Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Nr. 52.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet . halbjährlich hier (ohne Trägerlohnj l 1 N!. 6V Psiz., für den Bezirk 2 Bk. j außerhalb des Bezirks 2 M- 45 Psg.-

Dienstag den 2. Mai.

Jnserationsgebühr für die 3spaltige «Zeile ans gewöhnlicher Scbrist bei 1876 einmaliger Einrückung 9 Pfg-, bei 1.0 »v. i mehrmaliger je 6 Pfg. )

Up- Bestellungen auf denGesellschafter" für die Monate Mai und Juni werden von allen Postämtern und Postboten angenommen.

Inserate müssen immer am Tage vor dem Erscheinen des Blattes spätestens bis Morgens 9 Uhr im Drnckercilokale aufgegeben sein (größere Inserate erbitten wir noch früher), wenn aus eine bestimmte Aufnahme in betr. Nummer gerechnet werden will. Später einlaufende Inserate werden für die nächste Num mer zurückgelcgi.

Red. d. Gesellsch.

Tages« Neuigkeiten.

Der Baumeister Julius Hitler von Bonborf wurde zum Inge­nieur-Assistenten beim Eisenbahnbetrieb gnädigst ernannt.

Stuttgart, 28. April- In der gestrigen Sitzung unserer Kam­mer erstattete zunächst Krhr. v. Gemmingcn im Namen der staats­rechtlichen Kommission Bericht über die Bitten freireligiöser Gemeinden um Beseitigung jeder Beziehung aus das dogmatisch-religiöse Bekennt- niß aus der Eidesformel. Der Kommissionsantrag:im Hinblick darauf, daß die Sache bei Gelegenheit der Berathung deS deutschen Justizgesetzes im Reichstag zur L-ache kommen werde und man dessen Beschlußfassung nicht vorzugreifen brauche, über die Petition zur Tages­ordnung überzugchcn," wurde angenommen, nachdem Oesterlen in for­meller Hinsicht bemerkt hatte, daß die Kommission damit keineswegs habe ausjprcchen wollen, man dürfe p r inzipiel l irgend einen der Be­schlußfassung des Reichstags unterliegenden Gegenstand nicht vorher in der Kammer besprechen. Hierauf wurden die Kapitel 53 (für gottes­dienstliche Zwecke der evangelischen Konfession), Kapitel 5459 «.katho­lisches Kirchrnweje») beinahe ohne Diskussion genehmigt, ebenso Kapitel 80 (Beitrag zur israelitischen Centralstelle). Bei Kapitel 81 (Universität) wünschte Prälat v. Georg ii für die altern Professoren, die vielfach in der Besoldung hinter den jünger» zurückstehen, weil dieselbe aus früherer Zeit und andern Verhältnissen stammen, angemessene Gehalt­zulagen, die der Kultusminister auch in Aussicht stellte. Bei Titel 11 (Außerordentliches) verlas Berichterstatter Lenz eine auf Anfrage der Kommission eingegangene Note des Kultusministers, der wir entnehmen, daß für die im Jahre 1877 beabsichtigte Feier des 400jährigen Ju­biläums der Universität Tübingen als passendste Zeit die Tage vom S. bis II. August in Aussicht genommen seien, und zwar so, Laß die Hauptseier am 10. stattfinden soll. (Als Exigenz hiesür hat die Regierung 50,000 ^ aufgestellt.) Da demnach ein großer Theil der Ausgaben noch ins Etatsjahr 1876)77 fallen wird, so beantragte die Kommission Genehmigung. Storz beantragte, 25,000 Mark zu verwilligen unter der Bedingung, daß Tübingen ebenso viel beitrage. Bühl er beantragte, 50,000 .Kl zu verwilligen unter der Be­dingung, daß Tübingen den etwaigen Mehraufwand auf sich nehme. Es knüpfte sich hieran eine längere Debatte, in der namentlich betont wurde, daß Tübingen neben dem, was es selbst für die Stadt thun müsse, keine weitere Ausgabe zugemuthet werden dürfe. Storz ließ hierauf die zweite Hälfte feines Antrags ssllen; der Kommissionsantrag wurde mit großer Majorität angenommen. Bei Kapitel 64 (land- und forstwirthschaftliches Institut Hohenheim) wünschte Re t ter V er l e g u ng der Anstalt nach Tübingen, womit nach der Erklärung des Kul­tusministers die dortigen Lehrer prinzipiell einverstanden sind, nur hal­ten sie dieselbe nicht für dringend. Mo hl wünscht, daß nur würt- te mbelgische Lehrer angestellt werden, weil nur diese die Land- und Bodenverhältnisse recht kennen. Die Exigenz wurde bewilligt. So­dann wurden in rascher Aufeinanderfolge Kapitel 6569 genehmigt, bei Kapitel 70 (Polytechnische Schuhle) fragte Pfeiffer nach dem Stand des Neubaus und erhält die Auskunft, baß derselbe fortgesetzt werde. Kapitel 70, ebenso 7174 wurden genehmigt. Bei Kapitel,74 (Aufwand sür Gymnasien), erinnerte Wächter an den Raummangel beim Stuttg a r ter hum anistischen Gymnasium, Frhr. Wilh. König und Wächter an die noch sehr im Argen liegende Gesundheits­pflege in den Gelehrten- und Realanstalten. Der Kuitministcr erwiderte, man solle wenigstens die Resultate der jüngst getroffenen Einrichtungen abwarten. Kapitel 7578 wurden genehmigt. Bei Ka­pitel 79 (Schullehrerseminare) fragte v. Streich, wie es mit der Er­richtung eines zweiten katholischen Lehrerseminars stehe, worauf der Munster erwiderte, zunächst schweben noch Unterhandlungen mit dem katholischen Kirchenrath, sür den Fall der dringenden Nothwendigkeit sei bereits Ochsen Hausen in Aussicht genommen, womit v. Streich sich befriedigt erklärte. Bei Titel 1 beantragte die Kommission die Er­höhung des Gehalts des zweiten wissenschaftlichen Hauptlehrers in Eßlingen von 2800 auf 3100 .Kl (für den fakultativen Unterricht im Französischen) abzulehnen, während v. Schwandtner den Regierungs­antrag wieder ausnahm und Mo hl denselben namentlich gegen die Ausführungen des Prälaten v. Hauber vertheibigte. Nicht möglichst wenig, sondern möglichst viel sollen Schullehrer und Schulkinder gebildet werden und es wäre überhaupt am besten, wenn die Volksschule aus geistlichen in weltliche Hände überginge. Kanzler v. Rümelin möchte sich noch nicht definitiv entscheiden. Er wäre jedoch lieber für obligato­rischen Unterricht im Französischen, statt sür fakultativen, da die Kennt- niß einer fremden Sprache», wenn auch nicht gerade Bildung, so doch für die Befähigung zum Unterricht in der eigenen Sprache nothwendig sei und schloß sich einem von Lenz inzwischen Angebrachten Antrag an,

die definitive Eihöhung zwar abzulehnen, aber der Regierung zur ver­suchsweisen Fortsetzung des französischen Unterrichts an den 4 Seminarien (Eßlingen, Nürtingen, Künzelsau, Gmünd) 1200 ^kl zu verwilligen, da sich jene Streichung bei sämmtlichen Seminarien wiederholt. Der An­trag L cnz wrrde angenommen. Heute fährt die Kammer in der Be­rathung des Kultetats fort.

Reu klinge» , den 28. April. In unserer Stadt lebt ein Greis, dem ArNuerstande angehörig, welcher a» dem gleichen Tage wie unser Deutscher Kaiser geboren ist und welcher auch in seiner Jugei o die Befreiungskriege z. Theil mitgemacht hat. Im lezten Jahne nun erlaubte er sich, seinem hohen Altersgenossen zum Geburtslage zu gratuliren und erhielt als Antwort aus der Kaiser!. Privalkasse zur freudig:n Ueberraschung der Familie die Summe von 50 eine Gabe, die sich Heuer wiederholte.

Reutlingen, 28. April. Anfangs dieser Woche machte ein hiesiger Einwohner den Versuch, seine Frau mit Phosphor­kügelchen, welche er gestandener, zum Genüsse bestimmter Milch zusetzte, zu vergiften. Die Frau bemerkte aber noch rechtzeitig die mit der Milch vorgegangene Veränderung und übergab sie einer hiesigen Apotheke'zur Untersuchung. Der Ehemann wurde gestern von der Polizei dem Gericht übergeben.

Darmstadt, den 29. April. Ministerpräs. Hofmann hat sich zur Uebernahme des Präsidiums des Reichskanzleramtes geneigt erklärt, jedoch nur eines Theiles der Geschäfte.

Berlin, 27. April. Im preußischen Abgeordnetenhause wurde die Eisenbahndebatte fortgesetzt. Handelsminister Achenbach befürwor­tet die Vorlage in fünfviertelstündiger Rede. Er wendet sich speziell gegen die gestrige Rede Richters, weist nach, daß er seit Anfang seiner Amtsführung ein bestimmtes Programm ausgestellt habe und erklärt sich sür Konsolidation der Staatsbahnen und erweiterte Staatsaussicht. Richters Rede, welche ausschließlich die Interessen des Käufers vertrete, gehöre in den Reichstag. Der Minister weist den Grundgedanken der Vorlage schon in früheren Phrasen nach; schon in den 30er Jahren habe man Staatsaufsicht in möglichst weiten Grenzen angestredt- In ähnlicher Weise hätten sich die Eisenbahn-Unleriuchungskommission und die Tarif-Enquötc-Kommission geäußert. Die Vorlage wolle eine ein­heitliche Leitung der Bahnen und erweiterte Staatsaufsicht. Nach Ber­ger, der gegen die Vorlage spricht, hebt Finanzminister Camphausen gegenüber den gestern und heute geäußerten Bedenken hervor, daß die Vorlage im Staatsministerium einstimmig beschlossen worden. Dies sei nur möglich gewesen, weil man weder mit dem gemischten System brechen, noch die Privatbahnen auf ewig in den Bann erklären wollte. Er anerkenne neben allen Vorzügen der Staatsbahnsu auch die Vorzüge der Privatbahnen in vollem Umfange, aber man habe Gefahr gelaufen, daß die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehrsinterefse gebührenden Rücksichten nicht mehr erfüllten. Wenn die Bahnen nur finanziellen In­teressen dienen sollten, dann fort mit ihnen; sie dürfen nur dem öff. Interesse überhaupt dienen. Ob das Reich das Angebot annehmen solle, darüber haben Bundesrath und Reichstag zu entscheiden. Er wünsche allseitige bundesfrenndliche Prüfung der schwierigen Fragen, dann werde man mit den Bundesgenossen nicht in Krieg gerathen, sondern zu einem Zustande befestigten Friedens gelangen. (Levh. Beifall.) Nachdem H am- macher sür, Reichensperge r gegen die Vorlage gesprochen, wird die erste Lesung geschlossen. Die Kommissionsberathung wird abgelehnt.

Berlin, 28. April. Man meldet derFrkf. Ztg." von hier: Der Reichskanzler theilte einigen Abgeordneten mit, daß die Reichseisenbahnvorlage den künftigen Reichstag ip der Herbst­saison noch nicht beschäftigen werde, da in dieser fast ausschließ­lich die Justizgesetze zur Berathung gelangen sollen. In diplo­matischen Kreisen verlautet, daß die Königin von England bei der Zusammenkunft mit dem Kaiser in Koburg diesen vo n ihrer demnächst beabsichtigten Abdankung unterrichtet habe.

Berlin, 29. April. Die Abstimmung über die Eisenbahn- Vorlage ergibt 206 Stimmen dafür und 165 dagegen. Für die Vorlage stimmten die National-Liberalen, die Neu-Conservativen und die Frei-Conservativen; dagegen Centrum, Polen und Fort­schritts-Partei.

Potsdam, 27. April. Die hiesige Disciplinarkammer erkannte heute in der Disciplinar-Uutersuchung gegen Graf Ar­nim auf Dienstentlassung unter Auferlegung der Kosten.

München, 29. April. Der König hat die Genehmigung für die Aufstellung eines Denkmals sür den Fürsten Bismarck in Kissingen ertheilt. Dasselbe soll jedoch nicht an dem Schauplgtze der ruchlosen That, sondern in den Anlagen errichtet werden, wo der Reichskanzler Genesung gefunden hat.

Merkwürdige Leute sind die Franzoseu, man muß Respekt haben vor ihrem Geist, ihrer Thätigkeit, ihrer Unternehmungslust, Sparsamkeit und Wohlhabenheit. 5 Milliarden haben sie durch