den ein großer Werth zu legen ist. Die Kommission stellt den Antrag, die exigirten 640,000 aus den Mitteln der Nestverwaltung zu ver- willigen. Schulde spricht gegen die Wahl Nagold's zum Sitz des Seminars, ' Die Gründe, die für Calw sprechen, seien von dem Finanz­ministerium nicht genügend gewürdigt worden, die Sache sei noch gar nicht sxruchreis. Redner legt die sür Calw sprechenden Gründe eingehend dar, sucht das sür Nagold in den Motiven Gesagte zu entkräften, und erregt im Verfolg seiner Rede durch sein Eingehen aus die einzelnsten Verhältnisse mehrfach die Heiterkeit der Kammer. Redner hat u. a. ein Steinmuster mitgebracht und legt es vor, um zu beweisen, daß dieser Stein sich sehr gut zum Bau des Seminars in Calw eignen würde. Er habe alle Beweismittel erschöpfen müssen, es sei dies eben der Stein des Anstoßes (große Heiterkeit). Einen schönern Bauplatz als den an­geborenen gebe es nicht, er sei so gesund, daß man sogar Lungenkranke anweise, sich daraus aufzuhalten. In Calw stellen sich die Baukosten niederer als in Nagold. Das Finanzministerium habe die Sache nicht in gründliche Erwägung gezogen, er enthalte sich aber einen Antrag zu stellen, einmal wegen der Dringlichkeit der wache und dann, weil er hoffe, daß das Kultministerium auf die früher gegen Nagold geäußerten Be> denken zurückkommen werde. Er überlaste nunmehr die Entscheidung vertrauensvoll der h. Kammer und werde sich, wie auch die Entscheidung ausfalle, beruhigen in dem Bewußtsein, nicht nur im Interesse Lalw's, sondern auch im Interesse des Landes gesprochen zu haben. Richter entgegnet dem Vorredner, daß die wachs hinlänglich aufgeklärt und untersucht sei, und daß die Wahl des Ortes sogar eine ganze Geschichte hinter sich habe: der ausgelegte Stein werde wohl derselbe sein, der neulich bier in einer Chaise von einem Techniker zum andern gebracht worden sei. v. Morlock meint, mit der Wahl Hcrrenberg's hätte man gewiß keinen Fehltritt gethun und die Motive seien ihm in Luser Beziehung nickt überzeugend erschienen. Er hege übrigens die Ansicht, daß der Vortheil. der der Stadt Herreuberg durch die Errichtung des Seminars erwachsen wäre, nicht so groß sei, um die in der That außer­ordentlichen Offerte jener Stadt zu kompensiren. Finanzminister v. Ren­ner: Die Motive ls- oben) seien im vollen Einverständniß mit dem Kult­ministerium und dem K. Consistorium abgefaßt worben. Alle drei Städte haben fick in der vorliegenden Frage nicht bloß außerordentlich loyal gezeigt, sondern haben auch alle ungemein anerkennenswerthe Anerbie­tungen gestellt. Aber für eine derselben habe man sich aussprechen müssen, und nach der Erläuterung in den Motiven sollte eS nicht nöthig sein, die Wahl von Nagold aussührlich zu rechtfertigen. Rath sür den Kommissionsantrag. Bälz: Der feinkörnige rothe oder bunte Sand­stein bei Nagold sei dem von Calw vorzuziehen. Nagold eigne sich ganz ausgezeichnet zum Sitz des Seminars. Hierauf folgt Abstimmung.^^

Weingarten, 18. Juni. Im heutigen Oberschw. An­zeiger ladet ein Komite zur Feier des 30jährigen Jubiläums des Papstes Pius IX. auf Samstag den 24. Juni hieher ein. Der Gottesdienst mit Festpredigt, Hochamt und 1e vsuw beginnt um »/,9 Uhr. Um 12 Uhr ist ein Festessen im Hirsch. Der Aufruf schließt:Es ergeht nun an die Katholiken Oberschwabens, an Adel, Priesterschast und Volk die Einladung, bei dieser Feier recht zahlreich zu erscheinen, damit das Fest eine seiner Würde entsprechende Großartigkeit gewinnt".

In Ho chm össin gen hat ein Multerschwein die seltene Zahl von 19 lebenden Jungen geworfen. (Sch. B.)

Ulm, 18. Juni. (Wollmarkt.) Noch vorgestern war von Len Marktbesuchern allgemein die Ansicht über unfern heurigen Markt, daß diesmal ein großes Quantum Wolle unverkauft auf Lager bleiben werve; in erfreulicher Weise hat sich aber diese Ansicht nicht bewahrheitet, denn es wurde zu den gestern angegebenen Preisen, die sich bis zum Schluß des Marktes fest erhielten, alles verkauft. Die sorgfältige Behandlung der Wäsche wurde allseitig anerkannt.

Tuttling-n, 17. Juni. (Wollmarkt-) Bei außergewöhnlich großem Vorrath stehen sich Verkäufer und Käufer gespannt gegenüber. Erstere kalten bis jetzt auf hohen Preisen: letztere erwarten einen Ab­schlag, wie er auf andern Wollmärkten sich ergeben hat. Heute Vormit­tag wurden nur 3 Schläge deutscher Wolle zu 75, 80 und 82 fl. verkauft. Ein Nachgeben der Verkäufer ist in Sicht.

Karlsruhe, 18. Juni. Auf Antrag des Orrsgesnnd- heitsraths hat der Ortsschulrath sämmtliche städtischen Volks­schulen sür die Zeit vom 17. Juni bis 30. Juli geschlossen. Diese Maßregel hat ihren Grund in einer seit etwa zwei Mo­naten unter den Schülern ausgebrochenen Augenkra nkheit, die zwar nicht gefährlich, aber doch ansteckend ist. Der regelmäßige Verlauf der Krankheit soll 6 Wochen erfordern, daher die un­freiwilligen Ferien auf die Dauer dieser Zeit bestimmt sind. Auch die staatlichen Lehranstalten, die Privatinstitute u. s. w. sollen geschlossen werden. Während der Ferien werden die Schulräum­lichkeiten gründlich desinfizirt, sämmtliche Schulkinder stehen unter ärztlicher Behandlung und beim Wiederbeginn des Unterrichts bleiben mit der -Krankheit noch behaftete Schüler bis zur Heilung von der Schule ausgeschlossen. (Sch. K.)

M ü nche», 17. Juni. Bei der Ankunft des Fürsten Bis­marck in Kissingen hatte sich eine große Anzahl Kurgäste, sowie dortige Einwohner am Bahnhofe eingefunden. Der Fürst wurde mit stürmischen und begeisterten Hochrufen begrüßt, dankte für den herzlichen Empfang und bestieg dann eine der Hofequipagen, die schon zwei Tage vorher aus München eingetrosfen waren. Er fuhr nach der ehemaligen obere» Saline (ungefähr eine halbe Stunde von Kissingen), wo für ihn in der Wohnung des Ver­walters ein comfortables Logement eingerichtet wurde. Ju dem­selben .Hause ist auch ein Telegraphenzweigdraht eigens eingerichtet. Vom Telegraphenbureau zu Nürnberg ist ein kgl. Telegraphist zum speziellen Dienst für den Fürsten abgegangen.

Augsburg, 1t- Juni. Mit lebhaftem Geschäft, aber schlechten Preisen endete der heutige Wollmarkt. Selbst der heitere Himmel warf keinen Reflex aus die Wolle und ergibt sich ein Abschlag von 25 Proz. auf die Preise des Vorjahrs. Einige Partien sind noch unverkaust und wollen die Besitzer bessere Preise abwarten. Als Durchschnittspreise ergeben sich: sür hochfeine Wolle 195,50 dis 218 sür feine Bastard

171 bis 195,50 für Bastard 145,50 bis 171 für rauhe Bastard 128,50 bis 145,50 sür deutsche Wolle 111,50 bis 128,50 Di« Zufuhr wird der vorjährigen gleichkommen, wenn nicht sie übertreffen. 428 Produzenten brachten Wolle zu Markt. Wie schon früher berichtet, waren die Wäschen dieses Jahres sehr schön und hatte die Wolle sehr wenig Schweiß. Es ist Ließ eine Folge der kalten Witterung nach dem Waschen und hatte die weitere Folge, daß die Wolle weniger in's Ge­wicht fiel.

In Fürstenzell bei Passau ist die 6jährige Tochter des Bauern Bügelberger an Fettleibigkeit gestorben, sie wog 120 Psund.

Schreckliche Drohung. Der Hauptlehrer einer Ber­liner Kommunalschule empfing vor einigen Tagen von dem Vater einer seiner Schülerin nen folgendes Schriftstück: ,,Geehr­ter Herr! Hierdurch theile ich Sie energisch mit, daß, wenn Sie meine Tochter noch einmal wegen der versäumten .Handarbeitsstun­den nachbtciben lassen, ich mich genöthigt sehe, mit meine ganze Familie aus der Land eskirche auszuscheiden." Der betreffende Hauptlehrer soll auf diese erschütternde Benachrichtigung hin trost­los sein und sinnt Tag und Nacht einen Ausweg zu finden, um jenes Unglück zu verhüte».

Ems, 18. Juni. Der Kaiser von Rußland ist heute Nach­mittag nach Jugenheim abgereist.

Worms, 17. Juni. Das Hochwasser ist noch steigend und erreicht fast die letzte Wafferhöhe im März, durchbrach die erst theilweise wieder hcrgestelltcn Dämme, überfluthete die ganze Niederung und beginnt soeben in die uiedergelegenen Stadttheile einzudringeu.

Wien, 16. Juni. Wie dieN. Fr. P." in ihrem Abend­blatte mittheilt, wird die Begegnung des Kaisers mit dem Zaren am 26. Juni in Reichstadt stattfinden. Kaiser Wilhelm wird Ende Juli in Gastein erwartet.

Madrid, 17. Juni. Der Senat nahm mit 113 gegen 40 Stimmen den Artikel 11 der Verfassung, betr. die religiöse Toleranz an. Die Anwesenheit Don Kariös in Mexiko wird offiziell bestätigt.

In der Gegend von Ciudad Real und Badajoz (Spanien) ist die Ernte vollständig durch die Heuschrecken vernichtet worden. In Badajoz wurden 19,000 Centner Heuschrecken in Gruben verbrannt. 15,000 Mann Soldaten sind in jenen Gegenden ge­gen die Landplage ausgerückt.

Im Urthell über türkische Dinge wird man wohl dann am sichersten der Wahrheit nahe kommen, wenn man immer das denkbar Erbärmlichste annimmt. Und so glauben wir nicht fehl zu gehen, wenn wir in dem Mord Hussein Avni's und Raschid Pascha's etwas mehr erblicken, als einen rein privaten Racheact. Wir werden es hier wohl mit einer Verschwörung zu thun haben, deren Zweck darin bestand, den Alttürken Avni, den energischen Kriegsminister, welcher Abdul Aziz stürzte und die Seele der neuen Regierung war, aus dem Wege zu räumen. Wie man nicht an den Selbstmord des vorigen Sultans glaubte, so glaubte man jetzt, daß der Hingerichtete Mörder ein Werkzeug Midhat Pascha's war, in dessen Wohnung die Blutthat vollbracht wurde. Dabei muß allerdings nur das Eine auffallen, daß Midhat ein so total blindes und opferwilliges Werkzeug fand. Es ist sonst, soweit wir uns ähnlicher Fälle erinnern, nicht üblich bei den ge­dungenen Mördern, einzeln einer größeren Ueberzahl gegenüber­zutreten, und ihres blutigen Auftrags sich in einer Weise zu entledigen, wodurch sie sofort selbst dem Tode überliefert werden. Nach einer anderen Lesart war Hassan von der Sultanin Valide gedungen, welche von der schon durch seine Versetzung nach Bag­dad entfachten Wuth des Mörders gegen den Kriegsminister gehört haben soll. Sie habe nun die Gelegenheit benützt, um sich an Hussein Avni zu rächen. Die Sultanin Valide war nem- lich über Niemanden so erbost, als gerade auf den Kriegsminister. Ursache hievon sei die Enttäuschung gewesen, daß Huffein Avni, auf den man die allergrößten Hoffnungen bezüglich der Thron- folge-Aenderung zu Gunsten Jussuf Jzzeddin's gesetzt hatte, nun­mehr einer der Thätigsten bei dem Sturze Abdul Aziz' geworden war. Die Mutter des Letzteren habe nun den ihr ohnedies er­gebenen Hassan zum Aeußersten ausgestachelt und ihm durch ihre Spione die Wege geebnet. Ein anderes tiefer liegendes politisches Motiv sei bei der Gräuelthat nicht vorhanden gewesen. So läßt sich dieN. Fr. Pr." aus Pera telegraphiren.

Daß die letzte Revolution in Konstantinopel im Einverständ­niß mit dem englischen Gesandten geplant und ansgeführt wurde, wird jetzt allgemein behauptet. Auch die ,,Neue freie Presse'' läßt sich schreiben, daß schon die Demonstration der Sosta's von Sir Henry Elliot mit Midhat Pascha und Khalil Sherif Pascha verabredet war. Später, als der Sultan auf Andringen des russischen Gesandten Miene machte, Mahmud Pascha wieder zum Großvezier zu machen, als Abdul Aziz geradezu davon sprach, die Sosta's ausrotten zu lassen, wie sein Vater Mahmud die Janiischaren ausgerottet hatte, so zögerte Sir Henry nicht mehr, er gab den Urhebern der Manifestation der Sosta's und den Mini­stern der hohen Pforte selbst das Signal zur Entthronung Abdul Aziz'. Für alle Ereignisse war vorgesorgt; das englische Ge­schwader in der Besika-Bai, aus elf schweren Panzerschiffen und