*
Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 37.
Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier söhne Trägerlohu) 1 M. 60 Pfg-, für den Bezirk 2 M. außerhalb des Bezirks 2 M. 45 Pfg.^
Samstag den 25. März.
Jnserationsgebühr für die 3jpaltige Zeile aus -gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 Pfg., bel LOlO. mehrmaliger je 6 Pfg.
Alimmemkiils-Einladung
auf den „Gesellschafter"
für das mit dem 1. April beginnende II Quartal.
Die Abonnenten unseres Blattes, die blos auf das I. Quartal abonnirt hatten, bitten mir freundlich, ihre Bestellungen sogleich zu erneuern, wenn ein regelmäßiger, ununterbrochener Empfang gewünscht wird.
Neu eintrctende Abonnenten sind uns wie immer freundlich willkommen.
In Betreff der Abonncmentsgebühr siche oben am Kopfe des Blattes.
jleckaktion unä Verlag äer „Gesellschaft«!«".
"T a g e s - N e u i g k e i t e n.
* Nagold, 24. März. Dem Geburts feste Sr. Majestät des deutschen Kaisers wurde hier, wie cs die kleinstädtischen Verhältnisse eben gestatten, auch die gebührende Ehre angethan. Am Vorabend Böllerschüsse und Zapfenstreich und in der Frühe des Festtags Tagwache durch die Feuerwehrmusik und 101 Böllerschüsse. Abends im GasthofeMzum Hirsch zahlreiche, besonders durch jüngere Bürger und Honoratioren besuchte Versammlung. Der erste von Hrn. Rechtsanwalt Bohnenberger hiebei ausgebrachte und begeistert aufgenommene Toast galt natürlich dem allverehrten deutschen Kaiser, der nicht wie seine Vorgänger sein Augenmerk mehr auf außerdeutsche Länder gerichtet, sondern mit besonderer Fürsorge nur für die Größe, Macht und die freiheitlichen Institutionen des eigenen Vaterlandes Bedacht habe. Nach Vortrag eines Gedichts über die Kämpfe vor Paris von Schartenmaier durch ein Mitglied des Militär- und Veteranen-Vereins toastirte der Vorstand des letzteren auf diesen Verein als Träger des nationalen Bewußtseins. Der Direktor des Liederkranzes toastirte auf die deutsche Kaiserin Auguste, indem er, anschließend an die jüngste Erinnerungsfeier der preuß. Königin Louise, die ihr Vaterland so sehr geliebt, daß sie selbst die größte Schmach, die ihr Napoleon I. angethan, mit dem Vertrauen erduldete, daß ihre Söhne solche sicher wieder rächen würde, hervorhob, wie thätigen Antheil die Frauen, und an deren Spitze besonders die deutsche Kaiserin Auguste, zur Linderung der Leiden im letzten Kriege genommen und wie dieselben besonders berufen seien, die Erziehung der Söhne zu ächten deutschen Männern zu überwachen. Hr. Verw.-Akt. Wurst brachte der Versammlung die hohen Verdienste unseres Königs Karl über die treue Haltung der 1866er Verträge und die Opferung mancher Rechte zum Zustandekommen eines einigen Deutschlands ins Gedächtnis; stürmisch wurde sein Hoch auf das württembergische Königshaus ausgenommen und von der Musik mit dem Liede: „Heil unsrem König" erwidert. Herr Postmeister Aichele toastirte in humoristischer Weise auf das deutsche Reich, Hr. Oberamtmann Güntner auf den König von Baiern, der sein Heer zuerst dem König von Preußen zur Seite stellte und der es auch war, der dem siegreichen König-Feldherrn die deutsche Kaiserkrone im Auftrag der andern Fürsten anbot. Diesen folgten noch Toaste auf Bismarck und Moltke von Hrn. Wurst, auf das deutsche Vaterland von Hrn. Schulmeister Gauß, von Hrn. Werkmeister Ehr. Schuster auf den würdigen Nachkommen des Kaisers, den deutschen Kronprinzen, und von Steinwandel auf die Vorstände des Militär- und Veteranen-Dereins, des Liederkranzes und des Commandeurs der Feuerwehr, dereinBemühcn und anerkannt deutsch-patriotischer Gesinnung es besonders zu danken, daß diese und ähnliche Feiern in unserer Stadt nicht unbemerkt vorübergehen und einen würdigen Ausdruck finden. Hr. Schulm. Gauß mahnte schließlich noch zur ferneren Einigkeit mit einem Hoch auf die Stadt Nagold. Zu dieser schönen Feier trug wieder wesentlich der Liederkranz mit seinen ernsten und heitern Gesängen und auch die hiesige junge Feuerwehrmusik bei, die schon recht Ordentliches zu leisten vermag; daher der von Herrn Oberamtmann Güntner dem Liederkranze ausgesprochene Dank ganz im Sinne der Festtheilnehmer war. Die patriotisch gehobene Stimmung und der wirklich gute Stoff des Gastgebers lassen es auch gerne entschuldigen, daß die Versammlung erst nach Mitternacht sich trennte.
Am 18. d. Mts. ist auf der Station Schafhausen bei Ankunft des beschleunigten Personenzugs 174 Abends 9 Uhr 4 Min. eine ältere Frau, welche aussteigen wollte, ehe der Zug feststand, unter die Wagen gekommen, wobei ihr der rechte Fuß abgefahren wurde.
Cannstatt, 2l. März. Heute Nachmittag hat Freilig- rath's Beerdigung unter sehr zahlreicher Bethciligung stattgefunden; am Sarge waren viele Lorbeerkränze, theilwcise aus weiter Ferne gesendet, niedergelegt. Ludwig Walesrode, Carl Mayer und Fischer hielten Gedächtniß-Reden; ein protestantischer Geistlicher sprach Gebet und Segen.
Ravensburg, 19. März. Um die Zeit des Josephstags (19. März) kommen alljährlich ganze Schaaren von Knaben und Mädchen, im Alter von 10—12 Jahren, aus dem Voralbergischen und aus Tyrol, aus dem Rhein-, Inn- und Etschlhal hieher, um für die Sommermonate bis Simon und Judä (28. Oktober) Dienst auf einem Bauerngut zu suchen. Gestern war nun bei starkem Schneegestöber der Haupltag dieses Gesindemarkts. Die Bauern und Bäuerinnen finden sich dann, zum Theil aus weiter Entfernung, namentlich auch aus dem Badischen, hier ein und handeln mit den begleitenden Verwandten der jungen Schaar um den Lohn der kleinen Knechte und Mägde, welche sie sich auslesen. Man bezahlt je nach Alter und Stärke 30—77 Gulden nebst doppelter Kleidung für die 6 Monate. Im Herbst werden dann die jungen Leute von ihren Angehörigen wieder abgeholt, welche sich dabei durch Achronlesen und dgl. auch noch etwas einzusammeln pflegen.
Wolfegg, 17. März. In jFolge anhaltend schlechter Witterung hat sich der Eisenbahndamm zwischen Wolfegg und Roßberg ganz in der Nähe der hiesigen Station auf ca. 60 Meter Länge so gesenkt, daß der heute von Jsny kommende Frühzug diese Strecke nicht passiren konnte. Von Aulendorf mußte ein Hilfszug req uirirt werden, der die Passagiere, welche an der defekten Stelle umsteigen mußten, weiter brachte. Bis zur Wiederfahrbarmachung der Linie mögen immerhin einige Tage vergehen und haben bis dahin die Reisenden diese Strecke zu Fuß zu passiren, um die Züge diesseits oder jenseits besteigen zu können.
Letzten Sonntag, während deS Vormittagsgottesdienstes, wurde, wie man der „Fr. St." aus Seefelden berichtet, das schwere messingene ChristuSbild von einem in der Nähe des Ortes stehenden steinernen Kreuze heruntergerissen und etwa 80 Schritte davon hoch oben an einen Baum aufgehängt. Die Entrüstung über dieses Bubenstück ist allgemein.
Caub, 21. März. Bis auf eine Leiche sind sämmtliche Verschüttete (24 an der Zahl) aufgefunden und unter großer Begleitung zu ihrer Ruhestätte gebracht worden. Den Hinterbliebenen dient es einigermaßen zur Beruhigung, daß die verunglückten Personen allen Zeichen nach nicht etwa einen langen Todes-Kampf hatten, sondern nach Eintritt der Katastrophe augenblicklich verschieden sind.
Berlin, 22. März. Bei der heutigen Gratulation zum Geburtstage des Kaisers von Seiten der ganzen gegenwärtig in Berlin anwesenden Generalität hielt Feldmarschall Wrangel folgende Ansprache: „Ew. k. k. Majestät wollen in Gnaden gestatten, daß ich im Namen der hier versammelten Offiziere zu Allerhöchst Dero heutigem Geburtstag unsere ehrfurchtsvollen Glückwünsche in aller Unterthänigkeit darbringe. Ew. Majestät sind der kühne Lenker der Schlachten, der nie besiegte Feldherr in Europa. Vereint flehen wir zum Allmächtigen, er wolle Ew. Majestät auch fernerhin in voller Lebensfrische und Thatkraft bis in die fernsten, fernsten Zeiten zum Heil und Segen für Deutschland gnädiglich erhalten." Der Kaiser antwortete hieraus: „Rehmen Sie meinen Dank für die Wünsche, welche Sie, Herr Feldmarschall, im Namen aller hier Versammelten ausgesprochen haben. Damit könnte ich selbst für den heutigen Tag endigen, wenn Sie in Ihrer Anrede nicht eine Andeutung gemacht hätten, die ich nicht annehmen möchte, die ich aber auch nicht abzuweisen vermag, da meine brave Armee durch ihre Thaten sie zur Wahrheit gemacht hat. Sie haben mir somit Gelegenheit gegeben, ja die Pflicht auferlegt, Ihrer Andeutung gegenüber allen Ge-