Der Gesellschafter.

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Nr. 1V4.

Erscheint wöchentlich Zmal und kostet balbjährlich hier (ohne Trägerlohnl 1 M. 60 Pist., für de» Bezirk 2 M. außerhalb des Bezirks 2 M. 45, Pfg.

Samstag den 2. September.

Jiüerationsgebühr für die Zspaltig^ jZeile ans gewöhnlicher Schrift bei Einmaliger Einrückung 9 Pfg., bei ! mehrmaliger je 6 Pfg.

1876.

Skkimileier.

Einladung.

Aus Anlaß der morgenden, Samstag den 2 Sepl. d. I., stattfindenden Sedanfeier wnd wie im vorigen Jahr nach vor- ausgegangcner Schulfeier ein Gottesdienst um 10 Uhr abgehalteu und der Zug in die Kirche vom Nathhaus aus siatlsiudeu, wozu die Einwohnerschaft «ungeladen wird. Mittags 2 Uhr wird die Schuljugend auf den Stadlacker vom Schulhaus aus ziehen, wo bei die Eltern u. Kinderfreunde, sowie Vereine zur Betheiliguug eingeladeu werde».

Nagold, 1. Septbr. 1876.

Geineiudcrath.

TageS. Neuigkeiten.

Tübingen. Bei der Strafkammer des K. Kreisgerichlshoss hier-kamen im Monat Juli u. ».folgende Fälle zur Aburtheilung: 1) Job. Georg Steinbilder, Fuhrmann von Calw, 2) Katharine Stein hi Iber, dessen Ehefrau von da, wegen Fälschung einer Privat­urkunde in gewinnsüchtiger Absicht -ick 1) 1 Monat, »ck 2) 14 Tage Ge­fängnis Johann Georg Braun, Zimmermann von Efsringen, wegen emes einfachen Diebstahls 4 Monate Gesängniß und Verlust der bürgert. Ehrenrechte auf die Dauer von 2 Jahren: Jakob Kimmerle, Zimmer­mann von Gärtringen, Johannes L>cha»z, Maurer von da, wegen Kör­perverletzung je 14 Tage Gesängniß: Katharine Wolf, Schusters-Ehesrag von Günbringen, wegen eines einiacken, im wiederholten Rückfall ver­übten Diebstahls, 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus; 1) Christian Mutz, led. AZeber von Unterjettingen, 2) Johannes Schwägler, led. Steinhauer von da, wegen zweier Körperverletzungen und ->ck 1) außerdem noch wegen Widerletzung «ck 1 ) 4 Monats, »ä 2) 24 Tage Gefänguiß. (T. Chr.)

Münche n. Der heutige Polizeibrricht meldet: Sympathien sür die Sache der Serben haben nach amtlichen Bekanntgaben neuerlich wiederholt Knaben m verschiedenen deutschen Städten veranlaßt, ihren Familien zu entlau­sen, um nach dem Kriegsschauplätze zu ziehen, doch wurden die Ausrei­ßer gerichtlich auf der Reise angehalten und „zu Muttern" heimgeschubt; um dieicm Geschicke zu entgehen, bewerkstelligte unlängst ein jugendlicher Turkenfemd, der 15 Jahre alte Sohn eines hiesigen Hosbediensteten seine Flucht in Madchenkleidern, wurde jedoch gleichwohl in Oestreich aufgegrisfen und in feiner Verkleidung hieher geliefert.

Nürnberg, 30. Aug. Heute Morgen starb in Erlangen der deutsche Sprachforscher Professor Rudolph Raumer. (Fr. I.)

Aus der Pfalz. Deutschland hat über Frankreich einen fried­lichen Sieg errungen und zwar auf einem Gebiet, auf dem unser west­licher Nachbar unbestrittener Matador war. Auf dem großen Müller- (Mreß, der kürzlich in Nürnberg abgehalten wurde, waren unter anderen Mühlenutensilien auch französische Mühlsteine ausgestellt, welche allerdings gut und vortrefflich, aber dennoch nicht im Stande waren, mit einem deutschen Fabrikat aus Neustadt a. Haardt den Vergleich auszuhalten. Die Franzosen erkannten selbst unumwunden die Ueberlegenheit der deutschen Fabrik an, welche mit der goldenen Medaille — der einzigen derartigen Auszeichnung in dieser Branche — gekrönt wurde; für den, welcher die Summen kennt, die bisher für französische Mühlsteine über die Grenze gingen, ist dies Resultat ein hochwichtiges und allgemein hat es Freude erregt, daß unsere deutschen Mühlen endlich von Den franzö­sischen Fabrikanten erlöst sind.

Wien, 29. August. („Allg. Ztg.") Monlenegro's offi­zielle Erklärung zum Beitritt zu den Mediationsverhandlungen fehlt bis jetzt. Detzgleichen der Anschluß Italiens und Frankreichs. Das „Tagblatt" meldet, daß die russischen Bahnen den Güter­verkehr entstellen und Truppen an die Grenze befördern (?). Die Aussicht auf Nachgiebigkeit seitens der Türkei ist gering. — Der Zuzug russischer Offiziere nach Serbien auch durch Oestreich dauert unausgesetzt fort.

Wien, 29. Aug. Der siebentägige Kampf bei Alexinatz endigte, wie das „N. Wiener Tagbl." von seinem Spezial-Be­richterstatter erfahren hat, trotz all der unlieb sehr verspäteten gegentheiligen türkischen Meldungen, mit einer entschiedenen Nie­derlage der Türken; sogar die türkensreundliche „Neue freie Presse" läugnet dies der Hauptsache nach nicht mehr, sondern sucht es lediglich zu beschönigen.

Wien, 30. Aug. (Privattelegramm der,,Stuttg. Neuen Bürger-Zeitung.") Die politische Lage wird unläugbar immer verwickelter. Die Türkei hat den Waffenstillstand abgelehnt, ob­wohl sogar Depeschen der türkisch gesinnten „Neuen Freien Presse" aus Nisch bestätigen, daß die Serben im Rücken und in der Flanke der türkischen Armee erschienen seien.

Wien, 30. Aug. General Cambell, der Bevollmächtigte Englands im türkischen Hauptquartier, erstattete telegraphischen Bericht nach London, daß die türkische Armee seit den letzten

Niederlagen weaeu furchtbaren Proviautmaugels in vollständiger Auflösung begriffen sei. (Sch. M )

In Salzburg, der schönen Stadt, sind etwa 400 deutsche Juristen zum Junsteittag versammelt. Die Stadt hat geflaggt, aber es fehl: der schönste Schmuck der Stadt und Landschaft, die Sonne und der heitere Himmel. Die prächtigen Bergriesen hängen voll Regenwolken und die Regengüsse haben sogleich das erste Fest im Freien vereitelt Professor Gneist ans Berlin wurde Präsident der Versammlung und hielt eine Begrüßungs­rede über die große gemeinsame Aufgabe, welche der deutsche Geist und Rechtssinn lösen müsse und deren Lösung ganz Europa zu gut kommen werde. Der anwesende östreichische Justizminister I)r. Glaser wurde Ehrenpräsident.

Satzburg, 29. Aug. Die Sektionen des hier versam­melten deutschen Jndustrietagcs haben heute ihre Arbeiten geschlossen. Die strafrechtliche Sektion sprach sich für die Heranziehung des Staates zur Leistung von Entschädigung an ohne ihr Verschulden in Uutcrsuchuugs Haft gewesene Personen aus.

50 russische Offiziere, die über Pesth in Ungarn nach Belgrad reisten, um dort ins Heer zu treten, wurden in Pesth anfangs internirt, aber bald wieder auf freien Fuß gestellt (s. dagegen Pest). Rußland hat das auf fein Kerbholz geschrieben, wo schon viele östreichische Sünden stehen, namentlich die Sünde, Rußland im Wege zu stehen.

Pest, 29. Aug. Das Ministerium läßt die Russen, deren Zahl bereits 50 erreicht hat, nicht Weiterreisen, und hat auch an der Grenze augeorduet, dieselben nicht passtren zu lassen. — Der russische Konsul ist darüber sehr ausgebracht.

In Ber n in der Schweiz war dieser Tage folgender obrig­keitlicher Anschlag an den Straßenecken zu lesen: „Wirthshaus- verbot. Folgenden Personen ist vom Polizeigerichte der Besuch der Wirthschaften im Canlon Bern auf so lange verboten, bis sie die Militärsteuer sür 1875 gezahlt haben werden." ES folgte nun eine lange Liste von Leuten mit Angabe von Alter und Stand, zunächst arme Handwerker und kleine Leute. Man ent­nimmt daraus, daß auch die Republiken bezüglich der Militär­steuer keinen Spaß verstehen.

Paris, 29. Ang. Die „Estafette" läßt sich aus Ouchy vom 29. telegraphiren, Thiers sei ernstlich unwohl.

Paris, 31. Aug. Die „Agencc Havas" meldet aus Kon­stantinopel von heute: In einem Ministerrathe, an welchem die ersten Würdenträger des Reiches theilnahmen, ist Abdul Hamid an Stelle Mn rad's V. zum Sultan ausgerufen worden.

Petersburg, 30. Aug. Es herrscht hier überall die größte Entrüstung über die Verhaftung russischer, nach Serbien reisender verabschiedeter Offiziere und Krankenpfleger durch un­garische Behörden und wird dieselbe als eine beabsichtigte Belei­digung und Provokation betrachtet.

Antwerpen, 25. Aug. Der Dampfer Funsch von der Wbites- ^ roß-Linie, welcher gestern von Newyork eintraf, kam brennend auf der > Rhede von Vlissingen an. Sämmttiche an Bord befindlichen Personen ^ wurden gerettet; Schiff und Ladung sind verloren; der Werth von bei­den wird auf 2 Mill. geschätzt und ist versichert.

Seit einiger Zeit macht eine von Slvtt in Dover erfundene Flugmaschine viel von sich reden. Sie ist beinahe vollendet und es soll in der ersten Oktoberwoche ein Aufflug gemacht werden. Die Maschine wiegt 300 Pfd. und ist für 2 Mann berechnet. Statt beabsichtigt, von der Seeseite abzugehen, geradewegs nach Calais zu fliegen, den Leuchtthurm zu umfahren und wieder in Dover zu sein innerhalb einer Zeit von 40 Minuten.

Daily News vom 29. Aug. veröffentlicht den Bericht Schuyler's (des amerikanischen Generalkonsuls) über seine Unter­suchung in Bulgarien. Darnach sind 65 Dörfer ganz oder theil- weise zerstört und 15,000 Menschen getödtet. Der offizielle Bericht Edib Effendi's enthalte lauter Lügen.

Ragusa, 28. Aug. Die Türken haben 13 in der Nähe von Popovopolje gelegene Ortschaften niedergebrannt.

Cettinje, 29.' Aug. Der „Glas Czernagorza" weist jede auswärtige Vermittlung zurück und erklärt, Serbien und Montenegro werden erst dann die Waffen niederlegen, wenn die slavischen Provinzen vom türkischen Joch vollständig befreit seien.

Konstantinopel, 29. Aug. In Folge der gestern den