Rußland I
Petersburg, 11!. Jan. Der „Russische In-' valide" veröffentlicht den Tagesbefehl des interimistischen Garde-Commandeurs Baron Bistrom, sowie mit Ge nehmignng des Kaisers einen Brief des preußischen Garde-Commandeurs, Prinzen von Württemberg, an den Kn'ser, Glückwünsche zu den russischen Siegen enthaltend. Der russische Tagesbefehl lautet am Schlüsse wörtlich: Die in dem Briefe des.Prinzen von Württemberg schmeichelhafte Aufmerksamkeit für unsere siegreichen Brüder wird nach meiner festen Ueberzeugung mit um so größerer Sympathie ausgenommen werden, als sie aus den Reihen des ruhmvollen und tapferen Garde-Corps kommt, welches dem großen und mächtigen Lande angehört, auf dessen aufrichtige und erprobte Freundschaft unser theures Vaterland mit Recht stolz sein kann.
Petersburg, 13. Jan, Ein Telegramm des Großfürsten Nikolaus aus Gabrowa meldet: Ich bin hier augekommeu und von der Bevölkerung und den Soldaten enthusiastisch empfangen worden. Die Verwundeten werden gut gepflegt. Alle Truppen sind voll Eiter. Hier wurden bereits 10,000 türkische Gefangene eingebracht. Dieselben werden weiter befördert. Morgen gehe ich über den Balkan.
Petersburg, 14. Jan. Außer Eupatoria wurde auch Feodosia von den Türken bombardirt. Die Beschießung offener Städte gerade zu einer Zeit, in der um Waffenstillstand nachgesucht wird, macht einen um so mißlicheren Eindruck, als bisher solches nicht geschehen war. (Fr. I.)
Petersburg, 14. Jan. Offiziell wird aus Selvi vom 10. Januar mitgetheilt: General Radetzky meldet: Die Zahl der Gefangenen und Trophäen ist »och unbekannt. Nach der Aussage Rassim Pascha'» zählt die gefangene Armee 25,000 Mann, darunter 1 Divisionär und 2 Brigadegeneräle, 80 Stabsoffiziere, 280 Oberoffistere; ferner 5 Fahnen. Unter den genommenen Geschützen befanden sich 11 weittragende Mörser.
England.
London, 13. Jan. John Bright richtete an eine Versammlung seiner Wähler in Birmingham eine Ansprache, in welcher er bezüglich der großen Frage, ob Krieg oder Frieden, die jetzt allgemein die öffentliche Meinung beschäftige, die Ueberzeugung aussprach, daß kein triftiger Grund für den Eintritt Englands in den gegenwärtigen Konflikt vorhanden sei. Trotz des im Krimkiiege vergossenen Blutes, der Geldopfer Rußlands und der Zerstörung der russischen Flotte sei Rußland heute noch so mächtig, als hätte der Krim- krieg nie stattgefunden. Im Jahre 1854 sei Frankreich der Verbündete Englands gewesen, heute stehe kein Land England zur Seite. England allein mische sich unaufhörlich in die orientalische Angelegenheit ein. Wenn es auch ein großes Interesse am Suezkanal habe, so seien andere Mächte ebenfalls daran interesstrt. Rußland sei weniger fähig, England Uebels zuzufügen,
als irgend eine andere Macht, aber England sei ebenso l unfähig, Rußland zu schädigen. Er hege die lieber- ' zeugung, die Mehrzahl der Nation stimme der strengen Neutralität im gegenwärtigen Kriege zu. Die Versammlung nahm hierauf eine Resolution an, in welcher gegen jeden Versuch, England in den russischen Konflikt zu verwickeln, protestirt wird.
Malta, 13 Jan. Das Truppenschiff Jumna mit 1067 britischen Truppen, von Indien kommend, ebenso der Euphrates, 1142 dahin führend, sind hier zurückgehalten.
Kriegsschauplatz.
Aus Petersburg wird der Post geschrieben : Nach den neuesten amtlichen Ausweisen betragen die bisherigen russischen Gesammtverlustc 81,000 Mann, darunter 8 todte und 11 verwundete Generale, von welch' Letzteren 6 zur aktiven Dienstleistung bereit sind. Die Zahl der kranken und leichtverwundeten Soldaten beträgt 27,000 Mann. Die Zahl der in Gefangenschaft gerathenen Türken beträgt 120,000 Mann, darunter 8000 Kranke. Nach amtlichen Ausweisen sollen durch die russischen Truppen auf den verschiedenen Gefechtsfeldern in Europa und Asien 96,000 todte Türken begraben worden sein. Die Zahl der Türken, welche den Tod durch Ertrinken fanden, soll an 2000 Mann betragen. Nach diesen Ziffern müßte die türkische Armee bereits einen Verlust von 218,000 Mann erlitten haben, die Verwundeten und Kranken ungerechnet, welche sich bei der Armee noch befinden.
Die „N fr. Pr." glaubt, daß sich die Türkei auf sehr harte Bedingungen gefaßt machen darf, auf viel härtere, als bisher in offiziösen russischen Organen angedeutet worden sind. Daß die Türkei alle Bedingungen annehmen wird, die mit ihrer Fortexistenz als europäischer Staat verträglich sind, darüber ist wohl kein Zweifel da, daß die Fortsetzung des Krieges nicht die geringste Hoffnung bietet, auch die Freunde der Türkei können ihr nur rathen, so rasch als möglich Frieden zu machen und sich in das Unvermeidliche zu fügen. „Der Türkei hilft jetzt nur der Fried? — wenn er nicht durch Opfer erkauft werden muß.
Bukarest, 10. Jan. Die Türken vernichten aus ihrem Rückzuge aus Ostvulgarien alle Vorräthe, die sie nicht mitnehmen können, brennen alle Städte, Dörfer und Wohnstätten nieder und verwandeln das Land in eine Wüste. Aus diesem Vorgehen erklärt sich das langsame Vorrücken der Armee des Thronfolgers, dem aller Proviant auf schlechten Wegen nach- geführi werden muß.
Die Serben erbeuteten in Nisch 150 Geschütze und über 20,000 in dem dortigen Depot befindliche Hinterlader.
Gestern vereinigten sich die Serben mit den Rumänen bei Widdin. Der Festungskommandant von Widdin, zur Uebergabe aufgefordert, verlangte freien Abzug der Garnison mit Waffen.
Handel und Berkehr rc.
Stuttgart, 14. Jan. (Landes Produktenbörse.) Im Getreidehandel ist es noch überall ziemlich ruhig und
die in den auswärtigen Berichten angezeigte Veränderungen sind kaum nennenswerth. Auch an heutiger Börse blieb das Geschäft in Brodfrüchten beschränkt, indem Mehl gegenwärtig schwer Absatz findet, dagegen bleibt Haber gesucht. Wir notiren per 100 Kilogr.: Weizen, daher. 24 N. bis 24 II; 50 kk. dto. ungar. 24 öl. 50 kk. dto. bessarab. 25 bl. 50 kk. Kernen 24 U. 40-80 kk. Dinkel 1« bl. Haber 13 bl. 40 kk. bis 15 bl. 40 kk. Mehlpreise pro 100 Kilogr. inN. Säck7 Mehl Nr. I: 37 bl. 50 kk. bis 38 »l. 50 kk dto. Nr. 2: 33 bl. 50 kk. bis 34 bl. 50 kk. dto. Nr. 3: 28 »I. 50 kk. bis 30 »l. 50 kk. dto. Nr. 4: 25 »l. 50 kk. bis 26 »l. 50 kk. Mittlere Fruchtprrise per Centner vom 3. Januar bis 8. Januar.
Kernen. 12. 23.
Rogzen.
«« 4 »
10 3.
Gerste. 8. 7l
Haber. ^ 4 >
8 . 9 .
k. 28. 6. 80. 6 . 22 .
sny
sinnenden . . . —.
Bopfingen 11. 10. 8. 28. 9. 78
Ebingen 1l. 3. 8. —. 8. 48
Geislingen 10. 28. —. —. —. —
Hall 1t. 68. 9. —. —. —
Heidenheim 11. 42. 8. 75. 9. 36. 6. 30-
Nagold 11. 10. 9. 77. 9. 90. 6. 65.
Rottweil 1l. 98. —. —. —. —. 7. —.
Ulm 11. 25. 8. 55. 8. 95. 6. 83.
Urach 11. —. 8. 75. 8. 10. 6. 66.
Kirchheim 11. 32. —. S. 27. 6. 77.
Tuttlingen !11. 24. S. 40. —. —. 6. 86.
Waldsee ^11. 37. —. —. 9. 2. 6. 61.
Riedlingen: —. —. —. —. —. —. —. —.
Der Fruchtmarkt in Biberach am 9. d. M- war schlecht befahren, die Preise von Kernen und Roggen blieben gleich, die Gerste zog um einige Pfennige an, der Handel war flau infolge geringer Zufuhr. Dagegen war der Vieh- markt belebt, die Preise standen hoch Das Ochsenfleisch kostet bei uns per Kilo 1 36 — Das Braunbier kostet allenthalben 24 4k per Liter. (St. N. Ztg.)
Reutlingen. Preise der Lebensbedürfnisse am 12. Januar 1878. 8 Pfund weißes Brod 1 12 4 >,
8 Psd. schwarzes Brod 96 ik bis 1^,1 Paar Wecken (wiegen 90—120 Gramm) 6 4k, 1 Psd. Ochsenfleisch 64 4 >, 1 Pfd. Rindfleisch 50—60 4 k, 1 Pfd. Schweinefleisch 56—60 4 », 1 Pfd. Kalbfleisch 56-60 4 k, 1 Psd. Rindschmalz 1 20 - 30 4 k,
1 Pfd. Schweineschmalz 80-90 4 k, 1 Pfd. Butter 96 4 > bis 1 ^ 5 4 !, 2 Stück Eier 13—16 4>, 1 Bund Stroh 45—60 4 I, 4 Raummeter Buchenholz 46—50 »st!
Ein Postscriptnm!
Ach zum rastlos unverzagten,
Viel geplagten, nie beklagten,
Unverdroßnen Redactor
Klang zum Jahresfest, zum neuen,
Zu ermuntern, zu erfreuen Heu'r kein Glückeswunsch empor!
Sollte ich nicht spät noch wagen,
Das Versäumte nachzutragen?-
„Bester spät, als niemals nicht!"
Also Sokrates der Weise,
Und ihm nach und ihm zum Preise Mancher spät're Weise spricht:
Nun so wünsch ich: Möge blüben Ihr „Gesellschafter" und glühen Stets für Wahrheit, Recht und Licht!
Was die Zeit gebiert, uns melden;
Gutes fördern, Böses schelten,
Was darob die Welt auch spricht.
Deutsche Sitt' und deutsche Treue,
Bildung, Tugend und auf's Neue Deutsche Einheit — pflege er;
Dazu-viele Abonnenten,
Die im Mißverstand nicht künden,
Und der Inserate viel und anderes mehr/
Amtliche «nd Privat-Bekanntmachungen.
K. Oberamtsgericht Nagold.
Schulden-Mquidatimen.
In nachbenannten Gantsachen werden die Schuldenliquidationen und die gesetzlich damit verbundenen Verhandlungen an den nachbenannten Tagen und Orten vorgenommen werden, wozu die Gläubiger hiedurch vorgeladen werden, um entweder in Person oder durch gehörig Bevollmächtigte, oder auch, wenn voraussichtlich kein Anstand obwaltet, durch schriftliche Rezesse ihre Forderungen und Vorzugsrechte geltend zu machen und die Beweismittel dafür, soweit ihnen solche zu Gebot stehen, vorzulegen.
Diejenigen Gläubiger — mit Ausnahme nur der Unterpfandsgläubiger — welche weder in der Tagfahrt noch vor derselben ihre Forderungen und Vorzugsrechte anmelden, sind mit denselben kraft Gesetzes von der Masse ausgeschlossen. Auch haben solche Gläubiger, welche durch unterlassene Vorlegung ihrer Beweismittel, und die Unterpfandsgläubiger, welche durch unterlassene Liquidation eine weitere Verhandlung verursachen, die Kosten derselben zu tragen.
Die bei der Tagfahrt nicht erscheinenden Gläubiger sind an die von den erschienenen Gläubigern gefaßten Beschlüsse bezüglich der Erhebung von Einwendungen gegen den Güterpfleger und Gantanwalt, der Wahl und Bevollmächtigung des Gläubiger ausschusses, sowie, unbeschadet der Bestimmungen des Art. 27 des Exekutionsgesetzes vom 13. November 1885, bezüglich der Verwaltung und Veräußerung der Masse und der etwaigen Aktivprozesse gebunden. Auch werden sie bei Borg- und Nachlaßvergleichen als der Mehrheit der Gläubiger ihrer Kategorie beitretend angenommen.
Das Ergebniß des Liegenschaftsverkaufs wird nur denjenigen bei der Liquidation nicht erscheinenden Gläubigern eröffnet werden, deren Forderungen durch Unterpfand versichert sind und zu deren voller Befriedigung der Erlös aus ihren Unterpfändern nicht hinreicht. Den übrigen Gläubigern läuft die gesetzliche fünfzehntägige Frist zur Beibringung eines bessern Käufers vom Tage der Liquidation, oder wenn der Liegenschaftsvertauf erst später stattfindet, vom Tage des letzteren an.
Als besserer Käufer wird nur derjenige betrachtet, welcher sich für ein höheres Anbot sogleich verbindlich erklärt und seine -lahlungsfähigkeit nachweist.
Ausschreibende Stelle.
Datum der
amtlichen Bekanntmachung
Name und Wohnort
des
Schuldners.
Tagfahrt
zur
Liquidation.
Ort
der
Liquidation.
Bemerkungen.
K. Oberamtsgericht Nagold.
7. Januar 1878.
Weiland Gottlieb Wahr, gew. Bäcker in Poppelthal, Gemeindebezirks Enzthal.
20. März 1878, Vorm. 10 Uhr.
Enzthal.
Liegenschafts Verkauf am
19. März 1878, Vormittags 11 Uhr.
Oberthalheim, Oberamts Nagold.
Fshrniß-Verksuf.
Bei dem am Donnerstag den 10. d. M. vor genommenen Exekutionsverkauf des Ignaz Joachim, Kronenwirths hier, hat sich kein Kaufs» liebhaber eingestellt.
Ein wiederholter Verkauf findet daher am Samstag den 19. d. M., Mittags 1 Uhr,
statt.
Zum Verkauf kommt gegen Baarzah» lung:
200 Stück verschiedenes Stroh,
40 Etr. Heu und Oehmd,
2'/» Scheffel Gerste,
1 Weinfaß.
Der Verkauf findet in der Wirthschaft statt, wozu Käufer eingeladen sind mit der Bemerkung, daß der Zuschlag um allen und jeden Preis erfolgt.
Den 11. Januar 1878.
Schultheißenamt.
S ch m i d e r.