nachschub unter­stützungsbedürftiger Handwerksgehilfen beglückt zu werden, wie wir sie täglich in Haufen das Land durch­ziehen sehen.)

Mainz, 11. Juni. Ein unter besonderen Umständen vor sich gegangener Selbstmord setzte beut unsere Stadl in Aufregung. Der eine Inhaber einer Weinhandlung (zu­gleich Küfermeister) wurde heute früh im Lagerkeller mit durchschnittenem Halse aus dem beinahe Fuß hoch mit Wein überfluthetcn Boden leblos gesunden. Aus 15 Stückfäffern waren die Boden-Spunten herausgeschlagen. Geistesstörung, in Folge deren auch die Ehehälfte des Mannes in der Irren- Anstalt zu Heppenheim weilt, scheint die Ursache der unheim­lichen That gewesen zu sein.

Berlin, 11. Juni. Nach der heute im Bun­desrath einstimmig erfolgten Annahme der Auflösungs­vorlage wird die Wahlbewegung in Zug kommen. Die Sprache der ministeriellen Blätter hat sich der Nationalpartei gegenüber merklich gemäßigt; auch heißr