Der MMömkter

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Nr. 51.

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Samstag den 29. Uprit.

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TageS-Nenigkeilen.

Stuttgart, 26. April In ihrer gestrigen Sitzung begann die Kammer der A d g e o r dn ete n die Berathung des Etats des Departe­ments sür Kirchen- und Schulwesen. Vor dem Eintritt in die Tages­ordnung gelangte eine Note seitens des Kriegs- und Finanzministeriums zur Verlesung, welche einen Gesetzentwurf betreffend die Ausbesserung der Militärpersonen in Aussicht stellt. Betreffs der Stol gebühren war von verschiedenen Diözesanvereinen eine Reihe von Eingaben um die Ablösung derselben Lurch Entschädigung eingelaufen. Kanzler von Rümelin hatte Uebergang zur Tagesordnung beantragt, der Antrag wurde jedoch abgelehnt und jvas tzaus beschloß nach langer Debatte auf den Antrag der Kommission, die betreffenden Petitionen der Regie­rung zur Kenntnißnahme vorzulegen. In Betreff der Landessynode kam es zu interessanten Bemerkungen; nach kurzer Debatte, in welcher namentlich Mohl Hervorhob, daß es genügen würde, wenn die hohe Synode alle vier Jahre zusammenträte, wurde die Exigenz bewilligt. Die nächste Sitzung findet morgen statt.

Stuttgart. Bei der feierlichen Ei niv eih un g der schö­nen Johanniskirche am nächsten Sonntag werden zwei wich­tige kirchliche Akte stattfinden, eine Taufe und eine goldene Hoch­zeit. Der Täufling ist der Knabe des Erbauers der Johannis­kirche, des Herrn Steinhancrwerkmeisters Göttlich Hofacker, und soll den Namen Johannes erhalten.

Kirchheim u. T., 25. April Es ist sehr auffallend, daß der flüchtige und nun steckbrieflich verfolgte Kassier, Arnold Groß, auf den man beiläufig gesagt, wie auf Felsen gebaut hatte, nicht die ganze Kasse geleert har, denn es fanden sich noch in derselben 26,000 in Gold, sowie 172,000 in guten Effekten vor. Ebenso hofft man, von dem Frankfurter Bankhause, bei dem Arnold Groß für seinen Privalkredit 90,000 aus der Kirchheimer Bank deponirt hat, als gestohlenes Eigenthum wieder zurück zu erhalten.

In Marbach rüstet alles zum 9. Mai. An diesem Tage wird Schillers Denkmal errichtet und geweiht. Keines der vie­len Denkmale stellt Schiller so lebendig und naturtreu dar, wie das Marbacher; er erscheint in doppelter Lebensgröße, in langem Rock und breitem Kragen und gestickten Taschen, in gestickter Weste, Knieehosen und Schnallenschuhen. Die Aehnlichkeit der Züge und der ganzen Haltung der Figur überrascht ordentlich.

InHartkir chen am Inn (Niederbaiern) fiel in der Nacht des Ostermontag auf Dienstag bei einem starken Gewitter ein so dichter Ha­gel, daß die Kornsaaten total in Grund und Boden geschlagen, die Bäume ihres Laub- und Blüthenschmuckes beraubt sind u. s. w.

DerFranks. Zeitung" zufolge verlautet in parlamentari­schen Kreisen, der Grund der Entlassung Delbrück's sei die Mei­nungsverschiedenheit mit Bismarck in der Frage der Einsetzung verantwortlicher Reichsministerien. Delbrück soll gegen die Ein­richtung eines Reichsministeriums und die Theilung des Reichs­kanzleramts Widerspruch erhoben haben, während Fürst Bismarck sich dafür erklärt haben soll. DieVosstsche Zeitung" bringt da­gegen den Rücktritt mit der Eisenbahnvorlage in Verbindung, aber wohl mit Unrecht, denn diese liegt für Delbrück jetzt gar nicht vor. Dagegen dürften die immer dringlicher werdenden Bestrebungen der Schutzzöllner Delbrück lästig geworden sein, da er im Freihandel weiter geht als Camphausen."

Würz bürg, 26. April. Wie dieWürzburger Presse" aus sicherer Quelle erfährt, hat der König die Ernennung des hiesigen Professors der Theologie und Rectors Dr. Stein zum Bischof von Würzburg vollzogen.

Wie verlautet, wird Delbrück die Geschäfte noch provisorisch bis zum 1. Juni fortführen. Nach dem 1. Juni soll er einen längeren Aufenthalt im Süden beabsichtigen. Die Person seines Nachfolgers ist bereits designirt, obwohl die formelle Ernennung noch aussteht. Es werden verschiedene Namen genannt; unter denselben dürfte die größte Wahrscheinlichkeit der hessische Minister H offmann haben.

Berlin, 26. April. In der Debatte über die Eisenbahn- Vorlage entwickelt Abg. Richter als erster Redner in mehr als zweistündiger Auseinandersetzung hauptsächlich die politischen Gesichtspunkte, die zur Ablehnung zwingen. Er fragt, weßhalb die Sache nicht zunächst an den Reichstag gebracht worden sei; dann brauchte der preußische Landtag nicht mehr darüber zu discutiren. Preußen sei gewohnt, wo Deutschland gesprochen, wenn auch widerstrebend, seine Opfer zu bringen, allein der Reichskanzler dürfe nicht den Landtag gegen den Reichstag förm­

lich ausheyen und so beider Würde abmindern. Schon zerfielen in dieser Frage die Parteien in Landsmannschaften, und die ein­zelnen Regierungen befehdeten sich durch ihre Reptilien-Fonds gegenseitig, wie sie es als Glieder eines Staates nicht thun dürsten. Der Reichskanzler besitze in dieser Frage das Vertrauen der Mehrheit nicht. Fürst Bismarck ergreift demnächst das Wort:lieber die Sache selbst behalte ich mir noch vor, als Ressort-Minister zu sprechen, und will jetzt nur eine irrthümliche Angabe des Vorredners bezüglich des allgemein beklagten Rück­tritts von Delbrück berichtigen. Es liegt nicht der geringste Schatten einer Wirklichkeit dafür vor, daß Delbrück's Rücktritt mit dieser oder irgend einer anderen schwebenden Frage zusam­menhängt. Zwischen dem Kaiser, ihm und mir waltet nicht der geringste Meinungs-Unterschied in irgend welcher Frage ob. Delbrück hatte stets den Math seiner Meinung und würde mit dieser nicht zurückgehallen haben. Ich habe 25 Jahre mit ihm gearbeitet, ordnete meine Ansicht oft seiner besseren Ansicht unter und würde die Vertagung der Eisenbahn-Frage seinem Rücktritt vorgezogen haben. Nach der aufreibenden Thätigkeit des letzten Jahrzents war es für Delbrück unmöglich, fortzuarbeiten, ohne seine Gesundheit zu untergraben. Dies ist die Sachlage, die ich für jetzt und die folgende Debatte klarlege. Im klebrigen sieht der Vorredner zu schwarz, wenn er glaubt, daß Einheit und Freiheit auf der ersten Reichs-Lokomotive davonlaufen werde. Wenn Vorredner fragt, warum ich mich nicht an den Reichstag gewendet habe und dort sosort ein ablehnendes Votum in Aus­sicht stellt, so erwidere ich, daß ich zunächst eher die Vollmacht des jetzigen Besitzers brauche, als Dessen, der die Bahnen kauft, vielleicht auch nicht kauft. Sodann ist auch diese wirthschaftliche Frage nicht mit der hohen Politik zu verbinden, indem Vor­redner sagt, ich wollte den Landtag zum Sturm gegen das Reich aufbieten. Ich glaube, darüber, ob ich oder die Herren von der Fortschritts-Partei in den letzten Jahren mehr für die Consolidi- rung des deutschen Reiches gethan haben, wird die Geschichte richten (Beifall). Die Sitzung dauert fort.

Wien, 23. April. Ein erschütternder Vorfall ereignete sich gestern Nachmittags im Bezirke Favoriten. Die Maurer- Gehilfens-Gattin, Caroline Winksal, welche im neunten Monate der Schwangerschaft war, wurde in ihrer Wohnung, Senncfelder- gasse Nr. 13 von Geburtswehen überrascht. Man sandte schnell nach der Hebamme, die auch bald erschien und die Vorbereitungen zur Entbindung machte. Während sie damit beschäftigt war, aus einer Tasche mehrere Instrumente hervorzuholcn, öffnete Frau Winksal einen Kasten, nahm ans demselben das Rassirmesser ihres Galten heraus und durchschniit sich mit kräftiger Hand den Kehlkopf. Der Mann der Unglücklichen hatte von dem zweiten Zimmer aus das wahnsinnige Beginnen seiner Frau gesehen, konnte aber, trotzdem er und auch die Hebamme rasch hinzugeeilt waren, die entsetzliche That nicht verhindern. Die Bedauerns- werthe war unter einem jämmerlichen Aufschrei niedergesunken und hauchte schon nach wenigen Minuten ihren Geist aus. Der Po­lizei-Bezirksarzt vr. Koch, welcher gerufen worden war, nahm den nothwendig gewordenen Kaiserschnitt vor und brachte ein männliches Kind zu Tage. Dieses war leider auch schon eine Leiche. Der Grund des Selbstmordes der armen Frau ist ein wahrhaft ergreifender. Die Unglückliche mußte bei frühern Ge­burten stets unsägliche «schmerzen leiden; es befiel sie denn auch diesmal eine solche Angst, als der entscheidende Moment heran­nahte, daß sie sich zu einer Nachbarin äusserte, der Tod sei ihr lieber als eine mit so namenlosem Leiden verbundene Geburt.

Das Elend in Wien ist groß. So meldet diePresse", daß ein Damenschneide r in Folge Mangels an Nahrung gestorben ist. Der Mann war vier Mon ate erwersblos, sammt seinem Weibe und zwei kranken klei­nen Kindern d em größten Elende preisgegeben.

Rone n, den 25. April, Abends. DasMieatre clos arts" brennt; deß gleichen die umliegenden Gebäude. 8 Personen sind getödtet und 30 verwundet worden.

Der Verlust des östre ichischeu Postärars durch die gegen dieGartenlaube" verfügte Entziehung des Postdebiets wird von dem Fachjournal der ösireichischen Postbeamten, die Post," a us jährlich 60,000 Gulden angegeben.

In dem Lande der strammstenÄ l aub ens ei nbe it",