Tages-Neuigkeiterr.
Deutsches Reich.
Die 22 Jahre alte, ledige Christaine Eisende is von Grünthal, OA. Freudenstadt, wurde wegen Kindstödtnng zu der Gefängnißstrafe von 3 Jahren verurtheilt.
Herrenberg, 14. Mär;. (Corresp.) (Vom Lürgerabend, Waldwesen betr.) Wir Herrenberger besitzen ca. 2300 Morgen Stadt- und ca. 300 Morgen Spital- oder Stiftungsmaldiinge», welche bislang«, abgesehen von einigen Jahren, mit Ausnahme speciell technischer Arbeiten und Geschäfte, welche durch den jeweiligen Revierförster besorgt wurden, von einem Laien, d. h- einem nicht forstkundigen Mann, seit unvordenklicher Zeit unter Aussicht des Gemeinderaths oder Magistrats bewirthschaftet worden sind. Man kann nun nicht sagen, daß der gegenwärtige Wald meiner i» seiner Branche nicht unthälig gewesen wäre, vielmehr ist seiner bis jetzt an den Tag gelegten Uni und Einsicht alle dankeuswerthe Anerkennung zu zollen, allein dennoch durfte im Hinblick dessen, daß Waldungen in den neueren Zeiten eine wahre Goldgrube für die Gemeinden in sich schließen, es angemessen und zweckentsprechend erscheinen, wenn ein nachhaltiger rationeller Betrieb in der Bewirthschastung derselben vor sich gehen und stattfinden, zu diesem Behufe also ein geprüfter Fachmann an-und aufgestellt werden würde, um pro futurv Konflikte zwischen Staat und Gemeinde abzuschneiden, sowie entstehende Reibereien im Keime zu ersticken; erwünscht wäre es aber, mit benachbarten Gemeinden in eine entsprechende Verbindung zu treten, um mit ihnen zur Ersparung von Kosten gemeinschaftlich einen Körperschafts- oder Gemeindesörster zu wählen und zu besolden, was sich ganz leichtiglich wird abmachen lassen und zu einem günstige» Resultate sühreu dürfte. Die Führung der Waldrechnung kann alsdann dem Stadtpfleger übertragen und überlassen werden, da ja derselbe später von dem Einzug der Staatssteuer rc befreit werden wird, da derselbe aus den Grund künftiger Organisationen durch die resp. Kameralämier besorgt werden wild. Zu befürchten ist nicht mehr, daß man wie früher in der Auswahl auf sehr zweifelhaft sachverständige Männer beschränkt oder angewiesen ist, da ja nach dem neuesten Gesetze über die Bewirthschaf« tung und Beaufsichtigung der Waldungen der Gemeinden, Stiftungen und sonstige» öffentlichen Körperschaften der lieber- oder Wiedereintritt in den Staatsdienst erfreulicherweise nicht mehr erschwert ist. Wir wollen nun miteinander das Beste hoffen; — denn Probiren geht bekanntlich über Studiren.
Hunderiingen, O.A Münsingen. Gestern früh brach in den Schutlokalitäten Feuer au», welches die Sub- sellien und Lehrmittel zum größten Theil zerstörte. Ein Kaminbrand soll die Ursache der Entstehung des Brandes sein.
Neu-Ulm, 17. März. Gestern haben unsere bayrischen Soldaten hier erstmals mit dem Mausergewehr exercirt. Es ist diese Waffe, die bisher in der deutschen Armee nur von den Bayern noch nicht angenommen war — sie hatten seither das Werdergewehr — in den letzten Tagen an das ganze 1. bayrische Armee-Corps abgegeben worden.
Frankfurt, 20. März. Gegenwärtig sind nahe an 40 Ehe-Scheidungen anhängig. Die meisten der fraglichen Paare haben es nicht über ein Jahr des ehelichen Zusammenlebens hinausgebracht und gehören überwiegend dem Taglöhnerstand an. Ursache zur Klage ist in fast allen Fällen, daß es der männliche Theil mit der ehelichen Treue nicht genau nehme.
Berlin, 10. März. Man kennzeichnet die innere Lage durch ein Bonmot des Fürsten Bismarck, man werde ein Nekrulirungsgesetz machen müssen, um Leute zur Annahme von Ministerportefeuilles zu zwingen. Graf Otto Slolberg. Burghart und der Graf Euleuburg solle» alle abgelehnt haben oder wollen wenigstens ablehnen, zum mindesten sich noch Bedenkzeit ausbitten. Die Behauptung, daß Fall's Stellung erschüttert sei, wird offiziös demeutirt. Jndeß berichten die liberalen Blätter, Falk selbst sei der Meinung, daß, wenn es sich um eine Aussöhnung mit Nom handle, er nicht mehr die geeignete Persönlichkeit sein würde.
Berlin, 20. März. Die Ablösung des Eisenbahn-Wesens vom preußischen Handels-Ministerium ist beschlossen, ebenso die Schaffung eines eigenen Eisenbahn- Ministeriums Hr. Maybach wird als Neffort-Chef genannt. (Fr. I.)
Berlin, 20. März. Der „Berliner Actionär" meldet: Dem Finanzminister Camphauscn ist die Ent lassung zugesichert. Sein Nachfolger als Vicepräsident des preußischen Ministeriums ist wahrscheinlich Gras Stolberg-Wernigerode, der auch als Stellvertreter des
Reichskanzlers ausersrhe» ist. Zum preußischen Finauz- Minißir ist Präsident Hoffmann von Danzig designirt. Vom Finanzministerium werden die Domänen und Forsten abgetrennt und dem Laiidwirthschaflsminisierium zugewieseii, wo Friedenthal bleibt. Vom Handelsministerium werden die Staats- und Privat-Bahnen abgezweigt und einem Eisenbahn-Minister unterstellt. Achenbach bleibt Handels Minister; der Eisenbahn- Minister ist noch nicht bezeichnet. Morgen gelangt die betreffende Vorlage an die. Abgeordneten.
In der Sitzung der nationalliberalcn Fraktion wurde vom Vorstände mitgetheilt, daß die Verhandlungen der Führer mit Fürst Bismarck wegen Eintritts in die Negierung definitiv abgebrochen seien. Die Fraktion erklärte sich mit der Haltung des Vorstandes völlig einverstanden und beschloß angesichts der neue» -Situation eine abwartende Haltung unter Ausrecht- haliung des bisherigen Programms zu beobachten. Tie entgegenkommende Haltung der Fortschrittspartei in letzter Zeit werde ein festeres Zusammengehen mit derselben ermöglichen.
Aus Emden wird die Trauerbotschaft milgetheiit, daß am 13. d. während des orcauartigen wehenden Sturmes der dortige Looisenschouer Ems mit seiner ganzen Bemannung untrrgegangen ist. Elf erprobte tüchtige Seeleute, die so oft für das Wohl ihrer Kam- meradcn ihr Lebe» in die Schanze geschlagen hatten, sind ein Opfer ihres schweren Berufs geworden und hinterlassen 9 jammernde Wittwen und 29 Kinder. Oesterreich -Ungarn.
Wien, 19. März. In der Sitzung der ungarischen Delegation erwiederle Graf Andrassy auf die iiitcrpellircnden Bemerkungen Zscdenyi's: Das Petersburger Kabinet erklärte bestimmt, die gesamten Punkte des Friedcnsabschlusses vor dem Kongresse mitzuthsilen. Es sei somit jeder Macht Gelegenheit zur Aeußerung gegeben, welcher Punkt europäischer Natur, und welcher es nicht sei. Der Redner fühlt sich von dem Vertrauen des Fürsten Bismarck ans's Höchste geehrt. Als Fürst Bismarck die Aeußerung: „Oeuti possickentes" gemacht, habe er soviel gesagt, als er in dem Momente sagen konnte, in welcher er die Absicht einer ehrlichen Vermittlung knndgab. Für das Interesse des einen oder des andern Staates konnte sich Fürst Bismarck in einem solchen Momente nicht aussprechen, und hätte den Kongreß kaum übernommen, wenn nur faclische Bedingungen des Friedens zu registriren wären. Nicht nur das persönliche Verhältuiß zu Fürst Bismarck, sondern auch die Beziehungen zwischen den beiden Staaten seien immer sehr aufrichtig, verläßlich und herzlich gewesen und würde» auch so bleiben. (Lebhafte Zustimmung.)
Wien, 20. März. Das Peoject eines Vor- Congreffes ist gescheitert, da Rußland dasselbe abgelehnt hat. Dagegen ersähet das Fremdenblatt, der Cougreß solle in den ersten Sitzungen mit einfacher Stimmenmehrheit entscheiden, welche Verlragsartikel der europäischen Ratification bedeuten. — Erzherzog Albrecht's Jnspections-Neise nach Galizien unterbleibt.
Wien, 21. März. Der Friedens-Vertrag hat hier keinen schlimmen Eindruck gemacht. In London wird dagegen behauptet, das vorgelegte Document bilde nicht den ganzen Vertrag, sondern es existire noch ein wichtiger Geheimpakl. Die Congreß Frage ist noch unentschieden; das Zustandekommen des Congresses wird in offiziellen Kreisen nicht bezweifelt, jedoch fehlt derzeit noch die Verständigung über die Vorfragen. England hat noch nicht nachgegeben.
Die Nat'lZtg. erfährt aus Wien: Die östreichi- sche Regierung hat die sichere Information erhalten, daß russische Truppen, angeblich 18 Regimenter stark, gegen die östreichische Grenze konzentrirt werden. Frankreich
Paris/ Aus dem -Süden des Landes laufen große Klagen über die zunehmende Trockenheit ein. Seit langen Monaten ist in der Provence kein Regentropfen gefallen. Alle Bäche und viele Brvnnen sind vertrocknet und man hegt die größten Besorgnisse süv die Ernte.
Rußland.
Petersburg, 19. März. Die Agence Russe schreibt: Nachdem der Friedensvertrag von San Stefano den Mächten mitgetheilt wurde und Rußland im Prinzip anerkannt hat, daß auf jedem Kongresse jede Macht in ihren Vorschlägen, Anträgen und Aeußerun- gen frei ist, scheint es, daß die von England verlangten Formalitäten keine Berechtigung mehr haben.
England.
Der Königin von England ist eine mit nahezu einer halben Million Unterschriften bedeckte Petition zugegangen, die dem Bestreben eines Theils des Geist
lichkeit Englands, die Ohreubeichte zur Einführung zu bringen, entgegentritl.
Durch eine in der Kohlengrube zu Kearley in Aorkshire staltgehabten Explosion fanden 44 Grubenarbeiter ihren Tod. Nicht einer der in dem bezüglichen Schacht beschäftigten Grubenlcute kam davon
Türkei.
Mehemed Ali Pascha (der geborene Magdeburger), kürzlich zum Generalstabschef der Armee ernaniu, soll die türkischen Bevollmächtigten nach Berlin begleiten.
Bei der Unterzeichnung des Friedens-Instrumentes spielte sich eine interessante Scene ab. Sasoet Pascha brach, als er dieses, für sein Vaterland so hochernsie Dokument mit der Unterschrift versah, in ein krampfhaftes Weinen aus und konnte nur mit Mühe beruhigt werden. Jgnatjeiv machte ihm hierbei folgende Bemerkungen: Sehen Sie, ich habe eS Ihnen gleich gesagt, daß England Sie im Slich lassen wird. Die Engländer haben noch niemals Wort zu Hallen verstanden, es ist so gekommen, wie ich prophezeite.
Amerika.
Ein neuer Konflikt zwischen de» Vereinigten Staaten und Spanien droht wegen des immer noch aus Cuba betriebenen Sklavenhandeis auszubrechen.
Handel und Verkehr rc.
* Die Spar- und VorsLußbank in Haiterbcich batte im verflossenen Jahr« einen Gesammtumfatz von 789,386 93 -4. Reingewinn 1184 49 -T Dividende 6°/o----728 -4Ü
6 Neservcfond 5869 68 Mitgliederzccht 209.
Stuttgart, 16. März. (Eisenbc richt.) Wir können beute nur einen verhältnibmäbig normalen Absatz der letzten Wocbe konstatiren, ebne in den Preisen auch nur im geringsten eine Besserung namhaft machen zu dürfen Sofort lieferbare größere Aufträge werden noch immer leicht zu günstigen Einkaufsvreisen untergebracht, auf spätere Lieferung halten einzelne Werke höhere Sätze, ohne dazu Abnehmer zu finden. DaS Vertrauen aui Festigkeit der Preise nimmt nicht zu und dadurch wird bei den kleinen Vorrätben der Händler zwar wohl der tägliche Bedarf, der gegen frühere Jahre nicht zurücksteht, regelmäßig gedeckt, größere Abschlüsse bleiben aber höchst selten. Im EngroSgefcbäst gelten gew. Saar Eisen .4L 13,70, tlll-Bleche 19,20, Siegencr Bleche 20,25 Grundpreis.
Reutlinger Alb, 18. März. Bei den in unserer Gegend kürzlich gehaltenen Die binär kt en ging der Handel weit weniger als sonst um diese Zeit »nd als erwartet wurde. Der Bauer hat sich, da er reichlich Futter hatte, längst mit dem nöthigen Zugvieh versehen. Merkwürdigerweise halten sich aber die Preise in ihrer Höhe fest. Die Preise der Schweine sind wieder bedeutend gesunken, trotzdem kostet aber das Pid. Schweinefleisch bei uns noch 60 während eS in Reutlingen um 50 4 ansgehauen wird. Die Preise von Schmalz, Butter und Eier sind ebeniails zurückgegangen: das Pfd. Nindichmalz kostet bei uns 80 in der Stadt 90 u. 95, das Ei kostet 4 4 Die Frachtpreise siud gleich geblieben, ist auch weder nach Dinkel noch Haber starke Nachfrage. Für Haber wird pro Zentner 6 -41 bis 6 20 -4 bezahlt, für Dinkel 7 -2 80 bis 8 Nach den bis jetzt stattgchadten Holzverkäufen, besonders im Hohenzoilernschen, läßt sich schließen, daß wohl die vorjährigen Preise nicht erzielt werden und dürste sich der Preis für 1 Rm. Buchenholz aus 30—32 stellen.
Die Thal einer Nacht.
Erzählung von W. v. Strachwitz.
(Schluß.)
Wir Alle waren ja frei von Aberglauben, wir lachten oder versuchten wenigstens zu lachen, denn so recht aus dem Herzen kam es Keinem, es machte sich doch eine leise Verstimmung bemerkbar, die Fröhlichkeit wollte nicht mehr zur Geltung kommen. Die Besuche, auch die Brüder meiner Braut, verließen uns, als der Abend hereinbrach. Es wurde noch Verschiedenes besprochen und zwischen uns verabredet, da ich schon mit dem Nachts 2 Uhr abgehenden Zuge zurückreisen wollte. Wir begaben uns zur Ruhe. Der Abschied von meiner Braut wurde mir heut, unter dem Eindrücke der Prophezeihung, die ich trotz meiner absoluten Vor- urtheilslostgkeit nicht vergessen konnte, wirklich schwer, trotzdem nur eine kurze Trennung zwischen uns liegen, der die unauflösliche Vereinigung folgen sollte. Ich begab mich nach dem ein für alle mal im Hause meiner Schwiegereltern für mich reservirten Zimmer, um noch wenige Stunden zu ruhen. Da es ziemlich spät geworden war, warf ich mich angekleidet auf das Bett, doch wenn ich die Augen schloß, sah ich vor mir das drohende Gespenst der Wahrsagerin. Als ich aus unruhigem Schlummer aufschreckte, war es, wie ich mich durch einen Blick auf die Ilhr überzeugte, gerade höchste Zeit auszubrechen, wenn ich zum Abgänge des Zuges noch zurecht kommen wollte. Mein Schwiegervater war inzwischen ebenfalls erwacht und kam um mich zu wecken. Ich nahm von ihm schnellen Abschied, indem ich ihm die zärtlichsten Grüße austrug. Auf dem Bahnhofe angelangt, blieb mir eben so viel Zeit, das Billet zu lösen und einzusteigen. Die Nacht war unfreundlich und rauh, ich war allein im Coupe und schloß die Fenster. Das Signal mit der Glocke zur