heraus, daß die Frauen für die arbeitenden Männer auch nicht immer gehörig sorgen, und dann ist es hegrciflich, wenn die Männer mißmulhig werden und leider nur zu geneigt sind, dem Schnaps in übermäßiger Weise zuznsprechen. Es ist nicht zu verkennen, daß die augenblickliche Zeit Verhältnisse dem Arbeiter nicht günstig sind, aber es ist andererseits eine unbestrittene That sache, daß eine bescheidene Wohnung, bei aller Armnth, in rein­lichem Zustande immerhin einen angenehmen, wohllhuenden Ein druck macht, der auch auf den Mann seine Wiikung niemals verfehlen dürfte; aber was bekommt man in dieser Hinsicht nicht Alles zu sehen? Während die Frau stunden lang vor der Thür mit Schwätzen verbringt nnd dadurch nicht selten böses Blut verursacht, quält sich der Mann und kommt Tag ein Tag aus in dasselbe schmutzige Zimmer, sieht nach wie vor die Kinder u» unsauberen Anzuge umherlnufen, und statt ein regelmäßiges Mittags und Abendbrot vorgesctzi zu e> Hallen, findet er den Tisch leer, und mit hungrigem Magen muß er zu Bette gehen, weit die Frau von einem geregelten Haushalte keine Ahnung hat. Wir wollen indessen keineswegs den Frauen allein die Schuld auf bürden, denn es gibt leider auch genug liederliche Männer, die ihren Bei dienst nicht zur Hätile nach H iuse '.-ringen. So fordern die Ehe-Verhältnisse unter der arbeitenden Ciasse zu ernste» Be Pachtungen auf. Daß aus den Kindern, die solche Ehen mit ansehe» müssen, kein besserer Menschen-Schlag erwachsen kann, bedarf wohl kaum einer besonderer Betonung "

Gegen die in Deutschland üblichen K re d i l i r u n g s fri st e n ist neuerdings so viel gesprochen und geschrieben worden, daß es wohl von Interesse sein möchte, die Resolutionen kennen zu lernen, welche an sämmtliche Hanvelskammern Deutschlands und Oesterreichs, sowie an die verschiedenen wirthschafllichen Vereine Deutschlands von Seiten der Handelskammer in Osnabrück zur Würdigung und Anwendung mitgetheilt ist. Sie geht nämlich dahin:1s Die im Gegensatz zu andern Industriestaaten in Deutsch­land vielseitig übliche Bewilligung ausgedehnter, ja selbst unbe stimulier Zahlungsfristen ist zu beschränken, resp. zu beseitigen; den» sie beschädigt, große Kapitalien lahm legend, die Gefahr von Verlusten vergrößernd, die Willkür bei Regulirungen besör- dernd und die Konkurrenz des Auslandes auf dem heimlichen Waarenmarkle begünstigend, die Industrie und den Handel. Es empfiehlt sich a) für den Großhandel die Rcgulirung der Waaren Posten innerhalb 30 Tagen nach Faktur a datum entweder in Baar oder Wechseln (Accepten oder Rimessen); b) für den Kleinverkehr allgemeine Einführung fester Preise und Beförderung des Kaufs gegen Baarzahlung; o) für den Geschäftszweig die Einführung einheitlicher Hohlungsbedingungcn, den speziellen Verhältnissen desselben entsprechend. 2) Die Reform ist zu erstreben durch Wort und Schrift seitens der Handelskammer, der Gewerdekor- porationen und zahlreicher, aus Handel- und Gewerbetreibenden zu bildenden engeren Lokalverbänden, sowie aus deren Bestre­bungen entsprechenden Vereinigungen der Konsumenten."

An die deutschen Bischöfe sollen von Rom aus Instruk­tionen abgegangen sein, daß sie, ohne ihre» Pflichten untreu zu werden, Alles vermeiden, was sie mit der Negierung in Konflikl bringen könnte. Wen» die deutsche Regierungfreundlichere" Tendenzen zeigte, wäre, derselben Quelle zufolge, der Heilige Stuhl nicht abgeneigt, den Cardinal Ledochowski in seiner Eigen­schaft als Erzbischof von Posen durch einen andern, nicht kom- promittirten Prälaten zu ersetzen.Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Wenn die Kurie überhaupt ge­neigt wäre, auf diese Verföhnungsbrücke zu treten, hätte sie schon längst Gelegenheit dazu gehabt. (B. T.)

Von der persönlichen Liebenswürdigkeit des Kaisers theilen die Zeitungen ein Beispiel aus den jüngsten Tagen mit: Als der Kaiser in Weißenburg weilte, batten viele Herren seines Gefolges in der Stadt bei Bürgern Quartier angewiesen be­kommen; besonders freundliche Aufnahme aber fand einer der Vertrauten dcS Kaisers beim Gymnasial Direktor Kroheim. Die Familie desselben schwärmte für den Kaiser und ließ keine Ge­legenheit vorübergchcn, de» hohen Herrn zu sehen und ihren Enthusiasmus anszudrücken. Von früh bis spät war man auf den Beinen, man lebte und webte nur für den Kaiser. Da fiel es dem bei oben gedachtem K. einquartirten Herren eines Tages aus, daß der Sohn der Familie überaus still und betrübt war, ohne einen Grund dafür angeben zu wollen. Endlich aber ge­stand er, daß sein Geburtstag sei und daß die Eltern dies ganz vergessen. Sie hätten ihm weder gratulirt, noch ihn beschenkt. Es sollte ihm indeß geholfen werden. Roch an demselben Abend erzählte der erwähnte Hofbeamte dem Kaiser das kleine Unglück, das seinem Schützling widerfahren und der Kaiser nahm sofort eines seiner Bilder, schrieb eigenhändig darauf: Zum vergessenen Geburtstag! und übersandte es dem Knaben, der nunmehr hoch erfreut war und gewiß Zeit seines Lebens an diesen vergessenen Geburtstag denke» wird.

Wien, 1l. Okt. Der von der Pforte beschlossene sechs­monatliche Waffenstillstand wird von sämmilichcn Mächten gut geheißen, doch behält sich Rußland spezielle Vorschläge in Bezug

auf die Demarkationslinie nnd die Stärke des türkischen Obser­vationskorps vor.

Der Wiener Berichterßatter des B. T- meldet: Die russische Regierung hat an alle i» Wien lebenden militärpflichtigen Russe» (zum größten Theil Stndirende der Medizin) den gemessenen Befehl ergehen lassen, sich bis längstens 15. Ocn in der Heimath cinzusinden und dort bei den znslehenden Behörden zu melden. Auch die östrcichische Regierung hat unter Androhung von strengen Strafen angeordnet, daß sich kein Militärnrlaubcr oder Reservist oder Landwehrmann weiter als fünf Meilen von seinem derzei­tigen, bei den Behörden angemeldcte» Aufenthaltsorte auch nur für eine kurze Zeit entferne. Gewiß sehr friedcnverbürgeiide Aussichten!

Wien, 13. Oktober. DiePresse" bestätigt, daß die Pforte bis znm !l. Okt. Abends ihre Waffenstillstandsbedingun- ge» nicht offiziell mitgetheilt hat Vertrauliche Eröffnungen der­selben besagen: Der Waffenstillstand soll bis 15. März dauern. Die Auseinandersetzungen wegen der nöthigen militärische» Ar- rangeiiicms werden de» Mächten zugeschoben, welche deßhalb Offiziere auf den Kriegsschauplatz entsenden sollen. Die Pforte verlangt ferner die Nichteinmischung Serbiens und Montenegros in die Insurrektion der Nachbarprovinzen und daß die Mächte erwägen, wie der Zuzug fremder Soldaten »ach Serbien zu ver­hindern sei. Alle Forderungen sind nicht pcremptorisck, sondern in Wunschform gekleidet. Die Zeitungsnachricht, die Mächte hätten erklärt, den Waffenstillstand unter den Bedingungen der Pforte nicht annehmen zu können, ist unrichtig.

Wien, 13. Okt. Da die Pforte den Waffenstillstand nicht von Friedensbedingnngen abhängig macht, sondern nur Waffen- stillstandsbedingnngen aufstellt, so erscheint der neueste Vorschlag in diplomatischen Kreisen diskutabel, doch hält man nach wie vor die Zustimmung Rußlands zu einem sechsmonatlichen Waffenstill­stand für unmöglich. Während dieNeue fr. Presse" ein siegreiches Vordringen Derwisch Pascha meldet, besagt eine Tag- blaltvepesche, daß Derwisch Pascha nach Albanien zurückgegaii- gen sei

Man schreibt derKarlsr. Ztg." aus Wien:Man will wissen, Fürst Milan habe, nochmals seinen eigenen ernsten Frie­denswillen belhenernd, bereits die Frage aufgeworfen, was ge­schehen werde, wenn, entgegen seiner nnd seiner Negierung Ent­schließung etwa die Armee den Waffenstillstand ablehne. Sollten wirklich, wie diese Ausrage vermuthen läßt, die Dinge bereits so stehen, daß die Belgrader Regierung des Gehorsams der fremden Generäle nicht mehr sicher nnd daß die Möglichkeit ge­geben ist, diese Generäle würden, serbischer als Serbien, auf eigene Faust den Krieg forlsetze» wollen, dann würden wir vor einer neuen Phrase der Verwicklung stehen, in der man mit ganz unberechenbaren Faktoren zu rechnen hätte "

Kaltowih. Ein hiesiger Ächlossermeister schickte seinen ungefähr 5 Jahr atr-n »naben henke Vormittag nach einer Flüsfigkeir. Der Knabe beeilte sich mit der Rückkehr und batte das Unglück, auf dem Wege zu fallen und zwar so merkwürdig fatal, daß er mit dem Auge aus den offenen Hals der Flasche fiel und sich dasselbe ausschlug resp. ausdrückte, denn man fand das Auge später in der Flasche.

Ein überaus trauriges Bild von der Finanzlage Ungarns entrollen Berichte, welche aus allen Theilen des Magyarenstaates vorliegen. Die Finanzen befinden sich darnach in einem kaum glaublichen Zustande der Zerrüttung, welche sich, von der Staats­kasse angefangen, bis in die untersten Schichten der Bevölkerung erstreckt. Welche Dimensionen die Geldnoth angenommen hat, läßt sich unter Anderem daraus ersehen, daß soeben die letzten Reste deS ungarischen Staatsbesitzes, die Bäder Mehadia und Rank zum Verkaufe ausgeboten werden.

Paris, 14. Okt. DieAgence Haoas" meldet: Rußland hat den Waffenstillstand von 6 Monaten abgclehnt und von Neuem verlangt, daß den Kriegführenden ein Waffenstillstand von'sechs Wochen aufcrlegt werde; es kommt somit auf die der Türkei von England vorgelegten und von den Großmächte» un­terstützten Vorschläge zurück.

Petersburg, 8. Okt. Hier herrscht große Verstimmung gegen Deutschland, weil man Gewißheit erlangte, daß sich dieses in der letzten diplomatischen Phase auf die Seite Oestreichs ge­stellt hat. Man argumentirt hier, daß diese Parieistellung, sowie die Englands von großem Einflüsse aus die ablehnenden Entschei­dungen bezüglich der Sumarokoff'schen Vorschläge gewesen sei.

Petersburg, 13. Oktbr. Das von Wiener Zeitungen gemeldete Gerücht, der Kaiser beabsichtige abzudanken, wird von unterrichteter Stelle als sensationelle Erfindung bezeichnet.

London, 13. Okt. Eingetroffene Privatnachrichtcn aus guter Quelle behaupten, daß der nach Livadia berufene russische Thronfolger den Czaren nmgestimmt habe, so daß Rußland an der Schwelle des Krieges stände.

Die öffentliche Meinung in England hat einen großen Umschwung erfahren, das Torrykabinet erhält jetzt noch weit mehr Zustimmungsadressen für seine orientalische Politik, als vor wenigen Wochen Mißtrauenserklärungen. England setzt seine Rüstungen in großem Maßstabe fort, Malta und Gibraltar wur­den für ein ganzes Jahr verproviantirt und mit Geschützen stark armirt. Bedeutende Auskäufe a» Salpeter für russische Rechnung lassen nichts Gutes ahnen.