LcudwirthHchaftlichcS.'

Wir glauben den Landwirthcn einen Gefallen zu erweisen, wenn wir die Vorschriften für die Ernährung und Pflege des Jungviehs mitlheilen, welche Professor vr. Lehmann in München im Aufträge des Vereins für landwirthschaftliche Versuchsstationen in Bayern ausgearbettet hat und die sich in ihrer Anwendung so gut bewährt haben. Dieser Verein setzte nämlich eine Anzahl Preise für Viehzüchter aus, welche ihre Thiere »ach diesen Vorschriften aufziehen und wir sehen später, welche Erfolge damit erzielt wurden. Die Vorschriften lauten:

1) Unmittelbar nach der Geburt des Kalbes ist darauf zu achten, daß ihm der Genuß der in dem Euter der Kuh zuerst enthaltenen, dicken, gelben Milch (Hexenmilch, Colostrum) nicht vorenthalten werde. Das Kalb erhält dann während der ersten 6 Wochen die Muttermilch, sei dies durch Säugen an der Mutter oder durch Tränken aus dem Kübel. Geschieht letzteres, so sind dem Kalbe täglich ca. 12 Liter Milch in 45 Portionen vertheilt stets aus dem sorgfältig gereinigten Gefässe lauwarm zu verabreichen.

2) Damit sich das Kalb baldmöglichst an das Fressen ge­wöhnt, wird ihm schon nach Verlauf der ersten 8 Tage ein Ge­misch von grob gestampften Leinkuchen, gerissenem oder gequetschtem Hafer und geschnittenem gutem Wiesenheu, von jedem eine Hand voll, in einem Kästchen oder Troge an einem bestimmten Platz zur Verfügung gestellt. Diese Futtermischung wird je nach Be- dürfniß vermehrt.

An den ersten beiden Tagen wird das Thier mehrmals an den Trog geführt und das Maul mit dem Futter einigemal in Berührung gebracht, um es dadurch an die Aufnahme festen Futters zu gewöhnen.

3) Nach Verlauf der ersten 6 Wochen wird die Milch nach und nach durch eine größere Menge lauwarmen Wassers ersetzt, so daß das Kalb nach weiteren 3 Wochen (bis zum Alter von 9 Wochen) nur noch auf festes Futter, frisches Trinkwasser und die Salzlecke angewiesen ist.

Die Ernährung in der dreiwöchentlichen Uebergangsperiode ist mit Sorgfalt zu leiten. ' Findet dies statt, so wird auch wäh­rend dieser Zeit das Wachsthum des Thieres vorwärts schreiten; aber im entgegengesetzten Falle verliert es wieder einen Theil jener Körpermasse, die es durch den Genuß der Muttermilch ge­wonnen hatte.

Das oben angegebene Futtergemisch ist in gleichen Mengen­verhältnissen je nach Bedürsniß täglich zu vermehren, außerdem ist noch Wiesenheu lang auszustecken.

Bis zu Ende der neunten Woche hat sich das Kalb bereits so vollständig ans Fressen gewöhnt und seine ganzen Verdauungs- Werkzeuge sind so weil ausgebildet, daß die Ernährung nunmehr, unbeschadet der ganzen Entwicklung des Thieres auf festes Futter begründet werden kann.

4) Von der 10. Woche an hat das tägliche Futter aus einer Mischung von

Hafer (gerissen oder gequetscht) ^ 41 Pfund,

Leinkuchen (gebrochen)1

Leinsamen (gestoßen)

Wiesenheu (geschnitten) einige Hände voll zu bestehen; außerdem ist noch Langheu je nach Bedürsniß in der Raufe vorzulegen.

5) Die täglichen Gaben des Hafers werden nach und nach bis zu 2 Pfund, die der Leinkuchen bis zu 1 Pfund vermehrt und ist die Ausnahme dieser Mengen erreicht, so ist dem Futter noch 1 Pfund Roggenmehl zuzusetzen, während die Leinsamen nunmehr in Wegfall kommen.

Von dieser Zeit an besteht demnach das Futter aus folgen­den Mengen der einzelnen Futtermittel.

2 Pfund Haber 1 gemischt mit einer kleinen

1 Leinkuchen - Menge geschnittenen

1 Roggenklcie ) Wiesenheues,

Langheu nach Bedürsniß.

6 ) An den vorstehenden Mengen der drei Kraftfuttermittel wird bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres nichts mehr ge­ändert; der tägliche Mehrbedarf an Futter wird nur noch durch Zulagen von Wiesenheu gedeckt.

7) Das Futter ist von allem Anfänge der Fütterung trocken zu legen, weil dadurch, wie viele Versuche ergeben haben, gesün­dere und kräftigere Thiere berangebildet werden, als unter Ein­fluß nassen und eingeweichten Futters.

8 ) Dem Kalbe muß täglich mehrmals frisches Tränkwasser zur Verfügung gestellt werden, auch ist ihm ein Salzleckstein vor­zulegen, damit es seinen Körper mit diesem nothwendigen Ge­nußmitte! je nach Bedürsniß versorgen kann.

Da der Erfolg der Aufzucht außer von einer zweckent­sprechenden Ernährung auch von der äußeren Pflege des Thieres abhängig ist, so ist in dieser Beziehung Folgendes zu berück­sichtigen :

1) Ein trockenes, reinliches und bei kalter Witterung war­mes Lager.

Verantwortlicher Redakteur: Steinwandel in Nagold. Druck

2) Häufiges Putzeu des Thieres, damit die Haut stets gehörig lebenSthätig erhalten wird.

3) Mözlichst viele körperliche Bewegung. Das Anbinden ist verwerflich, dahingegen deren Aufstellung in einem, wenn auch nur kleinen Laufstalle empsehlenswerth. Zum Hcrumtnmmeln im Freien soll dem Thiere, sobald die Witterung hiezu geeignet ist, täglich Gelegenheit gegeben werden, sei dies nun auf dem Wirthschaftshofe oder, was zweckentsprechender sein dürfte, auf einem eingezäunten Platz innerhalb eines Grasgartens. Ist Weidegang eingeführt, so braucht für die Bewegung im Freien nicht weiter gesorgt zu werden.

4) Durchfälle, welche bei Kälbern sehr häufig durch Ver­dauungsstörungen Vorkommen (bei der trockenen Witterung jedoch viel seltener, wie bei der nassen) sind durch tägliche Darreichung von zwei Eßlöffeln voll klein gestampfter Kreide leicht zu besei­tigen. Am besten gibt man dieselbe dem Kalb unmittelbar vor der Mahlzeit mit etwas gerissenem oder geschrotenem Hafer ver­mischt.

Werden die obigen Regeln in Betreff der Ernährung und Pflege mit Sorgfalt eingehalten, so kann bei einem jährigen Rinde ein Lebendgewicht von 7900 Pfund erzielt werden. Das Wachsthum der Knochen und der Weichtheile des Thieres ist dann der Art vor sich gegangen, daß nur von einer Wohlleibig- keit nicht aber von einem Mastzustand die Rede sein kann. Bei einer solchen körperlichen Ausbildung können die männlichen Thiere schon mit 15 Monaten, weibliche Thiere mit 18 Monaten un­beschadet ihrer weiteren Entwickelung zur Begattung zugelassen werden.

Es sei hierbei noch erwähnt, daß ein Kalb nach obiger Fütterungsweise im Verlaus des ersten Jahres im Mittel ver­schiedener Versuche ungefähr^

635 Liter Milch,

290 Pfund Leinkuchen,

280 Roggenkleie,

480 Hafer,

26 Centner Wiesenheu

zur Erreichung des Lebendgewichts von 700 900 Pfund bedarf.

Die Zahlenangaben werden es dem Landwirthe klar machen, daß er durch Betheiligung an dem von uns in Anregung ge­brachten Versuchen über die Aufzucht einerseits keinen Geldver­lusten entgegengehl, und andererseits sich mit einer Methode zu befreunden Gelegenheit hat, die ihm vielleicht für die Zukunft eine größere Liebe zu der Viehzucht und einen reicheren Gewinn durch dieselbe gewährt.

Die Ergebnisse obiger Konkurrenz sür die Aufzucht von Käl­bern sind in der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins in Bayern veröffentlicht. Es hatten sich dabei 67 Bewerber betheiligt, von denen 8 erste Preise zu je 80 fl., 18 zweite Preise zu 60 fl. und 9 dritte Preise zu je 30 fl. erhalten haben. Bekanntlich handelte es sich bei dieser Konkurrenz darum, innerhalb 355 Tagen ein Kalb auf ein möglichst hohes Lebensgewicht zu bringen. Das erzielte höchste Gewicht beträgt 954 Pfund bei einem Kalbe Graubündner-Miesbacher-Kreuzung. Ueber 900 Pfund erreichten noch fünf andere Kälber, über 800 Pfund Gewicht außerdem 9 Kälber.

Allerlei.

(Kutscher Hujsfff.) Gräfin Sch*, die conservativste und stolzeste Aristokratin von Wien, nahm kürzlich einen neuen Kutscher auf, der bisher nur Lenker von Fiakerrossen gewesen war.Wie ruft man Dich, wenn man Dich braucht?" fragte die Gebieterin den neuen Stalldirector.Thaddäus", ant­wortete dieser.Der Name ist mir viel zu gemein, den merk' ich mir nie!" entgegnete die Gebieterin. Darauf Thaddäus nach einer Weile des Nachdenkens:Dann ist das noch ein­facher und leichter. Wenn Eure Gnaden mich brauchen, so z. B. nach'n Theater, so brauchen Frau Gräfin blos die zwei Finger in 'n Mund zu stecken und zu pfeifen segn's so: Hujffffl"

(Farbenvertheilung.) In Folge der, wie bekannt, von Seite des Staates zu ethnologischen Zwecken angestellten Ermittelung über Farbe der Augen, Haut und Haare der Schü­ler innerhalb Deutschlands hat sich herausgestellt, daß von etwa 760,000 Schülern 224,000 blaue Augen, 287,OM graue, 255,OM braune, 450,000 schwarze, 3 rothe'und einer ein braunes und ein blaues Augen halten. Blondes Haar hatten 410,MO, brau­nes 813,000, schwarzes 37M, rothes 192, weißes 75, gelbes 15. Weiße Hautfarbe 643,000, bräunliche 117,000. Die Zäh­lung soll alle fünf Jahre wiederholt werden.

(Die Ehe ist eine Komödie.) Am meisten wird das Stück aufgeführt:Der häusliche Zwist", es wird alle Tage zumletzten Male" gegeben und wird am andern Tage auf allgemeines Verlangen wiederholt. Aber wenn die Ehe ein Trauerspiel ist oder ein Lustspiel, wer bekommt die Tantieme für die Vorstellung, der Mann oder die Frau? Der Mann, denn bei der Frau sind alle Vorstellungen umsonst.

und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold-