Beziehung eine Vennitllung zu treffen. Auch sämmtliche russ. Blätter äußern sich in diesem Sinne.

Jauer, 28. April, (lieber die Verhaftung einer from­men Schwindlerin! berichten dieUnt.-Bl." Folgendes: Gestern wurde durch den Amtsvorsteher Otte zu Poischwitz ein vagabondirendes Frauenzimmer sestgenvmmen, von welchem angenommen worden war, daß es an religiösem Wahnsinn leide, was sich indeß als Frrthum^ erwies und zu der Bermuthung führte, daß man es mit einer raffinirten Schwindlerin zu thuu habe. Sie will ans Norwegen gebürtig, jetzt aber heimalhlos sein. Sie behauptete nämlich, eine von Gott Gesandte und berufen zu sein, der in Sünden versunkenen Welt die Versöhnung durch Christum mit Gott zu verkündigen, und gerielh in einen Feuereiser darüber, daß der Unglaube hier schon soweit gediehen sei, daß man es nicht nur wage, sie in ihrer göttlichen Mission zu stören, sondern sogar die Be­stimmungen des Strafgesetzbuches auf sie anwenden wolle. Drollig fiel das mit derselben angestellte vorläufige Verhör aus, welches eine ihr eigene Bibelkenntniß zu Tage förderte. Nur einige Fragen und Antworten wollen wir mittheilen. Frage:Was betreiben <Me?" Antwort:Der Herrgott hat mir geboten: Gehe hin in alle Weit und lehre alle Heiden." Frage: «Haben Sie die nötbigen Reisemittel?" Antwort:Der Herr hat mich ausgesandt ohne Beutel und otme Geld." Frage:Von was ernähren Sie sich?" Antwort:Seher die Vögel unter dem Himmel an w." Frage:Tie haben also gebettelt? Antwort:Bittet, so werdet ihr nehmen." Vorläufig ist dieseHeidenbetchrerin", welche aus deur^Trans­port nach dem Gefängniß geistliche Lieder sang und dadurch einen Straßen- auslaus veranlaßte, eingesperrt wordenem» wird sich dieselbe über die Resultate ihrer vermeintlichen göttlichen Sendung zu verantworten haben.

Wesel, 30. April. (Seltene Korpulenz.) Unter den vor circa 8 Tagen hier zur Uedung einberufenen Landwehr- lenlen der Fuß-Artillerie befand sich ein Wirth aus Bochum, welcher im Alter von 27 Jahren und bei einer Größe von 1 Meter 68 Centimeter daS seltene Gewicht von 378 Pfund hatte. Bei der großen Korpulenz, insbesondere dem hervorragenden starken Bauche war für den Wehrmann keine passende Uniform vorhanden. Da er auch im Uebrigen zum Dienste untauglich war, so mußte seine Entlassung beantragt werden. Diese wurde denn auch genehmigt, in Folge dessen der Betreffende heute, bis wohin er in der Küche beschäftigt wurde, zu seinen Angehörigen nach Bochum zurückreiste.

Der Streit zwischen Liberalen und Ultramontanen wüthel nun auch in Frankreich und zwar mit großer Heftigkeit. Die Ropublique sranxaise," das Organ Gamdelta's, welches seit einiger Zeit eine besondere und billige Volksausgabe veranstaltet hat, sagt in letzterer ganz unverhohlen, die Geistlichkeit suche das Landvolk in der Verdummung zu halten, weil es sonst nicht mehr an den Syllabus glaube, die Wallfahrten nicht mehr mit­mache, nicht mehr das Wasser von Salette trinken und den Pe- lerspfennig bezahlen werde. Die Ultramontanen intriguiren ihrer­seits und hoffen, zwischen die Liberalen und das Elijoe einen Keil hineinzutreiben.

Ein höchst eigen thümlich es Gerücht macht in diesem Augenblicke die Runde in der Türkei, nämlich das plötzliche Ver­schwinden des ältesten Sohnes des Sultans Abdul-Medschid, welcher nach dem ottomanischen Gesetz der Erbe des Thrones jecn würde Man schreibt dasselbe einer Flucht zu, welche durch die schlechte Behandlung seitens des Sultans und durch die Furcht vor Vergiftung veranlaßt wurde.

London, 28. April. Ein in Clerkenwell (Milt-London) wohnender Uhrmacher, Namens Sarkin, wurde gestern beinahe das Opfer eines Verbrechens, das an die Greuellhat von Bremer­haven erinnert. Er erhielt auf dem gewöhnlichen Wege, durch Packetpost, eine Schachtel zugesandt, bei deren Oeffnuug eine Explosion erfolgte, die den armen Mann übel zugerichtet gegen die Wand schleuderte und in seinem Laden Alles zertrümmerte. Die Schachtel war etwa 8" lang, 5" breit und, wie die nach­folgende Untersuchung der Vorgefundenen Stücke ergab, aus Tannenholz, mit Zinn gefüttert und mit gewöhnlichem Schieß­pulver gefüllt. Ein Mechanismus war so angebracht, daß beim Heben des Deckels die Explosion erfolgen mußte, und Hr. Sarkin erinnerte sich auch, ein klirrendes Geräusch vernommen zu haben, ehe die Explosion eintrat. Der arme 77jährige Mann weiß von keinem Feinde und hat keine Ahnung, wo der Anstifter des ruch­losen Mordversuchs gegen ihn zu suchen sei.

Bern, 4. Mai. Die Kommission des Nationalrathes für das Fabrikgesetz hat in zweiter Berathung den Normalarbeitstag auf 11 Stunden festgesetzt.

Der Ammeister von Gtrastburg.

(Fortsetzung.)

Ulrich Obrecht, der Sohn des gerichteten Verräthers, spricht aus Dir," sprach Armgard traurig, .ihm glaubst Du, Schwester! ihm, dem zu mißtrauen Du in dieser Sache alle Ursache hättest. O, ist denn alle Liebe zu den Deinen in Dir geschwunden? Fühlst Du, die stolze Katharina, nicht die Er­niedrigung, welche eine solche Liebe Dir bereitet, nicht den Triumph, den jener Mann durch Dich über den Vater erringt. Hast Du all' die Liebe und Zärtlichkeit vergessen, welche unser herrlicher Vater, den selbst der mächtige König von Frankreich fürchtet und ob seiner deutschen, unbestechlichen Redlichkeit haßt, Dir immer so überreich bewiesen hat, Du, sein Liebling, das Kleinod seines Herzens?"

Süll, still davon," flüsterte Katharina erschüttert,ich weiß ihm keinen Dank für seine Schwäche. Spare Deine Worte," fuhr sie nach einer kleinen Pause stolz fori, für mich

hat diese spießbürgerlich deutsche Redlichkeit keinen Werth. Schau hinüber nach dem deutschen Reich, ist es ein Glück, dieser zer­splitterten Nation anzugehören? Sind die Fürsten und Großen nicht schon alle französisch, schämen sie sich nicht ihrer Sprache und ahmen Alles nach, was aus Frankreich kommt? Will nicht der kleinste Fürst einen kleinen Ludwig den Vierzehnten spielen? Kein Jahrzehnt wird vergehe», und das halbe deutsche Reich gehört zu Frankreich, für dessen Sprache, Sitten, Moden und Poesie auch ich schwärme. Ach, wie sich die kleine Armgard vor solchem kühnen Wort entsetzt I" lachte sie verächtlich auf.Ich aber sage Dir, Schwester, daß der Vater mit seiner deutschen Redlichkeit und Treue lhöricht gegen sich und sein Haus handelt, daß er sich vergebens gegen die Macht und den Willen des großen Ludwig stemmt und Straßburg wie das übrige Elsaß über Nacht fran­zösisch wird. Würde der Vater dieses vernünftig erwägen, dann wäre ihm der königliche Dank gewiß und unsere Familie der höchsten Ehre theilhafüg."

Sie schwieg und blickte die Schwester herausfordernd an.

Armgard erwiderte den Blick so voll und ernst, daß Jene das Auge senken mußte.

Wenn der Vater thäte, wie Du es soeben ausgesprochen, wenn er zum Vecrälher an der Vaterstadt und am deutschen Reiche, zum Verräther an seiner Muttersprache, an seinem Glauben, an der heiligen Sitte und Tugend seiner Väter werden könnte, dann verdiente er den Tod durch Henkershand, wie der Verräther Obrecht, und ich, sein Kind, würde nicht einmal um ihn weinen, sondern sein Andenken verwünschen."

Sie warf einen schmerzlich vorwurfsvollen Blick auf die bethörte Schwester und eilte rasch hinaus.

Diese wollte höhnisch lächeln, aber das Lächeln erstarb auf der Lippe und, vergebens kämpfte der Stolz gegen den Schmerz, der sich wie Reue und Verzweiflung in ihr Herz schlich und alle zarten Saiten desselben bewegte.

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An demselben Abend ging es in der Schänke zum Deut­schen Hanse" recht wild und bewegt her.

Hier verkehrten die Soldaten der Straßburger Garnison, so wie die niederen Klaffen der Bürgerschaft, während die Schänke Zum weißen Roß" in der Regel eine anständigere Gesellschaft sah.

In der letzteren saßen um die Zeit der Dämmerung zwei Männer im leisen, eifrigen Gespräch.

Sie waren noch ganz allein in der geräumigen Gaststube, nur der Wirth ging umher und sah nach, ob Tische und Bänke für die Stammgäste in Ordnung waren.

Zuweilen warf er einen verstohlenen Blick nach den Beiden und schüttelte daun teise den Kopf, als könne er es nicht begreifen, was der Sladlschreiber von Straßbarg so Heimliches mit dem jungen Doktor Ulrich Obrecht, dem kein guter Deutscher recht trauen mochte, zu verhandeln habe; verstehen konnte er freilich kein Wort davon, zu horchen war auch nicht möglich, da sie so recht in der Mitte laßen, und wenn er in ihre Nähe kam, still- schwiegen oder üdec gleichgültige Dinge redeten, die keinem neu­gierigen Wirth interessiren konnten.

Ulrich Obrecht war ein gar feiner Geselle, eine schlanke und dabei doch kräftige Gestalt mit schwarzem Augenpaar und prächtigen Locken; die festen Züge des männlich schönen Gesichts deuteten aus eine starke Willenskraft, welche sich besonders in dem etwas stark gewölbten Kinn anssprach, während die dunkeln Augen in der That, wie Armgard Dietrich ganz richtig ausge­sprochen, einen basiliskei,artigen Ausdruck besaßen.

Dieser Mann schien ganz dazu geeignet zu sein, einem Wesen wie Katharina Liebe einzuflößen, da sein Verstand und Wissen mit dem Aeußern in harmonischem Einklänge sich befanden.

Wie?" flüsterte er dem Stadtschreiber zu, der finster vor sich hinstarrte.Ihr besinnt Euch noch darauf, den stolzen Patrizier, der Euch als Eidam verschmäht, zu verderben? Glaubt Ihr mir nicht?"

Ich muß wohl," seufzte Günzer,obgleich es mir schwer fällt, meine Rache an der ganzen Stadt zu nehmen, Dominikus Dietrich war mir stets wie ein Vater gesinnt."

Wozu ihm nur sein Eigennutz rieth," fiel Obrecht leise ein,Ihr seid gelehrter als er, seine rechte Hand, er kann Euch nicht entbehren, Günzer! Der Vorwand mit dem Ledigbleiben der schönen Katharina ist lächerlich, nur erdacht, Euch zu be­schwichtigen. Ich stellte ihr nach, um mich an dem Mörder meines Vaters zu rächen, sie schwor mir ewige Liebe und Treue, ich desgleichen."

So werdet Ihr sie heirathen," brauste Günzer auf.

Ruhig, wozu der Lärm, verehrter Freund! ich werde sie nicht heirathen, sie hat auch schon einen andern Verlobten, der heute erst angekommen ist in Straßburg nach zehnjährigen Irrfahrten in der weiten Welt."

Ihr meint den Adrian Dörnach."

Denselben! der ist ihr vom Vater bestimmt, sie wird ihn heirathen es ist ein feines Bürschchen, Katharina liebt das Schöne, weshalb sie auch Euch verworfen hat, Herr Stadt­schreiber !"