Hallbach, exemplarisch bestraft worden. Er hatte einem Arbeits- pserde aus purer Rohheit die Zunge ausgeschnitten und wurde zu 18 Monat Gefängnis; verurtheilt.
Potsdam, 17. Juli. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Italien sind gestern Nachmittag hier angekommen, ohne in Berlin sich oufgehalten zu haben. Sie wurden von den Prinzen und Prinzessinnen Karl und Friedrich Karl am Bahnhof empfange» und stiegen im Marmorpalais ab. Heute wird der Kronprinz des deutschen Reiches ans Scheveningen hieher kommen, um die hohen Gäste zu begrüßen.
Aus vorliegenden amerikanische» Zeitungen ersehe» wir, daß die deutsche Industrie in Philadelphia durchaus nicht durchgefallen ist. Diese Zeitungen bringen eine Reihe ernster und sehr belehrender Artikel über die deutsche Abiheilung und rühmen nicht nur die ausgestellte» Proben und Erzeugnisse der deutschen Eisen-, Berg- und Hüttenwerke von Krupp und Borsig als sehr hervorragend und fast einzig, sondern namentlich auch die Dosen- und die Tafelgeschirre der Berliner Porzellanfabrik Die schönste Vase dieser Ausstellung, die Tausende gekostet hat, kaufte Herr Childs, mehr noch ein Aeirungs-Eigenthümer als Schreiber; seine Mittel erlaubten ihm das Ich will diese Vase nicht loben, schrieb er in seiner Zeitung; denn sie lobt sich selbst.
St Johann-Saarbrücken. 13. Juli. Heute passirten IM Mann des 30. Jnf.-Reg. aus Saarlouis mit zwei Offizieren den hiesigen Bahnhof, deren Bestimmungsort das Dorf Marpingen bei St. Wendel ist. Daselbst soll nämlich die Mutter Gottes erschienen sein, welche einen blind geborenen Knaben sehend gemacht habe. Bei der bevorstehenden großen Prozession befürchten die Behörden Unruhen und es ist zur Verhütung derselben Militär requirirt worden. — Nach den neuesten in Trier eingegangenen Nachrichten über dieses Madonnen-Abenteuer sind bereits die beiden Frauenzimmer, welche die Madonnen-Erscheinung darstellten, dem Arme der Gerechtigkeit verfallen und an einen sicheren Ort gebracht worden. Die Aufregung der Menge, die nach Tausenden zählte, soll eine ganz maßlose gewesen sein.
Wien, den l6 Juli. Aus Widdin: In Folge der am Mittwoch bei Widdin stattqesundenen Kämpfe sind die Serben, von den Türken verfolgt, über den Timok zurückgegangen. (Scbw. M.)
Paris, 17. Juli Die „Agence Havas" meldet von Raqusa aus slavischer Quelle, daß am 14. Juli in einem heftigen Gefechte bei Ljubowitza unweit der Grenze bei Kleinzwocnik die Serben geschlagen wurden. Die Türken eroberten Geschütze und zerstörten die Flöße, welche auf der Drina zu dem Zwecke einer Invasion in das türkische Gebiet bereit lagen. Der Verlust der Serben betrug 500, jener der Türken 300 Mann.
In Montenegro ist es ländlich sittlich, daß die Männer in den Krieg oder aut die Jagd gehen oder aus der Bärenhaut liegen, die Frauen besorgen alles Andere. Der bekannte Schriftsteller Noe, der in Montenegro reist, berichtet: Auf unserer Fußreise von Rjeka nach Cettinje trugen fünf junge Frauen unser Gepäck Meinen Koffer, der so schwer war, daß ich ihn kaum heben konnte, trug ein junges Mädchen von 16 Jahren. Keine einzige der Trägerinnen setzte auf dieser Gebirgstour ihre Last auch nur einmal ab, bis wir in Cettinje waren. Sie verlangten für ihre Bemühung zwei Zwanziger (etwa 1'j» Franks) und waren unerschöpflich in ihrem Dank, als wir ihnen drei Zwanzig ger gaben. In Montenegro tragen zwei Frauen so viel wie ein Maulthier und erhalten für ihre Dienste genau ebensoviel als man für die Benutzung eines Maulesels zahlt.
Belgrad, 17. Juli. (Amtliche Meldung.) Die türkischen Depeschen vom 9. Juli beruhen auf lügenhaften Berichten; die Serben haben bisher keine Kanone verloren. Die türkischen Siege über Tschernajesf find erfunden ; die serbischen Vorposten stehen noch immer vor Novibazar. Nach einem Telegramm des Generals Ranco Alimpics begehen die Türken in Bosnien fürchterliche Grausamkeiten, viele Weiber und Kinder flüchten in das serbische Lager. Die serbischen Truppen haben sich des ganzen Toplitz- Thales bemächtigt. Die bosnischen Insurgenten haben den Türken die Communicationen zwischen Beljina, Brtschka und Touzla ab- gefchnitten.
Konstantins pel, 17. Juli. Nach einem Regierungs- Telegramm haben gestern die Truppen der unter dem Commando von Hastz Pascha bei Akpalanka operirenden Division die Serben angegriffen, nach sechsstündigem Kampfe mit dem Bajonnet deren Verschanzungen eingenommen und dieselben vollständig geschlagen ; viele Waffen und anderes Kriegsgerath wurde erbeutet. In Folge Vormarsches deS Corps unter Suleiman Pascha haben die Serben Ahne Widerstand die Vcrschanzungen bei Babina Glava verlassen und sich zurückgezogen.
In einem interessanten Schreiben, welches der „Pol. Corr." aus Adrianopel. 8. Juli, zugeht, heißt es u. A.: „Wir erleben hier ganz merkwürdige Dinge. In diesem Moment, wo man daraus gefaßt war, in Folgt der serbischen Invasion die ganze bulgarische Nation sich wie ein Mann erhebe» zu sehen, erhebt im Gegentheil eine förmliche bulgarische Contre-Revolution ihr Haupt. Viele angesehene Bulgaren aus allen Theilen des Adrianopeler
Bilajets haben sich vereinigt, um, wie ihr Programm lautet, das Volk vom Untergange zu retten. Dieselben erklären die revolutionären Verführer des bulgarischen Volkes als Volks-Mörder und Charlatane, welche die Massen nur in den Tod trieben, da ihnen keine Macht zur Verfügung stehe, um wirklich neue politische Schöpfungen zu Tage zu fördern. Diese Gesellschaft hat nun ihrerseits Proklamationen an alle „bulgarischen Brüder" erlassen, worin diese vor einer neue» Erhebung, namentlich auf dem flachen Lande, gewarnt werden. „Wir rathen euch brüderlich — heißt es in der Proklamation — die wahre» Mörder des bulgarischen Volkes wie die Pest zu meide». Ihr seid unbewaffnet und im KriegS-Handwerk ungeübt; ihr geht ja blos vem sicheren Tod entgegen. Zündet ja kein Feuer an. das ihr dann nicht löschen könnt. Das Ende wird die Verwüstung Bulgariens sein." Eigens dazu bestellte Agenten sind abgeschickt worden, um das Volk zu bewegen, sich ruhig zu verhalten. Gleichzeitig sind aber Petitionen an die Pforte und einige Großmächte abgesendet worden. worin die „wahren bulgarischen Patrioten" — wie die Unterzeichneten sich nennen — um Abhülfe gegen die Gräuel in Bulgarien bitten.
lieber die Ermordung des Sultans Abdul Aziz kommt erst jetzt eine Erzählung in Umlauf, von der sich alle Welt überzeugt hält, daß ihre Details verbürgt seien. Darnach wäre Hussein Aoni Pascha der eigentliche Urheber des Mordes gewesen. Abdul Aziz soll mit Chloroform oder mit einem Narcoticum betäubt worden sein und dann erst hätte man ihm die Adern geöffnet, um an einen Selbstmord glauben zu machen. Ein türkischer Arzt und ein Negersoldat sollen das Verbrechen ausge- sührt haben. Dem Soldaten steckte man eine Summe Geldes in die Tasche und schickte ihn sofort nach Hedschas in Arabien; dann scheint man sich die Sache jedoch besser überlegt zu haben, denn auf der Reise verschwand der Soldat. Es verdient wohl erwähnt zu werden, daß die Geschichte gerade i» türkischen Kreisen am stärksten cirkulirt. Sie enthält einige Widersprüche, das läßt sich nicht leugnen, aber sie würde dem Tode Huffein Avni Paschas und dem Verbrechen des Tscherkessen Hassan ihren wahren Charakter geben. Vor Allem würde sie die zahlreichen Verhaftungen erklären, die in letzter Zeit thatsächlich staltgefunden habe».
Die europäische Türkei ohne die Vasallenstaaten und ohne den Distrikt von Constunlinopel ist in 6 Provinzen eingelheilt: Bosnien. Monastir, Janina, Salonichi, Adrianopel und Donaukreis. Nach den neuesten, aber ungenauen türkischen Zählungen, beträgt die männliche Bevölkerung in diese» europäischen Provinzen 4,295,000 Köpfe, von denen 1,862,000 Mohamedaner, 2,433,MO Nichtmohamedaner sind; in 11 Kreisen bilden die Mohamedaner, in 22 die Christen die Mehrheit. Die christliche Bevölkerung steht zur mohamedauischen im Verhältnis; wie 57: 43. Zur europäischen Türkei gehören noch der Distrikt von Constan- tinopel, die Insel Kreta und mehrere Inseln des Archipels. In Constantinopel bilden die Christen die Mehrheit; sie verhallen sich zu de» Mohamedaner» wie 54: 46. Obgleich die Türkei den fruchtbarsten Boden und Lage an 3 Meeren hat, hat sie doch aus die Quadratmeile nur halb so viel Bevölkerung als die meisten andern Staaten; nur Rußland mit 735 und Griechenland mit 42l Einwohnern ä Quadratmeile stehen hinter der Türkei zurück.
Der Ammeister von Gtrastburg.
(Fortsetzung.)
„Daß ich just von ihm gerettet werden mußte, war der Fluch meiner eigenen Gedanken," setzte Katharina schmerzlich hinzu, die sich einst selber nach Frankreich gewendet hatten. O, Vater, mir ist, als läge ein unendlicher Zeitraum zwischen der Gegenwart und jener fluchwürdigen Vergangenheit."
„Und er konnte noch auf Glück hoffen, der Aermste!" seufzte der Ammeister, trübe vor sich hinstarrend.
„So tadelt Ihr meine Härte, die ihn von mir wies, Vater?" fragte Katharina ängstlich, „durfte ich, die Schuldige, den Büßenden von mir stoßen?"
„Ja, mein Kind! das durftest, das mußtest Du thun; der Name Günzer tst wie jener des Hauptverräthrrs dem Gerichte der Mit- und Nachwelt verfallen und die reuige Tochter des Ammeisters von Straßburg konnte nichts mehr mit Jenen gemein haben, welche um schnöden Goldes willen das Heiligste verriethen. Deine Schuld war Verblendung des Herzens —"
„Auch der unglückliche Stadtschreiber handelte aus Eifersucht und Rache, mein Vater!" unterbrach Katharina ihn leise.
„Haben Haß und Rache etwas mit Gott gemein?" fragte Herr Dominikus ernst, „Deine Schuld entsprang der Liebe, darum findet sie Vergebung vor Gott und den Menschen, — sie war Dein eigenes Unglück, nicht das von Tausenden. Sei ruhig d'rum, meine Tochter! — Der Verräther Günzer muß seine» eigenen Weg wandeln, um ganz zur Erkenntniß und Buße zu kommen, die ihn wohl vor Gott, doch niemals vor der Welt entsühnen können."
Der neugierige Wirth öffnete jetzt wieder leise die Thür, um nach den Befehlen das Ammeisters zu fragen und nebenbei irgend eine Entdeckung zu machen, welche er dem Minister rap- portiren könnte.