Rechnung gebettelt." Die Gäste lachten, der alte Mann behielt sein Geld und der Wirth warf die Musikanten hinaus.

Karlsruhe. 3. April. Der deutsche Kaiser gedenkt nächsten Mittwoch den 5. April in Karlsruhe einzutreffen. Derselbe hat Sich jeden offiziellen Empfang verbeten. Donnerstag den 6. April beabsichtigt der Kaiser von hier aus der Königin von Großbri­tannien einen Besuch in Baden abzustatten und am nämlichen Tage hieher zurückzukehren. Se. Majestät wird voraussichtttch bis Samstag den 8. April in Karlsruhe verweilen und von hier aus nach Berlin zurückkehren.

Köln, 1. April. Ein hiesiger Bürger, der am 19. v. M. gestorbene Kaufmann Christoph Andreae, hat der Stadt Köln 20,000 als ersten Beitrag zu einemDenkmal des Reichs­kanzlers Fürsten v. Bismarck, des Einigers Deutschlands," unter der Bedingung vermacht, daß das Denkmal in würdiger Weise binnen zehn Jahren zur Ausführung komme.

Wiesbaden, 2. April. Nachdem den hiesigen Alrkacho- lkken Seitens der Staatsbehörde das Recht der Mitbenutzung der katholischen Kirche zugestanden worden, wurde heute in der­selben der erste altkatholische Gottesdienst abgehalten. Bischof Reinkens war zu diesem Zwecke selbst hierher gekommen. Schon von 9 Uhr an war der Louisenplatz, auf welchem die katholische Kirche steht, von einer großen Menschenmenge besetzt, und gegen 11 Uhr mochten mehrere Tausend Menschen versammelt sein. Als der Zeitpunkt der Besitznahme der Kirche gekommen war, erhob die Polizeibehörde bei dem römisch katholischen Kirchen-Vorstande die Schlüssel zur Kirche; allein dieselben waren über Nacht dienst­unbrauchbar geworden, und man vermochte mit denselben die Thüren nicht zu öffnen. Auch die Thürschlösser waren mit Steinen verkeilt, so daß die Anwendung von Dietrichen rc. unmöglich war. Die Polizeibehörde legte nun selbst Hand an und öffnete gewaltsam die Haupt-Eingangsthüre und eine Nebenthüre. Unter Hurrah-Rufen vollzog sich diese Besitznahme, und in einigen Minuten war die große Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Altar und Kanzel fand man schwarz behängt, die Fahnen, Tro­phäen und Standarten und mit ihnen der Himmel waren ver­schwunden; aber noch vorhanden war die bretterne Wand, welche den für die Altkatholiken bestimmten Theil der Kirche kennzeich- nete. Das schwarze Behängsel an Altar und Kanzel wurde sofort entfernt und nunmehr die Kirche durch die Polizeibehörde dem Vorstände des Altkatholischen Vereins zur Verfügung ge stellt. Bischof Reinkens hielt den Gottesdienst und legte seiner Predigt die Textes-Worte Ev. Johannis 8 V. 46 zu Grunde: Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen?"Wir öffnen Jedem unser Gotteshaus, der mit uns betet schloß Reinkens die Predigt Jedem, der seinen Mitmenschen liebt und hilft Gutes thun; auch schließen wir uns nicht aus, wenn es gilt, Werke der Wohlthätigkeit und der Nächstenliebe zu vollbringen. In diesem unserem Bestreben bestärke uns Gott l Amen!" Der Gottesdienst verlief ohne jegliche Störung. Die Kirche wird vorläufig polizeilich bewacht.

Berlin. Ein mit großer Bestimmtheit hier austretendes Gerücht will wissen, Graf Moltke hege den Gedanken, aus Ge­sundheitsrücksichten um feine baldige Versetzung in den Ruhestand einzukommen. Dasselbe Gerücht bezeichnet den Grafen Wartens­leben als künftigen Chef des Generalstabs der Armee.

Die Berliner Polizei beabsichtigt, ein deutsches Verbrecher­album anznlegen und alle Polizeibehörden des Reichs zu bitten, sie durch Einsendung von Photographien berüchtigter Verbrecher und Verbrccherinnen beb diesem Werke zu unterstützen. Sie hofft dadurch mit der Leit in die Lage zu kommen, alle Verbrecher, die irgendwo im Reiche aufgegriffen werden und ihren Namen verweigern, resp. einen falschen angeben, zu rekognosziren. Für den lokalen Verkehr hat ein solches Album bereits die trefflichsten Dienste geleistet.

Berlin, 1. April. Der Reichskanzler Fürst Bismarck feierte heute feinen 61. Geburtstag. Der Kaiser und der Kron­prinz beehrten denselben heute Nachmittag mit Gratulationsbesuchen.

Ein Bild der herrschenden Arbeitslosigkeit in Berlin bildet täglich Nachmittags gegen 5 Uhr die Zimmerstraße. Da wird um diese Stunde das Jntelligenzblatt ausgegeben, in welchem die offenen Stellen angezeigt sind. Das ganze Straßenviertel ist dann dicht mit harrenden Menschen besetzt und mehrere Schutz­männer haben alle Hände voll zu thun, um Ordnung zu halten; denn Jeder will allen anderen Konkurrenten zuvorkommen.

In Donsieders bei Pirmasens fand kürzlich ein scheuß­licher Mord statt. Ein junger Landmann, der erst seit einigen Monaten mit einer jungen Frau verheira'.het ist, lebte wie man glaubt durch Verschulden der Schwiegermutter mit feiner Frau nicht glücklich. Diese verließ ihn deshalb. Neulich suchte er dieselbe auf; da sie seiner Aufforderung zur Rückkehr nicht Folge leistete, schoß ec dieselbe mit einem Revolver in den Leib; die zur Hilfe herbeieilende Schwiegermutter schoß er sofort todt, während er seiner noch lebenden Frau den Hals abzuschneiden versuchte. Die herbeigeeilten Nachbarn nahmen den Wütherich fest. Die Fran ist gleichfalls dem Tode nahe.

22 Personen ertrunken. Aus Hu lisch in wird

unterm 30. März gemeldet: Eine schreckliche Kunde durchläuft unsere Stadt. Heute Nachmittag bestiegen 24 Personen bei dem unweit der Landecke belegenen Dorfe Koblau einen Kahn, um über die Oder zu fahren. Derselbe wurde von 2 Männern, worunter der Pächter der dortigen Fähre, Gastwirth Grünberger, gelenkt. Plötzlich entfällt einem der beiden Steuerleute die Ru- berstange. Um dieselde^zu erhaschen, neigten sich die Insassen des Kahns nach einer Seite hin der Kahn schlug um und Alle fallen in die hochangeschwollene Oder. Nur 2 Personen wurden gerettet; alle anderen, mit Einschluß Grünberger's er­tranken. Die Mehrzahl der Verunglückten besteht aus Bergleuten, die aus der Arbeit zu den Ihrigen eilen wollten. Der Anblick der in den Wellen mit dem Tode ringenden und die Hände ver­geblich nach Hilfe ausstreckendeii zweiundwanzig Opfer wird als ein haarsträubender geschildert.

Auf seinem Landsitz bei Vevey hat sich der frühere Züricher Slaatsschreiber Hottinger erschossen. Obgleich Millionär, ist er ein Opfer der fixen Idee geworden, daß er gänzlich verarme. Er war bereits 61 Jahre alt.

A l l - r l e i.

(Zur Warnung). Die Frau eines Schankwirths reinigte jüngst die Porzellan-Streichholzbüchsen in der Art, daß sie dieselben abwusch und den zwischen den Ritzen der Reibe be­findlichen Phosphor mit den Fingern wegkratzte. Bald nach der Arbeit fühlte sie Schmerz in dem kleinen Finger der rechten Hand und dieser selbst schwoll an. In eine kleine Wunde des Fingers ist Phosphor gedrungen, und schwebt die Frau in großer Gefahr, die Hand, vielleicht das Leben zu verlieren. Wir halten es für augezcigt, diesen Fall zur Warnung hier mitzutheilen.

Lakonische Antwort. Eine überängstliche Frau klagte einst einem Arzt: Denken Sie, heute habe ich dreimal hintereinanoec geniest. Was sagen Sie dazu?"Dreimal Prosit", war die kurze Antwort.

Die kleine Wetterhexe. Woher diese Bezeichnug für manche Dame stammt, möchte den meisten von denen, die sie im Munde führen, schwerlich bekannt sein. Als Friedrich der Große einmal bemerkte, daß die zeitweise Witterung von der, welche im Kalender stand, sehr auffallend abwich, stellte er den Akademiker Bode darüber zur Rede. Der Letztere entgegnete darauf mit eigenchümticher Ruhe, daß er an der Sache ganz schuldlos sei, denn die seinerseits in der Columne für Planeten- constellalionen leer gelassenen Stellen des Kalenders fülle seine achtjährige Tochter mit Wetter aus und selbige blos sei ange­wiesen, m den Hundslagen keinen strengen Frost und im Januar keine große Hitze zu verkünden, worauf der alte Fritz ausgerufen haben soll:Sieh' 'mal, so macht es die kleine Wetterhexe I"

Dre Vegetarianer. In England nimmt die Zahl derjenigen, weiche sich nur von Pflanzenkost nähren, fast täglich zu. Dieselben genießen nicht einmal Fett und Butter, sondern sie bereiten ihre Speisen nur mit Pflanzenöl. In keinem Lande sind die Vertreter dieser Richtung aber auch so thätig, wie in England. So ist jetzt wieder in London eine von denselben herrührende Schrift erschienen:Die Kunst, mit täglich einer Mark zu leben und zu heirathen," welche beweisen soll, daß die Vegetarianer weit bequemer durch's Leben kommen, als die Fleisch­esser. Ferner behaupten sie, daß der Character des Menschen durch die Fleischnahrung verändert und dem des Thieres ähnlich werde, von dem der Mensch am häufigsten äße. Es gibt aber gar manchen zweibeinigen Esel, der niemals Eselsfleisch gekostet hat.

(Hep! Hep!") Dieses Schmähwort gegen die Ju­den hat schon Mancher gehört, ohne daß ihm die Abstammung desselben bekannt war. Es stammt aus der Zeit des ersten Kreuzzuges. Am Rhein, namentlich am linken Ufer desselben, schaane sich eine Würgerbande zur Verfolgung der Juden. Un­ter dem Rufe:Gott will es habenl" erschlugen die wilden Hor­den die unglücklichen Anwohner zu Taufenden, eigneten sich ihre Güter an und verübten die abscheulichsten Gräuel. Auf der Fahne, die ihnen vorangetragen wurde, stand ein Kreuz mit der durch die Anfangsbuchstaben H L. k. angedeuteten Inschrift: Lierosol^ma est peräita" (Jerusalem ist verloren) woraus die des Lateins unkundigen Banden ihr FeldgeschreiHep! Hep!" machten. Zur hohen Genugthuung derGermania" hat sich dieser wohlwollende Kampfruf bis auf den heutigen Tag erhalten.

(E i n un v er w üst li ch es M eti e r.) Ein französisches Blatt hat sich die Mühe gegeben, auszurechnen, daß die Welt­geschichte 2540 Kaiser und Könige aufzuweisen habe, die über 64 Völker regiert haben. Von diesen 2540 Monarchen wurden 299 vom Throne verjagt, 64 dankten ab, 20 mordeten sich selbst, 11 wurden wahnsinnig, 100 starben im Kriege, 123 wurden gefangen genommen, 25 erlitten den Märtyrertod, 151 wurden durch Waffen ermordet, 62 vergiftet und 108 zum Tode verur- th-ilr.Und ein solches Metier", bemerkt hierzu derSiele" mit einem Seitenblick in der Richtung nach Chiselhurst,findet noch immer Prätendenten!"

Auflösung des Näthsels in Nr. 41:

R eviersörster.