Aus Lippe-Detmold, 20- August. Heute früh ist die Stadt Barutrup von einer schrecklichen Feuersbrunst heimgesucht worden. In der Zeit von wenigen Stunden waren 26 Hänser eingeäscherl, und gegen 36, besonders dem Arbeiterstande angehörende Familien obdachlos geworden.
In Darmstadt hat man sogar im Militärstrafgesetzbuch eins Lücke entdeckt, die man schleunig auszusüllen gedenkt. Ein Dragoner nämlich, welcher s. Z. eine freiwillige 6möche»t!iche Jnternirung bei seinem Schatze, einer Köchin in der Neckarstraße, dem Kasernenleben vorgezogen, konnte nicht wegen „Desertion verurtheilt werden, weil er die Garnison nicht verlassen batte. Er kam wegen „Kasernenschwänzens" mit einer gelinden Strass davon.
In Kapellen bei Koblenz kam dieser Tage ein Handwerksbursche an den Rhein, zog sich aus, nahm seinen Kleiderbündel und s«in Felleisen ans de» Kopf und schwamm über den Rhein nach Oberlabnilein. Lieber Freund, fragte ihn Einer am User, wozu solches Wagstück? — Wozu? weil mir der Groschen zur Uebersahrt gefehlt hat
Berlin, 23. Aug. Der Kaiser empfing heute den von Petersburg hier eingetroffenen deutschen Botschafter General v Schweinitz. — Der Botschafter am britischen Hofe ist gestern Abend von Varzin zurückgekehrl. — Der Botschafter in Nom, Hr. v. Keudell, ist gestern Abend hier cingctroffen nnb geht demnächst nach Varzin.
Die Frage, ob ein eigenes Reichssinanza mt geschaffen werde» soll, darf nunmehr auch als entschieden angesehen werde». Es soll davon Abstand genommen, dagegen beschlossen sein, eine neue Abtheilung des Reichskanzleramts sür Finanzen, entsprechend der jetzigen Abtheilung für Justizwesen, mit einem Direktor an der Spitze, einzurichten. Dagegen würde nach wie vor eine der wichtigsten Arbeiten, die Bearbeitung und Aufstellung des Reichsbaushaltsetat, dem Reichskanzleramt verbleiben.. Wie es heißt, stände die Ernennung des Geheimen Ober-Negierungsraths Michaelis zum Direktor der Finanzabtheiluug bevor.
In Berlin suchte ein erst Ibjähriges Dienstmädchen das kleine Kind der Dienstherrin mit Phosphor von Zündhölzchen zu vergiften, um des lästigen Windelwascheus überhoben zu sei».
In R e i ch m a n n s d o r f bei Saalseld brannten am 18. d M. 14 Wohnhäuser (darunter das Foisthaus) und 5 Scheunen nieder.
Das Tagblatt in Stade (Hannover) schreibt unterm 9. von der Elbinsel „«rautsand" über einen merkwürdigen Schmetterlingszug Folgendes: Eine Erscheinung eigener Art, die auch wohl für weitere Kreise von Jnterege sein dürfte, wurde im Verlaufe des gestrigen Tages hier beobachtet, nachdem uns dieselbe wenige Tage vorher von einem etwa drei Stunden landeinwärts gelegenen Orte berichtet war. Mil der steigenden Flulh nämlich zogen große Schaaren von weißen Schmetterlingen stromaufwärts, indem sie sich die ganze Breite der Elbe als Weg auj- suchten, so daß ihre Scitenschwärme nur 20 bis 30 Schritt das diesseitige Ufer überflaltcrten. Aber auch diese waren so dicht, daß man mit einem einzigen Hiebe durch die Lust mehrere dieser Flattcrlhiere treffen konnte. In einer Entfernung, wo sie nicht mehr genau zu erkennen waren, bildeten sie die Erscheinung eines starken Schneesalles. Nur seilen bemerkte man in dem Zug einen bunten Schmetterling. Dagegen wurden ganze Schwärme von Libellen von dem allgemeinen Wanderungstriebe mit fortgerissen: doch hielten dieselben wacker zusammen und blieben in besonderen Hausen. Das Eigenthümliche bei der Sache ist erstens die ungeheure Menge, die nach Milliarden zählte, sodann daß ohne Ausnahme alle im schnellen Fluge, ohne ihr Ziel nach rechts oder links zu verrücken, stromaufwärts strebten, obgleich nicht der leiseste Wind sie trieb, lerner daß die Schmetterlinge sämmtlich einer Art waren und endlich, baß sie eine so gefährliche Straße wie die Elbe aussuchten. Die Gegend, wo solche Schaaren sich niederlassen sollten, wäre in der That schlimm daran.
Das Dorf Baiinka im Weißenburger Komilate brannte letzten Sonntag Nachmittag gänzlich ab- Das Feuer kam durch Unvorsichtigkeit eines Mannes zum Ausbruch, welcher mit brennender Pfeise seine Siesta aus einem Hanshausen kielt. Bald stand das Haus in Flammen und sehr rasch das Dorf. An Rettung war nicht zu denken, und auch ein Menschenleben, die Köchin des Pfarrers, fiel dem Feuer zum Opfer. Der Mann, der die Ursache des Brandes war, ein Schuster, wurde gelyncht. Das wütheude Volk ergriff denselben und warf ihn ins Feuer, wo er verbrannte. Das ganze Dorf kommt buchstäblich durch dieses Unglück an den Bettelstab. (N T.)
Wien, 23. Aug. Das „N. Wiener Tagblatt" bezeichnet Folgendes als die von der Tüikei an Serbien gestelllen Friedens- bedinguugen: Eine garantirle Entschädigung von einer halben Million Dukaten, Beibehaltung des Milizstandes, aber mit nur 20,000 Mann, Demolirung der Grenzsestungen, persönliche Huldigung des Fürsten Milan, Friedensschluß in Konstantinopel und Anfrechierhalliing des Pariser Vertrags. — Nach einer Meldung der „Presse" erhält Montenegro den Hasen von Spizza mit dem dazu gehörige» Hinterland. — Das serbische Moratorium wurde für die Dauer des Kriegs verlängert.
Wien, 23. Aug. Auf eine bezügliche vertrauliche Anfrage erklärte die Pforte, keine Waffenruhe zugestehen zu können, bevor nicht wenigstens die Friedenspräliminarien unterzeichnet seien — Das „Wiener Neue Tagblatt" meldet: „Bei dem Friedensschluß wird Oesterreich wieder die Führung zugewiesen."
Wien, 23. Aug. Von unterrichteter Seite wird gemeldet: daß neuerdings sehr bedenkliche Nachrichten über den Gesundheitszustand des Sultans eingelanfen seien; das Ministeriui» beraihe über die Frage des Thronwechsels
Wie», 24. Aug. Nicht offiziell, aber nach guten Privatberichten wurde bekannt, daß gestern am fünften Schlachttag die Serbe» Alexinatz räumte», das dann die Türken einnahmen. Es wurde beiderseitig mit Tapferkeit gekämpft. (Sch M)
Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich soll die Welt und Menschen gründlich kennen lernen und deshalb im Herbst eine zweijährige Reise durch die alle und neue Welt antreten.
Petersburg, 24. Ang. Die „Internationale Telegra- phen-AgenIm" meldet aus Belgrad vom 23. August, Abends' Heute standen die ganze Hauptmacht der Morawa Armee und die
Türken unter Achmed Ejub Pascha bis 4 Uhr Nachmittags einander gegenüber. Die Serben befinden sich im Bortheil. Auch Horvatowitsch greift von Tresibaba aus in den Kampf ein und will de» Türken in den Rücken fallen. Die Serben schlagen sich ausgezeichnet. Privatnachrichten melden von einem Borstoß Lesch- janin's von Brestovatz und Banja auf Saitschar.
Ostrowo. In dem 2>/r Meile von hier entfeinten Dorfe Gra- nowiec wülhete kürzlich eine Feuersbrunst, welche im Verlaus von kaum 3 Stunden 60 Gebäude in Asche legte. (B. T.
Die wichtigste Aufgabe, welche die in dieser Woche zusammentre- tenden französischen Generalrätbe zu lösen haben werden, ist die Sch Ultra ge; es bandelt sich darum, ob die Gemeindevertretungen sich für den obligatorischen Schulbesuch aussprechen oder es beim Alten lassen werden. Die Ultcamontancn bezeichnen den Schulzwang als einen argen Eingriff in die elteriiche Gewalt, während die republikanischen Blätter von der Einführung desselben sich große Erfolge versprechen. Es handelt sich darum, der klerikalen Partei ibre hauptsächlichste Waffe zu entreißen, denn noch jetzt gibt es in Frankreich kaum eine Gemeinde, in welcher sich nicht ein Kloster oder eine vom Pfarrer geleitete Schule befindet. Unter dem Vorwand der Erziehung der Jugend aber säet die klerikale Partei ihren Samen aus. Diesem Treiben können die Gencralräthe ein Ende machen. In ihrer Hand liegt es, die Einrichtung öffentlicher, der Aussicht der staatlichen Obrigkeit unterstellter Schulen zu beschließe» und die Gelder zu bewilligen, die sür die weltlichen Lehrer nöthig sein werden.
London, 24 August. Reuter's Bureau meldet aus Belgrad vom 23 Aug.: Ejuv Pascha wurde nach vergeblichem Versuche, die serbischen Linien bei Banja zu durchbrechen, von Tresibaba zurückgeschlagen und wandte sich nach Alexinatz, wo er sich mit der Armee Abdul Kerim's vereinigte. Gestern bestand General Tschernajeff einen Kampf, wobei die Türken auf der ganzen Linie zurückgeschlagen wurden. Heute findet ein neuer Kampf statt.
Belgrad, 23. Aug. Von amtlicher Seite wird gemeldet: Der gestrige vierte Schlachttag zwischen Nisch und Alexinatz war blutiger und erbitterter, als die früheren. Der Kampf verlängerte sich bis tief in die Nacht. Beide kämpfenden Theile behielten ihre Stellungen. Obgleich die Türken durch Verstärkungen auf 50,000 Mann gebracht waren, rühmen alle Berichte die helden- müthige Haltung der serbische» Truppen- Die Schlacht ist heule in größtem Maßstabe erneuert worden. Eine serbische Armee ist vor Saitschar, der einzigen nochvon Türken besetzten Stadt, angelangt.
Konstantinopel, 22. August Das Gerücht, die griechische Regierung habe hier eine Note wegen der Insel Kreta überreichen lassen, bestätigt sich. Zugleich verlautet, die Antwort der tüikischen Regierung an die griechische werde dahin lauten, daß sie diese Note erst nach der Wiederkehr ruhiger Zustände im türkischen Reiche prüfen werde.
Ko nst a n i in o p el, 23. Aug. Die Befehlshaber der türkischen Truppen in Serbien haben der Regierung angezeigt, daß unter allen Corps Verbindung bestehe. Das Bombardement von Alexinatz beginne demnächst. Nach dem Falle dieser von den türkischen Kanonen beherrschten Stadt stehe nichts dem gemeinsamen Bormaische in der Richtung auf Belgrad entgegen Bon Seiten der Regierung belont man, daß türkischer Seils im Verkehr mit den Vertretern der fremden Mächte bisher keinerlei Präpositionen zur Unterlage für Friedensverhandlungen gemacht worden seien.
Durch allerlei Zeitungsspalten sickern jetzt fachmännische „authentische" Berichte über den Gesundheitszustand des Sultans Murad, die aller Vsrklausulirungen entkleidet klar und nackt das sagen, was wir schon vor Wochen meldeten. Sultan Murad ist körperlich und geistig so herabgekommen, daß er durchaus nicht im Stande ist, irgend etwas energisch anzugreifen und zu unternehmen. Er lebt nicht mehr, er vegetirt nur noch, und ob er überhaupt je noch heilbar ist, kann erst, wie eine ärztliche Autorität sich ebenso „reservirt als deutlich" ausdrückt, „eine dreimonatliche energische Kur bei völliger Enthaltsamkeit von Staats- geschästcn und Spirituosen ergeben." Unter Staatsgeschästen werden Pier wohl Haremsbesuche zu verstehen sein, denn seit Wochen hat Sultan Murad keinem Ministerrathe beigewohnt, noch irgend eine staatsober- hauptliche Handlung vollzogen. Drei Monate Enthaltsamkeit bei Mu- rads Zustand — dann wäre wohl kaum noch eine Scheere nöthig.
A l l er l e i.
— Für den BerlinerDroschken verein. Ein zum Tode Verurlheilter wurde gebeten, seinen letzten Wunsch kundzugeben. — „Gut," antwortete er: „Ich wünsche, mich auf den Richtplatz in einer Droschke zweiter Klasse fahren zu lassen, die wir nach der Zeit bezahlen." — „Aber warum das?" frug man erstaunt. — „Weil ich dann hoffen darf, überhaupt gar nicht hinzukommen."
— Ein theurer Truthahn. Ein junger Arzt in Berlin, der sich erst kürzlich etablirt hat und noch in einem Chambre garnie seine Sprechstunden abhält, hatte das Glück gehabt, einen Gutsbesitzer in der Provinz Schlesien auf brieflichem Wege von einem langwierigen Uebel zu befreien. Der Geheilte sandte ein reiches Honorar in Goldstücken, außerdem war in dem Briefe noch bemerkt: „Morgen kommt ein Truthahn mit der Bahn für Sie an " Als nach zwei Tagen der Kalekuter noch nicht gebracht war, fuhr der junge Arzt per Droschke nach dem Bahnhof, zeigte seinen Brief und fragte nach dem Truthahn. „Eben angekommen, sagte der Beamte; „das Beest hat unterwegs einen Lärm vollführt, daß der ganze Personenzug in Aufregung gesetzt ist." Der Doktor fragte überrascht: „Lebendig ist er?" — „Jawohl; da bringen sie ihn." — Nur mit Mühe wurde der Bogel, dem man die Füße ziisaminengebunden hatte, in die Droschke gebracht, die unglücklicher Weise rothe Sitzbänke hatte. Mit zornigem Gekoller