der Händer sich bedienen. Nach Aussage seiner Frau und Kinder halten sie ihn seit 1'/» Jahren in dieser Verwahrung; er sei von ihnen hier untergebracht wor­den, weil sie zu arm seien, den Ehemann und Vater in eine Irrenanstalt zu verbringen I

Eltwangen. Ein Kunstwerk seltener Art wirv^in den nächsten Tagen zur Ansicht aufgestellt werden. Es ist die von dem Uhrmacher Gebhardt aus Aglasterhausen ver- sertigte, geographisch-astronomische Kunsiuhr. DieseUhr zeigt die Zeit von den zehn größten Städten der Welt an, schlägt Viertel und stunden, zeigt genau Jahr, Monat, Wochentag, Datum und den Schalttag an, ebenso die vier Jahreszeiten, den Laus des Mondes um die Sonne, die Umdrehung der Erde in 24 Stunden um ihre Axe, die Umdrehung der Sonne um ihre Axe, sowie die der Plan ten Merkur, Venus und Erde um die Sonne. Die Viertelstunden werden von vier Figuren, die vier Menschenalter darüellend, geschlagen, wäh­rend ein Schutzengel die drei erst n Altersstufen beschützt, schlägt der Sensenmann, der Tod, dir Stunden aus. Die vier Jahreszeiten, sowie die sieben Wochentage sind durch allegorische Figuren dargestellt. Punkt 12 Uhr Mittags er­scheinen einzeln die zwölf Apostel, welche nach empfangenem Segen von ihrem Herrn und 'Meister wieder verschwinden. Gebhardt arbeitete 5'/- Jahre an diesem Kunstwerk, die Uhr besteht aus nahezu 4700 Stücken. (J.-Z.)

Vom mittl. Remsthal, 1. April. Aus den Zug, der Abends nach Stuttgart fährt, wollte eine Frau mit ihrem Sohne, der mit demselben noch nach Stuttgart, aber in Winterbach nicht mehr aussteigen wollte, nach vorher geschehener Uebereinkunft einen Mantel nebst Tasche an den Bahnhof bringen. Bei Ankunft des Zuges rief sie, da sie ihren Sohn nicht gleich bemerkte, diesem mit Namen, worauf sie die Antwort erhielt:Hier bin ich." Der Zng war bereits im Begriff, abznsahren, und so schob sie schnellstens Mantel und Tasche in den Wagen und ging nun er­leichtert nach Hause. Abends mit dem letzten Zug kam nun der Sohn, der sich verspätet hatte, in Winterbach an und nun stellte sich zum nicht geringen Schrecken Leider heraus, daß die betreffenden Effekten von einem Fremden in Empfang genommen und samt den in der Tasche befindlichen 400 fl. wohl ans Nimmerwiedersehen verschwunden waren.

Legelshnrst, 31. März. Gestern Nachmittag hat der verheirathete Sohn des Löwenwirths H. dahier seinen 18jährigen Bruder mittelst eines Jagdgewehres erschossen. Die Beiden sollen sich spaßhalber um den augenblicklichen Besitz des Gewehres gestritten haben, wobei sich dasselbe entlud und dem jüngeren Bruder eine Ladung Schrot in den Unterleib trieb. Der Tod erfolgte nach kurzer Zeit.

Würzburg, 2. April. Vor einigen Tagen starb hier ein Veteran der deutschen Wissenschaft, vr. W. L. Demme aus Altenburg, vergessen und halb verschollen, vor zwei Dezennien aber noch zu den her­vorragendsten Erscheinungen aus dem Gebiete der literarisch-wissenschaftlichen Thätigkeit zählend. Demme errang sich einen Namen durch die Herausgabe der ,,Annalen für Juristen und Nichtjuristen", als deren Folge später dieSchwm gerichlszeitung für Deutschland und die Schweiz" erschien. Ein weiteres Unternehmen Demme's war die Herausgabe desBuches der Ver­brecher" als Volksbuch.

In Neu-Oetting hat ein Schuster seinen Schnurrbart um 2 Eimer Bier verkauft und ein besseres Geschäft gemacht als der Käufer.

Kassel, 29. März. Die Strafkammer des königlichen Kreisgerichts publicirte gestern das Urtheil i» der Anklage­sache wider den mit der Trichinenschau beauftragten Ex- Bürgermeister Siebert in Niederzwehren wegen fahrlässiger Tödtung. Derselbe hatte ein von dem Metzger des Ortes geschlachtetes Schwein, das durch und durch trichinös war, für trichinenfrei erklärt, worauf in Folge des Fleischgenuffes 9 Personen an der Trichinose verstorben sind. Das Gericht nahm die Schuld des Angeklagten auf Grund der Aussagen der Zeugen und der Sachverständigen für vollständig erwie­sen an und verurtheilte denselben mit Rücksicht auf die grobe Fahrlässigkeit und deren tragischen Erfolg einerseits, sowie auf den Umstand, daß es sich nur um eine Fahrlässigkeit bandelt und der Angeklagte notorisch für das ihm übertra­gene Amt unqualificirt erscheint, in eine Kmonatliche Gesäng- nißstrafe. Der Staats-Anwalt hatte 2 Jahre beantragt.

Berlin, 1. April. Die Blätter gedenken aus Aulaß des Geburlssestes von Bismarck auch der be­friedigenden Lösung der Differenz mit Nicaragua (wobei es sich nicht um die Ermordung des Konsuls, sondern um 2 bewaffnele Angriffe auf kaiserl. Konsn larbeamte handelt), bei welcher Gelegenheit sich dis Stärke und Macht des geeinten Deutschlands aufs Neue zeigte. Die Nachricht von der Genugthuuug, welche Nicaragua dem Reich gewährt, traf gerade an Bismarcks Geburtstag hier ein. An materieller Ent­schädigung hat Nicaragua an die Beleidigten, bezw. deren Angehörigen, 30,000 Dollar zu zahlen.

Berlin, 2. April. Der Kasernenbau zu Hell­braun ist vom Reichstag in zweiter Lesung angenom­men worden.

Berlin, 2. April. Der Reichstag Ulttcrnimmi am 4. Mai eine Fahrt nach Kiel zum Siapellauf einer neuen Corvette. (Fr. I.)

Berlin, 3. April, lieber die Mission Jgna- iieff's nach Wien schreibt dieProv. Corr.": Die Verhandlungen schiene» dahin geführt zu haben, daß die österreichische Regierung ihre Auffassungen und Forderungen bezüglich ihrer eigenen und der europäischen Interessen gegenübe dem Friedensvertragc bestimmter ausgesprochen habe. (Fr. I)

Berlin, 3. April. Der Reichstag beschäftigte sich heute mit Petitionen. Eine Petition, welche da­hin geht, daß bei der bevorstehenden Reform der Branntwein-Steuer-Gesetzgebung die projektirte Fabri­kat-Steuer nicht genehmigt, sondern die Raum-Steuer beibehalten werde, wurde dem Reichskanzler zur Be­rücksichtigung überwiesen. Der Antrag von Kiepert, den Reichskanzler zu ersuchen, die Zurückzahlung der Branntwein-Steuer für allen zu gewerblichen Zwecken benutzten Alkohol anzuordnen und die Denatuirung desselben nach Maßgabe der technischen Berechnung ausführen zu lassen, wurde fast einstimmig angenommen.

Berlin, 4. April. Graf Stolberg wird gegen Ostern sein neues Amt übernehmen und nur bis da­hin noch in Wien bleiben. (Fr. I.)

Berlin, 4. April. Eine deutsche Panzerstot- tille wird sich Anfangs Mai nach dem Orient begeben, und, wie es heißt, am 6. Mai ihre Fahrt antreten.

Berliner Blätter heben hervor, daß durch May­bach's Ernennung zum Handelsminister ein Katholik in das prenß. Staatsministerinin getreten ist, was seit längerer Zeit nicht der Fall gewesen.

In Berlin treffen aus Wien und London un­ausgesetzt Gerüchte über eine friedliche Wendung ein, welche Rußlands Entgegenkommen herbeiführen werde, die allerdings mit der gereizten Sprache der Peters­burger Blätter im Widerspruch stehen. Der Peters­burger Correspondenz, der neuesten Times zufolge wäre man in russischen Regierungskreisen über die Haltung Frankreichs verstimmt, welches nicht anerken­nen wollte, daß die Anwesenheit der englischen Flotte im Marmarameer den Pariser Frieden verletze. Frank­reichs reservirte Haltung Rußland gegenüber war auch sonst schon bemerkt worden.

Berlin. Ueber einen Fall von Scheintod wird nachträglich berichtet: Am Montag voriger Woche wurde die Familie des Tischlermeisters Tr. . . . in der Vritzerstraße durch den Tod der 45jährigen Tochter in Trauer versetzt. Das junge Mädchen sollte am Sonntag konfirmirt werden, war noch am Sonnabend woht und munter gewesen, und 48 Stunden später standen die weinenden Eltern am Tovtenbette ihres einzigen Kindes. In der Nacht zum Sonntag hatte dasselbe über heftige Kopfschmerzen geklagt, am Sonntag traten schon krampfartige Zustände ein, und am Montag Vormittag 11 Uhr hatte die Tochter trotz der herbeigehoiten ärztlichen Hilfe den letzten Athemzug gethan. Statt des Festgewandes zur Konfirmation wurden die Sterbetteivcr ge­fertigt und alle traurigen Vorbereitungen für den letzten irdischen Gang getroffen. Der behandelnde Arzt war kurz vor dem Tobe des jungen Mädchens verreist, und ein Kol­lege sollte das vorschriftsmäßige Todlenattsst ausstellen, letz­terer konnte indeß erst am Dienstag Nachmittag die Leiche zu diesem Zwecke besichtigen. Hierbei srapirte den Arzt die noch volle Klarheit der zugedrückten Augen: auch andere Symptome und namentlich der kurze Verlauf der Krankheit selbst machten ihn stutzig, so daß auf seine Anordnung die Leiche sofort ans dem kalten Zimmer in gewärmte Betten gebracht, und nunmehr mit aller Energie und allen wissen­schaftlichen Mitteln auf die Wiederbelebung der Erstarrten hingewirkt wurde: denn man hatte es nicht mit einer Tobten, sondern in der Thal nur mit einer Scheintodten zu thun. Lange schienen die angestrengtesten Bemühungen des braven Arztes, der nicht von der Stelle wich, erfolglos blei­ben zu sollen, und als schon der Abend sich neigte, war auch die Hoffnung des Arztes fast verschwunden, da etwa um 8>/r Uhr traten dis ersten Zeichen des wiederkehrenden Lebens ein, das erstarrte Blut sing wieder an zu circuliren, das Herz schlug, wenn auch nur matt, die Brust hob sich sanft, kurz, das Leben war bald wieder erwacht. Im Laufe der Nacht erholte sich die Erstarrte so weit, daß sie dis Augen öffnete und ihre Umgebung zu erkennen schien. Dis Sprache ist aber dis setzt noch nicht zurückgekehrt, auch scheint eine lähmende Schwäche noch jede Bewegung unmöglich zu ma­chen, indeß ist nach Aussage des Arztes gegründete Aussicht für vollständige Genesung vorhanden.

Berlin Wie uns zuverlässig mitgetheilt wird, sind die Nachrichten von Verhandlungen, welche zwischen der deutschen Reichsregierung und dem Vatican schweben, und auf Beendigung des Kulturkampfes abzielen, durchaus richtig. Fürst Bismarck konferirtc in den letzten Tagen wiederholt mit dem Kultusminister Dr. Falk, um sestzustellen, in wei­chen Punkten und unter welcher Form den Wünschen der Kurie Rechnung getragen werden könne. Ein definitives Resultat haben diese Konferenzen bis zur Stunde noch nicht erlangt.

Die Ausschüsse des Bundesrathes haben am Sonnabend das Tabak-Enqutzte-Gesetz berathen und beschlossen, bei dem Bundesraih die Annahme des Gesetzentwurfs mit denjenigen Abänderungen zu be­

antragen, welche erforderlich erscheinen, um gleichzeitig auch alle für die etwaige Einführung der Fabrikat- Steuer maßgebenden Grundlagen zu gewinnen.

Zur Geschichte des preußischen Ministerwechsels schreib man der WienerDeutschen Ztg.« von Berlin:Daß die deutschen Industriellen den Rücktritt der Minister Achenbach und Camphauien längst erwarteten, beweist folgende Thatsache, die ich Ihnen verbürgen kann. Im Oktober vori­gen Jahres begab sich eine Deputation deutscher Eisenindu- strieller (zwei Herren aus Westfalen und einer aus Bayern) zum Fürsten Bismarck, um ihm die Lage unserer Eisen- Industrie darzustellen und ihm als einziges Nettungsmittel die Wiedereinführung der Eissnzvile, wie sie zum Beginn des Jahres 1877 bestanden, anzuempfehlen. Fürst Bismarck erwiderte ihnen:Ich fühle, daß wir auf handelspolitischem Gebiete falsche Wege eingeschlagen habe», und erkenne, wenn ich auch kein Fachmann bin, Ihre Ansprüche aus Wiederein­führung der Eisenzölle für vollkommen berechtigt und die Ecsüllung derselben für unbedingt nothwendig. Ich kann Ihnen jedoch im Moment nicht helfen, da mich meine jetzigen Ressortminister in diesem Vorhaben bindern. Ich besitze im ganzen Kabinet nur einen einzigen Fachminister, und zwar den Munster für Landwirthschast v. Fried ent Hai, welcher, jahrzehntelang als praktischer Landwirth wirkend, in der Lage ist. die Verhältnisse seines Ressorts zu beurtheilen. Dieser Minister ist kein Gegner Ihrer Wünsche, wohl aber leisten den entschiedensten Widerstand die Minister des Handels und der Finanzen. Diese müssen und werden beseitigt werden, und ich würde dies sofort thun, wenn dis gegenwärtige po­litische Weltlage cS mir gestattete, in diesem Augenblicke die Kabinetsfragc zu stellen. Sind diese Minister entsernt, dann sorgen Sie aber auch für andere Männer im Reichstage, und Ihren Wünschen wird Rechnung getragen werden. Ich bin Ihnen ja zur Genüge bekannt, und Sie wissen, daß ich ohne Kompensation Nichts hergebe, und Las mag Ihnen Bürg­schaft dafür sein, daß es nicht mein Wille war, Deutschland ohne Entschädigung zum Absatzgebiete fremder Waaren zu machen." Heute nun hat Bismarck sein den Elsenindustriellen gegebenes Versprechen eingelöst, der Handels- und der Finanz- Miiüstcr sind entfernt, und zum Vize-Kanzler des Deutschen Reiches ist Graf Stolberg ernannt worden, einer der de» denkendsten Eisen-Industriellen Deutschlands." (N. Z.)

OesterreichUngarn.

Wien, 2. April. DiePol. Corresp " meldet aus Konstantinopel: Es wird eine neuerliche Bewegung der Russen gegen Gallipoli signalisirt. Es geht das Gerücht, die Auslieferung der türkischen Gefangenen sei aus unbestimmte Zeit verschoben. Die Türken befestigen inzwischen Bujvkdere. In San Stefano treffen täglich russische Dampfer mit großen Proviant­ladungen ein.

Wien, 3. April. Rußlands Antwort auf Sa- lisbnry's Rnndnoie ist baldigst zu erwarten. In dip­lomatischen Kreisen wird der Bruch für unvermeidlich erachtet, wenn Rußland nicht in letzter Stunde die Discutirlichkeit sämtlicher Friedenspnnkte acceplirt, was unwahrscheinlich ist. DieNeue freie Presse" enthält Meldungen aus Konstantinopel, wonach die Gerüchte über eine russisch-türkische Verständigung antiquirt sind, und die Pforte vielmehr England sich zuneige. Die Londoner Nachrichten, betreffs der Hieherkunft des Grafen Beust sind unbegründet. Es verlautet, Bra- tiano unterhandle über den Uebertritt der rumänischen Armee auf östreichisches Gebiet, falls die Russen dieselbe entwaffnen wollte.

Frankreich

Das junge Mädchen, das in Paris in die Seine gesprungen, aber gerettet worden ist, ist die Tochter des russischen Botschafters, Fürsten Orloff.

Italien.

Rom, 28. März. Leo XHI. hat den strengen Befehl gegeben, für seine Küche sollen täglich knicht mehr als 10 Lire (7 50 ausgegeben werden.

Rom, 2. April. Der Staats Secretär Franchi hat auf Geheiß des Papstes alle preußischen Bischöfe anfgefordert, über die in den verschiedenen Diöcesen herrschenden Zustände ausführlich Bericht zu erstatten, und zwar mit eingehender Darstellung der Wcchselsäüe, die seit 1872 eingetreten. Dabei sollen auch die Gründe angegeben werden, weßhalb einzelne Bischöfe nicht be­lästigt worden sind, und außerdem soll ausgeführt werden, in welchem Maße die Maigesetze zur Anwen­dung kommen, und welche Mittel es gebe, den Straf- Bestimmungen auszuweichen.

Rußland.

Petersburg, 2. April. Gegenüber der Mel­dung von Wiener Blättern, daß die Mission Jgnatieff's gescheitert sei, hebt dieAgeuce Russe" hervor: der General habe gar keine Vollmacht gehabt, ein Abkom­men zu treffen, sei vielmehr nur beauftragt gewesen, hinsichtlich des Friedensvertrages freundschaftliche Er­klärungen abzugeben und eittgegenzunehmen; bei einer solchen Mission könne von Scheitern nicht die Rede sein.

Türkei.

Konstantinopel, 21. März. Die Präfektur der Hauptstadt macht bekannt, daß innerhalb der beiden letzten Tage eine Anzahl von 2386 Thierleichen, die