Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der verschiedenen Bezirke erörtert und die scbutzzöllnerischen Bestrebungen bekämpft werden sollen. Nächster Tage steht die Verbreitung einer Flugschrist der freihändlerischen Vereinigung über die „Eisen-Zölle" bevor, und ähnliche Arbeiten, für welche bewährte Kräfte gewonnen sind, werden später Nachfolgen. Außerdem hat die Stettiner Kaufmannschaft die Einreichung einer Denkschrift an den Reichskanzler beschlossen, welche insbesondere die Eisen-Zoll-Frage zum Gegenstand hat und sich entschieden gegen jede Hinausschiebung des Termins für den Wegfall des Zolles aussprechen wird.
Das preuß. Gestüt in Gradiz hat das englische Pferd Palmer, das in vielen Rennen gesiegt, sür 7000 Pf. Sterling gekauft.
Wie ein Märchen aus alten Zeilen klingt die der „Post" durch Privattelegramm zugekoinmeue Nachricht, daß die römische Curie damit umgehe, im Januar k. I den Jahrestag der Demüthigung Kaiser Heinrich IV. in Canossa feierlich zu begehen. Sollen wir's glauben oder nicht? — In Rom ist kein Ding unmöglich I (Auch die Wiener „N. F. Presse" bringt diese Nachricht)
Bei den Manövern vor E-berseld wurde ein Kind aus den Armen seines Vaters von einer Kugel getroffen und starb. Als die Gewehre genau geprüft wurden, ergab es sich, baß ein Anterosfizier scharf geschossen batte Er hatte die Patrone» auf dem Uebuugsschießplatze entwendet und mehrmals scharf geladen, um seinen Lieutenant zu erschießen, wobei er jedoch jedesmal fehl schoß, bis seine letzte Kugel das Kind traf. Bei seiner Verhaftung legte er ein offenes Geftändniß ab, ergriff aber, ehe es verhindert werden konnte, sein Gewehr und schoß sich eine Kugel durch den Kopf.
Als dieser Tage in Trier die Polizei das Brod nachwog, wurden mehrere der schwersten Bäcker zu leicht besunden, es fehlten an dem 1- pfündigen Laibe 60 - 80 Gramm, bei Onigen sogar 100 Gramm. In Trier werden zwar nicht wie in Coustautinopel die Ohren augenagett, aber doch die Namen.
Die Frau des Schlepers Balog in Miskoiiz fand, als sie von einem Ausgange heimkehrte, aus der Tischplatte Folgendes mit Kreide geschrieben: „Frau, wenn Du etwas sehen willst, tchau in den Rauchsang!" Die Frau sieht hinauf und erblickt ihren Mann — erhängt.
Wien, 25. Sept. Die serbische Königsfrage wird in hiesigen offiziellen Kreisen sehr ernst beurtheilt. Graf Andrassy hat, wie ich erfahre, entschiedene Weisungen hierüber an unseren Generalkonsul in Belgrad, Fürsten Wrede, ergehen lassen. 'Auch mil dem russischen Botschafter, Hrn. v. Nowikost, hat der Minister des Aeußern über die Angelegenheit verhandelt. Der letztere soll, wie man mir mittheilt, auf die Reichstadter Abmachungen hingewiesen haben, in welchen bestimmt worden sei, daß bezüglich Serbiens keinerlei Veränderung statlfinden solle, und die Erhebung Serbiens zum Königreiche wäre allerdings eine lies einschneidende Veränderung. Man behauptet hier, daß Oestreich um keinen Preis einer derartigen Wendung zustimmen würde. Fürst Milan selbst soll sich noch nicht entschlossen haben, die Königstrone anzunehmen z aber man fürchtet, er werde der Volksströmung so wenig widerstehen können, wie bei der Kriegserklärung gegen die Pforte, der er anfangs auch nicht Folge geben wollte.
Wien, 29. Sept. Dem „Tageblatt" zufolge ist der Versuch der Türken, die Morawa zu überschreiten, gescheitert, da die Brücke bei Trnjane zerstört morden war. General Lscheruajeff wurde am Donnerstag früh auf der ganzen Linie angegriffen.
Wien, 30. Sept. Der Brief des Czaren an den Kaiser soll den Antrag zu gemeinsamen entschiedenem Vorgehen enthalten. Als Garantie sür die Durchführung der Friedensbedingungen sei ein Pfandobjekt zu suchen, indem Oestreich Bosnien und die Herzegowina, Rußland Bulgarien militärisch besetzen sollen, suma-- rakow wartet die Antwort des Kaisers ab, und geht dann direkt nach Livadia. Der Kaiser ist gestern Abend hier eingetroffen.
Das Eintreffen des russischen General Adjutanten Generals Summarakow in Wien als Träger eines Handschreibens des Czaren an den Kaiser von Oesterreich steht heut im Vordergründe der Situation. Uebereinstimmend wird gemeldet, daß in diesem Schreiben Kaiser Alexander seinen Wunsch wiederhole, sich von seinen Verbündeten nicht trennen zu wollen. Rußland bleibe noch immer dem Frieden ergeben, aber (dieses „Aber" ist eben der kitzliche Punkt!) der Kaiser sei fast der einzige Mann im weiten Rußland, welcher noch für den Frieden einstehe. Nur wenn die Pforte unverzüglich die Reformen bewillige, welche die Christen vom Joche der türkischen Paschas befreien, sei auf die Aufrecht; Haltung des Friedens zu rechnen.
In Gibraltar kamen dieser Tage von Alexandria acht Frauen aus dem Harem des verstorbenen Sultans Abdul Aziz an, die dem Vernehmen nach dem Kaiser, von. Marocco zum Geschenk gemacht worden sind. In ihrer Begleitung, befanden sich ein Türke und drei Dienerinnen, und nach kurzer Rast setzten sie die Reise nach Tetuan fort.
Pest, 28. Sept. Die ungarischen politischen Kreise legen die Ankunft des russischen Generaladjutanten bei Kaiser Franz Joseph sehr ungünstig aus. Ein hochgestellter Staatsmann sagte im liberalen Klub: „Der erste Kanonenschuß zur Begehung der Krönungsfcier Milans wird unfehlbar das Signal für den Ausbruch eines austro russischen Krieges sein!"
Paris, 29. Sept. Graf Andrassy hat in Folge Befehls des Kaisers von Oestreich dem Fürsten Milan und der serbischen Regierung mitgetheilt, daß, wenn Milan den Königstitel annehmen sollte, daß General Konsul Wrede sofort die östreichische Flagge einziehen und Belgrad verlassen werde.
Belgrad, 27. Sept. Massenhaft werden Arbeiter aus allen Kreisstädten nach Deligrad geschickt, um Holzbara-ken für die Armee zu bauen. Die Regierung hat gestern beschlossen, den
Krieg bis aufs Aeußerste zu führen. Das Regierungsorgan der „Jstok" gibt seine Zustimmung osfizös zu dem „großen patriotischen Akte" in Deligrad, wie er die Königsproklamirunq nennt. Das hiesige diplomatische Korps hat die volle Gewißheit gewonnen, daß die Pcoklamirung nicht rückgängig gemacht werden könne. Auch hat die Regierung nicht mehr die Macht, um dem gemeinjamen Willen der Armee und des Volkes zu trotzen.
Belgrad, 28. Sept. Der Fürst bereitet sich zur Abreise ins Hauptquartier vor. Seine militärische Suite hat Befehl bekommen, zur Areise sich bereit zu Hallen. General Proiics meldet, die Armee wolle die Proklamirung des Fürsten zum Könige auf jeden Fall aufrecht erhallen sehen. Alle Armeekorps haben durch spezielle Adressen an den Fürsten erklärt, sie kämpfen von nun an unter der Fahne des ersten Königs von Serbien und werden dieselbe erst dann fallen lassen, wenn der letzte Mann aus dem Schlachlfelüe gefallen sei» wird. Hier und in allen Städten wird offen erklärt, daß jeder Serbe, der sich dem „großen patriotischen Akte" nicht anjchließt, ein Berräiher sei. Proklamationen wurden in einer unbekannten Druckerei gedruckt und an alle Serben gerichtet. Dieselben werden aufgefordert, die Begründung des jungen Königreichs mit Gut und Blut zu sicher». Es herrscht ein allgemeiner Enthusiasmus, der von der Regierung nicht mehr »iedergekämpst werden kann, selbst wenn dieselbe es wollte.
„Die Psorte hat soeben die Fr i ed e n s b e d i n g un g en der Mächte angenommen. (Wird dementirt.) Bezüglich der Reformen wird den Mächten erwidert werden, daß sie e-o ipso aus das ganze Reich ausgedehnt werden sollen."
Konflantinopel, 30. Sepi. Der Ober-Befehlshaber vor Alexinatz meldet: Die Serben griffen uns auf der ganzen Linie vor Alexinatz an. Der Kampf, der 12 Stunden währte, endete mit der 'Niederlage der Serben, welche die Flucht ergriffen und eine große Anzahl Todler und Verwundeter zurückließ. — Die Pforte machte ihren Vertretern im Auslände folgende Mitteilung: Die serbische Regierung zeigte den diplomatischen Agenten der Mächte in Belgrad an, daß die Türke» am 17. September bei Alexinatz und Jankowa Klisiura, am 19. bei Javor, am 21. bei Javor und an der Drina die Waffenruhe verletzt hätten. Hiermit wollte Rfftic die Thatfache umdrehen und die Verant- wortlicyteil auf die Pforte wälzen. Wie bekannt, nahmen gerade die Serben eine aggressive Haltung an und griffen die Türken auf der ganzen Linie au. Die Psorte kann nicht umhin, gegen jene Mittheilaug formell zu prokestue».
Der Ex-Suktan Mur ad ist vor elwa 10 Tagen vvn einem ärztlichen Konnte untersucht worden, in welchem sich fast sämmtliche bissige Bvtschaftsärzte befanden. Veranlassung zu dieser Untersuchung bildete die reißenve Verschlechterung im Zustanoe des Kranken. Er nimmt auffallend ab, unv da die Regierung Hamid's mit Recht fürchtet, es möchte bas argwöhnische Europa die Eventualität seines Hinscheidens aus andern, denn natürlichen Ursachen verleiten, war ein ärztliches Gutachten das beste Mittel, um solche» Vermuthuiigen die Spitze abzubrechen. Die Doktoren fanden ihn in einer zunehmenden Degeneration. Ein paralytischer Blödsinn hat sich seiner bemächtigt. Man sieht seiner Auslösung entgegen- Es sind die unleugbaren Folgen des chronischen Alkodolismus.
Eine Korrespondenz der D. Z. aus Konstantinopel entwirft ein übles Bild von der politischen Lage des Innern des türkischen Reichs: die politische Lage der Türkei verschlimmert sich von Tag zu Tag. Die Nachrichten, die aus allen Theilen sowohl der europäischen, als asiatischen Provinzen einlauseu, lassen es außer Zweifel, daß der ganze Organismus außer Rand und Band und die Regierung nicht mehr im Stande ist, die einmal fanatisirte Menge des Volkes noch im Zaume zu halten. Die Nachrichten, die neuerdings aus Joschgad, Erzerum und Diarbekir einlauseu, scheinen den Anfang der in Kleinasien sich entwickelnden Entfesselung der fanatischen Elemente der muselmanischen Bevölkerung der schlimmsten Art zu bringen. Es haben sich in diesen Gegenden die bulgarischen Gräuel wiederholt. Reguläres Militär drang in christliche Städte und Dörfer, raubte, plünderte, schändete, was in seine Hände kam, und trieb die Scheußlichkeiten so weit, daß man die Kruzifixe aus Kirchen und Häusern den Hunden um den Hals band und Geistliche nicht nur mißhandelte, sondern auch tvdtschlug. Die Zahl der in Joschgad Getödteten beträgt 31. Der Priester, den ein Offizier als Reitthier benützte, wurde buchstäblich in Stücke zerhackt. In Erzerum fand eine Christenmezelei statt, bei welcher 600 Personen, darunter auch einige Muselmanen, die sich der Schlächterei widersctzen wollten, getödtet wurden. In Erzingkian (in demseiben Theile Kleinasiens) fanden ebenfalls mehrere Christenmorde statt. Auch werden uns Gräuel-Szenen aus Thessalvnicn berichtet, die alles Bisherige übertreffen. Limensoldaten haben Mädchen, die ihnen Widerstand leisteten, mit den Zähnen die Brüste vom Körper gerissen, lebendig an Bäume genagelt u. s. w., Eltern mit ihren Aatagans die Köpfe abgeschlagen, Kindern mit Keilten die Köpfe zertrümmert. Aus Banjaluka berichtet man eben solche Gräuel- Szenen. Es muß hervorgehoben werden, daß, wie schon erwähnt, nicht allein die Baschi-Bozuks diese Gräuelthaten verrichten, sondern auch die regulären Truppen sich daran betheiligen.
Athen, 27. Sept. Die hiesigen Blätter plaidiren sämmt- lich für eine Aktion Griechenlands: Es herrscht eine große Bewegung unter den verschiedenen Parteiführern ; der größte Theil der Partei Komunduros ist für- eine aktive Politik gewonnen worden, man erwartet gleich im Beginne der Session eine Interpellation in dieser Richtung.
General Benjamin B ut l er in New-'Iork empfiehlt sich seinen Mitbürgern zur Wiederwahl in den Kongreß folgendermaßen: Wenn Ihr mich nach Washington schickt, koste ich Euch nur 5000 Dollars das Jahr; behaltet Ihr mich aber hier, so ziehe ich Euch als Advokat das Zehnfache aus der Tasche. Was wollt Ihr lieber?
Hiezu eine Beilage.